Claus Schmiedel

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Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die deutsche Wirtschaft steht aufgrund der Globalisierung unter einem enormen Anpassungsdruck. Dies gilt auch und insbesondere für die Industrie in Baden-Württemberg. Viele Unternehmen reagieren auf diesen Anpassungsdruck mit einer strikten Kostendisziplin in Sachen Löhne, in Sachen Arbeitszeit, in Sachen Abbau von überflüssiger Bürokratie und anderem. Doch klar ist, dass eine solche Kostensenkungsstrategie alleine auf Dauer nicht wirklich hilft, sondern dass – darauf wurde schon zu Recht hingewiesen – nur Vorsprung durch Technologie, durch Innovation hilft. Es stimmt, was gesagt wurde: Wir müssen um so viel besser sein, einen um so größeren technologischen Vorsprung haben, wie wir teurer sind. Deshalb ist die Technologiepolitik des Landes eine zentrale Stellschraube für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft. Hier versagt die Regierung
auf einem Feld, das sie gut bestellt zu haben glaubt. Damit Sie nicht meinen, das seien meine Worte, will ich Ihnen einfach ein paar Zeilen vorlesen: „Industrielles Rückgrat der Region in Gefahr“. Da führt der Hauptgeschäftsführer der IHK aus:
Es besteht die Gefahr, dass mit der Verlagerung von Produktionsarbeitsplätzen aus der Region zunehmend auch hochqualifizierte Forschungs- und Entwicklungsarbeit verlagert wird.
Und dann heißt es:
Richter appellierte an die Politik, Forschungsförderung gezielter am Mittelstand zu orientieren.
Eine andere Zeitung schreibt über die Landespolitik:
Wirtschaft sieht erhebliche Mängel beim Technologietransfer.
Beschäftigen wir uns doch einmal mit dem Technologietransfer. Die Landesregierung unterhält einen Regierungsbeauftragten für Technologietransfer. Versuchen wir jetzt einmal, über die Homepage des Wirtschaftsministeriums ausfindig zu machen, wie man mit dem Regierungsbeauftragten für Technologietransfer in Kontakt kommt.
Eingabe: „Regierungsbeauftragter für Technologietransfer“; Rückmeldung: „Es wurden keine Treffer gefunden.“ – Wirtschaftsministerium. Suchen wir weiter beim Staatsministerium. Suchergebnis: „Treffer: 0“. Suchen wir beim Wissenschaftsministerium mit dem Suchbegriff „Regierungsbeauftragter für Technologietransfer“: „Keine Ergebnisse gefunden“.
Meine Damen und Herren, Sie lügen sich selbst in die Tasche, wenn Sie sagen, dass es mit dem Technologietransfer in Baden-Württemberg zum Besten bestellt sei. Warum? Der Bundesforschungsbericht weist aus, dass das Land Baden-Württemberg nicht 9 oder 10 % des Haushalts, sondern
gut 1 Milliarde € pro Jahr für Forschung und Entwicklung aus dem Haushalt bereitstellt. Das ist eine gute Zahl. Ich will das ausdrücklich loben. Dem stehen aber lediglich 40 Millionen für angewandte Forschung gegenüber. Von diesen 40 Millionen sind 20 Millionen institutionelle Förderung, die die Einrichtungen für ihre Existenz bekommen. Es bleiben 20 Millionen für Projektförderung. Diese Projektförderung wird, weil die Prioritäten im Haushalt falsch gesetzt sind, zunehmend aus der Landesstiftung finanziert. Deshalb können sie gar nicht nutzbringend in der privaten Wirtschaft angewendet werden. Deshalb müssen sie im gemeinnützigen Bereich bleiben. Wir leisten uns, meine Damen und Herren, eine anwendungsorientierte Forschung in Baden-Württemberg, der es verboten ist, Anwendung in den Betrieben voranzubringen. Deshalb kritisieren die IHK und die Handwerkskammer zu Recht, dass der Mittelstand bei der technologischen Leistungsfähigkeit verliert. Das Datum lautet Februar 2006, Herr Kollege Fleischer! Das sagt die Wirtschaft, das sagt nicht die Opposition. Das sollten Sie gefälligst einmal zur Kenntnis nehmen.
Nein, nein. Ich habe sehr gut gegessen. Ich will Ihnen einmal Folgendes sagen: Sie besaufen sich hier an irgendwelchen Statistiken,
dann geben Sie sich trunkener Fröhlichkeit hin, und im benebelten Zustand nehmen Sie die Wirklichkeit nicht mehr wahr. Das ist Ihr Zustand.
Die Grundlagenforschungsergebnisse, die ich ausdrücklich loben will, finden den Weg in die Großindustrie. Deshalb sind Ihre Beispiele mit Automobil usw. alle richtig, aber nicht treffend beschrieben. In der Region Stuttgart – Hightech-Standort Nummer 1 – haben die Patentanmeldungen – das ist das Hauptkriterium für die Einstufung der EU – von 1995 bis 2003 um ein Drittel zugenommen. Nimmt man aber Daimler heraus, nimmt man Bosch und Porsche heraus, dann haben sie von 1995 bis 2003 um ein Drittel abgenommen. Deshalb beklagt die IHK zu Recht, dass die technologische Leistungsfähigkeit des Mittelstands nicht zunimmt, sondern abnimmt, und fordert Maßnahmen, die dagegensteuern. Dass das notwendig ist und wie man das machen sollte, darüber rede ich dann in der nächsten Runde. Aber Sie sollten aufhören, sich die Welt schönzureden. Ich rede sie nicht schlechter, als sie ist,
aber ich gebe wieder, was die Wirtschaft selber beklagt, während Sie beide Ohren zuhalten, die Augen zumachen und nur Ihre Statistiken „runtersülzen“. Das ist zu wenig für eine Regierung, die das Land nach vorne bringen will. Deshalb haben Sie es verdient, abgelöst zu werden.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal finde ich es sehr bedauerlich, dass bei einer Debatte, bei der über die Auswirkungen von Forschung auf Wachstum und Beschäftigung die Rede ist,
weder der Wirtschaftsminister noch sein Staatssekretär anwesend sind.
