Protokoll der Sitzung vom 27.07.2000

Man muss das schon einmal genau darlegen. Wir haben den beiden evangelischen Kirchen – Baden und Württemberg – versprochen, das Defizit von 97 Millionen DM an nicht bezahlten Ersätzen für Religionsunterricht, der von den Kirchen geleistet wurde, abzubauen. Wir haben ihnen auch zugesagt, dass sie im ersten Nachtrag eine Tranche von 10 Millionen DM bekommen. Ich bin zu denen hin und habe gesagt: „Freunde, wir haben jetzt einen Haushalt, bei dem es im Grunde nur darum geht, das zu verbuchen, was wir im Jahr 1999 mehr eingenommen und an Resten aus dem Jahr 1999 haben, weil wir das im Haushalt veranschlagt haben wollen. Wir wollen das nicht klammheimlich irgendwie beiseite schieben. Wir haben zwei Ausgabenblöcke und mehr nicht. Beim nächsten Mal kommt ihr dann dran.“ Die haben es verstanden.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Wenn es die evangelische Kirche versteht, sollten es doch die Israelitischen Religionsgemeinschaften in gleicher Weise verstehen.

(Abg. Marianne Erdrich-Sommer Bündnis 90/Die Grünen: Sie haben es versprochen!)

Das haben wir denen doch auch versprochen. Da gibt es einen Brief des Ministerpräsidenten an die Ministerin, in dem steht:

(Abg. Marianne Erdrich-Sommer Bündnis 90/Die Grünen: Nein, nicht Sie, der Finanzausschuss!)

Wir machen das so. Das haben die doch alle schon gesehen. Das ist versprochen worden.

(Abg. Marianne Erdrich-Sommer Bündnis 90/Die Grünen: Das stimmt doch einfach nicht!)

Wenn Sie es nicht wissen, Frau Erdrich-Sommer, dann lesen Sie es nach.

(Abg. Marianne Erdrich-Sommer Bündnis 90/Die Grünen: Laut Protokoll!)

Ich bin für eine Gleichbehandlung der Religionsgemeinschaften und sehe nicht ein, dass man bei den einen Ja und bei den anderen Nein sagt.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Capezzuto SPD: Richtig!)

Meine Damen und Herren, wir veranschlagen in diesem Nachtrag den Überschuss des Haushaltsjahres 1999 mit 1,71 Milliarden DM. Das ist ein stolzer Wert. Es sind eben nicht nur Steuermehreinnahmen, die wir damit veranschlagen können, sondern auch in etwa gleicher Höhe Minderausgaben des laufenden Haushalts. Das ist ein deutlicher Beleg dafür, dass wir dem Leitmotiv der Haushaltskonsolidierung nicht nur bei der Aufstellung des Haushalts, sondern auch gleichermaßen im Vollzug des Haushalts eine große Priorität einräumen.

Zusammen mit den Steuermehreinnahmen des laufenden Jahres können wir in einem Ausmaß Vorsorge für die steuerreformbedingten Mindereinnahmen des Jahres 2001 treffen, das die Opposition bisher stets für irreal gehalten hat.

Ich komme zum letzten Punkt, der Nettokreditaufnahme. Meine Damen und Herren, die Nettoneuverschuldung war in der mittelfristigen Finanzplanung mit 2,2 Milliarden DM festgelegt. Wir haben sie im Urhaushalt bereits um 300 Millionen DM reduziert und sind somit auf 1,9 Milliarden DM gekommen. Jetzt haben wir sie aus den Resten 1999 noch einmal um 350 Millionen DM reduziert, sodass wir jetzt bei 1,55 Milliarden DM stehen. Dies ist ein wichtiges Signal. Baden-Württemberg fährt auch im Jahr der Landtagswahl, meine Damen und Herren, auf Konsolidierungskurs.

(Abg. Moser SPD: Deswegen erhöhen Sie die Schulden!)

Unsere Haushalts- und Finanzpolitik ist verlässlich. Unser Ziel heißt: Neuverschuldung null. Bis 2006 muss es erreicht sein.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Mit dem heutigen Nachtrag kommen wir diesem Ziel ein gutes Stück näher. Frau Erdrich-Sommer, das ist keine Mär, sondern Realität. Das ist Politik von CDU und FDP/ DVP.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Schlierer.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in der heutigen Debatte zum Nachtrag nicht viel Neues gehört. Die Beratungen im Finanzausschuss haben auch keine neuen Erkenntnisse erbracht. Fest steht, dass dieser Nachtrag vorzeitig eingebracht wurde, in einem Eilverfahren durchgezogen wird und das Argument, Herr Kollege Scheffold, Auslöser sei der Sturm Lothar, nicht richtiger wird, wenn man es immer wieder wiederholt.

(Beifall bei den Republikanern)

Sie wissen ganz genau – das haben wir Ihnen auch schon in der Ersten Beratung gesagt –, dass meine Fraktion bereits bei den Beratungen zum Urhaushalt den Antrag eingebracht hatte, 100 Millionen DM mehr für die Beseitigung der Sturmfolgen einzustellen, weil bereits damals absehbar war, dass der vorgesehene Betrag nicht ausreichen würde. Ich kann es wirklich nicht verstehen, dass Sie sich heute hinstellen und sagen: Wir sind sozusagen rein schicksalhaft jetzt gezwungen, nachzusteuern.

(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Wir wissen es aber jetzt konkret, Herr Kollege!)

Das wäre solide Haushaltspolitik, Herr Kollege Scheffold: Das nächste Mal sollten Sie rechtzeitig daran denken. Sie sollten nicht immer warten, bis sozusagen das Kind in den Brunnen gefallen ist, um dann zu sagen: Jetzt müssen wir aber handeln.

(Beifall bei den Republikanern)

Ich erspare mir an dieser Stelle die Überlegung, ob das nicht vielleicht ganz absichtlich so gemacht worden ist, damit man jetzt einen Nachtrag beraten kann, der eben nicht nur den einen Punkt umfasst, sondern auch andere.

Nun kommen wir zum Thema Schulversorgung. Niemand hier in diesem hohen Haus wird das Ziel der Unterrichtsversorgung im Sinne einer Verlässlichkeit der Schule infrage stellen. Wir wissen auch, dass es tatsächlich durch die Entwicklung der Schülerzahlen notwendig ist, zusätzliche Lehrerstellen bereitzustellen. Aber eines hätten wir doch erwartet, Herr Kollege Scheffold, dass man nämlich nicht hingeht und sagt: Maßstab ist unser Wahlversprechen von 1996. Das war das, was Sie vorhin ausgeführt haben. Sie wollen das Soll erfüllen.

(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Ich habe nur ge- sagt: erfüllt haben!)

Doch. Ich will Ihnen einmal etwas sagen. Genau das ist das Thema. Sie wollen jetzt schon mit diesem Nachtrag in diesen Punkten ein Stück Wahlkampf machen, aber nicht die Fragen angehen, um die es wirklich geht.

(Beifall bei den Republikanern)

Die Frage ist, ob man nicht bei der Arbeitszeitbewertung der Lehrer

(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Das eine schließt das andere nicht aus, Herr Kollege!)

hören Sie einmal zu –

(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Ich höre zu!)

etwas tut. Dazu haben Sie nichts gesagt. Zur Frage der Erhöhung der Präsenzzeit an den Schulen haben Sie nichts gesagt. Es stellt sich die Frage, ob man jetzt nicht wirklich einmal an das Thema herangeht und sagt: Warum nicht in der ersten Stufe eine Deputatserhöhung?

(Beifall bei den Republikanern – Abg. Deuschle REP: Sehr richtig!)

Dann könnten wir anschließend sagen, welchen Mehrbedarf wir noch haben. Darum drücken Sie sich. Ich verstehe das nicht. Es gibt andere Bundesländer, die diesen Schritt inzwischen gegangen sind, zum Beispiel Brandenburg.

(Lachen des Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU)

In dem Zusammenhang kann man ja auch einmal den Satz bringen: Auch Staatsdiener sind heute Dienstleister. Deswegen wäre dieser Weg der richtige gewesen.

Im Übrigen haben Sie auch nichts dazu gesagt, wie Sie angesichts der absehbaren Zyklen, die wir in diesem Bereich zu gewärtigen haben, verfahren wollen. Der Schülerberg geht auch irgendwann zurück.

(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Eben! Das spricht doch für uns!)

Und dann? Warum haben Sie dann gegen unseren Antrag gestimmt, diese Stellen als k.w.-Stellen auszuweisen? Sie wissen doch ganz genau, dass das notwendig wäre. Es ist von einem der Vorredner auch zu Recht erwähnt worden, dass wir zunehmend mit dem Problem der Pensionslasten konfrontiert werden. Auch dazu, im Blick nach vorn, nichts. Das ist auch klar. Der Horizont ist bei Ihnen ausweislich Ihrer Rede auf das Jahr 2001 beschränkt.

(Beifall bei den Republikanern)

Wir müssten – da erinnere ich Sie an frühere Debatten zum Haushalt – den Personalkostenanteil im Landeshaushalt reduzieren. Wenn wir sehen, dass in einzelnen Sektoren unbedingt noch zusätzliches Personal benötigt wird, müssen wir zunächst einmal alle anderen Reservemöglichkeiten ausschöpfen. Erst im zweiten Schritt, wenn es unumgänglich ist, dürfen wir zusätzliches Personal einstellen. Das wäre eine Konsolidierung und nicht der Weg, den Sie beschreiten.

Im Übrigen will ich an der Stelle nur eines sagen: Wir werden den Antrag, diese Stellen als k.w.-Stellen auszuweisen, heute noch einmal stellen, wobei wir das Ergebnis der Beratungen im Finanzausschuss hinsichtlich der noch nicht erfolgten Zuweisung der Stellen an die verschiedenen Schularten berücksichtigt haben. Sie haben heute die Gelegenheit, unserem Antrag zuzustimmen und damit unter Beweis zu stellen, dass Sie an einer echten Konsolidierung des Haushalts interessiert sind.

(Beifall bei den Republikanern)

Erlauben Sie mir in dem Zusammenhang noch eine Anmerkung zu den Aussagen des Vorredners von der SPD: die Schule als Lebensraum, als Betreuungsraum und nicht nur als Ort der Wissensvermittlung. Ich stelle mir natürlich an dieser Stelle die Frage: Und welche Rolle spielt dann die Familie?

(Zuruf von den Republikanern: So ist es!)

Ich kann natürlich diese totale Rundumversorgung in der Schule machen. Dafür gibt es ja aus der Vergangenheit schöne sozialistische Vorbilder.