Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die mit dieser Änderung des Schulgesetzes zu beschließende veränderte Struktur der Stundentafel für die Oberstufe des Gymnasiums stellt letztlich den kleineren Teil der grundsätzlich von niemandem bestrittenen Notwendigkeit einer Reform des gymnasialen Bildungsganges dar.
Das Gesamtpaket haben wir als Basis unserer Zustimmung mit der Kultusministerin ausführlich besprochen.
Ich halte die veränderte Struktur im Übrigen für weitaus nicht so gravierend, wie dies von mancher Seite dargestellt wird. Das System der Grund- und Leistungskurse wird durch umfangreichere Wahlmöglichkeiten beim Profil- und Neigungsfach abgelöst.
Ich habe in der Diskussion sehr früh mit einem Schulpraktiker gesprochen. Der hat mir ganz klar gesagt: Welche Stundenstruktur ich habe, ist mir egal. Um eine gute Schule zu haben, sind andere Dinge notwendig. Hierauf will ich jetzt Wert legen.
Von Beginn der Diskussion an haben wir darauf hingewiesen, dass es mit der Reform der Oberstufe allein nicht getan ist. Selbstverantwortliches und eigenständiges Lernen muss zum Beispiel eigentlich spätestens ab der dritten Grundschulklasse, auf jeden Fall jedoch ab der Sekundarstufe I geübt werden. Auch die aktive und passive Einbeziehung der Neuen Medien in den Unterricht praktisch aller Fächer und die Vermittlung von Kenntnissen in den Be
reichen Wirtschaft, Verwaltung und Recht sollte über die gesamte Gymnasialzeit verteilt sein. Die stärkere Berücksichtigung des Seminarfachs und von Informatik als Spezialfach in der Oberstufe haben wir bereits bei der Ersten Beratung erörtert.
Übrigens gilt hier für die Informatik wie auch für andere so genannte Orchideenfächer: Sie werden überall da gedeihen, wo ein guter Orchideenstandort ist, wo Licht und Boden stimmen, das heißt die geeigneten Lehrkräfte vorhanden sind.
Klar ist, dass in weiteren Schritten die Lehrpläne aller Klassenstufen nach denselben Kriterien überarbeitet werden müssen, die jetzt für den Oberstufenbildungsplan gelten: Konzentration, sprich Verringerung des verlangten Wissensstoffs, um damit Freiraum zu schaffen für anwendungsorientiertes Üben und für Lehrmethoden, die auch Punkte wie Teamfähigkeit und Sozialverhalten üben. Gegenseitige Abstimmung der verschiedenen Fachbereiche, um fächerübergreifendes Lernen zu fördern, und Ähnliches gehören ebenso dazu wie die Überlegung, wie eine Anpassung für ein generell achtjähriges Gymnasium möglich ist.
Ich fordere Sie, Frau Ministerin, hiermit noch einmal dringend auf, bei der endgültigen Festlegung des Bildungsplans, der ja eigentlich der wirklich maßgebliche Teil der Reform ist, besonders in Bezug auf das verlangte Mindestwissen hart bei Ihrer bereits bekannt gegebenen Marke 60 % vom Bisherigen zu bleiben.
Vielleicht kann bei der neuen Begehrlichkeit, die hierzu allerorten gehört wird, ja eine bei Haushaltsberatungen hier im Haus geübte Gepflogenheit helfen: Wer etwas neu dazubringen will, muss gleichzeitig einen Deckungsvorschlag machen, nämlich klarstellen, was stattdessen herausfallen kann.
Ganz besonderes Augenmerk muss auf die Neugestaltung des naturwissenschaftlichen Unterrichts gelegt werden, und hier geht es beileibe nicht nur um die dafür notwendigen Unterrichtsstunden.
Offensichtlich wecken wir mit den momentan üblichen Themen und Methoden nur selten das Interesse der Schüler an Naturwissenschaften. Ich rege an, hierzu im Ministerium eine besondere Arbeitsgruppe zu bilden und dazu auch reichlich Praktiker aus dem außerschulischen Leben sowie Eltern- und Schülervertreter einzuladen – was bei Schulthemen eigentlich generell wichtig ist – und auch einmal Marktforschung darüber zu betreiben, wo man auf Interesse stößt und wie man das darbringen muss. Lassen Sie Schulversuche für ein N-Profil zu!
