Carla Bregenzer

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Frau Ministerin, ist Ihnen bekannt, dass das Staatsministerium – Herr Minister Palmer – eine korrigierte Fassung der Veröffentlichung der Kultusministerkonferenz verschickt, in der die Zahlen, die die Kultusministerkonferenz ursprünglich nicht mit eingerechnet hatte, ergänzt sind, und dass Baden-Württemberg nach dieser Fassung auf Platz 10 liegt?
Das war die erste Frage.
Die zweite Frage: Trifft es zu – – Sie haben in der Stellungnahme zu unserem Antrag geschrieben, dass Sie im Schuljahr 2000 54 Ganztagsschulen eingerichtet hätten und dass Sie im Schuljahr 2000/2001 zehn weitere Schulen einrichten.
Nach Ihren Zahlen hätten wir dann in diesem Schuljahr 64 Ganztagsschulen im Land Baden-Württemberg eingerichtet.
Woher kommt nun die Zahl 74? Welche zehn weiteren Schulen sind in diesem Schuljahr eingerichtet worden? Werden im kommenden Schuljahr 2001/2002 die noch etwa 60 weiteren Schulen als Ganztagsschulen eingerichtet werden?
In welchem Staatshaushaltsplan haben Sie die Kosten für diese insgesamt 127 Ganztagsschulen bereits festgelegt?
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt einen Konsens zwischen den demokratischen Parteien: Eine lebendige Demokratie und eine lebendige Gesellschaft werden getragen von interessierten, motivierten und engagierten Bürgerinnen und Bürgern. Eine lebendige Demokratie braucht Menschen, die die Grundlagen, die Werte und die Regeln dieser Demokratie kennen, achten, erhalten und bereit sind, sie weiterzuentwickeln. Das geht nicht von selbst.
Demokratisches Verhalten, demokratisches Denken sind keinem Menschen angeboren und auch keinem in die Wiege gelegt. Im Gegenteil: Je selbstverständlicher Demokratie wird, je komplizierter politische Zusammenhänge sind, je unüberschaubarer politische Systeme sind, umso eher distanzieren sich die Menschen, umso eher ziehen sie sich zurück, umso größer ist die Gefahr, dass die Demokratie nur noch von wenigen getragen wird.
Deshalb gibt es einen Konsens unter den demokratischen Parteien, dass politische Bildung, die zu mündigen, wachen Bürgerinnen und Bürgern führt, ein unverzichtbarer Bestandteil der Bildung im Allgemeinen ist.
Bis dahin unbestritten. Aber paradox ist es doch: Wir beklagen den Rückzug aus Politik und Gesellschaft, wir leiden wegen des schwindenden Interesses an politischen Vorgängen und Zusammenhängen, wir vermissen engagierte Unterstützung und erschrecken über das Erstarken rechtsextremer Töne und Handlungen. Aber gleichzeitig wurden in den letzten Jahren die Mittel gekürzt – für die Landeszentrale für politische Bildung wurden zum Beispiel die Sachmittel halbiert –, für die Weiterbildungsträger im Bereich der politischen Bildung in den letzten sechs Jahren allein um 600 000 DM.
Politische Bildung leistet einen Beitrag zur Stabilität der Demokratie und hilft, globale Prozesse zu verstehen. Dafür ist qualifizierte Arbeit unabdingbar, und diese qualifizierte Arbeit ist nicht kostenlos zu haben.
Unbestritten ist: Schule muss der erste Lernort sein. Sie legt die Grundlage durch Information und Aufklärung, aber auch durch die demokratische Struktur in der Schule selbst, wo Schülerinnen und Schüler Demokratie leben können.
Es ist doch paradox, dass wir erwarten, dass Schule dies leistet, aber gleichzeitig die Zeit in der Schule knapper wird und die Klassen größer werden und der Gemeinschaftskundeunterricht unter Druck gerät.
Es ist unter allen demokratischen Parteien unbestritten, dass politische Bildung das klassische Feld lebenslangen Lernens ist
und dass wir dazu Weiterbildungseinrichtungen in unterschiedlicher Trägerschaft und auch eine Landeszentrale für politische Bildung brauchen.
Paradox ist aber, dass Aufgaben und Bedeutung dieser Einrichtungen wachsen und die Landeszuschüsse schmelzen.
Die Antwort auf unsere Große Anfrage macht deutlich, dass wir ein breites, vielfältiges, dezentrales Angebot in Baden-Württemberg haben. Die politische Bildung wird überparteilich, parteipolitisch neutral, plural vermittelt. Die Vielfältigkeit garantiert den Zuspruch unterschiedlicher Kreise, unterschiedliche Perspektiven und eine große Breitenwirkung. Alle diese Träger sind unverzichtbar. Die Landeszentrale für politische Bildung ist als Kooperationspartner sozusagen die unverzichtbare Klammer zwischen den verschiedenen Einrichtungen.
