Protokoll der Sitzung vom 30.11.2005

So sehen wir das auch beim Thema „Verfassungsmäßiger Haushalt“. Es ist auch Ihr Ziel, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion, einen verfassungsmäßigen Haushalt aufzustellen.

(Zurufe von der CDU: Sieben Jahre Zeit gehabt!)

Das klappt nur, indem neue Schattenhaushalte aufgemacht werden. Jetzt werden 300 Millionen € in eine – –

(Zurufe von der CDU: Sieben Jahre! – Gegenruf des Abg. Capezzuto SPD: Das sind 9 Jahre weniger als 16! – Heiterkeit – Weitere Zurufe – Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Das Wort hat Frau Abg. Sitzmann!

Wenn Sie sich wieder beruhigt haben, können Sie vielleicht noch meinen Schlussausführungen zuhören.

300 Millionen € werden in eine Immobiliengesellschaft ausgelagert; ein neuer Schattenhaushalt wird aufgemacht. Das hat mit nachhaltiger Finanzpolitik nichts zu tun, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und des Abg. Schmid SPD – Abg. Theurer FDP/DVP: Das ist inhaltlich falsch, was Sie sagen! – Abg. Kretsch- mann GRÜNE: Das hat Späth schon gemacht!)

Außerdem häuft sich bei der Landesregierung die Zahl der Versprechen, die gebrochen worden sind. Ich habe die Kürzungen im Kunstetat und die Kürzungen bei der aktiven Bürgergesellschaft, beim bürgerschaftlichen Engagement angesprochen.

Es gibt einen dritten Punkt, den ich anführen möchte: die Radwegebeschilderung. Der Kollege Mappus hat sie als Staatssekretär versprochen. Er hat dieses Versprechen aber nicht umgesetzt, weder als Minister noch als Fraktionsvorsitzender.

Diese Beispiele zeigen: Das, was Sie machen, ist der falsche Weg und führt nicht zu mehr Glaubwürdigkeit in der Politik, sondern zu weniger. Deshalb: Halten Sie die Versprechungen, die Sie machen!

Wir haben in unserem Entschließungsantrag, „Fahrplan 2015“ dargelegt, welche konkreten Handlungsbedarfe wir für die nächsten zehn Jahre sehen. Wir haben von Ihnen bis heute keine Antwort erhalten, wann Sie die Nullverschuldung erreichen wollen. Wir wissen nicht, wie Sie die von Ihnen versprochene faire Partnerschaft mit den Kommunen umsetzen wollen, wenn Sie sich weiter gegen das Konsultationsverfahren wehren. Wir wissen ferner nicht – und auch die Bürgerinnen und Bürger im Land wissen es nicht –, wie diese Landesregierung zukünftig mit den Pensionsverpflichtungen umgehen will und welche Vorschläge sie hat, um die strukturellen Defizite auszugleichen.

Es gibt also Fragen über Fragen, meine Damen und Herren, die alle nicht beantwortet sind. Aber noch ist es nicht zu spät. Noch können Sie unserem Entschließungsantrag zustimmen und damit für einen Politikwechsel in BadenWürttemberg und für einen Paradigmenwechsel in der Finanzpolitik stimmen.

Danke schön.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Fischer SPD)

Das Wort erteile ich Herrn Finanzminister Stratthaus.

(Abg. Dr. Christoph Palmer CDU: Jetzet! Guter Mann!)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach den Beiträgen der Opposition ist mir richtig klar geworden, wie toll die Leistung bei der Aufstellung dieses Haushalts war.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Christoph Palmer CDU: Bravo!)

Es ist gekommen, wie es immer kommt: Sie haben im Allgemeinen gesagt, wir müssten mehr sparen, aber dann haben Sie zehn Fälle aufgezählt, wo wir mehr ausgeben sollten.

Nun muss Opposition wahrscheinlich so sein, und Sie sind ja an diese Rolle gewöhnt. Ich muss allerdings auch sagen: Es ist wirklich hart, in Baden-Württemberg Opposition zu sein.

(Abg. Stickelberger SPD: Bei drei Oppositionspar- teien!)

Denn dieses Land steht ganz hervorragend da.

(Beifall bei der CDU – Abg. Schmiedel SPD: Das war jetzt auch ein alter Ladenhüter!)

Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir ein paar Zurechtrückungen. Wo stehen wir eigentlich? Sie haben Baden-Württemberg beschrieben, als stünden wir finanzpolitisch ganz am Ende aller Länder. Die Wirklichkeit ist doch eine ganz andere. Wenn wir die westlichen Bundesländer nehmen, dann sind wir hinter Bayern auf Platz 2, und wenn wir die Kommunen dazunehmen, dann ist unser Abstand zu Bayern sogar noch wesentlich kleiner.