Was soll denn eigentlich diese Debatte? Wir reden ja nicht über Hochschulpolitik im engeren Sinn, sondern über die Auswirkungen von Forschung auf die Wirtschaft. Ich hätte schon gerne, dass man sich mit dieser Frage auseinander setzt. Ich weiß nicht, ob Sie darauf eingehen.
Es sind ja nicht wir, die das sagen. Ich lese Ihnen das gerne noch einmal vor:
In Zukunft müssten auch kleinere Unternehmen stärker vom Technologietransfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft profitieren, verlangt die Industrie- und Handelskammer.
Sie werfen der Landesregierung vor, sich in ihrer Technologiepolitik zu sehr an den Bedürfnissen der großen Unternehmen zu orientieren.
Was wollen Sie denn da in Abrede stellen?
Übrigens: Ihre Bemerkung „Wir brauchen das Handwerk“ ist völlig richtig. Aber das Handwerk braucht nicht wirklich Sie.
Der Präsident des Baden-Württembergischen Handwerkstags sagt:
Der Handwerkstag fordert einen Regierungsbeauftragten für Mittelstand und Handwerk mit Kabinettsrang. Bei der Landesregierung gebe es keine auf das Handwerk ausgerichtete Anlaufstelle für die Inhaber kleiner Betriebe, sagte Möhrle zur Begründung. Ein Regierungsbeauftragter habe es auch leichter als der Wirtschaftsminister, sich für die Handwerkspolitik wichtige Informationen zu beschaffen.
Der wäre vielleicht hier. Der Wirtschaftsminister ist ja nicht einmal hier.
Wie soll er denn erfahren, worum es eigentlich geht?
Eine Schwächung
sagt weiter das baden-württembergische Handwerk, nicht die SPD –
des seiner Meinung nach ohnehin nicht besonders starken Wirtschaftsministeriums sieht der Handwerkspräsident durch die Schaffung eines Regierungsbeauftragten für den Mittelstand nicht.
Eine größere Blamage als eine solche Bemerkung ist für einen Wirtschaftsminister eigentlich nicht denkbar.
Was kann man jetzt tun, um den Technologietransfer in die kleineren und mittleren Betriebe zu verbessern?
Erstens: Man braucht eine konsequente Clusterpolitik.
Clusterpolitik heißt zunächst einmal, dass man eine Analyse der Stärken und der Schwächen macht und nicht einfach das, was einem gefällt, an Statistiken herunterleiert. Man sollte untersuchen: Wo sind wir stark? Da gibt es sehr viele Stärken.
Aber man sollte dann auch untersuchen: Wo sind wir schwach?
Zweitens brauchen wir eine gezielte Politik, die sich an unterschiedlichen Clustern orientiert. Ich muss doch mit einem Hightechcluster anders umgehen als mit einem produktionsorientierten Cluster oder einem Querschnittscluster wie Nanotechnologie oder Mechatronik.
Drittens: Wir müssen unsere anwendungsorientierten Forschungsinstitute befreien. Wir reden uns den Mund fusslig,
um sie vom öffentlichen Dienstrecht zu befreien, damit sie loslegen können wie andere, die nicht in diesen Zwängen sind, damit man diejenigen belohnt, die tatsächlich in die Wirtschaft transformieren, und sie nicht fesselt und sagt: Da gibt es aber ein Verbot, denen ein paar Euro mehr zu geben.
Meine Damen und Herren, es hilft nichts, so zu tun, als sei die Welt in Ordnung. Die IHK weist zu Recht darauf hin, dass in kleinen und mittleren Betrieben der technologische Vorsprung zurückgeht und man deshalb etwas tun muss. Sie sind dazu nicht in der Lage, weil Sie sich schon einer ordentlichen Analyse verweigern. Wer die Wirklichkeit nicht wahrnimmt, der kann auch mit keinem guten Konzept für die Zukunft aufwarten.
Frau Präsidentin, das reicht mir auch.
Ich hätte schon gerne, Herr Wirtschaftsminister, dass Sie auf die zentrale Kritik, die nicht von uns kommt, sondern vom Handwerk und vonseiten der IHK im Land, wonach beim Forschungstransfer die kleineren und mittleren Betriebe zu kurz kommen, eingehen. Herr Frankenberg hat lang und langsam am eigentlichen Thema vorbeigeredet.
Es tut mir Leid: Es geht doch nicht darum, die Grundlagenforschung schlechtzumachen. Niemand denkt daran, sondern es gibt den konkreten Vorwurf vonseiten der IHK – diese Briefe bekomme doch nicht nur ich, die bekommen Sie doch auch –: Der Mittelstand meldet immer weniger Patente an. Es nützt den mittelständischen Betrieben nichts, wenn Daimler immer mehr Patente anmeldet. Wir sind uns doch einig, dass der Mittelstand Träger von Beschäftigung und Ausbildung in diesem Land ist. Warum nehmen Sie das nicht ernst?
Deshalb fordere ich Sie jetzt auf, Herr Wirtschaftsminister: Sagen Sie, wie Sie mit dieser Kritik umgehen. Wollen Sie die Vorschläge aufgreifen, dass die Forschungsinstitute im Land stärker auf den Mittelstand zugehen? Wollen Sie die Anregung aufgreifen, dass die LKB besser mit Förderdarlehen und mit Bürgschaften unterwegs ist, um die Innovation im Mittelstand zu beschleunigen?
Das ist das zentrale Thema, über das wir heute reden. Und Sie sitzen da und schweigen sich aus.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die sozialdemokratische Partei und auch die SPD-Landtagsfraktion treten entschieden und kraftvoll für ein soziales Europa ein.
Denn nur ein soziales Europa wird von den Bürgern angenommen, und nur ein Europa, das von den Bürgern angenommen wird, ist ein starkes Europa.
Deshalb darf die notwendige Öffnung des europäischen Markts für Dienstleistungen nicht zu einem Wettlauf zwischen den einzelnen Staaten um die niedrigsten Standards führen.
Für uns, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist die weitere Öffnung des Binnenmarkts für Dienstleistungen mit drei Grundsätzen verbunden, die für uns unverzichtbar sind:
Erstens: Bei der Erbringung von Dienstleistungen müssen die Arbeits-, Gesundheits- und Lohnbedingungen des Landes gelten, in dem sie erbracht werden.
Dabei muss die Einhaltung durch Stellen desjenigen Staates kontrolliert werden, in dem sie erbracht werden, denn nur so lässt sich Lohn- und Sozialdumping effektiv vermeiden.
Zweitens: Hohe Standards beim Umweltschutz dürfen nicht durch eine Öffnung der Dienstleistungsmärkte ausgehöhlt werden. Denn dies würde ja genau zu Wettbewerbsverzerrungen zuungunsten Deutschlands führen und unsere Arbeitsplätze gefährden.
Drittens: Dienstleistungen im öffentlichen Interesse wie soziale Dienste, Wasserversorgung oder der öffentliche Rundfunk dürfen nicht schutzlos dem Diktat des Wettbewerbs unterworfen werden.
Jetzt haben Sie ja, Frau Kollegin Netzhammer, ähnliche Befürchtungen geäußert, vielleicht nicht so deutlich, aber doch in derselben Tendenz.
Wer aber diese Gefahren sieht, der muss sich dann auch deutlich zu Wort melden und kann die Geschichte nicht auf die lange Bank schieben und sagen: Jetzt wollen wir noch einmal gutachterlich bewertet haben, ob es Alternativen gibt, und wenn das Gutachten vorliegt, dann werden wir uns auch irgendwie modifiziert dazu äußern. Das ist zu wenig. Die politische Diskussion im Europäischen Parlament findet jetzt statt, und die Entscheidung, ob das Ziellandprinzip oder das Herkunftslandprinzip gelten soll, wird jetzt getroffen. Wenn wir also unsere Interessen wahrnehmen wollen und uns für ein soziales Europa stark machen wollen, dann müssen wir jetzt deutlich sagen, was wir wollen.
Es ist schade, dass die CDU seit der erstmaligen Beratung im Wirtschaftsausschuss umgefallen ist.
In der erstmaligen Beratung hat der Sprecher der CDU noch laut und deutlich gesagt: Für die CDU ist das Herkunftslandprinzip nicht akzeptabel. Da haben wir gedacht: Wunderbar! Dann lasst uns doch auf dieser Basis eine ge
meinsame Entschließung im Landtag machen. Die findet natürlich mehr Gehör als Entschließungen von einzelnen Fraktionen. Aber es hat sich gezeigt: Wenig Verlass auf diese Position.
Bei der weiteren Beratung wurde dann darauf hingewiesen, dass es ja keinen Spielraum gebe. Der Sprecher der CDU hat dann gesagt, die Vertreterin der Kommission bei der Anhörung habe ausgeführt, dass aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nur das Herkunftslandprinzip infrage komme.
Das ist ein bisschen billig und ein Versteckspiel, wie wir meinen.
Denn Sie wissen genau: Zwei Juristen, drei Meinungen.
Ich empfehle Ihnen eine von weiteren Experten vorgelegte Ausarbeitung. Aber das sind jetzt nicht die Experten der Kommission, die ja die Richtlinie auf den Weg gebracht haben, sondern das sind Referenten in der Europa-Abteilung des Bundesministeriums der Finanzen, unseres gemeinsamen Bundesministeriums der Finanzen. Diese kommen klar zu dem Ergebnis, dass man das genau anders sehen kann und dass es jetzt darauf ankommt, in der politischen Diskussion klar zu machen, was man will.
Es besteht die große Gefahr, dass dann, wenn in dieser europäischen Dienstleistungsrichtlinie das Herkunftslandprinzip verankert wird, dies ein Manifest ist für die weitere Entwicklung der Europäischen Union, anhand dessen sich entscheidet, ob der jeweils niedrigste Standard eines Mitgliedslands als Ausgangspunkt und Zielmarke genommen wird, oder ob die historisch gewachsenen, gehobenen Standards der älteren Länder in der Europäischen Union zum Maßstab werden. Es muss darum gehen, dass sich die anderen nach oben entwickeln und wir uns nicht nach unten entwickeln. Deshalb fordern wir Sie auf, unserem klaren Beschluss, der einen klaren Willen für ein soziales Europa zum Ausdruck bringt, und keinem Wischiwaschi zuzustimmen.
Herr Minister, nachdem Sie diese Kooperation der Wirtschaft mit dem Staat bei der Zurruhesetzung von Älteren gerade kritisiert haben: Wie beurteilen Sie – –
Richtig. Ich habe Sie aber so verstanden, dass Sie das beendet sehen wollen.
Das wollen Sie beendet sehen. Deshalb in diesem Zusammenhang meine Frage: Wie beurteilen Sie, dass der Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg einer der Ersten war, der Verständnis für die neue Welle der Zurruhesetzungen bei Daimler-Chrysler verlautbart hat?
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Dr. Schüle hat jetzt einen neuen Zeugen in die Debatte eingeführt, der im Ausschuss keine Rolle gespielt hat. Wenn das, was Sie gesagt haben, belastbar wäre, wäre das natürlich schon ein echtes Problem für uns. Deshalb möchte ich die Gelegenheit nutzen, das schon ganz am Anfang klarzustellen, und frage den Kollegen:
Trifft es zu,
was Herr Kollege Dr. Schüle gesagt hat? Ich frage Sie vor den Augen der Kolleginnen und Kollegen des Landtags und der Öffentlichkeit. Ja oder Nein?