Dass die Einführung des Fremdsprachenunterrichts an unseren Grundschulen auch Konsequenzen für die weiterführenden Schulen hat, ist selbstverständlich. Es wäre gut, wenn die Überlegungen hierzu frühzeitig mit allen Betroffenen bearbeitet würden, damit keine falschen und unbegründeten Ängste entstehen. Ich persönlich hielte es für angebracht, wenn in der ersten Sekundarklasse zunächst die in der Grundschule begonnene Fremdsprache auf dem Ni
veau der neuen Schulart gefestigt und erst ab Klasse 6 eine weitere Fremdsprache eingeführt würde. Aber hierzu werden die unterschiedlichen Positionen vor einer endgültigen Entscheidung gut abzuwägen sein.
Dass wir auf jeden Fall mehr bilingualen Unterricht brauchen, ist richtig. Das wird auch Stunden für andere Themen bringen.
Verschiedenste Befürchtungen geistern bezüglich der neuen festen Lerngruppen in Deutsch und Mathematik durchs Land. Der auf unseren Wunsch in die Begründung des Gesetzentwurfs aufgenommene Passus über die „Orientierung an den individuellen Leistungsvoraussetzungen“ gibt den Schulen Anstoß und pädagogischen Freiraum, diese Frage angemessen zu lösen.
Da bezüglich aller hier denkbaren Möglichkeiten von den verschiedensten Seiten Bedenken geäußert werden, wird sich die geeignetste Möglichkeit, so es denn überhaupt eine einzige gibt, einfach in der Praxis herauskristallisieren müssen. Frau Ministerin, bitte verlagern Sie die Festlegung, welche Fächer stärker gewichtet werden sollen, auf einen Zeitpunkt, zu dem die Schüler bereits erste Erfahrungen mit diesem Fach in der Oberstufe gemacht haben.
Wichtig wird es auf jeden Fall sein, dass diese Lerngruppen eine bestimmte Größe nicht überschreiten. Für uns ist ein Teiler von 23 die absolute Obergrenze, aber, meine Damen und Herren, hierüber wird letztlich der nächste Landtag im Rahmen der Haushaltsberatungen entscheiden.
Das Gleiche gilt für die dringend notwendige Schaffung von ausreichender Weiterbildungskapazität für Lehrkräfte sowohl bezüglich der neuen Bildungspläne, vor allem aber bezüglich moderner Unterrichtsmethodik und Didaktik.
Ich komme zum Ende. Eine Einschiebung einer weiteren Versuchsphase würde letztlich nur zu einer Verlängerung der bereits erwähnten Unsicherheiten und zu kontraproduktiven Spekulationen führen. Wir werden den entsprechenden Antrag deshalb ablehnen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Von der linken Seite hört man insbesondere von Herrn Zeller immer gebetsmühlenhaft dasselbe. Man könnte die Parole „von der linken Seite nichts Neues“ ausgeben.
Trotzdem will ich die Gelegenheit nutzen, jetzt bei der Zweiten Beratung noch einmal darauf hinzuweisen, worauf wir Republikaner bei der Oberstufenreform Wert legen. Das ist zum einen die Stärkung und auch die Stabilisierung der Qualität des Abiturs. Zweitens wollen wir, dass auch die Naturwissenschaften gestärkt werden, indem künftig in der Oberstufe zwei naturwissenschaftliche Fächer entweder zwei- oder gar vierstündig verpflichtend zu absolvieren sind.
Der dritte wesentliche Punkt, der relativ wenig zur Diskussion steht, ist die Rücknahme der verfrühten Spezialisierung. Ich habe schon in meinem Redebeitrag bei der Ersten
Beratung darauf hingewiesen, dass es in die Irre führt, bloß neigungs- und „lustbetonte“ Bildungswege zu eröffnen. Das geht in die Hosen, weil die Abnehmer im tertiären Bereich – das ist das Entscheidende – an den Absolventen eines Gymnasiums, der die Hochschulreife erworben hat, gewisse Erwartungen haben.
Frühzeitiges Spezialistentum führt hier in die Irre, weil nämlich die Universitäten, die Fachhochschulen, aber auch die Berufsakademien noch einmal genau in diese Richtung gehen. Sie können dies aber nicht allgemein voraussetzen, weil trotz früher Spezialisierung das Abitur eine allgemeine Hochschulreife attestiert und somit auch den Zugang zu vorher nicht speziell belegten Fächern eröffnet. Dies kann nicht sein.
Herr Kollege Zeller, Sie haben angeführt, dass der Landesschülerbeirat nicht zustimmen wolle. Wenn Sie mich früher als Schüler gefragt hätten, ob ich das Abitur in zwei oder in fünf Fächern machen wolle oder ob ich noch zusätzlich etwas tun wolle, hätte ich natürlich auch gesagt: Bloß nicht!
