Protokoll der Sitzung vom 01.02.2006

In Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit lasse ich jetzt einen ganzen Teil der Vorgeschichte weg und beginne mit einem persönlichen, vertraulichen Schreiben des Geschäftsführers der Messe Stuttgart an den Abteilungsleiter im Staatsministerium. Überschrift: Kooperation P. E. Schall GmbH/Neue Landesmesse.

(Abg. Scheuermann CDU: Datum noch!)

Das Datum ist 6. Oktober 2004. – In diesem Schreiben heißt es im zweiten Abschnitt:

… komme ich nun gern auf das Angebot Ihres Hauses

des Staatsministeriums –

zurück, wonach Herr Ministerpräsident Teufel gegebenenfalls bereit wäre, mit Herrn Schall offiziell die Kooperationsverhandlungen aufzunehmen.

(Abg. Kurz CDU: Kooperation! – Abg. Hofer FDP/ DVP: Kooperation habt ihr doch immer gefordert!)

Die Koalition hat immer den Eindruck erweckt, als hätte man die Regierung sozusagen beiläufig über das, was geschieht, informiert. Jetzt hören wir, dass es ein Angebot aus

dem Staatsministerium gab, dass Herr Teufel bereit sei, die Kooperationsverhandlungen aufzunehmen.

(Abg. Kurz CDU: Sie wollen doch heute noch die Kooperation! – Abg. Hofer FDP/DVP: Die wollen Sie doch!)

Man dient sich förmlich an.

Jetzt kommt der zweite Beleg: Warum? In der Vorbereitung zur Erfüllung der Bitte, das Angebot aufzugreifen, dass Herr Teufel die Verhandlungen aufnimmt, schreibt der zuständige Abteilungsleiter im Staatsministerium einen Vermerk für den Herrn Ministerpräsidenten. Darin heißt es, die Kooperation biete die Chance, die wichtigsten und größten Messen aus Sinsheim und von anderen Standorten nach Stuttgart zu holen.

Wir könnten damit die neue Landesmesse besser auslasten

ich wiederhole: besser auslasten –

und den Messeplatz Stuttgart stärken.

Es ist mitnichten die Rede davon: „Wir retten die Messen für Baden-Württemberg, wir machen eine Auffanglösung“, sondern es geht um die Auslastung der neuen Messe.

(Abg. Kurz CDU: Aber das war doch der Hinter- grund!)

Es geht weiter im Text:

Wir haben deshalb auch die Geschäftsleitung der SMK im Vorfeld ermutigt, das Gespräch mit Schall zu suchen.

„Deshalb“: wegen der Auslastung der neuen Landesmesse.

In dem ganzen Vermerk taucht sechsmal der Begriff Kooperation auf.

Jetzt kommt die Antwort von Herrn Teufel. Herr Teufel sagt:

(Abg. Kurz CDU: Den Komplex haben wir mehr- fach behandelt!)

Ich kann unmöglich ein Gespräch über die Abwerbung von Messen von Sinsheim nach Stuttgart führen. Das müssten andere tun. Ich bin Ministerpräsident genauso für Sinsheim wie für Stuttgart.

Er übersetzt das mit „Abwerbung“. Natürlich hat er sofort erkannt, worum es geht.

Sie haben gesagt, es gebe keinen Beleg dafür, dass „Kooperation“ ein Tarnbegriff wäre. Ich will Ihnen einmal zitieren, was Herr Kromer von Baerle auf die Frage des Kollegen Kretschmann im Untersuchungsausschuss zu diesem Begriff „Kooperation“ ausgeführt hat. Herr Kretschmann hat gefragt:

Herr Kromer, ich habe Sie also richtig verstanden, dass der Begriff „Kooperation“ ein rein taktischer Begriff ist im Fall, dass da etwas an die Öffentlichkeit kommt, dass dahinter aber schon immer die Absicht stand, Messen zu akquirieren, das heißt abzuwerben?

Kromer von Baerle:

Aus meiner Sicht: Ja.