Sie haben es gehört: Nein. Damit ist dieser Teil der Argumentation schon in sich zusammengebrochen.
Meine Damen und Herren, der Untersuchungsausschuss hat aus unserer Sicht zwei wesentliche Ergebnisse erbracht.
Das erste Ergebnis: Die Landesregierung hat bei der Messeverlagerung aktiv mitgewirkt. Ohne die direkte und indirekte Unterstützung der Landesregierung wäre es niemals zur Gesamtverlagerung der Messen von Sinsheim nach Stuttgart gekommen. Damit hat sich die Landesregierung aktiv an einem Vertragsbruch beteiligt, und deshalb ist der politische Vorwurf der Komplizenschaft beim Messeraub durchaus angebracht.
Der Untersuchungsausschuss hat aber noch etwas ergeben. Immer, wenn man mit den Mitteln eines Untersuchungsausschusses hinter die Kulissen der Regierungsarbeit blicken kann, bekommt man auch einen Einblick in den Zustand der Regierung. Das hat mit dem Untersuchungsauftrag natürlich auch wieder etwas zu tun, denn wenn ein miserabler Zustand die Handlungsfähigkeit der Regierung lähmt, dann wird man auch bezüglich der Handlung in Sachen Messen behindert. Deshalb will ich als Zweites auch auf dieses Thema eingehen.
Der Kollege Schüle hat gesagt, wir hätten keine Belege für unsere Aussagen. Deshalb kann ich hier nicht nur interpretieren, sondern muss ich all denen, die nicht an den Ausschussberatungen teilgenommen haben, schon einige Belege für die Behauptung – bei der wir natürlich bleiben –, dass die Landesregierung aktiv beteiligt war und dass es ohne die Landesregierung nie und nimmer so weit gekommen wäre, anführen.
In Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit lasse ich jetzt einen ganzen Teil der Vorgeschichte weg und beginne mit einem persönlichen, vertraulichen Schreiben des Geschäftsführers der Messe Stuttgart an den Abteilungsleiter im Staatsministerium. Überschrift: Kooperation P. E. Schall GmbH/Neue Landesmesse.
Das Datum ist 6. Oktober 2004. – In diesem Schreiben heißt es im zweiten Abschnitt:
… komme ich nun gern auf das Angebot Ihres Hauses
des Staatsministeriums –
zurück, wonach Herr Ministerpräsident Teufel gegebenenfalls bereit wäre, mit Herrn Schall offiziell die Kooperationsverhandlungen aufzunehmen.
Die Koalition hat immer den Eindruck erweckt, als hätte man die Regierung sozusagen beiläufig über das, was geschieht, informiert. Jetzt hören wir, dass es ein Angebot aus
dem Staatsministerium gab, dass Herr Teufel bereit sei, die Kooperationsverhandlungen aufzunehmen.
Man dient sich förmlich an.
Jetzt kommt der zweite Beleg: Warum? In der Vorbereitung zur Erfüllung der Bitte, das Angebot aufzugreifen, dass Herr Teufel die Verhandlungen aufnimmt, schreibt der zuständige Abteilungsleiter im Staatsministerium einen Vermerk für den Herrn Ministerpräsidenten. Darin heißt es, die Kooperation biete die Chance, die wichtigsten und größten Messen aus Sinsheim und von anderen Standorten nach Stuttgart zu holen.
Wir könnten damit die neue Landesmesse besser auslasten
ich wiederhole: besser auslasten –
und den Messeplatz Stuttgart stärken.
Es ist mitnichten die Rede davon: „Wir retten die Messen für Baden-Württemberg, wir machen eine Auffanglösung“, sondern es geht um die Auslastung der neuen Messe.
Es geht weiter im Text:
Wir haben deshalb auch die Geschäftsleitung der SMK im Vorfeld ermutigt, das Gespräch mit Schall zu suchen.
„Deshalb“: wegen der Auslastung der neuen Landesmesse.
In dem ganzen Vermerk taucht sechsmal der Begriff Kooperation auf.
Jetzt kommt die Antwort von Herrn Teufel. Herr Teufel sagt:
Ich kann unmöglich ein Gespräch über die Abwerbung von Messen von Sinsheim nach Stuttgart führen. Das müssten andere tun. Ich bin Ministerpräsident genauso für Sinsheim wie für Stuttgart.
Er übersetzt das mit „Abwerbung“. Natürlich hat er sofort erkannt, worum es geht.
Sie haben gesagt, es gebe keinen Beleg dafür, dass „Kooperation“ ein Tarnbegriff wäre. Ich will Ihnen einmal zitieren, was Herr Kromer von Baerle auf die Frage des Kollegen Kretschmann im Untersuchungsausschuss zu diesem Begriff „Kooperation“ ausgeführt hat. Herr Kretschmann hat gefragt:
Herr Kromer, ich habe Sie also richtig verstanden, dass der Begriff „Kooperation“ ein rein taktischer Begriff ist im Fall, dass da etwas an die Öffentlichkeit kommt, dass dahinter aber schon immer die Absicht stand, Messen zu akquirieren, das heißt abzuwerben?
Kromer von Baerle:
Aus meiner Sicht: Ja.
Kooperation gleich Abwerbung! Also ist das ganze Gesülze, das Sie zu verbreiten versucht haben, dass es immer auch darum gegangen sei, Sinsheim zu stärken und da eine echte Kooperation und Partnerschaft herbeizuführen, Schall und Rauch.
Es ging von Anfang an einzig um die Stärkung des Messeplatzes Stuttgart und um die Abwerbung von Messen aus Sinsheim.
