(Abg. Alfred Haas CDU: Das kann nicht sein! Wir sind dran! Wir haben den Gesetzentwurf vorgelegt! – Gegenruf des Abg. Fischer SPD: Der erste Ge- setzentwurf ist der von uns, Kollege Haas!)
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Auch wenn jetzt vieles von dem, was der Kollege Kretschmann und die Frau Staatssekretärin zum „Kopftuchverbot“ ausgeführt haben, dazu herausfordern würde, darauf einzugehen, möchte ich mich jetzt in der zweiten Runde auf die anderen Regelungen des Gesetzentwurfs beschränken.
Die Regelungen, die die Fraktionen der CDU und der FDP/ DVP vorschlagen, beziehen sich auf bundesgesetzliche Vorgaben im Rahmen des Tagesbetreuungsausbaugesetzes und im Rahmen des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe, TAG und KICK. Sie setzen beides um. Die Zielsetzung beider Gesetze ist, den qualitätsorientierten Ausbau der Kinderbetreuung voranzutreiben und insbesondere die Angebote für unter Dreijährige weiterzuentwickeln. Ich denke, darüber werden wir uns im Ausschuss verständigen können.
Sie schlagen weiterhin vor, den Orientierungsplan aufzunehmen. Auch da sind wir uns einig. Wir haben lange genug auf diesen Orientierungsplan gewartet. Ich kann Ihnen auch heute an dieser Stelle nicht ersparen: Sie sind unter den 16 Bundesländern die Letzten,
(Abg. Wacker CDU: Und die Besten! – Gegenruf des Abg. Drexler SPD: In dem Fall nicht! In die- sem Fall werden die Letzten nicht die Ersten sein! – Abg. Sakellariou SPD: Rote Laterne!)
Wie ernst Sie es damit nehmen, liebe Kolleginnen und Kollegen, zeigt ja die Tatsache, dass Sie jetzt nicht darangehen, den Orientierungsplan sofort in allen Einrichtungen des Landes umzusetzen, sondern dass Sie mit 3 % der Kindergärten beginnen
und die endgültige Umsetzung bis zum Kindergartenjahr 2009/10 hinausschieben. Das hat mit Ernstnehmen des qualitätsorientierten Ausbaus nun nichts, aber auch gar nichts zu tun.
Sie schlagen die Regelung vor, den Fachkräftekatalog um die Absolventen des Bachelorstudiengangs „Pädagogik der frühen Kindheit“ zu erweitern. Auch da besteht Übereinstimmung. Diese Möglichkeit wird in Baden-Württemberg noch viel zu wenig genutzt.
Nicht einig sind wir uns aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, bei der Regelung, die Sie jetzt zur Problematik der gemeindeübergreifenden Kindergärten und der Kindergärten mit besonderer pädagogischer Prägung vorschlagen. Wir haben Sie schon bei der Beratung des Kindergartengesetzes darauf hingewiesen, dass Sie hier einen gravierenden Strickfehler im Gesetz haben.
Sie haben sich lange, lange Zeit gelassen: zwei Jahre. Das hat in der Zwischenzeit für viele Einrichtungen das Aus bedeutet. Sie wissen, dass Ihre Bekundungen, dass es mit dem neuen Kindergartengesetz zu keiner Schlechterstellung komme, bei vielen Einrichtungen nicht zugetroffen haben. Es soll ja Mitglieder des Petitionsausschusses geben, die nun auf einer hohen Zahl von Petitionen zu diesem Bereich sitzen. Daher sage ich Ihnen: Es hätte Ihnen gut zu Gesicht gestanden, wenn Sie schon so lange brauchen, etwas Habhaftes vorzulegen. Auch in diesem Fall kann ich Ihnen den Vorwurf nicht ersparen, dass Sie zu spät dran sind. Und Sie tun auch in diesem Fall einfach zu wenig.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsfraktionen, was sind denn die Anforderungen für eine gesetzliche Regelung in diesem Bereich? Die erste Anforderung ist, dass Sie verhindern müssen, dass es nach wie vor zu Schlechterstellungen von Einrichtungen mit gemeindeübergreifendem Einzugsgebiet und/oder besonderer pädagogischer Prägung kommt. Das tun Sie mit Ihrem Gesetzentwurf nach wie vor nicht. Im Grunde genommen greifen Sie die niedrigste Regelungsmöglichkeit auf. Bisher gab es nach dem neuen Kindergartengesetz die Möglichkeit, diese Kindergärten in die Bedarfsplanung der Gemeinde aufzunehmen – Sie wissen, das ist überhaupt nur in ganz wenigen Fällen passiert –,
sodass diese Einrichtungen einen Anspruch auf eine Förderung von 63 % haben. Ferner gibt es die Möglichkeit der Ausnahmeregelung. Dann bekommen diese Einrichtungen eine Förderung von 31,5 %. Sie wissen, dass sich auch die Anzahl dieser Regelungen – ich formuliere es vorsichtig – in Grenzen gehalten hat. Die meisten Einrichtungen erhalten bisher eine Förderung in Form eines platzbezogenen Zuschusses, der weit unterhalb von 31,5 % liegt. Genau diese Regelung schlagen Sie jetzt ernsthaft als Problemlösung vor. Ich sage Ihnen: Das ist eine vollkommen ungenügende Antwort auf die Aufgabe, die Sie vor sich haben.
