Protokoll der Sitzung vom 30.11.2005

Meine Damen und Herren, ich eröffne die 103. Sitzung des 13. Landtags von Baden-Württemberg und begrüße Sie. Ich darf Sie bitten, die Plätze einzunehmen und die Gespräche einzustellen.

Urlaub für heute habe ich Herrn Abg. Teufel erteilt.

(Abg. Birzele SPD: Hat er heute eine Klausur?)

Krank gemeldet sind Frau Abg. Grünstein und Herr Staatssekretär Sieber.

Dienstlich verhindert sind Frau Ministerin Gönner, Herr Minister Pfister, Herr Minister Stratthaus ab 15:30 Uhr sowie – heute Vormittag – Herr Minister Dr. Frankenberg.

Meine Damen und Herren, heute hat Herr Kollege Dr. Scheffold Geburtstag. Im Namen des ganzen Hauses gratuliere ich Ihnen sehr herzlich, Herr Kollege, und wünsche Ihnen alles Gute.

(Beifall im ganzen Haus)

Eine Zusammenstellung der E i n g ä n g e liegt vervielfältigt auf Ihren Tischen. – Sie nehmen davon Kenntnis und stimmen den Überweisungsvorschlägen zu. Dagegen erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.

Im Eingang befinden sich:

1. Mitteilung des Finanzministeriums vom 16. November 2005 – Vierteljährliche Unterrichtung über Steuereingänge und Staatsausgaben (Beschlüsse des Landtags vom 15. März 1973, Druck- sache 6/1993, und vom 20. Dezember 1973, Drucksache 6/3910 Ziffer II Nr. 6); Haushaltsjahr 2005 (Januar bis September) – Drucksache 13/4849

Kenntnisnahme, keine Ausschussüberweisung

2. Mitteilung des Rechnungshofs vom 28. November 2005 – Gemeinsame Prüfung der Haushalts- und Wirtschaftsführung des Südwestrundfunks 2003 durch die Rechnungshöfe der am Staatsvertrag über den SWR beteiligten Länder Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz – Drucksache 13/4865

Überweisung an den Ständigen Ausschuss

Wir treten in die Tagesordnung ein.

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:

a) Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport – Konsequenzen aus dem achtjährigen Gymnasium – Drucksache 13/4827

b) Antrag der Fraktion GRÜNE und Stellungnahme des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport – Korrektur G 8 (achtjähriges Gymnasium) – Drucksache 13/4772

Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung zu a und b je fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.

Das Wort zur Begründung erteile ich Herrn Abg. Zeller.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Halten Sie es für richtig, dass ein zehn-, elfjähriges Kind 32 Wochenstunden Unterricht hat? Hinzu kommen der Zeitaufwand für Hausaufgaben und für die Vorbereitung auf Klassenarbeiten sowie die Fahrzeiten.

(Zuruf von der CDU: Freie Rede!)

In der Realität haben Fünft- und Sechstklässler an einem Gymnasium ca. 40 bis 45 Wochenstunden Arbeitszeit.

Halten Sie es für richtig, meine Damen und Herren, wenn Kinder nach einem harten Schulalltag abends und am Wochenende noch Hausaufgaben machen müssen? Halten Sie es für richtig, wenn Eltern Angst haben – da bitte ich Sie, genau zuzuhören, Herr Mappus –,

(Abg. Alfred Haas CDU: Nicht alle!)

dass ihre Kinder krank werden, weil sie das Versäumte nicht aufholen können?

(Zuruf des Abg. Mappus CDU)

Ich spreche von der Schulwirklichkeit in Baden-Württemberg, meine Damen und Herren,

(Beifall bei der SPD – Abg. Seimetz CDU: Oh!)

die mit der Einführung des G 8 an zahlreichen Schulen bei Fünft- und Sechstklässlern entstanden ist, eine Schulwirklichkeit, vor der Lehrer, Eltern, Schülerinnen und Schüler und auch wir gewarnt haben.

(Abg. Alfred Haas CDU: Nicht alle!)