Die Unterstützung des Regierungschefs war schon wichtig. Deshalb hat man sozusagen, nachdem es Herr Teufel abgelehnt hat, das Gespräch zu führen, nachgefasst. Dann wurde er ungehalten und hat nur noch handschriftlich hingeschrieben:
Es gibt einen Vermerk von mir in dieser Sache: Ich betreibe keine Abwerbung.
Aber er sagt immer: Ich. Er sagt nicht, das Staatsministerium oder die Regierung solle keine Abwerbung betreiben. Er sagt: Ich. Er ist ja der Ministerpräsident für alle, und andere müssen sich die Finger schmutzig machen.
Der Verfasser des Vermerks schreibt dann an den Abteilungsleiter darunter:
Herr Kühner, was nun?
Kühner weiß Rat. Er schaltet den Staatssekretär ein. Deshalb kommt jetzt Staatssekretär Böhmler, der ja mit Herrn Schall das wichtige Gespräch führen soll, als Stellvertreter für den Ministerpräsidenten ins Spiel. Weil Herr Böhmler vorbereitet werden muss, gibt es einen ausführlichen Vermerk, wieder von Herrn Kühner für Herrn Staatssekretär Böhmler. Der beginnt damit: Worum geht es? Dann schreibt Herr Kühner:
Das Land investiert mit einem Betrag von 243 Millionen € … in den künftigen Messestandort … und wird künftig mit 50 % … beteiligt sein. Unser Ziel muss es deshalb sein, dass die Messe auf den Fildern optimal ausgelastet wird und im Betrieb zumindest schwarze Zahlen schreibt.
Worum geht es? Es geht um die Auslastung der Messe in Stuttgart.
Ziel Ihres Gesprächs mit Herrn Schall ist es, Herrn Schall in seinen Überlegungen, eine Kooperation mit der Messe Stuttgart einzugehen, zu bestärken und ihm gegenüber zum Ausdruck zu bringen, dass eine Kooperation mit der Schall-Gruppe für die Messe Stuttgart auch aus Sicht des künftigen Gesellschafters Land, Miteigentümers der Messe, von großer Bedeutung wäre.
Meine Damen und Herren, also ist völlig eindeutig, was die Triebfeder des staatlichen Handelns, des Handelns des Staatsministeriums war: Es ging um die bessere Auslastung, und Sinsheim war ihnen schnurzegal.
Dann führt also der Herr Staatssekretär dieses Gespräch und schreibt nach dem Gespräch wieder an den Geschäftsführer der Messe Stuttgart, er habe sich davon überzeugen können,
dass die Messe Stuttgart beste Chancen hat, durch eine enge Kooperation zusätzliche Messen für die neue Landesmesse zu gewinnen.
Keine Rede davon, dass Schall irgendwo anders hin will, sondern es geht um die Verlagerung von Messen nach Stuttgart. Es geht weiter:
Ich hoffe, Sie können diese Ansätze zur Zusammenarbeit weiter vertiefen.
Wenn es zutrifft, dass Herr Schall zu diesem Zeitpunkt nur an wenige Messen dachte, kann doch das, was Herr Böhmler da sagt, er solle dieses vertiefen und weitere Messen gewinnen, nur heißen: „Holen Sie die anderen Messen auch. Die Landesregierung wird Sie hierbei unterstützen.“
Ist denn das die Entgegennahme von Informationen, oder ist das das Signal: Mache weiter, und du kannst auf unsere Unterstützung zählen?
Er bietet dann ja auch Unterstützung an. Denn wenn Herr Kromer weitermacht und alle Messen nach Stuttgart gehen, entstehen Probleme. Eines dieser Probleme sind die Rückforderungen des Landes. Da schreibt der Herr Staatssekretär:
… schlage ich Ihnen vor, dass zunächst die Messe Stuttgart die Schall-Gruppe durch eine Freistellung von diesem – ohnehin begrenzten – Risiko freistellt.
Im Falle einer Inanspruchnahme der Messe wird sich das Land bemühen, einen Weg zu finden, wie die Belastung für die Messe Stuttgart in vertretbarem Rahmen gehalten werden kann.
Dann sagt er noch:
Hierbei kann auch darauf Rücksicht genommen werden, dass das Land bzw. die vom Land mit getragene Messe Stuttgart einen wesentlichen Grund für die Rückforderung gesetzt hat.
Sprich: Die Impulse gehen von Stuttgart aus, und es war mitnichten eine Auffanglösung.
Dies alles zeigt, dass man im Zusammenspiel mit der Stuttgarter Messe – im Gespräch mit Herrn Schall und in den Vorschlägen, die in die Verträge eingeflossen sind – drei Problempunkte systematisch weggeräumt hat, die hinderlich waren, wenn die Schall-Messen nach Stuttgart gehen: Das war die Rückforderung des Landes, das war eine mögliche Rückforderung der Stadt Sinsheim von Zuschüssen für die
Halle 6, und das waren Rückforderungen oder Regressansprüche aus Hannover.
Deshalb war es Herrn Schall auch wichtig, die Landesregierung als Gesprächspartner zu haben. Daher heißt es übrigens auch in dem Vermerk, der für Herrn Staatssekretär Böhmler geschrieben wird – ich zitiere –:
Er
Schall –
sieht allerdings weiterhin das Land (Herrn Minister- präsidenten) als eigentlichen Gesprächspartner an.
Das ist innerbetrieblicher Schriftverkehr im Staatsministerium.
Wir könnten ihm zusichern, dass wir Herrn Kromer beauftragen, mit der Schall-Gruppe die Details einer Kooperation zu klären.
Es ist doch völlig klar, dass Herr Schall bei den Schwierigkeiten, die sich aus einem Umzug ergeben, Wert darauf gelegt hat, dass er die Rückendeckung der Landesregierung hat. Diese Rückendeckung hat ihm das Staatsministerium gegeben.
