Theresia Bauer

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Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das ist jetzt von meiner Seite keine Abschiedsrede.
Davon gehe ich aus. Aber es ist so etwas wie das letzte Wort in dieser Legislaturperiode von parlamentarischer Seite. Das will heißen: Die Grünen haben doch in vielen Fällen das letzte Wort. Deswegen bitte ich noch einmal um Aufmerksamkeit.
Ja.
Zum Thema. Ich möchte mich, liebe Kolleginnen und Kollegen, dem Dank, den Frau Utzt an die Mitglieder der Härtefallkommission ausgesprochen hat
und die Kollegen auch –, anschließen. Ich glaube in der Tat, die Fülle von Fällen, die inzwischen zu bearbeiten waren, zeigt, dass die Härtefallkommission keine leichte Arbeit hat.
Ich möchte mich auch der Kritik der Kollegin Utzt anschließen, was die Zusammensetzung der Kommission betrifft. Ich glaube nach wie vor, dass es ein Fehler ist, dass Vertreter und Vertreterinnen von Flüchtlingsorganisationen nicht mitarbeiten können. Ich glaube, es hätte der Qualität dieser Arbeit nicht geschadet, sondern wäre ein Signal der Einbindung gewesen.
Deswegen möchte ich das hier noch einmal wiederholen.
Zu drei Punkten möchte ich kurz noch Stellung beziehen. Der eine sind die große Zahl der Fälle, die in dieser Härtefallkommission schon beraten wurden oder noch zur Beratung anstehen, und auch die große Zahl der Anerkennungen, die hohe Anerkennungsquote von etwa 25 %. Dahinter stehen ja in der Tat sehr viele Einzelschicksale. Hinter diesen bis zum Ende des vergangenen Jahres eingereichten 820 Eingaben stehen 3 300 Personen und – auf diese Gruppe ist besonders zu verweisen – auch sehr viele Kinder, insbesondere 800 Minderjährige, die hier in Deutschland geboren sind, deren Fälle der Härtefallkommission zur Beratung vorliegen.
Ich glaube, das ist kein Grund, stolz zu sein und Erfolgsbilanzen aufzumachen, sondern diese Zahlen sollten uns zum Nachdenken bringen.
Ich meine auch, dass man nicht stolz verkünden kann, wie gut es sei, dass in so vielen Fällen in unserem Land Gnade
vor Recht ergehe, sondern wir müssten umgekehrt fragen: Kann es denn sein, dass von einer solchen Kommission in so vielen Fällen das Gnadenrecht angewandt werden muss? Was ist eigentlich falsch an unserer Rechtskonstruktion, wenn wir nicht auf anderem Weg dazu kommen, diesen Menschen, die zum großen Teil schon lange hier leben, gut integriert sind, auf eigenen Füßen stehen, zum Teil sogar hier geboren sind, eine Aufenthaltsperspektive hier geben zu können? Das sind die Fragen, die wir uns stellen müssen. Das sind im Übrigen, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch die Fragen, die selbst der Vorsitzende der Härtefallkommission auch gegenüber der Öffentlichkeit sehr schnell gestellt hat.
In der Tat ist doch zu überlegen, warum die anderen Instrumente, die im Hinblick auf einen Aufenthalt aus humanitären Gründen auch angewandt werden könnten, nicht genutzt werden. Erstens gilt das für die Altfallregelung. Kollegin Utzt hat das schon sehr deutlich beschrieben.
Zweitens gilt das aber auch für den § 25 des Zuwanderungsgesetzes, der eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen ermöglicht. Das wäre das zweite Instrument – ein rechtsstaatliches Instrument –, das genutzt werden könnte und müsste. Das würde die Härtefallkommission von dieser Fülle an Arbeit entlasten. Das wäre notwendig, um zu zeigen: Unser Rechtsstaat ist in der Lage, humanitäre Aspekte zu integrieren. Ich kann das nicht nachvollziehen: Ohne Not verzichten das Land Baden-Württemberg und die Landesregierung darauf, diese Konstruktion zu nutzen, die in vielen Fällen Abhilfe schaffen und den Menschen eine feste Perspektive geben könnte.
Ein letzter Punkt: Für eine Bewertung der Arbeitsweise und der Sinnhaftigkeit der Härtefallkommission ist es, glaube ich, jetzt noch zu früh. Ich möchte gern abwarten, bis die Kommission selbst ihre erste Bewertung vorlegt, und auf dieser Grundlage dann noch einmal darüber diskutieren. Denn der Bericht, den wir jetzt vorliegen haben, ist ein Bericht der Landesregierung selbst. Ich meine, man sollte einfach noch ein halbes Jahr abwarten und dann auf der Grundlage der ersten Bewertung der Kommission selbst eine weitere Debatte führen.
Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die grüne Landtagsfraktion lehnt die Einführung allgemeiner Studiengebühren ab
und genauso das Halten von Wahlkampfreden hier im Parlament.
Deswegen will ich es jetzt einmal anders probieren als meine Vorrednerinnen und Vorredner und ein bisschen mehr zur Sache reden.
Wir haben in der vergangenen Woche viel über die Einführung allgemeiner Studiengebühren debattiert. Ich will in ei
ner allgemeinen Form noch einmal kurz zusammenfassen: Wir halten allgemeine Studiengebühren, wie sie von der Landesregierung vorgesehen sind, für das falsche bildungspolitische Signal, weil wir mehr Studierende brauchen. Wir brauchen insbesondere mehr Studierende aus bildungsfernen Schichten. Mit der Einführung allgemeiner Studiengebühren wird eine zusätzliche Hürde aufgebaut. Wir halten das für den falschen Schritt. Wir halten daran fest, dass das Erststudium bis zum Bachelor gebührenfrei bleiben soll.
Nein, Herr Palmer ist genau meiner Auffassung.
Er hat sich letztes Mal nach einer unterirdischen Rede seines Vorredners ein bisschen erregt. Mehr war das nicht.
Jetzt möchte ich noch auf ein paar Punkte eingehen, die in der Debatte bislang noch kaum eine Rolle gespielt haben. Das Studiengebührenmodell der Landesregierung hat, wenn man es sich einmal im Detail anschaut, erhebliche Konstruktionsmängel, und ich bin davon überzeugt: Was heute auf den Weg gebracht wird, bleibt Stückwerk und wird nicht von langer Dauer sein. Das trifft im Wesentlichen drei Punkte.
Der erste Punkt – das habe ich in früheren Debatten schon ausgeführt – ist die Höhe des Beitrags: Bei pauschal 500 € pro Studiengang wird es nicht lange bleiben. Dieser Betrag ist lediglich das Eintrittsgeld,
der Lockvogel für die Hochschulen, und die Preiserhöhungen werden nicht lange auf sich warten lassen.
Der zweite Konstruktionsmangel betrifft den Studienfonds. Hier meine ich ausdrücklich nicht die Kritik, wie sie von vielen Hochschulrektoren kommt, zuvörderst vom Rektor der Universität Karlsruhe; der droht ja rechtliche Mittel gegen die „Zwangssteuer für Studierende“, wie er das nennt, an.