Zu Recht hat die neue Landeselternbeiratsvorsitzende, die, glaube ich, eher Ihren Reihen zuzuordnen ist, die eingangs beschriebene Situation kritisiert und als nicht akzeptabel bezeichnet.

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Recht hat sie!)

Dafür tragen Sie, meine Damen und Herren von der CDU und der FDP/DVP, die Verantwortung und nicht die Eltern und unsere Schulen.

(Beifall bei der SPD)

Das, was wir hier haben, ist auch das Ergebnis der Schavan’schen Baustellenpolitik: Bedenken, Kritiken, konstruktive Vorschläge wurden ignoriert, Beteiligte wurden nicht einbezogen. Das war ihre Politik.

(Abg. Alfred Haas CDU: Das stimmt doch gar nicht!)

Natürlich ist klar, dass auch wir vonseiten der SPD für ein generelles achtjähriges Gymnasium sind,

(Zurufe von der CDU: Hört, hört! – Abg. Seimetz CDU: Ohne Unterricht! – Abg. Drexler SPD: Ganztagsschule!)

aber wir wollten, wie der Landeselternbeirat – ich betone: wie der Landeselternbeirat –, eine Korridorlösung, was im Übrigen dazu geführt hätte, dass nicht die prekäre Situation entstünde, die wir im Jahr 2012 bekommen werden. Wir wollten eine Schulzeitverdichtung nicht bereits in der fünften und sechsten Klasse, sondern am Ende der Sekundarstufe I und in der Sekundarstufe II. Wir wollten auch eine deutliche Stoffreduzierung, damit wir tatsächlich nicht diesen Druck bekommen und exemplarisches Lernen möglich ist.

Natürlich sollen die Schulen möglichst viel selber entscheiden, aber wenn nach wie vor zwei Drittel vorgegeben werden und ein Drittel von der Schule bestimmt wird,

(Abg. Mappus CDU: Mit Zustimmung der Eltern, Herr Kollege!)

dann bedeutet dies eben keine automatische Reduzierung der Stofffülle, Herr Mappus. Das ist der entscheidende Punkt. Wir erleben, dass einiges nicht stimmt.

(Abg. Mappus CDU: Das ist wahr!)

Deshalb fordern wir Sie auf, mit den Eltern, den Lehrern und den Schülern eine Korrektur am G 8 vorzunehmen.

(Beifall bei der SPD)

Schon bei der Einführung des G 8 haben wir Sie – ich betone nochmals: auch der Landeselternbeirat und der Landesschülerbeirat – davor gewarnt, die zweite Fremdsprache bereits zu Beginn der Klasse 5 einzuführen. Sie müssen einmal mit den Gymnasien reden und nicht nur über die Gymnasien,

(Beifall bei der SPD – Oh-Rufe von der CDU)

dann würden Sie erfahren, dass es keinen Sinn macht und daher abgelehnt wird, ab dem Jahr 2007 bereits in der fünften Klasse die zweite Fremdsprache einzuführen, und dass es besser wäre, die Kinder zunächst einmal kennen zu lernen, um dann zu entscheiden, welche Sprachentwicklung zu beobachten ist und welche Sprachempfehlung ausgesprochen werden soll.

Im Übrigen hat Ihr G 8 nach Ihrer Konstruktion dazu geführt, dass eine Durchlässigkeit von der Realschule ins Gymnasium faktisch abgeschafft wird. Natürlich besteht sie rein theoretisch noch, aber es wird sehr selten der Fall sein, dass ein Schüler während der Schulzeit von einer Realschule auf ein Gymnasium wechselt.

Ein Riesenproblem ist – das erfahren Sie, wenn Sie mit Betroffenen reden –, dass die Vergleichsarbeiten gleichzeitig als Klassenarbeiten gezählt werden – und das bereits nach der ersten Woche –, obwohl sie ursprünglich dafür gedacht waren, die Überprüfung der Arbeit der einzelnen Lehrer vorzunehmen. Auch hier gibt es eine Fehlentwicklung.

Herr Abg. Zeller, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abg. Röhm?