Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 77. Sitzung des 13. Landtags von Baden-Württemberg und begrüße Sie.
Im E i n g a n g befindet sich die Mitteilung der Landesregierung vom 5. Oktober 2004 – Information über Staatsvertragsentwürfe; hier: Entwurf des Achten Staatsvertrages zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (Achter Rundfunkänderungsstaatsvertrag). Die Mitteilung der Landesregierung wird Ihnen als Drucksache 13/3613 zugehen.
Ich schlage vor, die Mitteilung der Landesregierung, Drucksache 13/3613, an den Ständigen Ausschuss zu überweisen. – Dagegen erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.
Meine Damen und Herren, die Koalitionsfraktionen haben beantragt, die Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP/DVP – Gesetz zur Änderung des Privatschulgesetzes –, Drucksache 13/3608, schon am heutigen Tag durchzuführen.
(Abg. Drexler SPD: Schon wieder? Fürchterlich! Das haben wir erst gestern gehabt! – Abg. Stickel- berger SPD: War das schon im Ausschuss? – Abg. Fleischer CDU: Völlig unerwartet, Herr Drexler!)
Es ist deshalb darüber zu entscheiden, ob die Tagesordnung entsprechend § 78 Abs. 4 unserer Geschäftsordnung um diesen Tagesordnungspunkt erweitert wird. Ein solcher Beschluss kommt mit einfacher Mehrheit zustande.
Ferner ist es notwendig, gemäß § 50 der Geschäftsordnung die Frist zwischen der Ersten und der Zweiten Beratung des Gesetzentwurfs bei der Feststellung der Tagesordnung zu verkürzen. Eine solche Verkürzung lässt § 50 Abs. 1 der Geschäftsordnung durch einfachen Mehrheitsbeschluss zu.
Außerdem wäre zu klären, an welcher Stelle der Tagesordnung die Zweite Beratung des Gesetzentwurfs stattfinden soll und welche Redezeiten vorgesehen werden.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sind gegen eine Zweite Beratung am heutigen Tage. In § 45 Abs. 1 der Geschäftsordnung heißt es:
Die Zweite Beratung beginnt frühestens am zweiten Tag nach Schluss der Ersten Beratung oder, wenn eine Ausschussberatung stattgefunden hat, frühestens am zweiten Tag nach der Verteilung des Ausschussantrags.
Meine Damen und Herren, dies bedeutet, dass normalerweise erst morgen, am Freitag, die Zweite Beratung hätte stattfinden können. Eine Ausschussberatung haben Sie gestern leider abgelehnt.
Ich muss Ihnen nochmals deutlich sagen: Seitdem ich diesem Landtag angehöre, habe ich ein solches Verfahren noch nicht erlebt. Ich halte dieses Verfahren für ein sehr unparlamentarisches und im Grunde genommen undemokratisches Verfahren.
Sie wollen den Gesetzentwurf ohne eine echte Beteiligung der Betroffenen durchpeitschen, obwohl die Betroffenen selbst eine Verschiebung gefordert haben, damit sie die Möglichkeit bekommen, überhaupt über diesen Gesetzentwurf zu beraten.
Meine Damen und Herren, jahrelang haben Sie, wie Sie selber sagen, Herr Wacker, intensiv in einer Arbeitsgruppe getagt.
Sie haben mit den Beteiligten gesprochen, und nun legen Sie sozusagen von heute auf morgen einen Gesetzentwurf vor, der überhaupt nicht dem entspricht, was dort verhandelt wurde, und die Betroffenen erfahren überhaupt nicht, was Sie hier geplant haben. Dies ist eine Vorgehensweise, die auch gegen die Betroffenen gerichtet ist.
Nebenbei: Sie hatten zunächst einmal geplant, unseren Gesetzentwurf mit einem Änderungsantrag entsprechend umzudrehen. Jetzt haben Sie einen neuen Gesetzentwurf vorgelegt, der nicht dem entspricht, was Sie als Änderungsantrag vorgelegt haben. Inzwischen haben Sie auch gemerkt, dass Ihr Gesetzentwurf wirklich miese handwerkliche Fehler hat. Auch von daher ist, sage ich Ihnen, eine solche Hopplahopp-Beratung nicht zu rechtfertigen.
Sie haben auch, meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen, einen Gesetzentwurf vorgelegt – wohlgemerkt, einen Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen, nicht der Landesregierung –, obwohl die Landesregierung diesen Gesetzentwurf entworfen hat. Das wissen Sie selbst. Das hat natürlich auch einen bestimmten Grund. Hätte die Landesregierung diesen Gesetzentwurf vorgelegt, hätten in einem ordentlichen Verfahren die Beteiligten gehört werden müssen.
Das haben Sie durch Ihre Strategie zu verhindern versucht. Das ist etwas, was wir ebenfalls missbilligen.
Ich sage Ihnen deswegen nochmals klipp und klar: Dieses Verfahren ist unakzeptabel. Deshalb werden wir diesem Geschäftsordnungsantrag nicht zustimmen. Wir plädieren für eine ordentliche Beratung, so, wie es die Geschäftsordnung vorsieht. Dies bedeutet, dass wir heute keine Zweite Beratung vornehmen.
Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Auch wir lehnen den Antrag auf Änderung der Tagesordnung ab. Nach der Geschäftsordnung müssen zwischen der Ersten Beratung eines Gesetzentwurfs und der Zweiten Beratung mindestens zwei Tage liegen, oder es muss eine Ausschusssitzung stattfinden. Es ist ein unglaublicher Vorgang, der jeglichen parlamentarischen Gepflogenheiten widerspricht,
einen Gesetzentwurf derart durchs Parlament zu peitschen, ohne dass die Möglichkeit gegeben ist, im Ausschuss darüber zu reden, und ohne dass eine Anhörung der Betroffenen stattgefunden hat.
Auch wenn Sie sich darauf berufen, dass eine Ausschussberatung stattgefunden habe und eine weitere Ausschussberatung des Gesetzentwurfs überflüssig sei, da die Hauptsachen schon im Ausschuss beraten worden seien, befinden Sie sich nicht im Recht. Formal mögen Sie sich im Recht befinden, aber moralisch nicht.
Ihr Ansinnen, die Gesetzentwürfe der Opposition, die Sie durch Änderungsanträge ins Gegenteil verkehrt haben, so zu behandeln,
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Drex- ler SPD: Sehr gut! So war es noch nie! Ein saube- rer Ausdruck! – Zurufe von der CDU – Unruhe)
Deshalb haben wir auch unsere Gesetzentwürfe zurückgezogen. Ihr schnell eingebrachter Gesetzentwurf enthält Punkte,
die so nicht beraten wurden. Deshalb halten wir eine Ausschusssitzung und eine Anhörung für dringend notwendig.
Mit Ihrem Vorgehen schaden Sie den Interessen der Privatschulen. Sie schaden den Interessen der freien Schulen, und Sie schaden der Demokratie und den parlamentarischen Gepflogenheiten.
Herr Präsident, geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die Opposition hat offensichtlich gar nicht kapiert, worum es bei diesem Gesetzentwurf geht.