zeigt der von Ihnen permanent erwähnte Hinweis darauf, dass mein Kollege Krisch in Brasilien zur Welt gekommen ist. Wenn Ihnen nichts Besseres einfällt, dann lassen Sie es in Zukunft lieber.
Bei den Roten und den Grünen ist mir aufgefallen, Frau Thon, dass Sie hier leider nicht gesagt haben, was Sie nun eigentlich wollen und wie Sie sich zu dieser Richtlinie stellen. Einerseits berufen Sie sich auf den Innenausschuss und
auf den Bundesrat, der in der Empfehlung, die uns sehr wohl bekannt ist – Drucksache 103 des Bundestags aus dem Jahr 2000 –, genau genommen gar keine klare, abschließende Stellungnahme geäußert hat. Sie lassen alles offen, erklären dann aber, dass vieles, was in der Richtlinie steht, doch schön und gut und eigentlich ganz in Ihrem Interesse sei. Also: Etwas Genaues weiß man bei Ihnen nicht.
Das ist deswegen interessant, meine Damen und Herren, weil der Meinungsbildungsprozess über diese Richtlinie innerhalb der EU noch keineswegs abgeschlossen ist. Nach wie vor gibt es den Versuch von Herrn Vitorino, sich mit seinen Vorstellungen durchzusetzen. Es ist auch so, dass Herr Schily durchaus zu erkennen gegeben hat, dass er sich noch keineswegs sicher ist, ob er sich mit der Position, die von uns hier vertreten wird, in Europa durchsetzen kann. Deswegen ist die Debatte notwendig.
Wer weiß denn bei uns im Land eigentlich, was da von der EU angedacht und vorgeschlagen wird? Zudem wollen wir uns hier doch bitte keinen Täuschungen hingeben. Wie oft haben wir in diesem Parlament schon darüber gesprochen, dass wir letzten Endes durch EU-Richtlinien präjudiziert werden und dass das Recht inzwischen eher in Brüssel als bei uns gemacht wird!
Woher kommt denn die Klage, dass gerade unsere Bundesländer angesichts der Fülle Brüsseler Vorschriften das föderale System zunehmend an die Wand gedrängt sehen? Das ist auch hier wieder das Problem.
Wir reden hier über Zuwanderungskommissionen. Übrigens kann ich die CDU nur bitten: Lassen Sie ruhig die Rita Süssmuth das machen. Wir können Sie nur herzlich bitten. Die rote Rita wird es schon richten. Ich glaube, dass das ganz in unserem Interesse ist.
Meine Damen und Herren, wir können hier gern über Zuwanderung und über Zuwanderungssteuerung debattieren. Nur: Das sind so lange Glasperlenspiele, wie beispielsweise solche Richtlinien und solche Zuwanderungsszenarien auf EU-Richtlinien dann letzten Endes Realität werden. Sie sprechen von der gesamteuropäischen Lösung,
aber Sie wissen ganz genau, dass die gesamteuropäische Lösung eben nicht bedeutet, dass wir unsere Standpunkte aufrechterhalten können.
Herr Heiler, wer hier Ahnung hat, das will ich mal lieber im Raum stehen lassen. Aber Sie haben sicherlich keine.
Denn Sie riskieren auch immer eine freche Lippe und wissen nicht, wovon Sie reden, wie sich beim letzten Tagesordnungspunkt ja deutlich gezeigt hat.
(Beifall und Heiterkeit bei den Republikanern – Abg. Bebber SPD: Ich sage ja, Sie haben eine fre- che Lippe! Sie riskieren nur eine rotzfreche Lippe, sonst nichts!)
Meine Damen und Herren, das Interessante ist allerdings – das will ich an dieser Stelle auch noch zur Sprache bringen, und da werden Sie mich jetzt nicht durch Ihre unqualifizierten Zwischenrufe stören können, Herr Bebber – die Tatsache, dass in dem Papier der CDU, das Grundlage der Luckenwalder Erklärung geworden ist, in diesem BosbachPapier nun Feststellungen stehen, die wir hier schon vor Jahren vertreten haben und die damals von Ihnen kritisiert worden sind. Herr Schmid, das ist hochinteressant. Ich stimme Herrn Bosbach durchaus zu, wenn er beispielsweise klar sagt, dass wir im Prinzip an der Grenze der Aufnahmefähigkeit angelangt sind. Deswegen kann ich an die CDU nur die Aufforderung richten: Ziehen Sie jetzt einmal die Konsequenzen aus solchen Feststellungen. Das bedeutet aber klar und deutlich, sich hier nicht mehr hinzustellen und davon zu sprechen, dass beispielsweise, wie man das aus den Reihen der Union immer noch hört, Zuwanderung notwendig sei, sondern klipp und klar zu sagen, dass wir eben an der Grenze sind
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Debatte wirft einige interessante Fragen auf. Zunächst einmal will ich davon ausgehen, dass es, glaube ich, richtig ist, wenn die Europäische Union eine gemeinsame Ausländer-, Flüchtlings- und Asylpolitik anstrebt,
weil wir alle erkennen, dass die vielen hoch komplizierten, aber auch für die Zukunft maßgeblichen Fragen nicht allein auf nationaler Ebene gelöst werden können.
Darauf aufbauend kommt es jetzt natürlich entscheidend darauf an: Wie geht die Europäische Union dieses große Vorhaben der Harmonisierung einer Flüchtlings-, Ausländer- und Asylpolitik an?
Die heute erneut diskutierte Richtlinie der Kommission ist in jeder Hinsicht völlig unbefriedigend. Darüber brauchen wir uns hier in diesem hohen Hause, wie mit Recht gesagt worden ist, nicht zu streiten. Es ist richtigerweise auch darauf hingewiesen worden, dass in der Innenausschusssitzung des Landtags im Wesentlichen ein Konsens in dieser Frage bestand.
Genau! – Ich schiele da auf Frau Thon. Frau Thon, ich muss mich jetzt ein bisschen an Sie gewöhnen. Ich habe ja Entzugserscheinungen, nachdem Herr Hackl nicht mehr da ist.
(Heiterkeit – Abg. Heiler SPD: Da freut er sich, wenn er das Protokoll sieht! – Abg. Jacobi Bünd- nis 90/Die Grünen: Wir können ihm ja ein Poster schicken!)
Scherz beiseite: Auch darüber besteht allgemeine Einigkeit bis hin zu der Beschlussfassung des Bundesrats. Ich glaube, dass man mit dieser Beschlussfassung des Bundesrats, die, wie man übrigens ganz offen ansprechen muss, nicht so weit ging wie die Beschlussfassung im Innenausschuss des Bundesrats, trotzdem leben kann, zum einen wegen der insgesamt darin enthaltenen Formulierungen der Beschlüsse, zum anderen aber auch deswegen, weil der Bundesrat – ich glaube, vernünftigerweise – die Bundesregierung gebeten hat, eine Prognose zu erstellen: Was käme auf Deutschland, wenn diese Richtlinie von Vitorino in Kraft treten würde, hinsichtlich der kommenden Personenzahlen und hinsichtlich der Auswirkungen für das Sozialversicherungssystem zu? Der Bundesrat hat sich in diesem Zusammenhang eine weitere Stellungnahme ausdrücklich vorbehalten. Das heißt: Damit bleiben wir als Bundesland wie alle anderen Bundesländer weiterhin an diesem Thema dran und sind involviert.
Vor dem Hintergrund dessen, dass diese Richtlinie der Europäischen Kommission – sprich: die Vitorino-Richtlinie – völlig unbefriedigend ist, ergibt sich eine weitere grundlegende Frage. Wir haben auf der Ebene der Europäischen Union, soweit es um Fragen der Ausländerpolitik geht, bis jetzt noch das Einstimmigkeitsprinzip. Deshalb auch an die Adresse der antragstellenden Republikaner: Bei der heute noch gegebenen Situation, dass ein Mitglied der Europäischen Union die Beschlussfassung über das Inkrafttreten einer solchen Richtlinie wegen des Einstimmigkeitsprinzips verhindern kann, kann momentan überhaupt nichts anbrennen.
Wir wissen aber auch, dass die Diskussion darüber voll in Gang gekommen ist, ob es bei verschiedenen Feldern der Politik auf der Ebene der Europäischen Union, und zwar gerade auch bei der Ausländerpolitik, bei dem Prinzip der Einstimmigkeit bleiben soll oder ob dort künftig eben das bekannte Mehrheitsprinzip eingeführt werden soll.
Vor diesem Hintergrund muss man mit allem Nachdruck auf Folgendes aufmerksam machen: Die Kommission und der heute schon mehrfach erwähnte Kommissar Vitorino sind in der Gefahr, zentralen Anliegen der Europäischen Kommission einen Bärendienst zu erweisen, wenn solche Vorschläge, wie in dieser Richtlinie enthalten, auf den Tisch gelegt werden. Man muss schon mit aller Deutlichkeit darauf hinweisen – das muss einem auch klar werden –, dass es nicht unproblematisch ist, in solch zentralen Fragen vom Einstimmigkeitsprinzip zum Mehrheitsprinzip überzuwechseln. Das ist für mich eine der schwierigen Folgerungen, die wir aus dieser Debatte ziehen müssen. Anders ausgedrückt: Mit unvernünftigen, unvertretbaren Vorschlägen erweist die Kommission dem europäischen Anliegen einen Bärendienst; das ist der entscheidende Punkt.