Denn eine solche gesetzliche Regelung – darüber haben wir hier im Plenum gesprochen, wir haben aber auch in der Enquetekommission „Demografischer Wandel“ lange und ausführlich darüber gesprochen – ist auch deshalb wichtig – das ist die zweite Anforderung –, weil wir bei betrieblichen Einrichtungen und bei Hochschuleinrichtungen, was beides gemeindeübergreifende Angebote sind, endlich einen Ausgleich zwischen der Standort- und der Wohnsitzgemeinde, wie ihn übrigens auch das KICK vorschreibt, gesetzlich regeln müssen. Glauben Sie denn ernsthaft, dass sich irgendein Unternehmer auf einer solch windigen Grundlage, wie Sie sie jetzt schaffen wollen, dazu bereit findet, betriebliche Kinderbetreuungseinrichtungen, die wir in unserem Land dringend brauchen – wir sind Schlusslicht, was solche Einrichtungen in Baden-Württemberg anbetrifft –, zu schaffen?
Ich kann daher wirklich nur eindringlich an Sie appellieren: Sie haben von den drei Möglichkeiten, die es gibt, um dies zu regeln, die schlechteste Variante gewählt. Wir haben im
Ausschuss Gelegenheit, darüber zu reden. Ich kann Ihnen nur sagen: Der SPD-Vorschlag, den wir ja vor einigen Wochen beraten haben, ist die wesentlich bessere Lösung. Stimmen Sie unserem Vorschlag zu.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Heute ist ein guter Tag für das Kinderland Baden-Württemberg.
Es gab heute schon einen symbolischen Akt: Dem Herrn Ministerpräsidenten ist im Staatsministerium ein großer Storch überreicht worden.
Mir wäre es recht gewesen, wenn die schöne Kinderstimme von der Zuhörertribüne auch während der Beratung unseres „Kinderlandgesetzes“ noch weiter geklungen hätte.
Meine Damen und Herren, mit dem Gesetzentwurf, den CDU und FDP/DVP hier einbringen, setzen wir das Tagesbetreuungsausbaugesetz in Landesrecht um und sorgen dafür, dass es einen qualitätsorientierten und bedarfsgerechten Ausbau gibt. Das gleiche Ziel ist auch in dem Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz beinhaltet, das zum 1. Oktober in Kraft getreten ist. Auch dies wird mit diesem Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen in Landesrecht umgesetzt. Wir bringen den Orientierungsplan für Bildung und Erziehung in dieses Gesetz hinein. Es ist schon von der Kollegin Wonnay angesprochen worden, dass der Fachkräftekatalog erweitert wird.
Was nicht unser Wunsch, nicht der Wunsch der kommunalen Landesverbände war, ist, dass die freiwillige Vereinbarung für gemeindeübergreifende Einrichtungen zwischen den kommunalen Landesverbänden, den Kirchen und dem DPWV vom 20. April 2005 in Gesetzesform gegossen wird.
Das ist keine windige Grundlage, Frau Kollegin Wonnay, und auch nicht die schlechteste Variante. Wir setzen im Landesgesetz genau das um, was Kirchen und Verbände im April dieses Jahres freiwillig vereinbart haben. Insoweit verstehe ich Ihre Abwertung überhaupt nicht. Es geht auch nicht darum, jetzt die Kindergartenreform noch einmal zu reformieren und den Gemeinden neue Pflichtaufgaben zu übertragen, sondern wir normieren einfach nur das gesetzlich, wozu, wie gesagt, sich die Kirchen und Verbände schon freiwillig verpflichtet hatten und was von einigen we
nigen Bürgermeistern dieses Landes nicht umgesetzt wurde. Das habe ich auch bei der Beratung des SPD-Gesetzentwurfs gesagt.
Nein, überhaupt nicht. Aber Sie wissen ganz genau, wie wir diesen Weg beschritten haben, wie sehr wir uns über Jahre hinweg bemüht haben, eine freiwillige Regelung zu erreichen. Wir halten halt ein bisschen mehr von der kommunalen Selbstverpflichtung als die SPD-Fraktion.