Er kritisiert, dass über den Studienfonds die Risiken und Ausfallkosten solidarisch auf alle Hochschularten und Hochschulstandorte verteilt werden. Aber: Das hat die Anhörung im Wissenschaftsausschuss in der letzten Woche deutlich und eindrücklich belegt. Ich will hier ausdrücklich betonen: Ich finde es richtig und wichtig, dass Wissenschaftsminister Frankenberg in diesem Punkt nicht dem Druck nachgegeben hat und an dem solidarischen Modell festhält. Denn nur so werden die Selektion schon beim Hochschulzugang und das Aussortieren der Risikokandidatinnen und -kandidaten zu verhindern sein, und nur so wird
es möglich sein, dass auch Musikhochschulen und Kunstakademien es sich künftig leisten können, Studierende aufzunehmen,
und nicht, wie bei dem von Ihnen geplanten Gebührenmodell, künftig auch noch draufzahlen müssen.
Allerdings hat der Studienfonds folgenden Mangel: Er überträgt in einer völlig unberechtigten Weise das Geschäft und die Kosten auf die Hochschulen und beschert den Banken ein lukratives Geschäft. Die Banken haben sämtliche Vorteile. Sie bekommen zusätzliche Kunden, und sie haben ein völlig risikofreies Geschäft.
Hochschulen sind aber keine Banken, und sie sind schon gar keine Inkassogesellschaften. Wie sollen denn die Hochschulen im organisierten Studienfonds künftig die ausstehenden Forderungen eintreiben? Entweder übertragen sie dieses Geschäft, für das sie selber nicht eingerichtet sind, der Landesoberkasse. Das Finanzministerium hat es aber bis heute versäumt und sich geweigert, den Preis zu nennen, zu dem die Hochschulen diese Leistung einkaufen können. Oder die Hochschulen begeben sich auf ein ganz neues Terrain und schauen, wie man säumige Zahler stellt.
Letzte Woche habe ich einen Hochschulrektor besucht. Der sammelt schon Ideen, wie man so etwas machen kann, und hat mich auf einen Artikel im „Spiegel“ vor wenigen Wochen hingewiesen, worin steht, wie man das Inkassogeschäft wirksam betreibt. Schauen Sie her, dieses Bild aus dem „Spiegel“ zeigt: Man kann zum Beispiel den Satan persönlich mit seinen Gehilfinnen losschicken und Schuldner stellen. Das ist ein Beispiel aus Venezuela; ich kann es gleich durch die Reihen geben.
Der Satan mit seinen Gehilfinnen ist in Venezuela unterwegs und skandalisiert säumige Zahler, um deren Zahlungsmoral zu heben. Vielleicht ist das ja ein Modell dafür, wie die Hochschulen künftig säumige Zahler stellen können. Vielleicht, lieber Kollege Wacker, ist das auch ein lukrativer studentischer Nebenjob für Hiwis. Man könnte auch sagen: Vielleicht ist das Ihre Vision einer unternehmerischen Hochschule, die sich auf völlig neue Geschäftsfelder begibt.
Jedenfalls wird der Studienfonds in dieser Form nicht bestehen bleiben.
Dritter Punkt ist das Thema Mobilität. Stellen Sie sich einmal vor – das soll ja vorkommen –, dass ein Student oder eine Studentin während des Studiums den Studienort wechselt, zum Beispiel von Niedersachsen nach Baden-Württemberg geht
und vielleicht auch noch BAföG-Empfänger ist. Eine solche Person hat nach ihrem Studium künftig drei verschiedene Adressen und Institutionen, an die sie später ihre Kredite zurückzahlt: einmal die Bank in Niedersachsen, wohin ein Teilkredit zurückzuzahlen ist, einmal die L-Bank in BadenWürttemberg und einmal das Bundesverwaltungsamt, wo die BAföG-Schulden zu begleichen sind.
All diesen Institutionen gegenüber ist die Person rechenschaftspflichtig und muss ihnen ihre Einkommensverhältnisse darlegen. Das kann doch nicht mobilitätsfördernd sein!
Das kann nicht im Sinne des Bologna-Prozesses sein. Das ist Kleinstaaterei. Deshalb sind Sie in der Pflicht, dieses Finanzierungsmodell zu überarbeiten und für bundesweite Standards zu sorgen, die es den Studierenden ermöglichen, auch in Zukunft von einem Studienort zum anderen zu wechseln.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, letzte Woche sind im Wissenschaftsausschuss einige Änderungsanträge vonseiten der Grünen eingebracht und behandelt worden. Die Kolleginnen und Kollegen aller anderen Fraktionen – ich betone: aller anderen Fraktionen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD – haben sämtliche Änderungsanträge abgelehnt bzw. ihnen nicht zugestimmt. Das waren konkrete, konstruktive Vorschläge, um die schlimmsten Härten aus diesem Gesetz herauszustreichen. Sie haben da nicht mitgemacht. Ich will die wichtigsten Vorschläge nennen.
Sie haben es letzte Woche abgelehnt, die verwaltungsinternen Fachhochschulen den anderen Hochschulen gleichzustellen. Das bedeutet, dass die verwaltungsinternen zukünftigen Staatsdiener exklusiv fürs Studieren bezahlt werden und ihnen Studiengebühren erspart bleiben.
Sie könnten externalisieren, lieber Kollege.
Sie haben es zweitens abgelehnt, die Mitsprache von Studierenden verbindlicher zu regeln und die Hochschulen zu ermutigen, in ihren eigenen Grundordnungen über minimale Mitsprachemöglichkeiten hinauszugehen. Damit bleiben Sie selbst hinter den Empfehlungen des Centrums für Hochschulentwicklung, des CHE, zurück, in denen Ihnen nahe gelegt wurde, hier einmal neue Wege zu beschreiten.
Sie haben es drittens abgelehnt, den Hochschulen verbindlich Tatbestände für Gebührenbefreiung und Gebührenerlass vorzugeben. So lassen Sie Schlupflöcher und Interpretationsspielräume. Das wird dazu führen, dass es zu Klagen kommt und mehr bürokratischer Aufwand erforderlich ist.
Viertens haben Sie es abgelehnt, die Gebührenbefreiung für Studierende mit Kindern auf Kinder bis zu zwölf Jahren zu
erhöhen. Obwohl es keinerlei einsichtigen Grund gibt, warum ein neunjähriges Kind billiger sein soll
oder weniger Betreuungsaufwand bräuchte, beschneiden Sie die Gebührenfreiheit auf Studierende mit Kindern bis zu acht Jahren.
Sie haben es fünftens abgelehnt, den gewählten studentischen Vertretern, die für mindestens zwei Jahre in der Selbstverwaltung tätig waren, ein Gebührenstipendium zu gewähren. Das wäre zumindest ein kleiner Schritt gewesen. Auch damit hätten Sie ein Zeichen der Anerkennung für studentisches Engagement setzen können und studentische Mitsprache wenigstens ein Stück weit aufwerten können. Auch da hat sich nichts bewegt.
Sechstens haben Sie es abgelehnt, dass die L-Bank oder ein vergleichbares Kreditinstitut zumindest ein vollständiges Mahnverfahren durchführen muss, bevor das Kreditinstitut seine Forderungen an den Studienfonds abtreten kann. Deshalb werden künftig die Hochschulen das Geschäft der Banken erledigen müssen.
Siebtens haben Sie es abgelehnt, die Schuldenhöhe auf 10 000 € zu begrenzen. Diese Kappungsgrenze für Rückzahlungsverpflichtungen aus BAföG und Studiengebühren ist künftig in Nordrhein-Westfalen gültig. In Baden-Württemberg kommt die Leute das Studieren etwas teurer: Hier müssen sie Schulden bis 15 000 € in Kauf nehmen. Ich finde, das ist ein Armutszeugnis für den Standort BadenWürttemberg.