Politische Bildung muss in der Fläche stattfinden, in Städten und Gemeinden, dort, wo die Meinungsträger für das richtige Klima sorgen, dort, wo die Menschen erreicht werden können, dort, wo die Betroffenheit für die Einzelnen spürbar wird. Deshalb hat jede Weiterbildungseinrichtung ihren Platz und ihre Bedeutung in der Kommune, in der Stadt.
Die erschreckenden Entwicklungen in den letzten Wochen und Monaten zeigen: Es gibt nach wie vor und zunehmend Handlungsbedarf. Deshalb ist jede Initiative zu begrüßen und zu unterstützen, so zum Beispiel die Pläne der Volkshochschulen in Baden-Württemberg, dem Beispiel Nordrhein-Westfalens zu folgen und die Sprachlosigkeit gegenüber rechtsextremem Gedankengut zu überwinden, Menschen zu befähigen, die Lufthoheit über Stammtische zu erwerben.
Wir begrüßen auch die Pläne der Landeszentrale für politische Bildung, ein „Team Z“ einzurichten, das Lehrerinnen und Lehrer, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter sowie andere Menschen, die in der Jugendarbeit tätig sind, dazu befähigen soll, mit rechtsextremem Gedankengut und Handlungen besser umzugehen und Jugendliche zu Alternativen zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zu befähigen.
Das Projekt „Team Z“ ist ein wichtiger Anstoß zur Koordination politischer Bildung mit der Jugendarbeit. Hier gibt es bisher ein Defizit, und deshalb ist das Projekt richtig und wichtig. Diese Idee der Landeszentrale für politische Bildung ist eine Ermutigung für andere Träger, sich auf diesem Feld ebenfalls zu betätigen.
Politische Bildung braucht weiterhin vermehrt unsere Unterstützung, die ideelle, aber auch die finanzielle. Und sie braucht die Unterstützung durch Politikerinnen und Politiker. Die hat sie übrigens nicht, wenn diese sich ein komplexes Thema wie die Zuwanderung zum Wahlkampfmittel machen, sondern die hat sie dann, wenn Politikerinnen und Politiker mit schwierigen Themen sensibel umgehen, diffe
renziert den Dialog suchen und angemessene Lösungen zu finden suchen. Hier wie in anderen Feldern braucht politische Bildung das Vorbild in der Politik und konkrete Unterstützung.
Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, wie überflüssig die Reps sind und wie nahe sie den Rechtsextremen stehen, dann war es diese Verschwörungstheorierede von Herrn König vorhin.
Herr König, ich stimme Ihnen in einem Punkt zu: Wir wollen die rechtsextremen Reps aus dem Landtag raus haben.
Und wir vertrauen auf die Wählerinnen und Wähler, die inzwischen durchschaut haben, dass hier Wölfe im Schafspelz sitzen.
Herr Palmer, zwei Sätze zu Ihnen: Sie haben Baden-Württemberg als an der Spitze der Bewegung stehend, was die personelle Ausstattung der Landeszentrale anbelangt, angeführt. Andere Bundesländer haben andere Strukturen; dort findet politische Bildung auf wesentlich breiterer Basis statt, weniger in den Landeszentralen. Wenn Sie das in der Summe nehmen, kommen Sie zum Ergebnis, dass andere Länder wesentlich mehr Mittel als Baden-Württemberg für die politische Bildung ausgeben. Das einfach nur zur Korrektur, damit das richtig gestellt ist.
Ich habe vorhin schon gesagt: Die Mittel für politische Bildungsarbeit sind bei den politischen Bildungsträgern speziell in den letzten sechs Jahren um über eine halbe Million DM gekürzt worden. Das ist sicher nicht im Sinne der politischen Bildungsarbeit.
Ich will mich nicht über das Thema Gedenkstätten ausbreiten. Aber ich erinnere mich noch daran, wie lange, mühsam und schwierig der Weg war, bis wir es hinbekommen haben, der Landeszentrale für politische Bildung auch finanzielle Unterstützung dafür zukommen zu lassen.
Schade, dass Sie so schnell weggelaufen sind, Herr Dr. Palmer. Wir schlagen vor, wie wir das vor der Debatte schon versucht haben – vielleicht kann man das jetzt auf diesem informellen Wege erledigen, nachdem Sie erklärt haben, wie schwierig es auch für Sie sei, unseren Antrag abzulehnen –, eine Entscheidung zu vertagen und die Anträge in den zuständigen Ausschuss zu überweisen, damit im Ausschuss darüber diskutiert werden kann.
Wir wollen hier heute keine Abstimmung erzwingen. Uns liegt an der Sache. Wir hatten uns deshalb um einen gemeinsamen Antrag bemüht. Wenn Sie damit einverstanden sind, beantragen wir Überweisung an den Ausschuss. Dann kann das im Ausschuss beraten werden.