(Abg. Drexler SPD: Also!)

Kooperation gleich Abwerbung! Also ist das ganze Gesülze, das Sie zu verbreiten versucht haben, dass es immer auch darum gegangen sei, Sinsheim zu stärken und da eine echte Kooperation und Partnerschaft herbeizuführen, Schall und Rauch.

(Heiterkeit bei der SPD)

Es ging von Anfang an einzig um die Stärkung des Messeplatzes Stuttgart und um die Abwerbung von Messen aus Sinsheim.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Zurufe von der SPD: Schall und Rauch!)

Die Unterstützung des Regierungschefs war schon wichtig. Deshalb hat man sozusagen, nachdem es Herr Teufel abgelehnt hat, das Gespräch zu führen, nachgefasst. Dann wurde er ungehalten und hat nur noch handschriftlich hingeschrieben:

Es gibt einen Vermerk von mir in dieser Sache: Ich betreibe keine Abwerbung.

Aber er sagt immer: Ich. Er sagt nicht, das Staatsministerium oder die Regierung solle keine Abwerbung betreiben. Er sagt: Ich. Er ist ja der Ministerpräsident für alle, und andere müssen sich die Finger schmutzig machen.

Der Verfasser des Vermerks schreibt dann an den Abteilungsleiter darunter:

Herr Kühner, was nun?

Kühner weiß Rat. Er schaltet den Staatssekretär ein. Deshalb kommt jetzt Staatssekretär Böhmler, der ja mit Herrn Schall das wichtige Gespräch führen soll, als Stellvertreter für den Ministerpräsidenten ins Spiel. Weil Herr Böhmler vorbereitet werden muss, gibt es einen ausführlichen Vermerk, wieder von Herrn Kühner für Herrn Staatssekretär Böhmler. Der beginnt damit: Worum geht es? Dann schreibt Herr Kühner:

Das Land investiert mit einem Betrag von 243 Millionen € … in den künftigen Messestandort … und wird künftig mit 50 % … beteiligt sein. Unser Ziel muss es deshalb sein, dass die Messe auf den Fildern optimal ausgelastet wird und im Betrieb zumindest schwarze Zahlen schreibt.

Worum geht es? Es geht um die Auslastung der Messe in Stuttgart.

Ziel Ihres Gesprächs mit Herrn Schall ist es, Herrn Schall in seinen Überlegungen, eine Kooperation mit der Messe Stuttgart einzugehen, zu bestärken und ihm gegenüber zum Ausdruck zu bringen, dass eine Kooperation mit der Schall-Gruppe für die Messe Stuttgart auch aus Sicht des künftigen Gesellschafters Land, Miteigentümers der Messe, von großer Bedeutung wäre.

Meine Damen und Herren, also ist völlig eindeutig, was die Triebfeder des staatlichen Handelns, des Handelns des Staatsministeriums war: Es ging um die bessere Auslastung, und Sinsheim war ihnen schnurzegal.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Dann führt also der Herr Staatssekretär dieses Gespräch und schreibt nach dem Gespräch wieder an den Geschäftsführer der Messe Stuttgart, er habe sich davon überzeugen können,

dass die Messe Stuttgart beste Chancen hat, durch eine enge Kooperation zusätzliche Messen für die neue Landesmesse zu gewinnen.

Keine Rede davon, dass Schall irgendwo anders hin will, sondern es geht um die Verlagerung von Messen nach Stuttgart. Es geht weiter:

Ich hoffe, Sie können diese Ansätze zur Zusammenarbeit weiter vertiefen.

Wenn es zutrifft, dass Herr Schall zu diesem Zeitpunkt nur an wenige Messen dachte, kann doch das, was Herr Böhmler da sagt, er solle dieses vertiefen und weitere Messen gewinnen, nur heißen: „Holen Sie die anderen Messen auch. Die Landesregierung wird Sie hierbei unterstützen.“

Ist denn das die Entgegennahme von Informationen, oder ist das das Signal: Mache weiter, und du kannst auf unsere Unterstützung zählen?