Sie haben es achtens abgelehnt, gesetzlich zu regeln, dass eine Schuld oder eine Restschuld eines Darlehensnehmers erlischt, wenn sie nach 20 Jahren noch nicht abgegolten ist.
Auch das wäre ein Signal gewesen, um die abschreckende Wirkung von Krediten zumindest abzumildern. Auch das wäre ein kleiner, konkreter Schritt gewesen.
Das ist übrigens internationaler Standard: Wenn es nach 20 Jahren nicht gelungen ist, die Restschuld einzutreiben, dann erlischt diese. Sie hätten sich dabei nichts verschenkt.
Sie haben es neuntens abgelehnt, dass die Landesoberkasse keinen Anspruch auf Kostenersatz erhebt, wenn sie im Rahmen der Amtshilfe Forderungen des Studienfonds bearbeitet. Wie gesagt, bis heute sind keine Zahlen bekannt, was die Hochschulen dafür werden zahlen müssen, wenn sie diese Aufgabe an die Landesoberkasse abtreten.
Wir haben heute darauf verzichtet, all diese richtigen kleinen Korrekturmaßnahmen noch einmal in Anträgen einzubringen. Sie haben sie ja letzte Woche schon abgelehnt. Nur einen einzigen Änderungsantrag stellen wir heute noch einmal zur Abstimmung und bitten Sie da um Zustimmung:
Wir wollen, dass in das Gesetz ein Monitoringverfahren aufgenommen wird, das festlegt, dass die Auswirkungen dieses Gesetzes,
die Veränderungen des Studierverhaltens, die Veränderungen der Zusammensetzung der Studierenden, die Entwicklung der Ausfallkosten und der Ausfallregelung überprüft werden und dass darüber dem Landtag ein Bericht vorgelegt und damit der öffentlichen Debatte zugänglich gemacht wird.
Wir wollen, dass in einem solchen Monitoringverfahren Externe beteiligt werden – die Hochschul-Informations-System GmbH, das CHE, Studierende, das Deutsche Studentenwerk –, sodass wir in eine öffentliche Diskussion eintreten können. Denn ich bin davon überzeugt: Das, was heute gegen unsere Stimmen auf den Weg gebracht wird, wird nicht lange Bestand haben und wird innerhalb kürzester Zeit nachgebessert werden.
Das Monitoringverfahren würde wenigstens eine sachliche Grundlage dafür bieten.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, das allgemeine Studiengebührenmodell, das heute gegen unsere Stimmen beschlossen wird, macht die Hochschulen nicht viel besser, belastet aber Studierende erheblich.
Frei nach Karl Valentin möchte ich schließen: Die Zukunft der Studierenden war früher auch schon besser.
Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren Kollegen! Heute ist fast so etwas wie ein historischer Tag, denn mit dem heutigen Tag wird zum ersten Mal in Deutschland von einer Landesregierung ein Gesetzentwurf zur Einführung allgemeiner Studiengebühren vorgelegt.
Damit ist so etwas wie der Tag X für all diejenigen gekommen, die das Thema Studiengebühren seit Jahren wie eine Monstranz vor sich hertragen. Sie haben Studiengebühren seit Jahren als das Wundermittel zur Heilung aller hochschulpolitischen Probleme angepriesen. Umgekehrt ist es auch der Tag X für diejenigen, die Studiengebühren per se zum Teufelszeug erklärt haben. Ihr Kampf für bessere und gerechtere Hochschulbildung hat sich oft erschöpft im Nein zu jeglicher Form von finanzieller Eigenbeteiligung von Studierenden.
Ich bin überzeugt davon, dass diese regelrecht zum Ritual verkommene Fixierung auf Studiengebühren auf beiden Seiten hochschulpolitisch blockiert hat und insgesamt wenig hilfreich ist. Allgemeine Studiengebühren sind weder der Schlüssel in Sachen Studienqualität noch in Sachen Bildungsgerechtigkeit.
Dennoch geht es heute um einen Einschnitt in der Hochschulpolitik in Deutschland. In einer solchen Situation kann es nicht schaden, einen Blick in die Landesverfassung zu werfen. Dort steht in Artikel 11 Abs. 1:
Jeder junge Mensch hat ohne Rücksicht auf Herkunft oder wirtschaftliche Lage das Recht auf eine seiner Begabung entsprechende Erziehung und Ausbildung.
Dazu ergänzend ein Blick in Artikel 13 des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, dem Deutschland schon 1976 beigetreten ist.
Darin haben sich die Länder unter anderem verpflichtet, dass
der Hochschulunterricht auf jede geeignete Weise, insbesondere durch allmähliche Einführung der Unentgeltlichkeit, jedermann gleichermaßen entsprechend seinen Fähigkeiten zugänglich gemacht werden muss.
Das sind Verpflichtungen, die auch für die Landesregierung gelten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wer trotzdem allgemeine Studiengebühren einführt, muss schon sehr gute Gründe anführen, warum das richtig ist. Er muss sich auch gefallen lassen, dass seine Gründe einer kritischen Prüfung unterzogen werden. Die grüne Landtagsfraktion hat das gemacht und kommt dabei zu folgenden Schlüssen:
Erstens: Die bildungspolitische Ausgangslage spricht gegen die Einführung allgemeiner Studiengebühren.
Zweitens: Trotz der sozialen Abfederung wird das geplante Gebührenmodell abschreckende Wirkung entfalten, gerade auf diejenigen Kreise, die wir verstärkt an die Hochschulen führen wollen.
Drittens: Die versprochene Qualitätsverbesserung für die Lehre wird sich so, wie Sie es geplant haben, nicht einstellen.
Viertens: Mit dem Studiengebührenmodell stoßen Sie die Tür auf für eine Gebührenspirale nach oben.
Jetzt zu der Frage: Wie sieht die bildungspolitische Ausgangslage heute aus? Deutschland und gerade Baden-Würt
temberg – das ist Ihnen wahrscheinlich bekannt – sind noch weit davon entfernt, Bildungschancen entsprechend der persönlichen Befähigung zu eröffnen. Wir haben – das wissen Sie alle – noch einen langen Weg vor uns, bis unser Bildungssystem sozial gerecht wird, liebe Kollegin Fauser. Wenn Sie nicht dieser Meinung sind, lesen Sie die PISAErgebnisse nach.
Die Aufgabe, die sich heute stellt, heißt: Der Hochschulzugang ist weiter zu öffnen, sodass nicht nur Arztkinder, sondern auch der Sohn eines Bäckers und die Tochter einer Putzfrau eine ehrliche Chance auf ein Studium erhalten. Davon sind wir heute noch weit entfernt.
Klar ist: Nicht erst beim Abitur werden dafür die Weichen gestellt, sondern es kommt auf eine frühe Förderung und auf die Überwindung des gegliederten Schulwesens an.
Für die Hochschulen gilt aber auch: Die schon heute ohnehin große soziale Kluft darf nicht noch größer gemacht werden. Mit Ihren allgemeinen Studiengebühren machen Sie jedoch genau diese Kluft größer. Ihre Studiengebühren haben eine abschreckende Wirkung.
Zur Ausgangslage zählt auch die Tatsache, dass zurzeit schon Studienplätze im Land fehlen. Dieser Mangel wird sich in den nächsten Jahren dramatisch verschärfen.
Ich stimme in diesem Punkt mit Frau Bregenzer nicht überein. Auch Kollegin Bregenzer irrt sich da manchmal.
