Noch ein handwerklicher Fehler muss hier einmal angesprochen werden. § 10 Abs. 5 Ihres Gesetzentwurfs lautet:
Der Antrag auf Zugang zu Informationen kann abgelehnt werden, wenn das Bekanntwerden des Inhalts der Informationen die Funktionsfähigkeit und die Eigenverantwortung der Landesregierung beeinträchtigt.
Was aber ist mit den Landkreisen, den Städten, den Gemeinden und den anderen Behörden, die selbstverständlich auch ein solches Recht bekommen sollten?
Ich sehe auch vor dem Hintergrund, dass die abgewählte rot-grüne Bundesregierung sieben Jahre der Diskussion gebraucht hat, bis sie ihr in der ersten und der zweiten Koalitionsvereinbarung beschlossenes Informationsfreiheitsgesetz umgesetzt hat, keinerlei Eilbedürftigkeit für ein solches Gesetz in Baden-Württemberg, weil es sonst nämlich zu handwerklichen Fehlern kommen würde.
(Abg. Oelmayer GRÜNE: Aber das Straftäterunter- bringungsgesetz, das habt ihr letztens gerade durchgedrückt! Das ist ja lächerlich, Herr Kollege!)
Unsere Fraktion hielte es nicht für sinnvoll, wenn ein solches Gesetz zum Ende dieser Legislaturperiode – das wäre der Fall, weil die Träger der öffentlichen Belange und insbesondere die Kommunen einbezogen werden müssen – in aller Eile durchgezogen würde. Dieses wichtige Bürgerrechtsthema muss umfassend beraten werden. In der nächsten Legislaturperiode muss ein solches Gesetz hier beschlossen werden.
So weit Michael Jacobi GRÜNE aus der Sitzung vom 14. Dezember 2000 bei der Ersten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion der Republikaner – Gesetz zum Schutz des freien Informationszugangs in Baden-Württemberg.
Diese Argumente – Anhörung der Träger öffentlicher Belange – gelten natürlich auch für dieses Gesetz. Wenn wir das jetzt auf die Schiene setzen, kann es in dieser Legislaturperiode gar nicht mehr vernünftig besprochen werden. Die Fraktion GRÜNE hätte sich hier an ihrem früheren Mitglied Michael Jacobi orientieren müssen.
(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Schade! – Abg. Walter GRÜNE: Da hast du aber lange gebraucht, um das zu sagen! – Abg. Stickelberger SPD: Das war ein entschiedenes „Sowohl-als-auch“!)
(Abg. Theurer FDP/DVP: Das war die von Herrn Jacobi, Kollege Oelmayer! Das ist der Ehemann von Frau Dederer!)
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Gall SPD: Auch für die FDP/DVP! – Zuruf des Abg. Walter GRÜNE)
Es wäre am besten gewesen, wenn Sie sich hier hingestellt und gesagt hätten, Sie fänden dieses Gesetz Klasse – das haben Sie am Anfang auch getan –, Sie seien die Bürgerrechtspartei – was Sie ja immer sein wollen, aber nicht wirklich sind –, und gesagt hätten: Wir können aber deswegen nicht zustimmen, weil wir einen Koalitionspartner haben, der das nicht will.
(Beifall bei den Grünen – Abg. Theurer FDP/DVP: Die Ehrlichkeit haben Sie nicht gepachtet! – Abg. Walter GRÜNE: Das war mehr DVP als FDP!)
Stattdessen haben Sie hier herumgeeiert, wenn ich das so sagen darf, und haben versucht, irgendwelche Gründe herauszufinden, warum Sie dagegen sein müssen.
Ich darf aus unserer Sicht noch einmal zwei Punkte benennen. Wir sagen, wir wollen das Gesetz, weil es zu mehr Transparenz und zu mehr Bürgerbeteiligung führt.
oder zumindest kontrollierbar machen. Das ist die Intention des Gesetzes. Dem müssten Sie eigentlich voller Inbrunst zustimmen. Das haben Sie nicht getan. Deswegen ist das, was Sie hier vorgetragen haben, Kollege Theurer, unglaubwürdig.
(Abg. Heike Dederer CDU: Das sagen die Kommu- nen in Nordrhein-Westfalen! – Abg. Theurer FDP/ DVP: Zwischenfrage!)
haben Sie sich bei dem Beispiel Nordrhein-Westfalen selbst widersprochen, weil die Zahl der Fälle, in denen dort Partizipation verlangt wird, gar nicht so groß ist.
Der andere Punkt ist einfach der: Wenn Sie diese Maßgabe, diese Vorgabe wählen würden, dann wäre zu berücksichtigen, dass das demokratische System in unserer Republik prinzipiell Aufwand verlangt, auch Verwaltungsaufwand verlangt.
Das werden Sie ja wohl nicht tun. Insofern ist die Argumentation, die Sie da gebracht haben, denke ich, die allerletzte und nicht stichhaltig.
All das zusammengenommen – ja, ich komme gleich darauf, Kollege Theurer; warten Sie halt ab, und seien Sie nicht so ungeduldig – ist der Punkt einfach der: Wir haben den Gesetzentwurf jetzt eingebracht – und das ist der Unterschied zu der Wahlperiode, die 2001 zu Ende gegangen ist –, weil wir gesagt haben: Jetzt gibt es eine bundesgesetzliche Regelung – die gilt ab 1. Januar 2006 –, und es gibt in nahezu allen europäischen Ländern ein Informationsfreiheitsgesetz. Das war für uns der Anlass, zu sagen: BadenWürttemberg kann bei der Partizipation der Bürgerinnen und Bürger keine Insel sein. Das ist das Anliegen, das wir in Gesetzesform gegossen haben.