Protokoll der Sitzung vom 22.11.2000

(Abg. Zeller SPD: So wie in der Schweiz!)

Auf der Kreisebene – jetzt komme ich darauf – besteht die Gefahr, dass hier Entscheidungen getroffen würden, die einen Teil des Landkreises bevorzugen und den anderen Teil benachteiligen, zum Beispiel Entscheidungen über eine Mülldeponie.

Meine Damen und Herren, zusammenfassend ist festzustellen: Unsere Fraktion betont, dass die jetzigen Regelungen für den Bürgerantrag und für das Bürgerbegehren ausreichend sind, dass wir eine Senkung des Entscheidungsquorums ablehnen, dass wir die Einführung von Bürgerantrag und Bürgerentscheid auf Kreis- und Bezirksebene ebenfalls ablehnen, dass wir uns hiermit zur repräsentativen Demokratie in der Gemeinde bekennen, allerdings mit der Feststellung – jetzt hören Sie mal gut zu, Herr Redling –,

(Abg. Redling SPD: Mache ich immer!)

dass wir in der nächsten Legislaturperiode über mögliche Erleichterungen diskutieren können.

(Abg. König REP: Wenn ihr in der Opposition seid!)

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt lehnen wir den Gesetzentwurf der Grünen und den Gesetzentwurf der SPD ab.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Zeller SPD: Ein Armutszeugnis!)

Das Wort hat Herr Abg. König.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wundert mich schon, wenn ich hier höre, dass für mehr Bürgerbeteiligung der Zeitpunkt entscheidend sein muss. Der Zeitpunkt ist gerade nicht opportun. Das ist typisch FDP.

(Abg. Deuschle REP: Ja!)

Entweder bin ich der Meinung, dass man das Volk und die Bürger mehr beteiligen sollte, oder ich bin der Meinung, man sollte sie weniger oder gar nicht beteiligen. Das gilt für alle Ebenen bis hin zum Volksbegehren auf der bundesrepublikanischen Ebene. Ich sage es noch einmal: Wer sich hier dafür einsetzt, der muss sich dann auch dafür einsetzen – ich weiß, dass dazu eine Grundgesetzänderung mit Zweidrittelmehrheit erforderlich ist –, dass man in existenziellen Fragen wie zum Beispiel der Ersetzung unserer D-Mark durch den Euro eine Volksbefragung durchführt

(Abg. Deuschle REP: Richtig! Ja, natürlich! Wa- rum denn nicht?)

und deren Ergebnis dann auch respektiert und ihm Rechnung trägt.

(Beifall bei Abgeordneten der Republikaner – Zu- ruf des Abg. List CDU)

Das muss auf Landesebene, aber auch auf Kreis- und Kommunalebene erfolgen. Wir Republikaner haben uns immer für mehr plebiszitäre Elemente ausgesprochen und tun das auch heute. Wer Angst hat, dass hier die repräsentative Demokratie ausgehöhlt oder gar vernichtet würde, der schafft einen Popanz, der mit der Wirklichkeit absolut nichts zu tun hat.

Überlegen wir doch einmal:

(Abg. Hans-Michael Bender CDU: Ich will jetzt nicht mehr überlegen!)

Es wird mit Sicherheit keine Flut von Volksbegehren und Volksentscheiden oder Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden auf uns zukommen, wenn wir die Quoren so heruntersetzen, dass so etwas überhaupt erst ermöglicht wird. In der Vergangenheit hat sich doch gezeigt, dass es in Baden-Württemberg so gut wie gar keine solchen Volksentscheide bzw. Bürgerbegehren gegeben hat.

(Abg. Veigel FDP/DVP: Doch! – Abg. Döpper CDU: Das ist aber nicht richtig!)

Warum denn? Weil die Messlatte so hoch gehängt war, dass sie von vornherein zum Scheitern verurteilt waren.

(Abg. Döpper CDU: Das ist doch nicht wahr! Lei- der nicht!)

Jetzt müssen wir doch bereit sein, zu sagen: Wir passen das so an, dass es in der Tat auch zumindest mit Erfolgsaussichten ausgestattet ist, wenn man sich die Mühe macht – das ist nämlich eine Riesenaufgabe für die Bürger –, sich mit diesem Ganzen zu befassen und nachher, wenn es tatsächlich zu einem Bürgerentscheid kommt, auch entsprechend Reklame, Wahlpropaganda usw. zu machen, und zwar im gleichen Ausmaß, wie das die Kommunalverwaltung auch machen kann.

(Unruhe)

Insofern, meine Damen und Herren, muss ich schlicht und einfach sagen: Sie trauen unseren Bürgern nicht zu, dass sie abwägen, wann ein Bürgerbegehren oder wann ein Bürgerentscheid notwendig ist. Sie meinen immer, da werde in großem Ausmaß Missbrauch getrieben. Glauben Sie doch nicht, dass es so viele Leute gibt, die sich diese Mühe machen. Dazu sind die meisten viel zu faul.

(Abg. Deuschle REP: Richtig! – Abg. Renate Thon Bündnis 90/Die Grünen: Jetzt aber! – Unruhe)

Sie sind viel zu bequem. Schauen Sie doch hin!

Wer sich dann hier hinstellt und sagt, durch die Herabsetzung der Quoren erreichten wir eine Mitmachdemokratie und die Zeitbombe der Politikverdrossenheit werde damit für alle Zeiten entschärft, dem muss ich doch sagen: Das ist natürlich von der anderen Seite her eine Übertreibung hoch drei.

(Unruhe)

So wichtig ist das Ganze überhaupt nicht, wie Sie das hier aufbauschen.

(Beifall des Abg. Deuschle REP – Anhaltende Un- ruhe)

Die kommunale Selbstverwaltung wird dadurch doch nicht aus allen Angeln gehoben.

Geben wir doch den Bürgern dieses Instrument einmal in die Hand. Sie haben es ja schon,

(Abg. Veigel FDP/DVP: Eben!)

aber eben mit zu großen Hindernissen. Verkleinern wir jetzt doch einmal diese Hindernisse ein bisschen. Dann sehen wir in der Praxis, dass sich das in Wirklichkeit nicht zu einer Lawine entwickelt; aber es wäre wenigstens die Möglichkeit da.

Dazu noch ein letzter Satz.

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist längst um.

Herr Präsident, ich habe das Problem, dass ich so viel Wichtiges zu sagen habe,

(Allgemeine Heiterkeit)

dass mir einfach die Zeit davonläuft.

(Abg. Döpper CDU: Das glaubst du doch selber nicht!)

Wir sind in der zweiten Lesung und werden nachher abstimmen. Wir stimmen dem Gesetzentwurf der SPD zu,

(Abg. Hans-Michael Bender CDU: Hoppla!)

dem der Grünen ohne Quoren natürlich nicht; das ist ganz klar. Das geht uns viel zu weit.

(Lebhafte Unruhe)

Wir stimmen zu. Wollen wir einmal sehen!

(Beifall bei den Republikanern – Abg. Hans-Mi- chael Bender CDU zur SPD: Jetzt müsst ihr mit den Republikanern stimmen!)

Meine Damen und Herren, das Wort hat der Herr Innenminister.

(Anhaltende Unruhe – Abg. Redling SPD: Herr Schäuble, etwas Ruhe hereinbringen!)

Das wird vermutlich gelingen.