Protokoll der Sitzung vom 01.02.2006

Zweitens: Auch die Debatte zum Schuljahresbeginn gehen wir sehr differenziert an. Wenn Sie beim Neujahrsempfang im Rathaus dabei gewesen wären

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Ich kann doch nicht überall sein! – Vereinzelt Heiterkeit)

kein Vorhalt – oder wenn Sie Ihre anwesenden Parteifreunde gefragt hätten, hätten Sie erfahren, dass ich von denen am selben Abend zu meiner differenzierten Darstellung Zustimmung bekommen habe.

(Zurufe der Abg. Alfred Haas CDU und Walter GRÜNE)

Kollege Walter, ich bin doch gerade nicht bei Ihnen. Kretschmann ist doch gerade dran.

(Heiterkeit bei der CDU)

(Ministerpräsident Oettinger)

Deswegen wird der Kultusminister zu dem Thema „Ganztagsschule und anderer Rhythmus“ dem Kabinett am nächsten Dienstag berichten, und auch dazu werden Sie innerhalb sehr kurzer Zeit sehen, dass die Regierung eine Politik aus einem Guss macht.

(Beifall des Abg. Hoffmann CDU)

Drittens: Lahr, Baden-Baden, Karlsruhe. Wissen Sie: Was die Kollegin aus Karlsruhe macht, ist ihr Recht. Aber meine Aufgabe ist es, zu handeln, wenn Anträge vorgelegt wurden. Der Antrag auf Erteilung einer begrenzten Sonderflugerlaubnis für Lahr trägt nicht den Briefkopf der Landesregierung, sondern lag vor zwölf Tagen in unserem Briefkasten. Deshalb kann ich diese Angelegenheit erst seit diesem Zeitpunkt bearbeiten. Die Bearbeitung durch das Regierungspräsidium geschieht. An diesem Freitag werden wir eine Anhörung haben, und wir werden bei diesem Thema genau so gründlich und rasch vorgehen, wie Administration und Regierung handeln müssen.

Die Opposition kann schnell fordern. Das ist ihr Recht. Abgehakt. Sie kann dagegen sein. Das ist ihr Recht. Abgehakt. Aber wenn die Ablehnung von Lahr, Kollege Caroli, wenn sie durch uns erfolgen sollte, nicht hieb- und stichfest begründet ist, dann haben wir ein Problem vor Gericht – wir als Regierung, die das Land vertritt. Sie vertreten das Land vor Gericht nicht. Dies ist auch gut so.

(Vereinzelt Heiterkeit bei der CDU)

Deswegen sage ich: Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Unsere Arbeit wird dabei von der Gesamtverantwortung, von Gründlichkeit und Zielstrebigkeit geprägt sein.

Dass die CDU Baden-Württemberg wie die Union generell seit ihrer Gründung drei großen Säulen hat – eine eher christlich-soziale, eine konservative und eine liberale Säule –, war und ist bekannt. Ich bin froh darüber, dass diese drei Säulen – nicht Flügel – seit Jahrzehnten das stabile Fundament unserer Partei und unserer Mehrheit bei den Bürgern sind. Sie sind es in der Gegenwart und werden es in der Zukunft sein. Dafür werben wir, und darauf sind wir auch ein bisschen stolz.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Zuruf des Abg. Kretschmann GRÜNE)

Dass es in der CDU-Fraktion bei Wahlen auch mehrere Bewerber gibt, ist doch kein Nachteil, sondern eher ein Vorteil für uns.

(Zuruf des Abg. Alfred Haas CDU)

Übrigens haben auch Sie bei diesem Thema keinen Nachholbedarf; denn auch bei Ihnen sind Posten umkämpft. Dass bei uns für die Nachfolge im Fraktionsvorsitz zwei herausragende Köpfe antraten – der eine macht seinen Job hervorragend, und der andere macht seinen Job hervorragend –, zeigt doch, dass die CDU-Fraktion für alle Aufgaben in Baden-Württemberg über starke Frauen und Männer verfügt.

(Beifall bei der CDU)

Damit genügend Schmutz im Kübel liegt, haben Sie noch einmal die alten Kübel von Rothaus und Toto-Lotto mitgebracht. Glückauf! Alle Achtung! Doch eines muss auch klar sein: Dass Thomas Schäuble seine Aufgabe hervorragend wahrnimmt und Herr Dr. Repnik ebenso, hat sich in den letzten Monaten gezeigt.

(Beifall bei der CDU)

Deswegen ist meine Bitte: Messen Sie sie an ihren Leistungen und nicht an den alten Schlagzeilen, die im Grunde genommen verjährt und veraltet sind.

(Beifall bei der CDU)

Andreas Renner hat in einem privaten Gespräch unter drei Personen Äußerungen getätigt, die nicht akzeptabel sind. Sie sind inhaltlich und im Stil nicht akzeptabel. Diese Äußerungen zu verteidigen fällt mir deswegen nicht ein. Verständnis, Verstehen: ja. Sie aber zu übernehmen, zu teilen oder zu akzeptieren: in keinem Fall.