Dennoch: Trotz steigender Abiturientenzahlen ist in diesem Jahr zum zweiten Mal in Folge die Zahl der Studienplätze für Anfänger im Land zurückgegangen. Im letzten Jahr hatten wir bei den Anfängern einen Rückgang an Studienplätzen um 6,9 %.
Richtig, wir haben einen wachsenden Mangel an Studienplätzen im Land. Ich rede gerade über die Bildungsgerechtigkeit und die bildungspolitischen Herausforderungen in unserem Land.
Letztes Jahr ist die Zahl der Anfängerplätze also um 6,9 % zurückgegangen. Für dieses Jahr kommt ein weiterer Rückgang um 2,8 % hinzu. Weniger Studienanfänger im Land gibt es aber nicht. Es ist nicht so, dass die jungen Leute nicht studieren wollten. Vielmehr melden die Hochschulen – das haben Sie ja sicher alle verfolgt – im Land allesamt Bewerberrekorde. So viele wollten noch nie in die Hochschulen. Aber die Hochschulen nehmen weniger Studienanfänger auf; sie machen angesichts des drohenden Studierendenansturms nämlich „Schotten dicht“.
Das heißt, bei uns im Land bleiben immer mehr junge Menschen vor der Hochschultür. Wenn Studiengebühren in einer solchen Situation hinzukommen, heißt das: Die Auslese wird sich weiter verschärfen.
Die Auslese, wer in die Hochschulen darf und wer nicht, wird jetzt um die zusätzliche finanzielle Komponente ergänzt: Wer kann zahlen, und wer kann nicht zahlen?
Deshalb: Zurzeit stellt sich doch gerade die umgekehrte Aufgabe. Wir können es uns nicht leisten, noch mehr in der Bildung auszusortieren. Vielmehr müssen wir mehr junge Menschen dazu gewinnen, in die Hochschulen zu kommen, ein Studium aufzunehmen und dieses erfolgreich zu absolvieren. Wir haben doch schon heute viel zu wenig Studierende.
Es ist die politische Aufgabe, nach Wegen zu suchen, wie wir mehr Studierende ausbilden können und wie wir mehr Studierende besser als heute ausbilden können.
Wir brauchen mehr Quantität und mehr Qualität bei Akademikern. Wir brauchen, um ein Wort von Renate Künast abzuwandeln,
mehr Masse und mehr Klasse in den Hochschulen.
Zur Ausgangslage gehört ein dritter Punkt: Die Studienfinanzierung ist ungenügend. Bei der Finanzierung des Lebensunterhalts werden die meisten Studierenden allein gelassen. Denn der Anteil derjenigen, die BAföG erhalten, ist gering.
Ein Großteil der Studierenden ist darauf angewiesen, neben dem Studium zu jobben oder sich von der Familie finanzieren zu lassen.
Was macht die große Koalition aus CDU/CSU und SPD bei diesem Thema? Die Reform der Weiterentwicklung des BAföG wird von der Tagesordnung genommen.
Der Koalitionsvertrag sagt zum Thema BAföG in dürren Worten: keine Absenkung des Zuschusses.
Was heißt denn das? Was heißt „keine Absenkung des Zuschusses“ in einer Zeit, in der die Ausgaben für BAföG seit Jahren gestiegen sind, weil die Zahl der Anspruchsberechtigungen unter Rot-Grün ausgeweitet wurde, und wenn wir zusätzlich noch die Zahl der Studierenden erhöhen müssen? Das heißt im Klartext: Für den einzelnen Studierenden wird der Zuschuss sinken, die Zahlungen für den Einzelnen werden zurückgehen.
Aber Sie haben die Reform ja von der Tagesordnung genommen.
Die Absenkung der Leistungen für den Einzelnen ist mit dem, was Sie im Koalitionsvertrag festgelegt haben, vorprogrammiert.
Hinzu kommt ein Zweites, was auch im Koalitionsvertrag steht: Sie haben darin festgelegt, die Gewährung des Kindergelds und des Kinderfreibetrags bis zum 25. Lebensjahr zu verkürzen. Was heißt das? Das heißt, Eltern von Studierenden wird etwas weggenommen, ohne den Studierenden zusätzlich etwas zu geben. Genau dieses Geld hätten wir aber gebraucht, um endlich das anzupacken, was wirklich nötig ist, nämlich eine Reform der Studienfinanzierung und den Einstieg in eine elternunabhängige Studienfinanzierung. Davor drücken Sie sich aber.
Zusammengefasst heißt das: Der Hochschulzugang wird zurzeit erschwert. Die sozialpolitischen Voraussetzungen für mehr Bildungsgerechtigkeit werden nicht geschaffen. So kommt man dem Ziel, zu dem wir uns in der Verfassung und im internationalen Sozialpakt verpflichtet haben, keinen Schritt näher. Auf diesem Weg wird Hochschulunterricht nicht jedermann gleichermaßen entsprechend seinen Fähigkeiten zugänglich gemacht und werden nicht finanzielle Hürden abgebaut. Mit den geplanten Studiengebühren – so, wie Sie es vorhaben – bauen Sie stattdessen eine neue Hürde auf.
Die Landesregierung hat zu dieser Frage ja auch ein interessantes Gutachten bei einem Herrn Professor Riedel von der Universität Mannheim in Auftrag gegeben. Dieses Gutachten wurde uns trotz wiederholter Anfragen nie vorgelegt. Da das Gutachten inzwischen bundesweit in allen Wissenschaftsministerien kursiert, haben wir es vor ein paar Tagen doch in die Hand bekommen.
Lassen Sie mich das nur am Rande sagen: Diese Missachtung des Parlaments und der Öffentlichkeit ist wirklich kein guter Stil. Das sollten Sie nicht wirklich nötig haben.
Sie können sich darauf verlassen: Am Ende kommen die Dinge ja doch ans Tageslicht.
Einen Satz noch zu diesem Gutachten: Darin wird der Schluss gezogen: Studiengebühren – also ein Rückschritt auf dem Weg in die Unentgeltlichkeit, zu der wir uns ja verpflichtet haben – seien nur vertretbar, wenn durch diese Mittel die Situation sozial schwacher Studierender gleichzeitig verbessert wird. Das ist ein starker Anspruch, und das ist viel mehr als das, was Sie immer vor sich hertragen, wenn Sie sagen: „Unser Gebührenmodell hat keine sozial abschreckende Wirkung.“ Das Gebührengesetz, das Sie heute dem Parlament vorlegen, genügt diesem Anspruch jedenfalls in keiner Weise.
Zum zweiten Thema, zur Qualität: Kommt es eigentlich mit den allgemeinen Studiengebühren zu einer Verbesserung der Studienbedingungen und der Qualität der Lehre?
Ich weiß, Sie sagen das immer, und Minister Frankenberg winkt in diesem Zusammenhang mit zusätzlichen 180 Millionen € wie mit dem famosen Wurstzipfel. Es waren im Sommer noch 150 Millionen €, jetzt verspricht er 180 Millionen €. Dieser Wurstzipfel ist aber erstens nicht so lang wie behauptet. Die Hochschulen rechnen ganz anders. Sie sagen, und zwar mit gutem Grund: Dabei kommen etwa 50 Millionen € weniger heraus.
Zweitens – auch das muss man heute noch einmal festhalten – werden mit diesem Geld lediglich die Löcher gestopft, die in den vergangenen zwei Jahren im Hochschuletat aufgerissen wurden. Faktisch bringen die Studiengebühren also kein zusätzliches Geld zur Verbesserung der Lehre in den Hochschulen, sondern sie sind nichts anderes als der Ersatz für schon vollzogene Kürzungen.
