Protokoll der Sitzung vom 25.10.2000

Parallel dazu möchte ich meinen Appell aber auch an die ärztliche Selbstverwaltung richten. Herr Dr. Müller, es ist ja auch nicht so, dass wir nicht ständig mit den Ärzten und der Selbstverwaltung im Dialog stünden, aber die ärztliche Selbstverwaltung hat es in der Hand, wie konsequent eine Arztpraxis oder Klinik den Empfehlungen und auch den wissenschaftlich gesicherten Leitlinien – und die gibt es ja, und zwar von den jeweiligen Fachgesellschaften und von der Bundesärztekammer – folgt. Dabei geht es nicht nur darum, Empfehlungen und Leitlinien intern umzusetzen, sondern die Strukturen, die Abläufe und die Ergebnisse müssen auch extern überprüfbar sein. Deswegen setzt da das öffentliche Handeln an. Das muss transparent gemacht werden. Abweichungen vom Standard müssen erkennbar werden. Nur dann wird es uns gelingen, eine bestmögliche Behandlungsqualität zu erreichen, sodass die Frauen davon den größtmöglichen Nutzen haben.

Mehr ist derzeit zu diesem Thema sicher noch nicht zu sagen, aber wir wollen uns weiterhin mit großer Ernsthaftigkeit dieses Themas annehmen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, mir liegen in der Aussprache keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen deshalb nun zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung der Anträge.

Wir kommen zunächst zum Änderungsantrag der Fraktion der SPD, Drucksache 12/5647, dann zu dem Entschließungsantrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP/DVP, Drucksache 12/5645, und schließlich zu dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Drucksache 12/4508.

Wer dem Änderungsantrag der Fraktion der SPD zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen.

(Abg. Birgitt Bender Bündnis 90/Die Grünen: Bit- te ziffernweise abstimmen, Herr Präsident!)

Ziffernweise? – Danke.

Dann kommen wir zu Ziffer 1 des Antrags Drucksache 12/5647. Wer Ziffer 1 dieses Änderungsantrags der Frakti

(Stellv. Präsident Weiser)

on der SPD zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Vielen Dank. Wer stimmt gegen Ziffer 1 des Änderungsantrags der Fraktion der SPD? –

(Unruhe – Einige CDU-Abgeordnete heben die Hand. – Abg. Brechtken SPD: Die Vernünftigen bei der CDU haben zugestimmt! Das reicht!)

Wer enthält sich?

(Unruhe)

Meine Damen und Herren, wer enthält sich? –

(Unruhe)

Die CDU-Fraktion nimmt an der Abstimmung nicht teil.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Doch! Die hat doch zuge- stimmt! – Abg. Brechtken SPD: Die Vernünftigen bei der CDU haben zugestimmt! – Unruhe)

Ziffer 1 ist zugestimmt.

Ich lasse über Ziffer 2 des Änderungsantrags Drucksache 12/5647 abstimmen. Wer Ziffer 2 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. –

(Abg. Brechtken SPD: Da könnt ihr auch zustim- men! – Gegenruf der Abg. Dr. Eva Stanienda CDU: Unser Antrag ist weiter gehend! Der deckt alles ab!)

Vielen Dank. Wer stimmt dagegen? – Danke. Wer enthält sich? – Ziffer 2 ist bei einigen Enthaltungen mehrheitlich abgelehnt.

Ich lasse über Ziffer 3 des Änderungsantrags Drucksache 12/5647 abstimmen. Wer Ziffer 3 dieses Änderungsantrags zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer stimmt dagegen? – Danke. Wer enthält sich der Stimme? – Bei einigen Stimmenthaltungen ist Ziffer 3 abgelehnt.

Wir kommen nun zum Entschließungsantrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP/DVP, Drucksache 12/5645. Wer diesem Entschließungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. – Vielen Dank. Wer stimmt dagegen? – Danke. Wer enthält sich? – Bei einigen Enthaltungen ist dieser Entschließungsantrag mehrheitlich angenommen. Es gab Gegenstimmen, aber die Mehrheit war dafür.

Meine Damen und Herren, wenn ich es richtig sehe, ist der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Drucksache 12/4508, ein reiner Berichtsantrag. Er ist durch die heutige Aussprache erledigt. – Gegen diese Feststellung erhebt sich kein Widerspruch. Vielen Dank.

Punkt 9 der Tagesordnung ist damit erledigt.

Ich rufe Punkt 10 der Tagesordnung auf:

Große Anfrage der Fraktion der SPD mit der Antwort der Landesregierung – Außerschulische politische Bildung in Baden-Württemberg – Drucksache 12/2984

Dazu rufe ich den Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP/DVP, Drucksache 12/5648, und den An

trag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Drucksache 12/5649, auf.

Frau Abg. Bregenzer, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt einen Konsens zwischen den demokratischen Parteien: Eine lebendige Demokratie und eine lebendige Gesellschaft werden getragen von interessierten, motivierten und engagierten Bürgerinnen und Bürgern. Eine lebendige Demokratie braucht Menschen, die die Grundlagen, die Werte und die Regeln dieser Demokratie kennen, achten, erhalten und bereit sind, sie weiterzuentwickeln. Das geht nicht von selbst.