Ich will in meinem Schlusswort noch etwas sagen: Es ist nicht sinnvoll, sich nur in Reden über die Bedeutung der politischen Bildung auszulassen. Denn nur Handeln bringt Veränderung. Es war richtig, politische Bildung in allen Einrichtungen – nicht nur in der Landeszentrale, sondern auch in den anderen Weiterbildungseinrichtungen – verbal zu unterstützen und deren Arbeit zu loben. Die Menschen, die dort arbeiten, brauchen dieses Lob. Sie brauchen auch den Dank. Deshalb ist es wichtig und richtig, denen zu danken. Ich will aber ausdrücklich sagen: nicht nur den Mitarbeitern in der Landeszentrale für politische Bildung, sondern auch allen anderen Weiterbildungsträgern.
Ich will aber auch einen Dank ans Parlament aussprechen, auch wenn wir uns damit eigentlich selbst danken.
In welchem Ausschuss das stattfinden soll, kann man vielleicht auch noch klären.
Ich wollte eigentlich Ihnen allen im Namen der Landeszentrale für politische Bildung dafür danken – in diesem Falle in meiner Funktion als stellvertretende Kuratoriumsvorsitzende –, dass Sie die Landeszentrale gegenüber dem Rechnungshof gestärkt haben, sodass es nicht zu den vorgeschlagenen Personalkürzungen gekommen ist.
Die finanzielle Unterstützung ist die Grundlage jeder Arbeit, und ich erinnere noch einmal an die halbe Stelle für den Schülerwettbewerb, die noch aussteht, die die Landeszentrale eigentlich bekommen sollte. Auch dazu hat die Regierung zugesagt, sie wolle versuchen, dies möglichst bald umzusetzen. Diese halbe Stelle für den Schülerwettbewerb zur politischen Bildung ist dringend notwendig, und die Landeszentrale wartet noch darauf.
Ich will den Ministerpräsidenten zitieren:
Medien, politische Bildungsarbeit und Politiker müssen sich mit dem Rechtsextremismus auseinander setzen.... Die Bekämpfung des Rechtsextremismus ist nicht nur eine Aufgabe für den Staat, sondern auch für die politische Bildungsarbeit generell.
Wir stimmen dem zu und bitten darum, beide Anträge an den zuständigen Ausschuss zu überweisen, sodass wir dann dort
das wäre der Ständige Ausschuss – eine Konsenslösung finden, die der Landeszentrale dabei hilft, dieses sinnvolle Projekt umzusetzen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nachdem wir in der ersten Lesung keine Aussprache hatten und auch im Ausschuss zu der Thematik keine Aussprache stattfand, es also bisher keinen Dissens gab, gibt es auch keine Notwendigkeit, jetzt in der zweiten Lesung einen Dissens zu schaffen, nur weil dieser dann unter den Augen der Öffentlichkeit stünde.
Nachdem Sie, Herr Birk, schon dargestellt haben, worin die Unterschiede zu dem bestehen, was bisher als Staatsvertrag zur ZVS gegolten hat, brauchen wir darüber, denke ich, auch keine lange Debatte mehr zu führen. Zumal dieser Gesetzentwurf im Grunde nur das nachvollzieht, was die Ministerpräsidenten aller Länder bereits im Juni 1999 unterschrieben haben. Im Grunde ist dieser Staatsvertrag also seit über einem halben Jahr gültig. Wie der Minister in der Ausschusssitzung gesagt hat: Weil es im Rahmen der Hochschulgesetznovelle des Landes Baden-Württemberg nicht mit vollzogen wurde, geschieht dies heute im Nachgang. Nachdem die beiden Regelungen, die jetzt hier neu enthalten sind, die Zustimmung der CDU finden – sie sind vor allem, wie Sie dargestellt haben, auch durch Ihre Interventionen und die Verhandlungen der CDU auf Bundesebene in diesen Staatsvertrag hineingekommen –, gibt es sicher keinen Grund, dies nicht zu tun. Pikant ist in diesem Zusammenhang lediglich, dass der Wissenschaftsminister sagt, summa summarum habe sich die ZVS bewährt, während die Kultusministerin sagt, man müsse die ZVS abschaffen, und dies auch in dem bildungspolitischen Papier, das der Bundesparteitag in Essen in den letzten Tagen ver
abschiedet hat, gefordert wird. Es gibt also einen gewissen Dissens bei Ihren eigenen Positionen. Aber ich gehe einmal davon aus: Solange niemand etwas Besseres für die Verteilung des Mangels gefunden hat – nichts anderes ist ja das, was die ZVS macht –, so lange werden wir mit der ZVS auch leben und wohl auch gut leben können.