Protokoll der Sitzung vom 05.10.2005

Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 99. Sitzung des 13. Landtags von Baden-Württemberg und begrüße Sie.

Urlaub für heute habe ich Herrn Abg. Dr. Repnik erteilt.

Krank gemeldet ist Herr Abg. Seimetz.

Dienstlich verhindert ist ab 16 Uhr Herr Minister Pfister.

Am 1. Oktober haben Sie, Herr Kollege Hollenbach, die Mandatsnachfolge von Frau Dr. Annette Schavan angetreten. Ich begrüße Sie mit den besten Wünschen für Ihre Tätigkeit sehr herzlich in unseren Reihen.

(Beifall im ganzen Haus)

Meine Damen und Herren, heute haben die Kollegen Hoffmann und Käppeler Geburtstag. Ich gratuliere beiden im Namen des Hauses ganz herzlich und wünsche ihnen alles Gute.

(Beifall im ganzen Haus)

Meine Damen und Herren, Herr Abg. Moser, der vom Landtag nach § 6 Abs. 3 Buchst. a des Gesellschaftsvertrags der Landesstiftung gGmbH in den Aufsichtsrat der Landesstiftung entsandt war, hat dieses Mandat im Hinblick auf seine Bestellung zum Geschäftsführer der Landesstiftung zwischenzeitlich niedergelegt.

Der Finanzminister hat mit Schreiben vom 8. August 2005 darum gebeten, für diesen vakant gewordenen Sitz im Aufsichtsrat der Landesstiftung möglichst bald ein neues Mitglied zu benennen. Das Vorschlagsrecht hierfür steht der SPD-Fraktion zu. Sie hat Herrn Abg. Rust benannt. Ich gehe davon aus, dass Sie diesem Wahlvorschlag zustimmen. – Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.

Herr Abg. Moser war auch Vertreter des Landtags im Rundfunkrat des Südwestrundfunks. Auch hier ist ein Nachfolger für den Rest der Amtszeit zu bestimmen. Das Vorschlagsrecht steht ebenfalls der SPD-Fraktion zu, die als Nachfolger Herrn Abg. Stickelberger benannt hat. Ich darf auch hier davon ausgehen, dass Sie dieser Benennung zustimmen. – Auch hiergegen erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.

Meine Damen und Herren, auf Ihren Tischen finden Sie einen Vorschlag der Fraktion der CDU für Umbesetzungen in verschiedenen Ausschüssen und Gremien (Anlage 1) sowie einen Vorschlag der Fraktion der SPD für eine Umbeset

zung im Finanzausschuss (Anlage 2). – Ich stelle fest, dass Sie den vorgeschlagenen Umbesetzungen zustimmen.

Eine Zusammenstellung der E i n g ä n g e liegt Ihnen ebenfalls vor. – Sie nehmen davon Kenntnis und stimmen den Überweisungsvorschlägen zu. Es ist so beschlossen.

Im Eingang befinden sich:

1. Mitteilung des Wirtschaftsministeriums vom 1. August 2005 – Mittelstandsbericht 2005 – Drucksache 13/4580

Überweisung an den Wirtschaftsausschuss

2. Mitteilung der Landesregierung vom 1. August 2005 – Neustrukturierung der Stilllegung und Beseitigung der Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe (WAK) einschließlich HAWC-Lagerbetrieb – Drucksache 13/4581

Überweisung an den Wirtschaftsausschuss und federführend an den Finanzausschuss

3. Mitteilung der Landesregierung vom 26. Juli 2005 – Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK); hier: Anmeldung des Landes zum Rahmenplan 2006 bis 2009 – Drucksache 13/4586

Überweisung an den Ausschuss Ländlicher Raum und Landwirtschaft und federführend an den Finanzausschuss

4. Mitteilung des Rechnungshofs vom 19. August 2005 – Beratende Äußerung zur Prüfung der Prozesskostenhilfe – Drucksache 13/4610

Überweisung an den Finanzausschuss

5. Mitteilung des Finanzministeriums vom 5. September 2005 – Vierteljährliche Unterrichtung über Steuereingänge und Staatsausgaben (Beschlüsse des Landtags vom 15. März 1973, DS 6/1993, und vom 20. Dezember 1973, DS 6/3910 Ziff II Nr. 6); Haushaltsjahr 2005 (Januar bis Juni) – Drucksache 13/4632

Kenntnisnahme, keine Ausschussüberweisung

6. Antrag des Rechnungshofs vom 22. September 2005 – Prüfung der Rechnung des Rechnungshofs (Epl. 11) für das Haushaltsjahr 2003 durch den Landtag – Drucksache 13/4672

Überweisung an den Finanzausschuss

7. Mitteilung der Landesregierung vom 26. September 2005 – Information über Staatsvertragsentwürfe; hier: Staatsvertrag zur Ände

(Präsident Straub)

rung des Staatsvertrages über die Bereitstellung von Mitteln aus den Oddset-Sportwetten für gemeinnützige Zwecke im Zusammenhang mit der Veranstaltung der FIFA Fußball-Weltmeisterschaft Deutschland 2006 – Drucksache 13/4687

Überweisung an den Finanzausschuss

Dann treten wir in die Tagesordnung ein.