Demokratisches Verhalten, demokratisches Denken sind keinem Menschen angeboren und auch keinem in die Wiege gelegt. Im Gegenteil: Je selbstverständlicher Demokratie wird, je komplizierter politische Zusammenhänge sind, je unüberschaubarer politische Systeme sind, umso eher distanzieren sich die Menschen, umso eher ziehen sie sich zurück, umso größer ist die Gefahr, dass die Demokratie nur noch von wenigen getragen wird.

Deshalb gibt es einen Konsens unter den demokratischen Parteien, dass politische Bildung, die zu mündigen, wachen Bürgerinnen und Bürgern führt, ein unverzichtbarer Bestandteil der Bildung im Allgemeinen ist.

(Beifall bei der SPD – Abg. Hehn CDU: Bis dahin unbestritten!)

Bis dahin unbestritten. Aber paradox ist es doch: Wir beklagen den Rückzug aus Politik und Gesellschaft, wir leiden wegen des schwindenden Interesses an politischen Vorgängen und Zusammenhängen, wir vermissen engagierte Unterstützung und erschrecken über das Erstarken rechtsextremer Töne und Handlungen. Aber gleichzeitig wurden in den letzten Jahren die Mittel gekürzt – für die Landeszentrale für politische Bildung wurden zum Beispiel die Sachmittel halbiert –, für die Weiterbildungsträger im Bereich der politischen Bildung in den letzten sechs Jahren allein um 600 000 DM.

Politische Bildung leistet einen Beitrag zur Stabilität der Demokratie und hilft, globale Prozesse zu verstehen. Dafür ist qualifizierte Arbeit unabdingbar, und diese qualifizierte Arbeit ist nicht kostenlos zu haben.

Unbestritten ist: Schule muss der erste Lernort sein. Sie legt die Grundlage durch Information und Aufklärung, aber auch durch die demokratische Struktur in der Schule selbst, wo Schülerinnen und Schüler Demokratie leben können.

Es ist doch paradox, dass wir erwarten, dass Schule dies leistet, aber gleichzeitig die Zeit in der Schule knapper wird und die Klassen größer werden und der Gemeinschaftskundeunterricht unter Druck gerät.

Es ist unter allen demokratischen Parteien unbestritten, dass politische Bildung das klassische Feld lebenslangen Lernens ist

(Abg. Rapp REP: Sie brauchen schon noch Nach- bildung!)

und dass wir dazu Weiterbildungseinrichtungen in unterschiedlicher Trägerschaft und auch eine Landeszentrale für politische Bildung brauchen.

Paradox ist aber, dass Aufgaben und Bedeutung dieser Einrichtungen wachsen und die Landeszuschüsse schmelzen.

Die Antwort auf unsere Große Anfrage macht deutlich, dass wir ein breites, vielfältiges, dezentrales Angebot in Baden-Württemberg haben. Die politische Bildung wird überparteilich, parteipolitisch neutral, plural vermittelt. Die Vielfältigkeit garantiert den Zuspruch unterschiedlicher Kreise, unterschiedliche Perspektiven und eine große Breitenwirkung. Alle diese Träger sind unverzichtbar. Die Landeszentrale für politische Bildung ist als Kooperationspartner sozusagen die unverzichtbare Klammer zwischen den verschiedenen Einrichtungen.

Politische Bildung muss in der Fläche stattfinden, in Städten und Gemeinden, dort, wo die Meinungsträger für das richtige Klima sorgen, dort, wo die Menschen erreicht werden können, dort, wo die Betroffenheit für die Einzelnen spürbar wird. Deshalb hat jede Weiterbildungseinrichtung ihren Platz und ihre Bedeutung in der Kommune, in der Stadt.

Die erschreckenden Entwicklungen in den letzten Wochen und Monaten zeigen: Es gibt nach wie vor und zunehmend Handlungsbedarf. Deshalb ist jede Initiative zu begrüßen und zu unterstützen, so zum Beispiel die Pläne der Volkshochschulen in Baden-Württemberg, dem Beispiel Nordrhein-Westfalens zu folgen und die Sprachlosigkeit gegenüber rechtsextremem Gedankengut zu überwinden, Menschen zu befähigen, die Lufthoheit über Stammtische zu erwerben.

(Lachen des Abg. Deuschle REP – Abg. König REP: Das ist Ihr Ziel! Das haben wir schon lange!)

Wir begrüßen auch die Pläne der Landeszentrale für politische Bildung, ein „Team Z“ einzurichten, das Lehrerinnen und Lehrer, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter sowie andere Menschen, die in der Jugendarbeit tätig sind, dazu befähigen soll, mit rechtsextremem Gedankengut und Handlungen besser umzugehen und Jugendliche zu Alternativen zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zu befähigen.

Das Projekt „Team Z“ ist ein wichtiger Anstoß zur Koordination politischer Bildung mit der Jugendarbeit. Hier gibt es bisher ein Defizit, und deshalb ist das Projekt richtig und wichtig. Diese Idee der Landeszentrale für politische Bildung ist eine Ermutigung für andere Träger, sich auf diesem Feld ebenfalls zu betätigen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Politische Bildung braucht weiterhin vermehrt unsere Unterstützung, die ideelle, aber auch die finanzielle. Und sie braucht die Unterstützung durch Politikerinnen und Politiker. Die hat sie übrigens nicht, wenn diese sich ein komplexes Thema wie die Zuwanderung zum Wahlkampfmittel machen, sondern die hat sie dann, wenn Politikerinnen und Politiker mit schwierigen Themen sensibel umgehen, diffe