Protokoll der Sitzung vom 10.03.2004

Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 64. Sitzung des 13. Landtags von Baden-Württemberg und begrüße Sie. Ich darf Sie bitten, die Plätze einzunehmen und die Gespräche einzustellen.

Urlaub für heute habe ich Frau Abg. Queitsch erteilt.

Krank gemeldet ist Herr Abg. Nagel.

Dienstlich verhindert ist heute Herr Minister Köberle.

(Abg. Drexler SPD: Oh! Was hat er denn?)

Meine Damen und Herren, Sie finden auf Ihren Tischen einen Vorschlag der Fraktion der CDU für eine Umbesetzung im Innenausschuss (Anlage). – Ich stelle fest, dass Sie der vorgeschlagenen Umbesetzung zustimmen.

Eine Zusammenstellung der E i n g ä n g e liegt Ihnen vervielfältigt vor. – Sie nehmen davon Kenntnis und stimmen den Überweisungsvorschlägen zu.

Im Eingang befinden sich:

1. Antrag der Landesregierung vom 4. Februar 2004 – Änderung der Abgrenzung der Geschäftsbereiche der Ministerien – Drucksache 13/2892

Überweisung an den Ständigen Ausschuss

2. Mitteilung des Rechnungshofs vom 2. Februar 2004 – Prüfung der institutionellen Förderung der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege – Drucksache 13/2896

Überweisung an den Finanzausschuss

3. Mitteilung des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst vom 3. Februar 2004 – Gemeinschaftsaufgabe Ausbau und Neubau von Hochschulen; hier: Anmeldungen des Landes zum 34. Rahmenplan nach dem Hochschulbauförderungsgesetz (HBFG) – Drucksache 13/2898

Überweisung an den Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst und federführend an den Finanzausschuss

4. Mitteilung des Wirtschaftsministeriums vom 10. Februar 2004 – Wohnungsbau 2004 – Bericht und Leitlinien zur Wohnraumförderung – Drucksache 13/2913

Überweisung an den Wirtschaftsausschuss und federführend an den Finanzausschuss

5. Mitteilung der Landesregierung vom 16. Februar 2004 – Information über Staatsvertragsentwürfe; hier: Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland – Drucksache 13/2936

Überweisung an den Innenausschuss

6. Mitteilung der Landesregierung vom 2. März 2004 – Bericht des Südwestrundfunks über die Finanz-, Haushalts- und Personalkostenentwicklung in den Jahren 2002 bis 2005 – Drucksache 13/2970

Überweisung an den Ständigen Ausschuss

7. Mitteilung des Wirtschaftsministeriums vom 26. Februar 2004 – Bericht der Landesregierung zu einem Beschluss des Landtags; hier: Strukturentwicklungsbericht 2003 – Drucksache 13/2941

Überweisung an den Wirtschaftsausschuss

Wir treten nun in die Tagesordnung ein.

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:

Aktuelle Debatte – Standort- und Zukunftssicherung des Landes Baden-Württemberg durch wirtschaftsnahe Forschungsinstitute – beantragt von der Fraktion der FDP/DVP

Es gilt die übliche Gesamtredezeit von 40 Minuten, auf die die Redezeit der Regierung nicht angerechnet wird. Für die einleitenden Erklärungen der Fraktionen und für die Redner in der zweiten Runde beträgt die Redezeit jeweils fünf Minuten.

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Hofer.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema Technologietransfer und speziell die Arbeit der wirtschaftsnahen Institute in BadenWürttemberg mögen dem einen oder anderen zwar als durchaus wichtig, aber nicht unbedingt als aktuell oder gar brisant erscheinen. Wenn sich diese Einschätzung nach der von uns beantragten Aktuellen Debatte ein wenig anders darstellen sollte, hätte sich diese Aktuelle Debatte schon gelohnt.

Vor kurzem haben sich die Leiter der elf wirtschaftsnahen Institute anlässlich einer Klausurveranstaltung mit dem Wirtschaftsminister getroffen. Dabei ist die erstaunliche und außergewöhnlich hohe Innovationskraft dieser Institute deutlich geworden: Jahr für Jahr 1 500 Projekte, eine er

staunlich hohe Zahl von Aussiedlungen und Ansiedlungen, die Schaffung von Arbeitsplätzen und im Übrigen – auch das freut mich sehr – eine sehr enge Einbindung in regionalen und internationalen Netzwerken.

Als Beispiel kann ich etwa das Forschungszentrum Karlsruhe anführen, das in sehr enger Zusammenarbeit mit der Technologieregion Karlsruhe steht. Im Bereich Stuttgart/ Neckar-Alb steht das Naturwissenschaftliche und Medizintechnische Institut (NMI) Reutlingen in Verbindung mit dem Institut für Textil- und Faserforschung in Denkendorf. Dabei besetzen beide Institute das Cluster „Regenerative Medizin“ und zeigen dadurch die Bedeutung dieser Region. Daneben gibt es internationale Netzwerke. So arbeitet etwa das Institut für Mikro- und Informationstechnik in Villingen-Schwenningen mit sieben weiteren europäischen Kompetenzzentren zusammen.