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:

Aktuelle Debatte – Steigende Ölpreise und die Konsequenzen für Politik und Wirtschaft in Baden-Württemberg – beantragt von der Fraktion GRÜNE

Es gelten die übliche Redezeiten: je fünf Minuten für die einleitenden Äußerungen und je fünf Minuten für die Redner in der zweiten Runde. Ich darf die Mitglieder der Landesregierung bitten, sich ebenfalls an diesen vorgegebenen Zeitrahmen zu halten.

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Kretschmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Ölpreis hat sich von 1999 bis 2004 verfünffacht, nämlich von 10 auf 50 Dollar pro Barrel. Heute liegt er bei 65 Dollar pro Barrel. Dass das keine kurzfristigen Erhöhungen sind, dafür sorgt die dramatisch wachsende Nachfrage nach Energie durch Schwellenländer wie China, Indien oder Brasilien, und wir merken jetzt, dass Erdöl eine knappe, endliche Ressource ist. Alle zwei Jahre braucht China so viel zusätzliche Energie, wie dem Jahresbedarf Großbritanniens entspricht. Heute beträgt in China der Autobesatz 1,2 Pkw auf 100 Chinesen. Zum Vergleich: in Deutschland sind es 50 Pkw auf 100 Deutsche. Man schätzt, dass sich bis zum Jahr 2010 170 Millionen Chinesen ein Auto leisten werden.

(Abg. Moser SPD: Kiesinger hat immer gesagt: „Ich sage nur: China, China, China!“!)

Das bedeutet mehr Nachfrage nach Öl, mehr Nachfrage nach Stahl und anderen Metallen.

Deutschland hat allein durch die Preissteigerung im letzten Jahr an die 20 Milliarden € an die Ölförderländer überwiesen – ein riesiger Betrag, der hier der Volkswirtschaft und der Binnennachfrage für andere Produkte entzogen worden ist. In Baden-Württemberg betragen die Kosten für das Erdöl am Endenergieverbrauch 4 Milliarden €. Das liegt noch über dem Bundesdurchschnitt. Allein für die landeseigenen Liegenschaften brauchen wir nicht mehr 65 Millionen €, sondern wahrscheinlich 75 bis 80 Millionen €, um die Ölrechnung des Landes zu bezahlen. Baden-Württemberg deckt 40 % seines Energiebedarfs mit Öl.

Was sind die Folgerungen aus diesen Tatsachen? Wir brauchen eine Strategie weg vom Öl, hin zu einer Volkswirtschaft, die uns unabhängiger vom Erdöl macht.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Dr. Scheffold CDU: Holzpellets!)

Was ist die Strategie von Schwarz-Gelb in dieser Situation gewesen? Gelb hat vorgeschlagen, die nationalen Ölreserven zu verkaufen. Das sind sozusagen die Großökonomen der FDP.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Das habt ihr doch auch gemacht!)

Wir haben das auf Wunsch der USA wegen des Hurrikans gemacht. Das war etwas ganz anderes als Ihr Vorschlag.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Und unser Wunsch ist anders als der Wunsch der USA, oder wie? – Abg. Mappus CDU: A wa!)

Schwarz hat vorgeschlagen, den Benzinpreis um 2 bis 3 Cent pro Liter zu senken, indem man den Anteil der Ökosteuer abschafft, der gerade für ökologische Investitionen gedacht ist. Das wäre eine Benzinpreissenkung, die gerade im Bereich der Tagesschwankung an einer Tankstelle läge. Das sind die großen ökonomischen Vorschläge der CDU gewesen: ausgerechnet dort streichen zu wollen, wo wir Marktanreizprogramme für erneuerbare Energien bezahlen können, wie etwa bei Holzpelletsanlagen, obwohl jeder weiß, dass dort ein riesiger wachsender Markt auf uns zukommt, sodass wir diese Marktanreizprogramme brauchen.

Also: Die Strategie der Union einer staatlich finanzierten Senkung der Ölpreise ist klimapolitisch katastrophal, haushaltspolitisch irreal und wirtschaftspolitisch fatal.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Gott sei Dank haben die Wähler und Wählerinnen das zum Schluss gemerkt und noch die Bremse reingehauen und damit verhindert, dass Sie eine Mehrheit in diesem Land bekommen haben.

Herr Oettinger, wir fragen Sie in dieser Situation: Geht es so weiter? Was ist Ihre Strategie, um das Land BadenWürttemberg unabhängiger vom Erdöl zu machen? Wir brauchen einen Kurswechsel, wie ihn etwa die „Financial Times“ am 6. September 2005 beschreibt. Ich zitiere: