dass wir in einer misslichen Situation sind, in der sich übrigens auch unser Nachbarland befindet. Wer Frankreich näher betrachtet, wird entdecken, dass es dort inzwischen eine ganz ähnliche Debatte gibt. Wir befinden uns doch in der Situation, dass die Integration nach jahrzehntelanger Massenzuwanderung ganz offensichtlich eben nicht geklappt hat, meine Damen und Herren.
Hier wird immer so getan, als ob bei der Zuwanderung bisher alles gut gelaufen sei und man jetzt nur ein bisschen im legislativen Bereich nachsteuern müsse. Darum geht es gar nicht. Der Hintergrund der Debatte ist die Tatsache, dass wir Vorgänge haben, die man mit Ethnifizierung umschreibt, dass wir die Herausbildung von Parallelgesellschaften in unseren Ballungsräumen haben, dass wir leider Gottes so etwas wie Gettobildung bei uns beobachten müssen. Da kann man doch nicht einfach so tun, als ob wir bislang mit dem Thema Integration soweit zurechtgekommen wären.
und der Kulturrelativismus, den ich Ihnen zu Recht unterstelle, weil er sich in vielfachen Äußerungen der Grünen wiederfindet, ist eben auch gescheitert.
Deswegen brauchen wir heute eine Leitkultur, und zwar als Voraussetzung für eine Integration. Da nützt es nichts, jetzt noch einen Begriffssalat à la Pfister zu präsentieren und eine Integrationskultur daraus zu machen.
Nein, meine Damen und Herren, es nützt auch nichts, den Hinweis auf die USA zu machen, der ja gelegentlich kommt. Erlauben Sie mir in diesem Zusammenhang einmal eine kleine Anmerkung: Einmal abgesehen davon, dass die USA ebenfalls vor dem Problem des „disuniting of America“ stehen, ist es ja interessant, dass in den USA bis heute in den Schulen von den Schülern jeden Morgen die Nationalhymne gesungen werden muss. Das wäre vielleicht auch bei uns ganz gut, beispielsweise für Herrn Hildebrandt,
Meine Damen und Herren, die entscheidende Frage ist, welchen Inhalt die Leitkultur haben soll. Darüber lässt sich durchaus debattieren. Ich fände das eine hervorragende Diskussion, wenn wir sie denn führen könnten; aber solange das von Links verweigert wird, werden wir da wahrscheinlich keinen Schritt nach vorne kommen.
Ich will zum Beispiel zu der Grundlage, zu der Basis einer solchen Diskussion Folgendes sagen: Der Theologe Richard Schröder, sicherlich irgendwelcher politischen Nähe zu uns unverdächtig, hat in einem größeren Zusammenhang einmal ausgeführt – ich zitiere mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten –:
Wir Deutschen sind nichts Besonderes, aber etwas Bestimmtes, nicht über, sondern neben anderen Völkern.
Wir, die Westler und die Ostler, sind Deutsche, weil uns unser Vaterland, unsere Muttersprache, unsere Geschichte und unsere Kultur verbinden.
Ich meine, dass das eine gute Basis wäre, von der aus man dann über die Inhalte der Leitkultur debattieren könnte. Das ist aber etwas ganz anderes, als jetzt eine Debatte über die Forderung, das Individualgrundrecht auf Asyl durch eine einfache gesetzliche Regelung zu ersetzen, zu führen, die wir Republikaner schon seit über zehn Jahren erheben. Das ist längst überfällig, aber nicht der Inhalt der Debatte.
Meine Damen und Herren, das Entscheidende ist: Wenn wir diese Debatte über Leitkultur und deren Inhalt nicht führen, werden wir von einer Entwicklung überrollt, die nicht im Interesse des inneren sozialen Friedens dieses Landes liegt.
Herr Salomon, ich mache Sie in diesem Zusammenhang auch darauf aufmerksam, dass es bereits weitere Ansätze des Herrn Vitorino gibt, nicht nur zur Familienzusammenführung, uns über EU-Richtlinien regelrecht vorzuschreiben, dass wir hier in Deutschland in Zukunft im Sinne eines von der EU-Kommission letzten Endes bestimmten Selbstverständnisses Multikultur betreiben sollen.
Sie schütteln den Kopf, weil Sie es nicht kennen. Ich empfehle Ihnen dringend, sich einmal schlau zu machen.
Da kommen Entwicklungen auf uns zu, die gerade nicht in unserem Interesse liegen. Nicht in unserem Interesse liegt auch etwas, wozu ich zum Schluss noch einmal Bassam Tibi zu Wort kommen lassen möchte, der wie folgt formuliert hat:
Wer unter diesen Bedingungen in den Aufnahme- bzw. Einwanderungsgesellschaften seine eigenen Werte im Namen einer falsch verstandenen Toleranz „politisch korrekt“ verleugnet, übersieht zumeist, dass die Hinzukommenden dies nicht tun. Das Ergebnis ist dann ein sich verhängnisvoll auswirkendes Konglomerat von Kulturrelativismus, Wertelosigkeit und Neoabsolutismus der Werte vormoderner Kulturen.
Der fremde Absolutist oder Fundamentalist ist hierbei der Gewinner, der heimische wertlose Relativist der Verlierer.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben in der letzten Oktobersitzung eine Debatte über den gesamten Komplex Zuwanderung geführt, bei der wir feststellen konnten, dass wir uns doch in wesentlichen und wichtigen Punkten eigentlich einen Konsens vorstellen können. Ich finde, Herr Kollege Salomon, die Grünen – gerade das, was Sie in Ihrem zweiten Beitrag heute gesagt haben – haben sich in ganz beträchtlichem Umfang bewegt. Deshalb sollten wir diese Chancen ergreifen. Es ist ein ganz entscheidendes Thema für die Zukunft von Deutschland.
Jetzt kommen wir in die unselige deutsche Gefahr – das ist nicht das erste Beispiel –, Sachfragen und Begriffe ideologisch zu überfrachten, sodass am Schluss alles wieder in Weltanschauungskriege mündet und wir nicht zur eigentlich gebotenen Lösung der sachlichen Fragen kommen. Diese Gefahr sollten wir vermeiden.
Ich persönlich bin der Auffassung, dass der Begriff „deutsche Leitkultur“ eine schiere Selbstverständlichkeit ist.
Ich kann mir eine solche Diskussion in einem anderen Staat wie Deutschland überhaupt nicht vorstellen. Das Problem ist meines Erachtens dadurch entstanden, dass unsere politischen Konkurrenten, vor allem auch Rot und Grün, aus sehr durchsichtigen Gründen diesen Begriff „deutsche Leitkultur“ in einer falschen Art und Weise auslegen und bestimmen
und uns damit Dinge unterstellen, die schlicht an den Haaren herbeigezogen sind. Das ist das Problem.
Wenn wir von „deutscher Leitkultur“ sprechen, meinen wir unsere Kultur im Jahre 2000 nach über 50 Jahren Bundesrepublik Deutschland.
Ich will einmal daran erinnern, dass es gerade auch meine Partei war, die – wobei schärfste ideologische Auseinandersetzungen mit anderen Parteien stattfanden – in den Fünfzigerjahren durch den damaligen Bundeskanzler Konrad Adenauer die Bundesrepublik Deutschland ganz bewusst in das westliche Bündnis
Diese Westorientierung prägt natürlich ganz entscheidend das, was heute bei uns gesellschaftlich in über 50 Jahren gewachsen ist.
Es war die SPD, die damals den Bundeskanzler Konrad Adenauer auf das Tiefste beleidigt hat mit den Worten, er sei der Kanzler der Alliierten,