Noch einmal anders gesagt: Es ist ja toll. Sie haben jahrelang über globale Minderausgaben, über Einsparauflagen die Mittel für Tutorien und für Hiwis de facto platt gemacht.
Wissenschaftliche Hilfskräfte, Kollege Wacker. – Jetzt stellen Sie sich hier hin und sagen: Mit den Studiengebühren machen wir etwas ganz Neues: Wir schaffen Tutorien.
Sicher dadurch, dass Sie in den vergangenen Jahren den ganzen Bereich der Hiwis und der Tutorien abgeschafft haben, um ihn jetzt neu aufzuziehen.
Die Mittel aus Studiengebühren sollen kapazitätsneutral eingesetzt werden. Wir haben im Sommer durch entsprechende Recherchen – ich sagte Ihnen ja, die Dinge kommen ans Tageslicht –
einen Brief an die Öffentlichkeit gebracht, der gezeigt hat, dass Sie keinerlei reguläre feste Stellen schaffen wollen. Sie legen jetzt ein bisschen nach. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Dennoch halten Sie im Grundsatz daran fest: Zusätzliche Stellen sollen nur kapazitätsneutral eingerichtet werden können. Ich halte das für völlig unverständlich, und es ist eine schädliche Einschränkung der Möglichkeiten, die Studienbedingungen zu verbessern,
vor allem angesichts des festgestellten Mangels an Studienplätzen. Wir brauchen mehr und besser ausgebildete Studierende. Das, was Sie vorhaben, ist schlicht inakzeptabel.
Wer behauptet, so die Lehre an den Hochschulen aufzuwerten, macht den Leuten etwas vor. Von Ihren Studiengebühren, Herr Minister Frankenberg, geht keinerlei Anreiz aus, die Lehre an den Hochschulen wirklich wichtiger zu machen.
In erster Linie liegt das Fehlen eines Anreizes daran, dass Sie den Studierenden nicht wirklich mehr Einfluss gewähren wollen.
Lehre wird erst dann wichtiger, wenn sich Hochschulen im Wettbewerb um Studierende kümmern müssen – mit attraktiven Angeboten, mit guter Lehre.
Das heißt auch, es muss sich finanziell negativ für sie auswirken, wenn sie sich aus der Verantwortung für die Hochschulausbildung zurückziehen. Nichts davon ist mit Ihrem allgemeinen Studiengebührenmodell gegeben. Ihr Gebührenmodell enthält keine solche Steuerungswirkung. Dadurch wird kein Anreiz gesetzt, Prioritäten zugunsten der Lehre in den Hochschulen zu setzen. Im Gegenteil: Der nötige Wettbewerb um Studierende wird geradezu unmöglich gemacht, wenn das Studienangebot weiter verknappt wird. Unter diesen Voraussetzungen dürfen Hochschulen bei der Auswahl von Studierenden künftig sozusagen Rosinenpickerei betreiben. Der Einfluss von Studierenden wird so nicht gestärkt, sondern ganz im Gegenteil.
Der einzige Anreiz, den ich in Ihrem Studiengebührenmodell für die Hochschulen erkennen kann, ist – um im Bild des Wurstzipfels zu bleiben – die Wirkung eines Appetitanregers. Das macht Lust auf mehr vom Gleichen. Ich bin mir sicher, der Appetit bei den Hochschulen wird steigen, und bei den 500 € pauschal pro Studierendem wird es nicht bleiben.
Die Bereitschaft, die Preise hochzusetzen, ist, wie wir heute schon gehört haben, in der Regierung schon jetzt vorhanden.
Sie ist im Wahlprogramm der FDP/DVP nachzulesen. Sie wollen gerne Gebühren bis zu 1 000 €, und Sie wollen differenzierte Gebühren je nach Studiengang und Studienort.
Ihre Klientel hat ja auch Geld.
Aber, Minister Frankenberg, Sie und auch der Kollege von der CDU gehen heute wortreich dagegen und sagen: „500 € sind die Obergrenze, mehr machen wir nicht.“ Sie haben da vor wenigen Jahren auch schon einmal anders geredet.
Auch das Gutachten zum Thema Studiengebühren – –
Hören Sie einfach einmal gut zu, Kollege Wacker, bis ich zum Ende gekommen bin.
Zum Thema „Obergrenze von Studiengebühren und pauschale Studiengebühren“: Auch das Gutachten von Professor Kirchhof, das Sie haben anfertigen lassen, legt ja die Einführung differenzierter Gebühren nahe. Selbst in der Begründung des jetzt vorliegenden Gesetzentwurfs steht, dass Gebühren in mittelfristiger Perspektive gespreizt werden sollen. Sie glauben doch selbst nicht, Herr Minister Frankenberg, oder auch Sie, meine Kollegen von der CDU, dass es, wenn man eine Spreizung der Gebühren einführt, dann bei der Obergrenze von 500 € bleiben wird. Das glauben Sie doch selbst nicht! Natürlich wird dann die Preisschraube angetrieben werden, und die Preise gehen nach oben.
Die Grünen-Landtagsfraktion ist allerdings der Auffassung: Nein sagen allein genügt nicht. Es gibt dringenden Handlungsbedarf.
Ich sagte Ihnen doch: Sie sollen zuhören! – Nein sagen allein genügt nicht. Es besteht Handlungsbedarf, wenn die Studienbedingungen besser werden sollen, wenn also mehr Qualität und mehr Quantität bei der Ausbildung an den Hochschulen erreicht werden sollen.
Mit Nichtstun ist nichts gewonnen – mit mehr Geld im alten System, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, allerdings auch nicht viel. An diesem Punkt unterscheiden wir uns in der Tat.
Wissen Sie, Kollege Pfisterer: Die Unterschiede zwischen uns in Sachen Studiengebühren sind alt. Zumindest gibt es sie, seit ich in diesem Landtag bin. Ich glaube, sie sind noch ein bisschen älter. Vielleicht ist es heute das erste Mal, dass Sie richtig zuhören.
Aber es ist ja nie zu spät.
Die Grünen-Landtagsfraktion hat schon vor Jahren mit dem Studiencredit-Modell eine Alternative vorgelegt. Das verstehen wir unter konstruktiver Oppositionsarbeit: Mit eigenen Vorschlägen zeigen, wie es besser geht.
Unser Ausgangspunkt dabei ist folgender: Mehr Studienqualität gibt es nur durch mehr Einfluss für Studierende, und Studierende erhalten nur dann mehr Einfluss, wenn erstens das staatliche Geld in Abhängigkeit von der studentischen Nachfrage fließt – also dorthin, wo Studierende sagen: hier stimmt die Lehre – und wenn zweitens Studierende mehr Mitsprache bei allen Angelegenheiten erhalten, die Studium und Lehre betreffen.
Wir schlagen deshalb vor, dass jeder Studierende künftig ein Guthaben aus Studiencredits erhält, mit denen man ein Bachelorstudium üppig absolvieren kann.
Die Studiencredits steuern nicht nur die staatlichen Geldflüsse, sondern sie ermöglichen auch ein individuelles und flexibles und auch ein interdisziplinäres Studieren. Wenn das Guthaben aufgebraucht ist, halten wir eine moderate und nachlaufende Eigenbeteiligung für angemessen und für vertretbar. Das gilt für Masterstudiengänge, für Zweitstudiengänge und für Weiterbildung an der Hochschule.
