Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 97. Sitzung des 13. Landtags von Baden-Württemberg und begrüße Sie.
Meine Damen und Herren, Herr Kollege Peter Schneider hat heute Geburtstag. Im Namen des Hauses gratuliere ich Ihnen, Herr Kollege, sehr herzlich und wünsche Ihnen alles Gute.
Das Präsidium schlägt Ihnen vor, Herrn Kollegen Ulrich Maurer als fraktionslosen Abgeordneten zum beratenden Mitglied des Petitionsausschusses zu bestellen. – Dagegen erhebt sich kein Widerspruch.
Eine Zusammenstellung der E i n g ä n g e liegt vervielfältigt auf Ihren Tischen. Sie nehmen davon Kenntnis und stimmen den Überweisungsvorschlägen zu. – Auch hiergegen erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.
1. Mitteilung des Rechnungshofs vom 30. Juni 2005 – Denkschrift 2005 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Landes BadenWürttemberg mit Bemerkungen zur Landeshaushaltsrechnung 2003 – Drucksache 13/4453
2. Mitteilung des Innenministeriums vom 30. Juni 2005 – Dritter Tätigkeitsbericht des Innenministeriums zum Datenschutz im nichtöffentlichen Bereich – Drucksache 13/4469
3. Mitteilung der Landesregierung vom 4. Juli 2005 – Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK); hier: Berichtigte Anmeldung des Landes zum Rahmenplan 2005 – Drucksache 13/4472
4. Antrag der Landesregierung vom 12. Juli 2005 – Zugehörigkeit von Herrn Staatssekretär Dr. Horst Mehrländer zu Organen wirtschaftlicher Unternehmen – Drucksache 13/4530
5. Mitteilung der Landesregierung vom 22. Juli 2005 – Bericht über die Europapolitik der Landesregierung im Jahre 2004/2005 – Drucksache 13/4540
Überweisung an den Ständigen Ausschuss mit der Ermächtigung, hierzu bei Bedarf Stellungnahmen anderer Fachausschüsse einzuholen
Meine Damen und Herren, nach Absprache mit den Fraktionen schlage ich vor, die Tagesordnung um einen neuen Tagesordnungspunkt 3 zu erweitern. Unter Buchstabe a soll der Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion GRÜNE auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, Drucksache 13/4545, behandelt werden. Unter Buchstabe b soll vom Landtag dann über die Zusammensetzung des Untersuchungsausschusses entschieden und die Wahl des Vorsitzenden und des stellvertretenden Vorsitzenden durchgeführt werden.
Ferner gebe ich dem hohen Haus bekannt, dass im Einvernehmen mit den Fraktionen der ursprüngliche Tagesordnungspunkt 12, jetzt Tagesordnungspunkt 13, abgesetzt wird.
Sie sind mit diesen Änderungen der Tagesordnung einverstanden, und wir treten dann in die Tagesordnung ein.
a) Antrag der Fraktion der FDP/DVP und Stellungnahme des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst – Förderung wissenschaftlicher Exzellenz – Drucksache 13/3021
b) Antrag der Fraktion GRÜNE und Stellungnahme des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst – Förderung von Exzellenz im Wissenschaftsbereich – Drucksache 13/3372
Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung der Anträge unter den Buchstaben a und b je fünf Minuten und für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die langwierigen Verhandlungen zwischen dem Bund und den Ländern haben sich gelohnt. Der Föderalismus hat sich in dieser Frage bewährt. Bund und Länder haben sich darauf verständigt, zur Förderung von Spitzenforschung an deutschen Universitäten die so genannte Exzellenzinitiative zu starten. Bis zum Jahr 2011, also für fünf Jahre, sollen zusätzliche Mittel von Bund und Ländern dazu beitragen, im Bereich der Forschung den Anschluss an die internationale Spitze wieder zu erreichen.
Es war wohl der seinerzeitige SPD-Generalsekretär Scholz, der im Januar 2004 noch vor Kanzler Schröder hierzu eine bundesweite Diskussion ausgelöst hat. Die ursprüngliche Forderung nach einer Eliteuniversität à la Harvard lag in der Sache so weit daneben, dass die bis zur Einigung auf die Exzellenzinitiative verstrichene Zeit nicht einfach mit dem Hinweis auf ein angebliches Kompetenzgerangel zwischen Bund und Ländern erklärt und bedauert werden kann. Vielmehr ist diese Zeit zu einem erheblichen Teil sinnvoll genutzt worden, um einen falschen Ansatz in etwas Sinnvolles umzuwandeln.
Meine Fraktion hat von Anfang an auf die grundlegenden Irrtümer eines Konzepts hingewiesen, das darauf zielte, fünf Elite- oder Spitzenuniversitäten zu etablieren. Das war die Verkennung der finanziellen Dimension. Das war die Verkennung der Tatsache, dass sich auch mit Einsatz erheblich höherer finanzieller Mittel Spitzenhochschulen nicht dekretieren lassen, sondern dass sie sich im wissenschaftlichen Wettbewerb bilden.
Das war die Verkennung der Tatsache, dass sich dieser Wettbewerb realiter nicht zwischen Hochschulen abspielt, sondern auf der Ebene wissenschaftlicher Arbeitsbereiche von Exzellenz von herausragenden Forschern und Wissenschaftlern.
In der einhelligen Beurteilung weiterer Sachfragen war die große Einmütigkeit begründet, in der die Länder den Vorstellungen der Bundesregierung ihr Modell eines Netzwerks der Exzellenz entgegenstellten. Dessen wesentliches Merkmal, der Bezug auf die Arbeitsebene wissenschaftlicher Forschung, kennzeichnet die nun vereinbarte Exzellenzinitiative.
Im Übrigen sollte auch für weitere Diskussionen eines nicht ganz in Vergessenheit geraten: Für den Vorstoß der Bundesregierung zur Einrichtung von Eliteuniversitäten gab es frühes Lob, das da lautete, die SPD habe sich offenkundig von der Fiktion der Gleichheit der Universitäten und der Studierenden verabschiedet und sei bereit, über die Förderung von Exzellenz bzw. Eliten nachzudenken. Aber gegen eine stärkere Förderung von Spitzenleistungen wurde politischer Widerstand gerade aus den eigenen Reihen der SPD formuliert. Anke Fuchs zum Beispiel, Vorsitzende der Friedrich-Ebert-Stiftung, artikulierte geradezu reflexartig die Forderung, die Förderung von Spitzenleistungen dürfe nicht zulasten der Breitenförderung gehen.
Die Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder sieht die Bereitstellung zusätzlicher Mittel vor, will also in diesem
Sinn Spitzenleistungen nicht zulasten von Breitenförderung voranbringen. Da aber auch zusätzliche Mittel nur einmal ausgegeben werden können, entweder an der Spitze oder in der Breite, bleibt die tatsächliche Haltung der SPD zur Förderung von Spitzenleistungen für uns letztlich diffus. Vor allem aber sehe ich einen eklatanten Widerspruch in ihrem tatsächlichen politischen Handeln, denn zeitgleich mit der Eröffnung der Diskussion über Spitzenuniversitäten zog sich der Bund aus den bestehenden Gemeinschaftsaufgaben in den Bereichen Hochschulbau- und Forschungsförderung weitgehend zurück und versuchte insoweit lediglich, Umverteilung zu praktizieren.
In dem gemeinsam mit der Exzellenzinitiative vereinbarten Pakt für Forschung und Innovation wird die durch den Bund vorgenommene Kürzung glücklicherweise wieder aufgehoben, und die Forschungseinrichtungen der MaxPlanck-Gesellschaft, der Fraunhofer-Gesellschaft, der Hermann-von-Helmholtz-Gemeinschaft und der Leibniz-Gemeinschaft bekommen in den künftigen Jahren je 150 Millionen € pro Jahr. Ich begrüße das sehr und werde in der Aussprache gern die Gelegenheit nutzen, zu weiteren wesentlichen Gesichtspunkten dieser Exzellenzinitiative vor dem Hintergrund unseres Antrags Stellung zu nehmen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wäre die heutige Aktuelle Debatte zum Thema „Nachlaufende Studiengebühren“ beantragt worden, hätte ich mich weniger gewundert. Denn das Thema, über das wir heute Morgen reden, ist nicht aktuell, sondern es ist seit dem 23. Juni beschlossene Sache.
(Abg. Blenke CDU: Das ist doch ein Antrag von Ihnen! – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Eine vorgezogene Initiative, Frau Kollegin, wie die Ihre auch!)
Die FDP redet ja gerne über nachlaufende Studiengebühren. Wenn das Thema aber schon nicht aktuell ist, sondern tatsächlich beschlossene Sache ist, sagen Sie von der FDP: „Reden wir wenigstens ‚nachlaufend’; machen wir also eine ,nachlaufende’ Debatte.“ Wahrscheinlich lässt sich die Substanz liberaler Hochschulpolitik dadurch gut transportieren.
Die Exzellenzinitiative, die jetzt auf den Weg gebracht wurde, ist in der Tat gut investiertes Geld. Es ist gut, dass die 1,9 Milliarden € freigegeben sind. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um Geld vom Bund für die Förderung der Qualität der Forschung an Hochschulen, und die Länder legen noch etwas drauf. Es ist gut, dass dieses Geld im Wettbewerb vergeben wird, und es ist gut, dass es zu diesen drei Säulen gekommen ist, die der dezentralen und vielfältigen Hochschulstruktur im Land entsprechen. Es ist auch gut, dass bei diesem Exzellenzprogramm die Fachhochschulen nicht ganz außen vor bleiben, sondern zumindest bei der zweiten Säule die Möglichkeit haben, wenigstens an einem Teil der Mittel zu partizipieren.
Dennoch lassen Sie mich im Rückblick noch einmal drei Punkte, die negativ in Erinnerung bleiben, herausarbeiten.
Erstens: Wäre das Programm schneller gekommen, wäre es besser gewesen. Es hat jedoch viel zu lange gedauert. Vom Beginn der Debatte im Dezember 2003 bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die Hochschulen voraussichtlich die ersten Geldbeträge sehen, werden insgesamt drei Jahre ins Land gegangen sein. Das ist zu viel, und das haben die Hochschulen nicht verdient.
Zweitens: Die Exzellenzinitiative gewinnt, wenn man weniger mit Elitedünkel und irritierenden Elitedebatten an sie herangeht. Der Startschuss – das haben Sie, Frau Fauser, auch schon erwähnt – war verfehlt. Wir brauchen keine Debatte über die Frage, ob es eine oder fünf Eliteuniversitäten im Land geben soll, sondern wir brauchen viele „Leuchttürme“ der Exzellenz.
Drittens ist negativ anzumerken, dass im Laufe der Debatte ein Stichwort verloren gegangen ist, nämlich die Förderung der Spitzenlehre, die Förderung von Spitzenleistungen in der Lehre in diesem Land. In einem früheren Entwurf der Bund-Länder-Kommission war dieses Thema noch vorgesehen, und zwar als Aufgabe der Länder, zusätzlich zu dem Wettbewerb für die Forschung, der jetzt initiiert werden soll, einen Wettbewerb zur Förderung der Spitzenlehre durchzuführen. Auch in der Stellungnahme der Landesregierung zu unserem Antrag ist von einem solchen Wettbewerb noch die Rede, auf den sich die Länder gemeinsam verständigen wollten. In der jetzt beschlossenen Form ist davon jedoch keine Rede mehr. Ich meine, es ist nicht genug, wenn man sich um die Forschung kümmert. Wir müssen auch etwas dafür tun, dass die Lehre an unseren Hochschulen besser wird, und können uns nicht darauf beschränken, beim Thema „Gute Lehre“ immer nur auf die Studierenden und die künftig von ihnen zu erwartenden Beiträge zu setzen.