Insofern müssen hier Vorgaben gemacht werden. Diese können zwar von den Betroffenen kommentiert werden, zu ihnen können eventuell auch Verbesserungsvorschläge eingebracht werden, aber auf die Entscheidungsfindung darf das keinen Einfluss nehmen. Das ist für uns ganz klar.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn durch die heutige Abstimmung und Zustimmung die Zielrichtung feststeht, nämlich festgelegt ist, dass es künftig fünf Abiturprüfungsfächer gibt und Unterricht in zwei Naturwissenschaften sowie in den drei Kernfächern Deutsch, Mathematik und Englisch
verpflichtend wird, ist es dringend notwendig, die Lehrpläne daraufhin auszurichten. Es ist schade, dass wir erst heute Mittag die Entwürfe für die Lehrpläne der Kursstufe bekommen haben, sodass man nicht schon heute darauf eingehen kann. Ich werde diese Entwürfe sehr sorgfältig studieren, und wir werden in einer Debatte dazu natürlich unsere Meinung äußern.
Noch ein letztes Wort zum Seminarfach: Das Seminarfach halte ich grundsätzlich für etwas Gutes, aber ich möchte noch einmal auf die Gefahr hinweisen, dass eine solche besondere Lernleistung ganz schwer zu beurteilen ist. Wir wollen als Lehrer alle nicht, dass die Mutter oder der Vater oder der Opa den Aufsatz schreibt. Wenn wir erkennen, dass dies trotzdem der Fall war, wird der Aufsatz bei der Benotung nicht anerkannt.
Im IT-Zeitalter wird es immer schwieriger, geistigen Diebstahl ausfindig zu machen, wenn sich also andere die Dinge überlegt und ausgedacht haben. Insofern wird es bei der vorgesehenen sehr hohen Gewichtung des Seminarfachs sehr schwierig sein, nicht anderer Arbeit bei einem Schüler in die Abiturleistung einzubeziehen.
Meine Damen und Herren, wir werden diesem Gesetzentwurf, wie ich bereits angekündigt habe, in allen Punkten und insgesamt zustimmen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch über dieses Thema ist in diesem hohen Hause schon mehrfach gesprochen worden. Ich habe bei diesen Gelegenheiten immer betont: Das, worüber wir sprechen, betrifft Strukturen, die Organisation von Bildung und Inhalte. Unsere Neuordnung der gymnasialen Oberstufe ist natürlich die Neuordnung eines Teils, das in ein Gesamtkonzept gehört.
Das Gesamtkonzept des Gymnasiums der Zukunft wird erstens davon geprägt sein, dass Kinder künftig schon vier Jahre lang eine Fremdsprache gelernt haben, wenn sie eine weiterführende Schule besuchen. Das heißt, das Lernen von Fremdsprachen in unseren Gymnasien wird sich in Zukunft deutlich verändern.
Zweitens: Der Schlüssel – darüber muss doch gar nicht gestritten werden – für alle Weiterentwicklung ist die Verständigung über Inhalte und ist eine didaktische Weiterentwicklung des Unterrichts. Insofern hängt – das ist auch keine Frage – an den neuen Lehrplänen viel: Lehrpläne für alle Klassenstufen.
Drittens: Unbestritten ist, dass sich Erwartungen an Kompetenzen auf das allgemein bildende Gymnasium richten, die wir heute noch nicht so recht verankert haben, zum Beispiel die ökonomische Grundbildung, auf die die FDP/ DVP immer wieder hingewiesen hat. Wer jetzt aber nicht einfach ein neues Fach und zusätzliche Stunden schaffen will, der muss überlegen – das gehört für mich in Zukunft zum Grundprinzip dazu –, wie wir Fächer verknüpfen und wie wir die Fragen der politischen, der ökonomischen und der sozialwissenschaftlichen Bildung miteinander verbinden.
Viertens: Das Gymnasium der Zukunft muss eine stabilere naturwissenschaftliche Bildung beinhalten, als dies heute der Fall ist. Das, was naturwissenschaftliche Bildung an unseren Gymnasien für die ausmacht, die nicht eigens das Profil gewählt haben, ist im Hinblick auf die Anforderungen in den Zukunftsbranchen zu wenig. Wir müssen lernen, dass die Naturwissenschaften und die Technik sehr viel stärker zum Verständnis von Kultur gehören als in der Vergangenheit und dass sich die Qualität des Gymnasiums nicht primär über die Zahl der Fremdsprachen definiert, die gelernt werden, sondern dass die Naturwissenschaften einen stärkeren Stellenwert brauchen.
Das sind die vier Punkte, die für die Weiterentwicklung unseres Gymnasiums bedeutsam sind, an denen wir arbei
In den gesamten letzten Jahren ist unbestritten gewesen, dass die jetzige Form der gymnasialen Oberstufe Schwerpunkte hat, die bleiben sollen, und dass es Schwachstellen gibt, die abgebaut werden sollen.