Wir halten es in der Tat für notwendig, dass Hochschulbildung nicht unbegrenzt unentgeltlich zur Verfügung steht. Ich sage Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD: Bei vielen Studierenden stoße ich mit dieser Position durchaus auf offene Ohren. Denn es ist auch für Studierende einsehbar: Wenn die Voraussetzungen stimmen und wenn Studierende dabei in der Tat etwas gewinnen, nämlich mehr Einfluss und Macht an den Hochschulen, dann tragen sie eine solche Form auch mit.
Wir halten es für richtig, dass man nach dem Prinzip verfährt: Je länger man von staatlichen Bildungsausgaben profitiert hat, desto mehr Eigenbeitrag ist gerechtfertigt. Das ist gerecht,
und das ist angesichts der besseren Förderung, die wir ja in der früheren Bildungsphase durchsetzen wollen, realistisch.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben uns in den vergangenen Jahren von grüner Seite intensiv und differenziert mit dem Gebührenthema auseinander gesetzt, und wir haben es uns mit unserem Modell der Studiencredits in der Frage der Eigenbeteiligung auch nicht einfach gemacht. Aber weil wir dabei gelernt haben, dass es sich lohnt, genau hinzusehen, sind wir heute auch sicher, dass das Gebührenmodell der Landesregierung das falsche ist. Das Studiengebührenmodell à la Wissenschaftsminister Frankenberg wird zu Recht von vielen Seiten – und nicht nur von Studierenden – kritisiert. Denn mit dem, was Sie vorhaben, nutzen Sie den Hochschulen wenig. Sie gefährden aber zentrale Gerechtigkeits- und Bildungsziele erheblich.
Deshalb erteilen wir als Grüne Ihren Plänen eine klare Absage.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die anstehende Innenministerkonferenz in Karlsruhe am 8. und 9. Dezember ist für uns ebenso wie für die Fraktion der SPD der Anlass, einen dringlichen Antrag einzureichen, in dem wir die Landesregierung und Herrn Innenminister Rech, der den Vorsitz in dieser Innenministerkonferenz innehat, auffordern, einer Bleiberechtsregelung für langjährig hier lebende Asylsuchende und geduldete Ausländer beizutreten und diese Regelung zu unterstützen.
Wir brauchen eine Bleiberechtsregelung. Dieser Auffassung sind nicht nur Kolleginnen und Kollegen der SPD und der Grünen. Dieser Auffassung ist auch die Härtefallkommission, die ja vor kurzem nach drei Sitzungen erstmals öffentlich eine Zwischenbilanz gezogen hat und festgestellt hat, dass die Kommmission bislang in jedem fünften Fall, der ihr vorgelegt wurde, dem Innenministerium ein Bleiberecht empfiehlt. Der Vorsitzende Edgar Wais hat der Öffentlichkeit gegenüber erklärt, er fordere die Landesregierung auf, für Altfälle in Sachen Bleiberecht eher Großzügigkeit zu zeigen.
Sie alle wissen: Der Härtefallkommission liegen inzwischen über 700 Fälle vor. Insgesamt sind im Land 2 800 Personen betroffen. Jeden Monat kommen ca. 100 Anträge hinzu. Diese Antragsflut, der die Härtefallkommission ausgesetzt ist, kann sicher nicht der Sinn der Sache sein. Sie ruft danach, für Altfälle eine generelle Lösung, eine Altfallregelung, zu schaffen, damit sich die Härtefallkommission in der Tat und mit der hierfür nötigen Intensität mit Einzelfäl
len auseinander setzen und Einzelfallgerechtigkeit herstellen kann.
Generell könnte man auf zwei Wegen zu einer Lösung kommen: Der eine Weg wäre – Frau Utzt hat das eben auch schon angedeutet – eine weniger restriktive Anwendung des Zuwanderungsgesetzes, das ja in seinem § 25 Abs. 5 einen humanitären Aufenthaltstitel ermöglicht. Im Land wird von dieser Möglichkeit aber so gut wie kein Gebrauch gemacht.
Die Abschaffung von Kettenduldungen war jedoch eine der Zielsetzungen des Zuwanderungsgesetzes, auch wenn Herr Innenminister Rech vor kurzem in einer Presseerklärung öffentlich erklärt hat, wir hätten das falsch verstanden. Wir empfehlen Ihnen einen Blick in die Begründung des Gesetzes; darin steht explizit, dass es auch um die Abschaffung von Kettenduldungen geht. Das hat auch die große Koalition jetzt in ihrem Koalitionsvertrag nochmals bestätigt und festgestellt, die intendierte Abschaffung von Kettenduldungen sei bislang nicht erreicht worden. Deswegen liegt es nahe, entweder über § 25 Abs. 5 oder – und das ist die zweite Möglichkeit – über eine Altfallregelung zu einer Verbesserung der Situation zu kommen.
Ich hoffe, zumindest der neue Koalitionsvertrag der großen Koalition ermutigt Sie, Herr Innenminister, sich in dieser Sache zu bewegen.
Für eine bundesweite Altfallregelung, auf die sich die Innenministerkonferenz einigen könnte, gibt es ja auch einige Vorbilder aus den vergangenen Jahren. Es gab 1996 und 1999 Altfallregelungen, die positiv hervorzuheben sind. Die Länder hatten damals den Spielraum, den Aufenthaltstitel zunächst quasi auf Probe zu erteilen und den Betroffenen damit zu ermöglichen, sich auf der Grundlage dieser Regelung erst einmal eine Erwerbstätigkeit zu suchen. Erst bei der Verlängerung ihres Titels wurde dann festgestellt, ob sie es in der Tat geschafft haben, sich eigenständig zu finanzieren. Das ist, glaube ich, ein gutes Modell, das man auch jetzt wieder ermöglichen sollte.
Im Gegensatz dazu ist der von der FDP in Nordrhein-Westfalen initiierte Vorschlag für eine Bleiberechtsregelung, glaube ich, ein Vorschlag, der ins Leere läuft. Denn er trägt den aktuellen Gegebenheiten und der aktuellen Lage nicht genügend Rechnung.
NRW schlägt ja ein Bleiberecht für Personen vor, die seit sechs Jahren hier leben, geduldet sind, ihren Lebensunterhalt seit zwei Jahren durch Arbeit sichern und hierzu einen unbefristeten und sozialversicherten Arbeitsvertrag vorlegen. Da muss man sich doch fragen: Wer hat – insbesondere von den Leuten in dieser Lebenslage – heutzutage eigentlich einen unbefristeten sozialversicherten Arbeitsvertrag? Das kommt kaum mehr vor. Warum sollen nicht auch 400-€-Jobs herangezogen werden? Dieser Vorschlag entspricht, glaube ich, nicht den heutigen Realitäten. Ich glaube, damit stößt man ins Leere.
Man muss ja auch berücksichtigen: Seit das Zuwanderungsgesetz in Kraft ist, kommen immer mehr Geduldete, wenn
sie ihre Aufenthaltsgenehmigung und ihre Arbeitsgenehmigung verlängern lassen wollen, in die Situation, dass sie deshalb keine Verlängerung erhalten, weil sie durch das Vorrangprinzip bei der Besetzung von Arbeitsplätzen nicht mehr zum Zuge kommen. Immer mehr Leute werden also unfreiwillig aus dem Arbeitsleben herausgedrängt. Man kann jetzt nicht von genau den Leuten, die unfreiwillig nicht mehr arbeiten dürfen, als Voraussetzung für ein weiteres Bleiberecht verlangen, einen unbefristeten Arbeitsvertrag vorzulegen. Deshalb empfehlen wir, das NRW-Modell nicht zu übernehmen und sich eher an den Vorschlägen aus Berlin zu orientieren.