Jetzt komme ich zum zweiten Punkt: zu dem Zustand der Regierung und der Rolle, die Herr Oettinger in diesem Zusammenhang gespielt hat. Das beginnt damit, dass Herr Oettinger, ohne es zunächst zu wissen, eine Rolle spielt. Denn im Staatsministerium wurde erörtert, ob Herr Oettinger – so heißt es –
wegen der landespolitischen Dimension des Vorgangs vor dem Vertragsabschluss informiert und eingebunden werden muss.
Dies hat man dann nicht getan. Was aber überrascht, ist, dass man ihn auch dann nicht in Kenntnis gesetzt hat, als er Ministerpräsident war. Man muss schon die Frage stellen, warum dies nicht geschehen ist. Nach seinen eigenen Worten sei er einen Tag, bevor er das Messehotel in Sinsheim eröffnet hat, kursorisch und dann auf der Fahrt zur Eröffnung richtig informiert worden, und er habe dann nicht mehr richtig reagieren können. Die Frage ist: Was hat er denn getan, nachdem er das Messehotel eingeweiht hat und unterrichtet war? Was hat er dann getan? Nichts hat er getan. Er hat die Dinge einfach laufen lassen.
Ich komme zum Ende, Frau Präsidentin. Nur noch eines zum Schluss. Ich zitiere aus einem Vermerk aus dem Wirtschaftsministerium:
MP Oettinger hat unter dem Eindruck der öffentlichen wie auch der politischen Diskussion den Wirtschaftsminister gebeten, zu prüfen, ob und inwieweit einzelne Messen der Schall-Gruppe in Sinsheim bleiben könnten, um dort den Messestandort zu sichern.
Renner lässt grüßen! Man kennt das Problem, tut aber nichts. Erst als es in der Öffentlichkeit zu heftigen Diskussionen kommt, versucht man, zu handeln. Man handelt halbherzig. Die ganze neue Entwicklung zeigt, dass auch die These, es sei immer um alles oder nichts gegangen, völlig daneben ist. Mittlerweile zeichnet sich ab, dass Teile der Schall-Messen in Sinsheim bleiben. Man muss es nur richtig machen. Nur: Die Regierung ist in einem so schlechten Zustand, dass sie die Bälle aus Sinsheim bis heute nicht aufgreift und das Ganze zu einem vernünftigen Ergebnis bringt.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist gut für Baden-Württemberg, dass in Berlin eine dem Land freundschaftlich verbundene Bundesregierung amtiert. 85 % aller Abgeordneten dieses hohen Hauses gehören den die Bundesregierung tragenden Parteien an.
Wenn wir jetzt mit einem konkreten Antrag der Grünen auch noch aufgefordert werden, die Politik dieser Bundesregierung zu unterstützen,
dann betrifft das hier weit über 90 %, und nur eine kleine liberale Minderheit stemmt sich noch dagegen.
Eine so breite Zustimmung in einem Landesparlament hätte es verdient, dass die Landesregierung dies dann auch im Bundesrat durch ein entsprechendes Votum zum Ausdruck bringt.
Es ist mehr als bedauerlich, dass der größere Teil der Landesregierung nicht die Kraft aufbringt, dies durchzusetzen.
Es ist aber zu konstatieren, dass die Eigenheimzulage trotzdem abgeschafft wird, denn es gibt natürlich andere Landesregierungen – an denen die FDP ebenfalls beteiligt ist –, die sich nicht wegducken und sich nicht der Stimme enthalten werden, sondern die zustimmen.
Das zeigt: Es gibt kraftvolle Koalitionen, und es gibt weniger kraftvolle Koalitionen. Letzteres ist schade. Man sollte auch im Interesse des Landes darüber nachdenken, ob man sich auf der einen Seite damit brüsten kann, dass man in dieser Landesregierung ganz bedeutende Ministerinnen und Minister stelle und dass die Verbindungen der Landesregierung von Baden-Württemberg zur Bundesregierung ganz ausgezeichnet seien,
wenn man sie auf der anderen Seite bei jedem entscheidenden Punkt im Bundesrat im Stich lassen muss. Das stärkt die Position des Landes Baden-Württemberg auch bei schwierigen Verhandlungen nicht. Deshalb sollten Sie darüber nachdenken, ob Sie sich jedes Mal von Ihrem kleineren Koalitionspartner vorführen lassen wollen.
Jetzt noch einige Worte zur Eigenheimzulage. Die Eigenheimzulage war nicht zu halten; das haben wir schon seit längerem erkannt. Die Wohnungssituation in der Bundesrepublik ist von Region zu Region komplett verschieden. Auf der einen Seite gibt es einen Überfluss an Wohnungen – in diesen Bereichen muss man den Wohnungsbestand zurückbauen –, und auf der anderen Seite herrscht Wohnungsnot in Ballungsräumen, zum Beispiel bei uns, wo man zusätzliche Wohnungen bauen muss. Bei so unterschiedlichen Wohnungssituationen ist es nicht sinnvoll, das gleiche Instrument anzuwenden. Das kann nicht gut gehen.
Deshalb haben wir uns immer dafür eingesetzt, die Eigenheimzulage zu regionalisieren, das heißt die Wohnungspolitik letztlich über die Länder zu bestimmen. Das ist jetzt in der großen Koalition so verabredet. Es wird eine Föderalisierung der Wohnungsbauförderung geben.
Die neue Bundesregierung stattet die Länder mit mehr Mitteln aus, als es die alte getan hat. Das gibt uns auf Landesebene den entsprechenden Spielraum, eine aktive Wohnbauförderung im Land zu betreiben.