Diese Äußerungen wurden in einem vertraulichen Gespräch im Herbst 2005 dem Tübinger Presseclub bekannt,

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Mir auch!)

erst später dann einigen von uns. Richtig ist, dass sich Kollege Renner an dem Datum entschuldigt hat, das von Ihnen, Kollege Drexler, genannt worden ist. Es gehört aber der Hinweis dazu, dass ich, lange bevor die Öffentlichkeit davon erfuhr, am 3. Januar 2006 mit dem Bischof nochmals abschließend über das letzte Jahr sprach. Ich darf das Kommuniqué verlesen – unterschrieben von der Diözese und der Regierung –:

Bischof Dr. Fürst erklärte, dass die Angelegenheit durch die Entschuldigung des Ministers für ihn bereinigt sei.

(Abg. Döpper CDU: Aha!)

Er habe dies auch gegenüber dem Regierungschef bei einem Zusammentreffen vor einigen Wochen erklärt.

Beides ist eindeutig. Dann folgt:

Die Irritationen seien ausgeräumt, und die Offenheit und das Vertrauen bestünden fort.

Jetzt sage ich Ihnen zum Kollegen Renner Folgendes: Die weitestgehende Folgerung, die jemand in der Politik nach einem Fehler ziehen kann, ist es, Bedauern auszudrücken – und er bedauert die Äußerung vermutlich seit diesem Abend im Juli 2005 – und sich dann in aller Form zu entschuldigen. Damit war die Angelegenheit ausgeräumt.

(Abg. Drexler SPD: Im Januar? – Abg. Ursula Haußmann SPD: Warum musste er dann gehen? Warum ist er dann zurückgetreten?)

Wir haben die Begegnung im Bischofshaus nicht „inszeniert“. Die wurde der Presse nicht mitgeteilt. Mir war aber wichtig, dass zunächst die Angelegenheit zwischen dem Bischof und ihm ausgeräumt wird, bevor dann – –

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Warum musste er dann gehen? Dann sagen Sie es doch!)

(Ministerpräsident Oettinger)

Ich bin doch gerade dabei, Frau Kollegin. Nicht so unruhig!

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Dazu brauchen Sie aber ziemlich lange!)

Die Aussprache wollten doch Sie! Dann geben Sie mir bitte auch Gelegenheit dazu.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Sie machen es span- nend!)

Danke.

(Beifall bei der CDU)

Ich wollte, dass zuerst die Angelegenheit zwischen dem Bischof und dem Kollegen Renner ausgeräumt wird und durch Entschuldigung und Annahme derselben erledigt ist.

Die Angelegenheit für die Regierung hat mit der Kirche nichts zu tun. Das war unsere Angelegenheit – danach. Das erste Treffen wurde der Presse nicht mitgeteilt, weil es ein nichtöffentliches Treffen war. Später die Presse über unsere Folgerungen zu informieren war an diesem Tag doch richtig und logisch; deswegen wurde die Presse um 17:30 Uhr hinzugebeten. In der Zwischenzeit hat mir der Kollege Renner erklärt, dass er trotz der Ausräumung der Angelegenheit und der Entschuldigung für sein Amt und seine Person Sorge hat, in die alte Autorität zurückzukehren.

Ich habe ihn nicht entlassen – Sie haben gesagt: „fallen gelassen“. Die Verfassung sieht zwei Wege des Ausscheidens von Regierungsmitgliedern vor. Der eine ist die Entlassung durch den Regierungschef – das wäre ein „Fallenlassen“ gewesen –, der andere Weg ist der, dass ein Rücktritt durch den Minister selbst angeboten und vom Regierungschef angenommen wird. Er hat seinen Rücktritt angeboten und ihn schließlich erklärt. Ich kam mit ihm gemeinsam zu dem Ergebnis, dass möglicherweise die Rückkehr in die alte Amtsautorität für ihn und seine Person in diesen Wochen des Wahlkampfs schwer möglich ist – das sieht man heute.

(Abg. Drexler SPD: Wir haben das doch überhaupt nicht gemacht!)

Deswegen lautet meine Bitte: Wenn ein Kollege für sich die weitestgehende Konsequenz zieht, davor aber eine untadelige Arbeit geleistet hat und bei vielen Kollegen Respekt genießt, dann sollte man – wenn er sich entschuldigt hat, Bedauern ausdrückt und die Sache ausgeräumt ist, wenn er zurücktritt und ausscheidet – danach nicht noch so verunglimpfend arbeiten, wie es vom Kollegen Drexler hier im Landtag in unwürdiger Weise getan worden ist.

(Widerspruch des Abg. Drexler SPD – Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Drexler SPD: Unwürdig! – Abg. Schmid SPD: Wer hat sich daneben benommen? – Zuruf der Abg. Carla Bregenzer SPD)