Wir bitten Sie also abschließend und fordern Sie auf: Treten Sie der Forderung der baden-württembergischen Härtefallkommission bei, schließen Sie sich dem Vorschlag der Oppositionsfraktionen an, und sorgen Sie dafür, dass die Innenministerkonferenz den Weg für eine Altfallregelung frei macht.
Vielen Dank.
Ohne den Herrn Minister macht es nur halb so viel Spaß.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Was hat die Landesregierung im Zusammenhang mit der Einführung von Studiengebühren nicht alles versprochen! Die Lehre an den Hochschulen soll besser werden, die Studierenden sollen mehr Mitspracherechte erhalten, zusätzliche Einnahmen sollen zu 100 % den Hochschulen zugute kommen, und niemand soll aus finanziellen Gründen vom Studieren abgehalten werden.
Jetzt liegen die Pläne auf dem Tisch. Es zeigt sich: Leere Versprechungen, Minister Frankenberg hält sein Wort nicht.
Er bricht sein Wort gegenüber Studierenden,
gegenüber Hochschulen, gegenüber der Öffentlichkeit und insbesondere gegenüber den Eltern und den Schülerinnen und Schülern, die künftig an die Hochschulen wollen.
Zur sozialen Abschreckungswirkung: Allgemein ist festzustellen: Jede zusätzliche finanzielle Belastung hat bei der Entscheidung Gewicht, ob sich jemand zutraut, ein Studium aufzunehmen.
Das weiß die Landesregierung auch. Deshalb hat sie in ihren Referentenentwurf ja folgende bemerkenswerte Regelung aufgenommen: Kinder aus kinderreichen Familien dürfen ab dem dritten Kind, sofern sie alle studieren, gebührenfrei an die Hochschulen. Hätte dieses Modell und hätten die Studiengebühren keine abschreckende Wirkung, brauchte man eine solche Regelung nicht zu treffen. Dann könnte das dritte Kind seine Gebühren ja auch nachlaufend zahlen.
An diesem Beispiel erkennt man also: Die Landesregierung weiß durchaus, dass Studiengebühren eine zusätzliche Belastung sind, mit der man hochsensibel umgehen muss.
Tatsache ist, dass schon heute Kinder aus Elternhäusern, die der Mittelschicht angehören, sich verstärkt gegen ein Studium entscheiden. Das sind genau diejenigen, die heute weder vom BAföG profitieren noch von den Kinderfreibeträgen für Besserverdiener. Sie entscheiden sich schon jetzt tendenziell eher gegen ein Studium. Das können wir uns nicht leisten. Genau für diese Gruppe hat das Studiengebührenmodell der Landesregierung keine Antwort.
Zur versprochenen studentischen Mitsprache: Das steht nur im Vorwort des Referentenentwurfs. Schaut man sich das Modell genau an, dann sieht man: Die Entscheidung über die Verwendung zusätzlicher Einnahmen aus Studiengebühren liegt allein beim Rektorat. Da werden Finanzentscheidungen getroffen. Studierende haben keine verbindliche Mitsprache. Es wird nicht einmal eine Rechenschaftslegung gegenüber den Studenten und der Hochschulöffentlichkeit im Gesetz festgelegt. Fazit: Keine Spur davon, dass mit dem Modell der Einfluss von Studierenden erhöht wird.
Drittens, das versprochene frische Geld zu 100 % in den Händen der Hochschulen: Damit hat die Landesregierung die Hochschulleitungen geködert. Auch die sehen sich jetzt getäuscht. Denn die Regelung der Zweckbindung – 100 % der Einnahmen für die Lehre an den Hochschulen – steht nur auf dem Papier. Tatsache ist, die Hochschulen müssen aus eigenen Mitteln die Kosten für das Eintreiben der Schulden und für die ausgefallenen Kredite aufbringen. Sie müssen das aus ihren eigenen Mitteln bestreiten. Die Hochschulen selbst rechnen damit, dass durch dieses Modell am Ende ganze 60 % übrig bleiben, die man in Maßnahmen zur Verbesserung der Lehre stecken kann. Der Grund: Der Minister hat mit den Banken schlecht verhandelt.
Den Banken winkt jetzt ein lukratives Geschäft
mit attraktiven Zinsen, keinerlei Verlustrisiko, ganz wenig Verwaltungsgeschäft und einer attraktiven künftigen Kundschaft. Die Suppe der Lasten auslöffeln, das können die Hochschulen. Fazit: Die Landesregierung bricht ihr Versprechen auch da. Den Hochschulen stehen nicht 100 % der Einnahmen zur Verfügung, sondern es wird nach dem Prinzip „Linke Tasche – rechte Tasche“ agiert: Auf der einen Seite wird den Hochschulen etwas gegeben, auf der anderen Seite wird es ihnen gleich wieder genommen.
Jetzt zur versprochenen Verbesserung der Lehre. Da gibt es tatsächlich Handlungsbedarf. Die Lehre an den Hochschulen muss tatsächlich verbessert werden. Ich rede von überfüllten Vorlesungssälen, davon, dass es zu wenig Laborplätze gibt, dass es zu wenig Betreuungspersonal gibt. Ich erinnere an die Situation der Studierenden, die einen Schein nicht machen können, weil das Seminar voll ist. Dann können sie das Folgeseminar auch nicht besuchen und verlieren ein ganzes Jahr – also zu lange Studienzeiten. Sie kennen das wahrscheinlich alle auch. Da brauchen wir in der Tat Abhilfe. Das hat der Wissenschaftsminister versprochen, zum Beispiel am 22. September in einem Chat bei der „Badischen Zeitung“. Da hat er mit Studierenden über die Studiengebühren diskutiert.
Aber ich glaube, er musste zu diesem Zeitpunkt schon wissen, was er da sagt. Er wurde von Studenten gefragt: „Wie viele neue Arbeitsplätze schaffen Sie durch die Studiengebühren?“ Er antwortete in dem Chat – ich zitiere –:
Die Verwaltungskosten sind gering, sodass dieser Effekt auf dem Arbeitsmarkt gering ist. Auf der anderen Seite entstehen neue Mitarbeiterstellen an den Hochschulen sowie eine große Zahl neuer Tutoren- und Mentorenstellen.
Und jetzt hören Sie gut zu:
Ein großer Teil der verwendbaren Gebühreneinnahmen von ca. 150 Millionen € wird in zusätzliche Stellen an den Hochschulen fließen.
So heißt es in dem Chat vom 22. September dieses Jahres.
Das klingt gut, stimmt aber nicht. Schon am 22. August, also einen Monat vorher, ist aus dem Wissenschaftsministerium ein Brief an die Hochschulen in Baden-Württemberg gegangen – er war nicht für die Öffentlichkeit gedacht, ist jetzt aber trotzdem in der Öffentlichkeit –, ein Brief über die geplante Verwendung der Einnahmen aus Studiengebühren. In dem Brief warnt das Ministerium die Häuser. Ich zitiere:
Das Ministerium warnt, durch zusätzliche Professoren oder andere Wissenschaftler die Betreuungsrelation zu verbessern. Vielmehr müssten dann aufgrund zusätzlicher Stellen entsprechend mehr Studienanfänger aufgenommen werden.