Ich denke, dass der Wirtschaftsminister nachher die Gelegenheit nutzen wird, hierzu noch einiges zu sagen und in die Tiefe auszuführen. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass diese wirtschaftsnahen Institute das Rückgrat unserer technologischen Infrastruktur darstellen und eine Brücke schlagen zwischen der Grundlagenforschung bei den Universitäten auf der einen und der technologischen und technischen Entwicklung bei den Betrieben auf der anderen Seite. Deshalb verdienen diese wirtschaftsnahen Forschungsinstitute natürlich unsere volle Unterstützung. Höchst aktuell ist das Ganze durch die ständigen Berichte über Produktionsverlagerungen, insbesondere mittelständischer Betriebe, ins Ausland, vor allem in Billiglohnländer, die wir immer wieder zur Kenntnis nehmen müssen.

Wir werden natürlich, meine Damen und Herren, bei uns auch die Rahmenbedingungen dafür, soweit sie nicht vorhanden sind, schaffen müssen, dass auch einfache Tätigkeiten bei uns ausgeübt werden. Das dürfen wir nicht diskreditieren.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Richtig!)

Aber wir müssen auch sehen, dass unsere Zukunft nicht allein darin liegen kann, mit den Kosten in den Billiglohnländern zu konkurrieren. Wir müssen vielmehr auf entsprechende Hightechinnovationen, auf Forschung und Entwicklung, auf Wissenstransfer setzen. Wir wollen, dass BadenWürttemberg seine Spitzenposition als Innovationsland beibehält, ja nach Möglichkeit noch ausbaut.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Nun weiß ich natürlich, dass nicht immer alles, was man mit Hightech machen kann, per se gleich gemacht werden muss. Es gibt kritische Hinterfrager. Dennoch können Sie im Grunde genommen die Forschungspalette dieser Institute durchgehen, und dabei wird Ihnen eigentlich nichts einfallen, was Sie nicht begrüßen könnten.

Ich darf das an einem praktischen Beispiel darstellen. Die vorwiegend mittelständisch geprägte Textilindustrie hat schon seit langem die Produktion konventioneller Textilien ins Ausland verlagert. Diese mittelständischen Firmen verfügen über keine größere eigene Forschungs- und Entwicklungskapazität, und die gesamte Branche ist gerade existenziell darauf angewiesen, mit Instituten wie dem Forschungs

institut für Textil- und Fasertechnik zusammenzuarbeiten und neue Märkte im Hightechtextilbereich zu erobern. Das ist auch hervorragend gelungen. Was hier als Beispiel angeführt ist, gilt für vieles andere.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Es gibt eine weitere Aktualität. Sie wissen sicher, dass der Bundestag erst in der vergangenen Woche über den Hightech-Masterplan der Bundesregierung diskutiert hat. Dieses Programm soll ja vor allem mittelständische Unternehmen in die Lage versetzen, an diesem Innovationsprozess teilzunehmen, indem die finanziellen Rahmenbedingungen dadurch verbessert werden, dass man hier Wagniskapital, verbesserte Kreditmöglichkeiten usw. einsetzt. Wir begrüßen die Zielrichtung und den Ansatz dieses Programms, denn die mittelständischen Betriebe haben ihre Forschungs- und Entwicklungsausgaben nicht wegen fehlender Aufgeschlossenheit, sondern aus schierer Not heraus drastisch reduziert.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: So ist es!)

Ich mache nur zwei Einschränkungen: Erstens: Ich kann nur hoffen, dass das Programm auch umgesetzt wird. Da ist man nicht immer ganz sicher. Zweitens nützen solche Programme überhaupt nichts, wenn nicht gleichzeitig die Rahmenbedingungen für den Mittelstand verbessert werden. Mit anderen Worten: Wer gleichzeitig weitere Steuererhöhungen vorschlägt – ob sie die Erbschaft- oder ob sie die Vermögensteuer betreffen –, wer weitere Abgaben wie eine Ausbildungsabgabe vorschlägt, kann sich solche Masterpläne an den Hut stecken.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Dann nützen sie überhaupt nichts. Das muss natürlich berücksichtigt werden.

Ich möchte in der zweiten Runde noch etwas zum wichtigen Thema der Finanzierung sagen. Darüber haben wir uns ja erst vor kurzem – auch das ist aktuell – im Rahmen der Haushaltsberatungen unterhalten.

Ich möchte zum Abschluss meines Beitrags in der ersten Runde an dieser Stelle nur sagen, dass der Stellenwert von Technologie- und Industriepolitik, von Innovationskultur – ich glaube, da sind wir uns weitestgehend einig –, von Forschung und Entwicklung sowie von Wissenstransfer in Baden-Württemberg überragend wichtig ist. Das sind unsere Ressourcen wie Bildung und Ausbildung.

Genauso wie wir zusätzliche Lehrer finanzieren, müssen wir vom Ansatz her, auch wenn das der Haushalt noch nicht hergibt, in Forschung und Entwicklung investieren.

(Beifall des Abg. Kleinmann FDP/DVP – Abg. Kleinmann FDP/DVP: Sehr gut!)

Wenn der Wirtschaftsminister gegenwärtig dabei ist, den Aufgabenbereich seines Ministeriums zu begrenzen – ab Mai soll das umgesetzt sein –, und zwar auf Innovationsförderung des Mittelstands, auf Forschungstransfer der Wirtschaft, auf Bündelung und Vernetzung der Wirtschaftsförderung, auf Existenzgründung und Unternehmensübernahmen, auf Förderung der Außenwirtschaft und auf überbetriebliche Ausbildung, dann ist das genau der richtige Weg.

Diesen Weg unterstützen wir voll und ganz. Wir erwarten dann allerdings – das hoffen und wünschen wir –, dass mit dieser Konzentration, dieser Fokussierung und dieser Bündelung auch zusätzliche Mittel in diesen Bereich eingestellt werden können.