Aber das, was Sie bisher angekündigt haben, ist natürlich eine Rosstäuscherei. Sie sagen: „Weil in der Vergangenheit die Mittel nicht abgerufen wurden, die wir für die Wohneigentumsbildung bereitgestellt haben, erhöhen wir jetzt den Subventionswert im Einzelfall, lassen aber die Summe der Fördermittel gleich.“ Damit erzielen Sie überhaupt keinen Effekt. Denn aufgrund des geringen Volumens der Wohnbauförderung haben Sie natürlich die Einkommensgrenzen so niedrig gesetzt, dass nur noch ein ganz, ganz kleiner Prozentsatz der Bevölkerung überhaupt anspruchsberechtigt ist, und dann werden am Ende die Mittel natürlich nicht abgerufen.
Es gibt nur eine vernünftige Alternative – die haben wir schon mehrfach vorgebracht und die rufen wir auch regelmäßig auf; wir hoffen, Sie folgen dieser Alternative irgendwann auch –, nämlich die Wohnbauförderung auf Landesebene jetzt, da wir sie brauchen, massiv zu erhöhen, indem wir aus dem großen Forderungsbestand des Landes einen Teil verkaufen und den Erlös in Wohnbauprogramme im Land Baden-Württemberg einbringen. Das ist die richtige Antwort auf die Streichung der Eigenheimzulage: eine aktive Wohnbauförderung im Land Baden-Württemberg, die der Eigentumsbildung dient,
die aber vor allem auch den wachsenden Anforderungen in den Ballungsräumen, in den großen Städten und in den Universitätsstädten gerecht wird. Diese Diskussion werden wir offensiv mit Ihnen führen.
Wir fordern Sie nochmals auf, die Bundesregierung nicht im Stich zu lassen und zu Ihren Worten zu stehen. Wir sind sicher, die FDP/DVP wird keine Konsequenzen ziehen. Sie hat schon mehrfach gezeigt, dass sie im Konfliktfall pflegeleicht ist. Deshalb sollten Sie diese Chance nutzen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ich glaube, es ist nicht angemessen, wie insbesondere die CDU-Fraktion mit den Sorgen und Ängsten vieler Eltern in diesem Land umgeht.
Ich will mit einem Zitat beginnen, auf dessen Inhalt wir uns sicher verständigen können, und dann die Probleme beschreiben, die wir sehen.
Ein Land, das sich als Kinderland versteht, gibt Kindern und Jugendlichen den Raum und die Unterstützung, die sie für eine gute Entwicklung und einen erfolgreichen Start ins Leben brauchen.
So der Ministerpräsident in seiner Regierungserklärung. Da sind wir uns alle einig.
Die Frage, die sich stellt, ist, ob wir den Kindern im G 8 tatsächlich den Freiraum geben, den sie für eine gute Entwicklung brauchen, und ob wir ihnen die Unterstützung geben, die sie brauchen, um erfolgreich die Schullaufbahn zu bewältigen.
Herr Kultusminister, es sind doch nicht wir, die als Bedenkenträger agieren, sondern es sind die Eltern, die Sorgen haben und die Sie ernst nehmen sollten.
Sie sind, wie es zuletzt Ulbricht getan hat, jemand, der glaubt, wenn er in einen Plan oder in eine Konzeption schaut, schaue er in die Realität.
Ich habe von sieben Gymnasien die Eltern der Schüler der Klassen 5 und 6 eingeladen. Jeder von uns macht bildungspolitische Veranstaltungen, und jeder von uns weiß, wie viele da normalerweise in etwa kommen. Wenn auf eine solche Einladung 150 Eltern kommen,
wenn sie sich vor laufenden Fernsehkameras offenbaren, zeigen, dass sie nicht mehr wissen, wie sie das beherrschen sollen, zeigen, dass ihre Kinder – nicht die Schwächeren; gerade die, die sehr gute und gute Leistungen bringen – unter dem Tempo leiden, wenn sie darauf aufmerksam machen, dass es gar nicht geht, ohne dass Eltern bei den Hausaufgaben und bei den Vorbereitungen dabeisitzen, und das nicht nur am Abend, sondern auch am Wochenende, dann sollten Sie das ernst nehmen!
Wir als Abgeordnete haben doch einen Auftrag. Deshalb mache ich Ihnen einen Vorschlag. Machen Sie es doch so wie Ihr Kollege Scheffold, der bei dem Kollegen Capezzuto angerufen und gesagt hat: Sie machen doch eine Veranstaltung mit den Eltern; kann ich da auch kommen? Natürlich kann er kommen. Er ist willkommen. Er kann auch mitreden. Er soll doch selber erleben, welche Stimmung bei vielen Eltern herrscht und welche Sorgen sie umtreiben. Dann haben wir doch bis zur nächsten Sitzung des Schulausschusses eine Chance, wirklich einmal darauf einzugehen.
Sie behaupten, es sei eine Minderheit, die diese Sorgen hat. Wir sagen: Es ist eine große Zahl, die wir nicht ignorieren dürfen. Sich nur herauszureden und zu sagen: „Wir haben einen Plan, der ist prima“, ist zu billig. Sie tragen natürlich auch die Verantwortung dafür, dass die Rahmenbedingungen stimmen, damit dieser Plan sinnvoll erfüllt werden kann.
Das ist in vielen Fällen eben nicht der Fall.
Deshalb unsere herzliche Bitte: Ignorieren Sie das nicht, was die Eltern vorbringen. Reden Sie die Lage nicht schön. Nehmen Sie sie ernst, und sorgen Sie mit uns in der Sitzung des Schulausschusses dafür, dass es wirklich Weichenstellungen für eine bessere Gestaltung des G 8 gibt.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Wirtschaftspolitik der Landesregierung verhindert Investitionen und neue Arbeitsplätze in Baden-Württemberg. Wahnsinn! Bei einem Haushalt, der die geringste Investitionsquote aller Länderhaushalte in Deutschland aufweist, verhindert die Landesregierung private Investitionen in diesem Land. Wahnsinn!