Weiter warnt das Ministerium davor, zusätzliches Personal einzustellen, zum Beispiel für Übungsklausuren, für Examenskurse, sofern es sich um hauptamtliches Personal handelt. Auch Lehrbeauftragte können aus diesen Mitteln nur dann eingestellt werden, wenn es um Angelegenheiten geht, die gerade außerhalb des regulären Studienplans liegen und sozusagen freiwillige Zusatzleistungen sind.
Also im Klartext: Alle regulären Stellen und professionellen Personalmaßnahmen zur Verbesserung der Lehre werden explizit ausgeschlossen: kein zusätzlicher Übungsleiter,
keine Entlastung des Laborpersonals, keine Entlastung bei Klausuren, Examina und Hausarbeiten, keine Ausweitung des wissenschaftlichen Mittelbaus zur Verbesserung der Lehre, und zwar deshalb, weil die Landesregierung partout den Preis nicht zahlen will, dafür zusätzliche Studienanfänger aufzunehmen. Genau das ist doch bitter nötig, wie wir auch heute Morgen schon besprochen haben, um dem so genannten Studentenansturm zu begegnen, dem eine sinkende Anzahl von Studienanfängerplätzen gegenübersteht. Aber das Ministerium macht an dieser Stelle Schotten dicht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, von zusätzlichen Stellen, die gezielt zur Verbesserung der Lehre eingesetzt werden, würden sowohl Studierende profitieren, die schon an der Universität sind, als auch diejenigen, die noch dorthin wollen. Nur mit solchen zusätzlichen Stellen ist den Studierenden geholfen, die jetzt keinen Platz im Seminarraum bekommen. Stattdessen bekommen sie nach dem vorgesehenen Plan erneuerte Sitzkissen, frisch tapezierte Bibliotheken oder eine Verbesserung bei der psychosozialen Betreuung. Es kann sein, dass sie diese auch in Anspruch nehmen müssen, wenn sie merken, dass mit ihren Mitteln aus den Studiengebühren die Lehre nicht tatsächlich verbessert wird.
Herr Minister Frankenberg, Sie haben alle Ihre Versprechungen bezüglich der Studiengebühren nicht eingelöst. Sie haben versucht, die Öffentlichkeit hinters Licht zu führen.
Schaden und Nutzen dieses Modells stehen in keinem angemessenen Verhältnis. Dieses Modell belastet Studierende erheblich. Es nutzt den Hochschulen kaum. Deshalb ist meine Prognose: Das, was Sie hier anbahnen, wird nicht lange halten. Innerhalb kürzester Zeit werden die Hochschulen bei diesem Modell nach einer Erhöhung der Studiengebühren rufen, und Sie werden ihnen nachgeben, ob Sie wollen oder nicht.
Deshalb fordere ich Sie auf: Überdenken Sie dieses Modell grundsätzlich, und peitschen Sie es nicht im geplanten Schweinsgalopp durch den Landtag.
Vielen Dank.
Nein, diese nicht.
Herr Frankenberg, habe ich Sie richtig verstanden, dass durch die Einigung in der Föderalismusreform und die Veränderungen im Kapazitätsrecht sich dieser Brief, den Sie bzw. Ihr Haus an die Hochschulen geschrieben haben, jetzt erübrigt hat, und sind Sie bereit, dies auch schriftlich gegenüber den Hochschulen klarzustellen?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zu zwei Punkten möchte ich kurz etwas entgegnen.
Erstens: Ich möchte das Geheimnis lüften, warum wir die heutige Debatte beantragt haben. Das scheint Sie ja alle zu interessieren.
Wir wussten genau, dass Sie von der Regierungsseite uns sagen würden: „Worüber reden Sie eigentlich? Der konkrete Gesetzentwurf liegt doch noch gar nicht vor. Die Details kommen ja erst noch. Wir werden Veränderungen einbauen. Was wissen Sie eigentlich darüber, wie das Gesetz am Ende des Tages aussehen wird?“ Wir wollten die Debatte aber beizeiten führen. Wir wussten, dass Sie den Referentenentwurf in den Semesterferien machen, wenn sich die Betroffenen nicht organisieren können, sich nicht einmischen können.
Deswegen ist jetzt der richtige Zeitpunkt, darüber zu reden, und wir wollen das in der Öffentlichkeit tun.
Wir wollen die Debatte auch deshalb heute führen, weil Sie den Gesetzentwurf im Schweinsgalopp durchs Parlament jagen würden, wenn wir de facto keinen Einfluss mehr nehmen könnten.
Drei Wochen Zeit zwischen der Einbringung des Gesetzentwurfs, der Beratung im Wissenschaftsausschuss und der Verabschiedung im Plenum: Das ist ein Verfahren, das eine Debatte verhindert und sie nicht befördert. Deswegen wollten wir heute diskutieren.
Zu den Studierendenzahlen und dem Einfluss der Studierenden: Ich möchte noch einmal versuchen, die Mär von der Kundenorientierung und dem Einfluss der Studierenden aufzuklären.
Erstens: Die Bereitschaft der Kinder aus Mittelschichtfamilien, zu studieren, geht seit vielen Jahren nachgewiesenermaßen zurück.
Ohne Studiengebühren. – Das Studentenwerk weist schon lange darauf hin, dass es so etwas wie ein Absacken der Mittelschicht gibt, und zwar allein schon deswegen, weil deren Angehörige keine Unterstützung bei der Finanzierung des Lebensunterhalts von Studierenden erhalten. Deswegen ist es für diese Familien schon jetzt ein finanzielles Risiko, ihre Kinder zum Studieren zu schicken – ohne Studiengebühren. Aber die Studiengebühren kommen nun einmal obendrauf.
Zweitens: Studierende, die in Zukunft das Glück haben, noch einen Studienplatz in einer Hochschule zu bekommen, das Nadelöhr bewältigt zu haben – trotz sinkender Zahlen der Anfängerplätze bei steigenden Berechtigtenzahlen –, werden in der Hochschule nicht gestärkt sein, sondern sie werden froh sein, dass sie ein Plätzchen ergattert haben.
Wer Kundenorientierung und Wettbewerbsorientierung haben will, muss eine Finanzierung aufbauen, mit der sich die Hochschulen auch nach den Studierenden strecken müssen, also eine Finanzierung in Abhängigkeit von Studierenden, die aufgenommen und ausgebildet werden, organisieren. Nur dann gibt es eine Kundenorientierung. Aber wenn Sie ein Nadelöhr entstehen lassen und die Studierenden von Glück reden müssen, wenn sie es in die Hochschulen geschafft haben, wird das die Studierenden nicht stärken, sondern schwächen.
Deshalb ist die einzige Alternative zu Ihrem Gebührenmodell, lieber Herr Zimmermann, unser Studien-Credit-Modell, das genau eine solche Veränderung der Finanzierungsgrundlage bewirkt und einen Anreiz schafft, Studierende aufzunehmen und erfolgreich zu einem Abschluss zu führen.
Vielen Dank.
Ich frage die Landesregierung:
Wie wird sich die Landesregierung im Bundesrat hinsichtlich des Gesetzesantrags des Freistaats Bayern vom 28. Oktober 2005 „Entwurf eines... Gesetzes zur Änderung des Arbeitszeitgesetzes“ (Drucksache 778/05) verhalten, wel
cher vorsieht, die Umsetzung der Anpassung des Arbeitszeitänderungsgesetzes an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs bzw. die entsprechenden Übergangsregelungen um zwei Jahre zu verlängern, und wie begründet sie ihre Position?