Protokoll der Sitzung vom 25.10.2000

anschließt. Ich höre vom Kollegen Noll immer „Vorfahrt für die Selbstverwaltung“, Freiwilligkeit usw.

(Abg. Dr. Eva Stanienda CDU: Das verlangt ja die Selbstverwaltung! – Zuruf des Abg. Haas CDU)

Jetzt kommt plötzlich die große Keule. – Frau Kollegin Stanienda, wir brauchen kein Qualitätsgesetz. Wir bräuchten allerdings eine Veränderung des § 16 der Röntgenverordnung auf Bundesebene. Das würde reichen.

(Abg. Haas CDU: Machen Sie das doch!)

Wir brauchen einen Landesminister, der das Problem ernst nimmt,

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Bünd- nisses 90/Die Grünen – Abg. Haas CDU: Jetzt aber!)

der nicht immer nur Tiraden vom Globalbudget usw. macht,

(Abg. Haas CDU: Da hat er auch Recht! Das tut weh!)

sondern der vor Ort in diesem Bereich konkret handelt und der sagt: Was kann ich hier machen? Seine Amtskollegin Stamm in Bayern hat die Verbände eingeladen und gefragt: Was können wir erreichen?

(Zuruf des Abg. Dr. Glück FDP/DVP)

Herr Repnik verweist auf den Bund und schimpft im Übrigen aufs Globalbudget. Das ist keine Politik im Interesse der Frauen, die betroffen sind.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Bünd- nisses 90/Die Grünen – Abg. Haas CDU: Ihnen geht es um Wahlkampf und nicht um Frauen!)

Herr Abgeordneter, ich darf Sie auf das Ende Ihrer Redezeit hinweisen.

Herr Präsident, ich komme zum Schluss.

Ich muss noch etwas zum Antrag der Kollegin Stanienda sagen. Meiner Ansicht nach ist er relativ billig. Sie fordern das, was Sie selbst nicht erledigt haben.

(Abg. Haas CDU: Wieso denn?)

Ich kenne ja die Diskussion. Beim Landespsychiatriegesetz sagt die CDU: „In der Ruhe liegt die Kraft. Wir machen nichts. Wir warten einmal ab.“

(Abg. Dr. Eva Stanienda CDU: Die Folgen der Selbstverwaltung, Herr Kollege!)

Und dann wollen Sie Schnellschüsse von der Bundesregierung. Anschließend sagen Sie: „Das ist ein Schnellschuss. Wir sind dagegen.“ So kann man keine Politik machen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Bünd- nisses 90/Die Grünen – Abg. Dr. Eva Stanienda CDU: Sie drücken sich!)

Wir meinen, dass man die Röntgenverordnung auf Bundesebene ändern muss. Wir meinen aber auch, dass Sie vor Ort zunächst einmal Ihre Hausaufgaben machen müssen. Sie müssen mit der Landesärztekammer und mit den Fachverbänden reden.

Herr Abgeordneter, ich weise Sie noch einmal auf das Ende Ihrer Redezeit hin.

Dann müssen Sie vor Ort ein Modell wie das von Professor Barth umsetzen. Das wäre Politik. Alles andere sind Schaugefechte.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten des Bünd- nisses 90/Die Grünen)

Das Wort hat Frau Abg. Schweikert.

Herr Präsident, verehrte Damen und Herren! Jede Frau, die an Brustkrebs sterben muss, ist ein bitterer Verlust für die jeweilige Familie und für unsere Gesellschaft insgesamt. Diese furchtbare Krankheit haben Forscher und Ärzte bis heute noch nicht im Griff, obwohl sie sich alle sehr bemühen. Die Zahlen der Brustkrebssterblichkeit in Baden-Württemberg, in der Bundesrepublik Deutschland und in Europa liegen uns vor. Sie sprechen eine deutliche Sprache.

Nach heutigem Erkenntnisstand kann es folgende Ursachen für die Erkrankung geben: genetische und hormonelle Faktoren, geringe Bewegung, fettreiche Ernährung, vermehrter Alkoholkonsum und Rauchen. Eine solche Lebensweise kann das Risiko erhöhen, an Brustkrebs zu erkranken.

Ein höheres Erkrankungsrisiko sind auch Brustkrebserkrankungen in der Familie, Kinderlosigkeit, frühe Menarche oder späte Menopause, ebenso psychische Probleme, zum Beispiel: Mann verlässt Ehefrau, oder Freund verlässt Freundin.

Offensichtlich erhöht sich auch das Risiko für Frauen, ein Mammakarzinom zu bekommen, wenn sie erst in höherem Lebensalter ihr erstes Kind gebären. Dies trägt übrigens auch zu der ansteigenden Zahl der Frühgeburten bei.

Ich denke jedoch, Frauen müssen eigenverantwortlich entscheiden, wie sie präventiv mit ihrer Gesundheit umgehen und wann sie sich für ein Kind entscheiden.

Auch sollten Frauen regelmäßig das Angebot der Krebsvorsorge, die mit dem Beginn des 20. und 30. Lebensjahrs in Anspruch genommen werden kann, annehmen und den Rat der Ärzte befolgen. Wenn Frauen nicht zur Krebsvorsorge gehen, handeln sie so, als wenn sie über die Straße laufen, während die Ampel Rot zeigt. So erkläre ich das Bürgerinnen meiner Heimatgemeinde und Frauen in meinem Wahlkreis.

Auf Bundesebene werden vielfältige Krebsforschungsprojekte unterstützt. Unser Land Baden-Württemberg fördert im laufenden Haushalt fünf medizinische Fakultäten mit riesigen Beträgen für Forschung und Lehre. Die Aufteilung dieser Budgets liegt in der Verantwortung der Fakultäten; sie entscheiden also selbst, welcher Anteil der Brustkrebsforschung zukommt.

Meine Damen und Herren, wir dürfen die Augen nicht davor verschließen, dass wir in Zukunft mehr Geld für die Erforschung des Mammakarzinoms benötigen werden; da helfen alle Deckelungen und Budgetierungen des Bundes nicht weiter.

Schöpft ein Arzt bei einer Frau den Verdacht auf einen Tumor, so schickt er sie zu einem Facharzt zur Mammographie. Vor einigen Jahren waren die Röntgengeräte für Mammographie noch sehr ungenau. Heute sind sie dank des technischen Fortschritts wesentlich präziser, aber, wie ich denke, immer noch nicht genau genug.

Eine meiner Bekannten musste vor 13 Jahren die Teilamputation einer Brust durchführen lassen; nachbehandelt wurde mit Bestrahlung. Fünf Jahre später folgte eine weitere Teilamputation; die Lymphdrüsen wurden mit entfernt. Nachbehandelt wurde nun mit Chemotherapie und Bestrahlung. Die Frau geht vierteljährlich zur Nachsorgeuntersuchung, die eine Ultraschalldiagnose und die Analyse der Blutwerte beinhaltet. Einmal jährlich wird sie in der onkologischen Abteilung des Deutschen Krebsforschungszentrums an der Universität Heidelberg untersucht. Heute geht es der Frau gut, nur ab und zu fühlt sie sich schlapp. Dieser dargestellte Fall mag vielleicht gut ausgehen. Leider gibt es auch wesentlich aggressivere Formen, die mit einem schnellen Tod enden.

Den erkrankten Frauen in Baden-Württemberg wird sowohl eine wohnortnahe als auch eine qualitativ hochwertige Versorgung angeboten. In diesem Sinne hat sich auch der Landesbeirat Onkologie geäußert, der die Errichtung zusätzlicher Krebszentren ablehnte.

Ich begrüße und unterstütze die Aktion des Landesfrauenrats. Wir brauchen eine Qualitätsoffensive in der Diagnostik und Überwachung von Brustkrebs, wie sie im Oktober bzw. November gestartet werden soll.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, am 23. Oktober 2000 erschien ein Artikel mit dem Titel „Frauen fordern bessere Vorsorge“ im „Mannheimer Morgen“. Er berichtete, dass rund 1 000 Frauen aus ganz Deutschland in Berlin für bessere Vorsorge und Behandlung bei Brustkrebserkrankungen auf die Straße gegangen seien. Für diesen ersten Protestmarsch hatte Frau Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer die Schirmherrschaft übernommen. Ich denke, die Frau Ministerin sollte, anstatt bei solchen Aktionen Schirmherrschaften zu übernehmen, vielmehr darauf achten, dass für die Frauen präventive Maßnahmen, vom Bund finanziert, durchgeführt werden können,

(Abg. Birgitt Bender Bündnis 90/Die Grünen: Tut sie ja! Es gibt ja Modelle! – Gegenruf der Abg. Dr. Eva Stanienda CDU: Aber außerhalb des Bud- gets!)

damit den Frauen besser geholfen werden kann.

Brustkrebs war und ist eine der Geißeln von Frauen. Wir müssen vonseiten der Politik alles tun, um die Frauen in unserem Land davor zu bewahren. Wir, die FDP/DVPFraktion, sind dazu jederzeit bereit.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Das Wort hat Herr Abg. Herbricht.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Brustkrebs ist in den westlichen Ländern, insbesondere in den nordeuropäischen, die häufigste Krebstodesursache von Frauen. Dieser Geißel der Frauen den Kampf anzusagen muss unser aller Bestreben sein. Im Übrigen ist Brustkrebs keine reine Frauenkrankheit; 1998 starben immerhin auch 211 Männer an dieser Krankheit. Was den Kampf gegen Brustkrebs so schwierig macht, ist die Tatsache, dass die Krankheit, ebenso wie viele andere Krebserkrankungen, noch weitgehend unerforscht ist.

Aus statistischen Erhebungen lassen sich jedoch bestimmte Risikofaktoren ableiten, welche die Gefahr einer Brustkrebserkrankung erhöhen. So steigt die Erkrankungswahrscheinlichkeit zwischen dem 30. und dem 80. Lebensjahr stetig an: von 1 : 2 160 im 30. auf 1 : 11 im 80. Lebensjahr. Frauen mit einer späten ersten oder gar keiner Geburt erkranken häufiger als der Durchschnitt. Krebserkrankungen in der Familie, fettreiche Ernährung, Alkohol und Östrogene stellen ein erhöhtes Risiko dar.

Um diese und andere Risikofaktoren einmal zu erfassen und auswerten zu können, bedarf es eines flächendeckend geführten, umfassenden Krebsregisters in Baden-Württemberg und darüber hinaus. Was selbst in der maroden DDR möglich war, sollte auch bei uns möglich sein.

(Abg. Birgitt Bender Bündnis 90/Die Grünen: Das war aber auch marode!)

Ja, aber sie haben es zumindest versucht, Frau Bender.

Ohne gründliche Diagnose gibt es keine sinnvolle Therapieplanung. Zu einer gründlichen Diagnose bedarf es aber auch einer gründlichen Ausbildung. Es ist kein Ruhmesblatt für unser Gesundheitswesen, wenn viele Frauen der Urteilskraft deutscher Radiologen so wenig Vertrauen entgegenbringen, dass sie ihre Röntgenaufnahmen zur vergleichenden Auswertung nach Holland schicken.

Auch entspricht das bundesdeutsche MammographieScreening bisher leider nicht den Qualitätsrichtlinien der Europäischen Union und wird von den Kassen nur dann bezahlt, wenn eine so genannte kurative Mammographie vorliegt.