Beispiel 1: Großkraftwerk Mannheim. Nicht, dass Sie nicht wüssten, worum es geht! Der Ministerpräsident, damals noch Fraktionsvorsitzender, hat am 18. Februar hier im Landtag gesagt:
Wir stellen Überlegungen zum Wasserpfennig an.
Er hat das auch begründet:
Die Frage ist, … ob dort ein neues Kraftwerk gebaut wird oder ob Mannheim – unser Sorgenkind auf dem Arbeitsmarkt – weitere Arbeitsplätze verliert.
Er hat dann als Ministerpräsident am 27. April erklärt:
Ich bin zur Sicherung des Energiestandorts BadenWürttemberg auch bereit, mit den Energieversorgern über den Wasserpfennig zu verhandeln.
Was passiert? Die Akte „Großkraftwerk Mannheim“ wandert von der Stadt zum Regierungspräsidium und dann zum Ministerium und wieder zurück. Keine Entscheidung für die Vergangenheit, keine Lösung für die Zukunft, keine Investition in Mannheim und keine neuen Arbeitsplätze.
Beispiel 2: Windenergie. In Baden-Württemberg könnten zusätzliche 2 000 Windkraftanlagen entstehen.
Die Landesregierung blockiert.
Sie vergrämt Investoren, sie macht aus jeder Windkraftanlage eine Staatsaffäre. Deshalb wird hier nicht investiert.
Auch hier könnte die Regierung wissen, welche Chancen in dieser Technologie liegen, wenn sie nicht ideologische Scheuklappen tragen würde.
Bill Clinton
lobt den deutschen Energiekurs. Da meint er nicht Sie.
Moment. – Er sagt:
Eine der größten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts ist die Entwicklung von sauberen Energien, und hier liegt Deutschland vor allem bei Windenergie ganz vorn.
Das sagte Clinton.
Der Umstieg auf alternative Energiequellen sei nicht nur zwingend, sondern auch einer der größten Arbeitsplatzmotoren der Zukunft.
Jetzt können Sie sagen: Gut, das ist der Genosse Clinton.
Nehmen wir den Genossen Claassen. Genosse Claassen sagt: „Die regenerativen Energien sind eine der Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts.“ Nicht zuletzt könne Deutschland hier weltweit eine führende Rolle beim langfristigen Ausbau übernehmen, wodurch die Wirtschaftskraft gestärkt werde und neue Arbeitsplätze entstünden.
Und was sagen die Genossen aus China auf dem derzeitigen Energiekongress?
In wenigen Jahren wollen sie 15 % des Energiebedarfs durch regenerative Energien decken. Das bedeutet 100 Milliarden € zusätzliche Investitionen und Millionen von neuen Arbeitsplätzen auf dem ganzen Erdball. Und Sie tun alles, damit kein einziger davon in Baden-Württemberg entsteht.
Beispiel 3: Lahr. Da wollen private Investoren aus einem vorhandenen Flugplatz mit einer vorhandenen Landebahn einen Passagierflughafen machen, der dem Südschwarzwald und vor allem dem Europapark ganz neue Perspektiven gibt.
Sie wollen das verhindern. Sie bemühen sogar die höchsten deutschen Gerichte, um eine positive Entscheidung zu verhindern. Und was liest die erstaunte Öffentlichkeit?
Lizenz für Lahr: Oettinger prüft ergebnisoffen – Gespräche werden fortgeführt.
Ja, sind die denn vom wilden Watz gebissen?
Ergebnisoffen? Entweder Sie haben vorher nicht geprüft, oder Sie haben nicht ergebnisoffen geprüft.
Was war denn die Grundlage der seitherigen Ablehnung?
Meine Damen und Herren, es tut mir Leid: Von der kleinsten S-Bahn bis zur längsten Startbahn, von Lahr im Süden des Landes bis Mannheim im Norden, wohin man schaut: Wankelmut. Dieser Wankelmut hat einen Namen: Günther Oettinger.
Unser Land kann mehr. Deshalb brauchen wir eine Regierung mit Mut zur Entscheidung, dem Willen zur raschen Umsetzung, eine Regierung, die nicht Investitionen behindert und blockiert, sondern den Weg für Investitionen in die Zukunft unseres Landes frei macht.
Herr Minister, ich möchte Sie fragen: Können Sie uns sagen, ob die Ansicht des Abgeordnetenkollegen Müller, dass die Ganztagsschule den Familien die Kinder wegnimmt, in der CDU-Fraktion weit verbreitet ist?
Ich wollte jetzt nicht fragen, ob Sie auch andere Treffen vermitteln.
Ach so. – Herr Minister, meine Frage ist: Hat die Landesregierung bei der von Ihnen angekündigten ablehnenden Verbescheidung berücksichtigt, dass es sich um eine uraltvertragliche Verpflichtung handelt, die aus nachvollziehbaren ökonomischen Gründen so behandelt wurde, dass man sagte: „Solange sich die S-Bahn im Anfangsstadium befindet und die Nachfrage noch nicht so groß ist, verzichtet man auf den zweigleisigen Ausbau, obwohl das Land Baden-Württemberg sich vertraglich ver
pflichtet hat, seinen Anteil am zweigleisigen Ausbau zu erbringen“?
Zweitens: Wie wirkt es sich, glauben Sie, auf ähnliche Gespräche aus, wenn Sie als Land Baden-Württemberg mit Partnern Verträge schließen nach dem Motto „Wir verzichten momentan aus ökonomischen Gründen, weil es noch nicht gebraucht wird, auf eine vertragliche Zusage, erwarten aber vom Land, dass man sich, wenn es nach 10, 15 oder 20 Jahren in die Pflicht genommen wird, zu seiner vertraglichen Zusage zu stehen, dann darauf verlassen kann“?