Ich muss noch einmal sagen, was ich hier schon oft gesagt habe: Es besteht ein mathematischer Zusammenhang zwischen der Länge der Regierungszeit der CDU, der Länge der Regierungszeit der SPD und der Höhe der Schulden. Das ist tatsächlich so.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Beate Fauser FDP/DVP – Abg. Dr. Christoph Palmer CDU: Bra- vo! – Abg. Junginger SPD: Es ist Faschingszeit, dass Sie eine solche Büttenrede halten!)

Bayern hat die besten Zahlen, Baden-Württemberg die zweitbesten. In Bayern hat die CSU immer allein regiert, und wir hatten schon zwei große Koalitionen. Im Osten – das muss ich jetzt auch einmal sagen – sieht es ganz genauso aus. Das einzige Land, das sich von allen anderen abhebt, ist Sachsen.

(Abg. Dr. Christoph Palmer CDU: Hört, hört! – Abg. Stickelberger SPD: Nicht mehr lange!)

Auch das darf man einmal feststellen. Ich muss mich dagegen wehren, dass behauptet wird, wir hätten schlechte Zahlen.

Dann, Herr Schmid, haben Sie eine Rechnung aufgemacht, die ich einem Menschen, der nicht Ihre Intelligenz hat, durchgehen ließe. Aber bei Ihnen muss ich fast annehmen, dass es Absicht ist. Sie haben nämlich behauptet, die Verschuldung sei in Baden-Württemberg stärker gewachsen als in Rheinland-Pfalz. Prozentual haben Sie Recht, aber Rheinland-Pfalz hat doppelt so hohe Schulden wie wir.

(Abg. Schmid SPD: Also habe ich doch Recht! Das, was ich gesagt habe, stimmt!)

(Minister Stratthaus)

Wenn das Ihre Art der Ehrlichkeit ist, dann sehe ich aber schwarz.

(Abg. Stickelberger SPD: Rot hat er nicht erwar- tet!)

Ich will Ihnen sagen, wie die Verschuldung wirklich gewachsen ist, und zwar nicht in Prozenten, sondern pro Kopf. Baden-Württemberg hat im letzten Jahr einen Zuwachs der Nettoneuverschuldung pro Kopf von 161 € gehabt. In Rheinland-Pfalz waren es 240 €,

(Oh-Rufe von der CDU – Abg. Seimetz CDU: Herr Schmid, wie ist die Sache? – Gegenruf des Abg. Schmid SPD: Das sind die Altlasten der CDU-Re- gierung!)

in Schleswig-Holstein 337 €, in allen Ländern – ich darf noch einmal Baden-Württemberg nennen: 161 € – durchschnittlich 256 € und im Bund 857 €. Einfach die Prozentzahlen zu nehmen ist zu wenig. Sie müssen einmal überlegen: Bayern hat praktisch keine Schulden. Die Bayern hätten, auch wenn sie ganz wenig Schulden machten, in Prozenten unendlich viel Schuldenzuwachs. So kann man doch nicht argumentieren!

(Abg. Schmid SPD: Es geht um den Trend!)

Es geht nicht um den Trend.

(Abg. Schmid SPD: Natürlich!)

Es ist einfach eine falsche Argumentation. Ich muss das jetzt einmal mit aller Deutlichkeit sagen.

(Beifall bei der CDU)

Dann ist doch festzustellen, dass wir eine gute Leistung erbracht haben. Wir haben Steuerausfälle von 420 Millionen €. Weiter haben wir bestimmte Schwerpunkte gesetzt, die nochmals 50 bis 60 Millionen € ausmachen. Dies alles haben wir im Haushalt ohne einen einzigen Euro zusätzlicher Schulden verarbeitet.

(Abg. Schmiedel SPD: Die sind doch schon saumä- ßig hoch!)

Im Gegenteil, wir haben sogar, weil wir im Jahre 2006 wahrscheinlich zum ersten Mal höhere Steuereinnahmen haben, als wir in der Mai-Steuerschätzung angenommen hatten, die Schulden um 54 Millionen € abgebaut. Das ist nicht sehr viel, aber wir sind wahrscheinlich das einzige Land in der Bundesrepublik Deutschland, das das gemacht hat.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Das ist also eine gute Leistung.

Vorhin ist darüber gestritten worden, ob Herr Theurer nun den Haushalt zu Recht mit der Note Vier bewertet hat. Ich will dazu sagen: Die Aufstellung des Haushalts verdient die Note Eins. Aber selbstverständlich ist der Haushalt nicht so, wie wir ihn gern hätten. Unter den gegenwärtigen Umstän

den, die vor allem durch die letzte Bundesregierung verursacht worden sind,

(Widerspruch bei der SPD)