Protokoll der Sitzung vom 23.02.2005

Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 86. Sitzung des 13. Landtags von Baden-Württemberg und begrüße Sie.

Krank sind gemeldet die Herren Abg. Wieser und Kurz.

Dienstlich verhindert ist Frau Ministerin Gönner.

Meine Damen und Herren, nachdem Frau Abg. Heike Dederer aus der Fraktion GRÜNE ausgeschieden ist, bittet die Fraktion GRÜNE den Landtag, für den Aufsichtsrat der Landesstiftung Baden-Württemberg und das Kuratorium der Staatlichen Toto-Lotto GmbH eine Nachfolgerin bzw. einen Nachfolger zu wählen.

Die Fraktion GRÜNE hat in Absprache mit der Fraktion der SPD, der dieser Sitz an sich zusteht, für Frau Abg. Heike Dederer Frau Abg. Theresia Bauer als Nachfolgerin für den Sitz im Aufsichtsrat der Landesstiftung vorgeschlagen. Kann ich davon ausgehen, dass Sie diesem Wahlvorschlag zustimmen? – Dagegen erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.

Für das Kuratorium der Staatlichen Toto-Lotto GmbH ist von der Fraktion GRÜNE Herr Abg. Jürgen Walter als Nachfolger für Frau Abg. Dederer vorgeschlagen worden. Nach § 13 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags besteht das Kuratorium aus 15 Mitgliedern, darunter acht Mitglieder des Landtags, wobei jede Fraktion mit mindestens einem Abgeordneten vertreten sein soll.

Ich gehe davon aus, dass offen abgestimmt werden kann. – Ich sehe keinen Widerspruch.

Wer also dem Vorschlag der Fraktion GRÜNE, Herrn Abg. Walter als Mitglied in das Kuratorium der Staatlichen TotoLotto GmbH zu wählen, zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Herr Abg. Walter ist einstimmig als Mitglied des Kuratoriums gewählt.

Meine Damen und Herren, im E i n g a n g befindet sich die Mitteilung des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst vom 16. Februar 2005 – Gemeinschaftsaufgabe Ausbau und Neubau von Hochschulen; hier: Anmeldungen des Landes zum 35. Rahmenplan nach dem Hochschulbauförderungsgesetz (HBFG). Die Mitteilung wird Ihnen als Drucksache 13/4063 zugehen.

Ich schlage vor, die Mitteilung des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Drucksache 13/4063, zur Vorberatung an den Ausschuss für Wissenschaft, Forschung

und Kunst und zur federführenden Beratung an den Finanzausschuss zu überweisen. – Dagegen erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.

Wir treten in die Tagesordnung ein.

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:

Dritte Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz über die Feststellung des Staatshaushaltsplans von Baden-Württemberg für die Haushaltsjahre 2005/06 (Staatshaushaltsgesetz 2005/06 – StHG 2005/ 06) – Drucksachen 13/4060, 13/4061

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat eine Gesamtredezeit von 15 Minuten je Fraktion festgelegt, wobei gestaffelte Redezeiten gelten.

In der Allgemeinen Aussprache erteile ich Herrn Abg. Dr. Scheffold das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Deutschland befindet sich in einer wirtschaftlich schwierigen Gesamtsituation. Das hat natürlich auch auf die Aufstellung des Haushalts unseres Landes Baden-Württemberg Auswirkungen. Es war eine schwierige Haushaltsaufstellung, die wir in den letzten Monaten durchführen mussten. Wichtige Änderungen wurden mit der Regierung intensiv diskutiert und dann im Finanzausschuss gemeinsam mit der FDP/DVP beschlossen. Wir haben – auch hier in diesem Parlament in den Haushaltsberatungen nicht – nie geleugnet, dass es kein erfreulicher Haushalt ist, den wir für die Jahre 2005 und 2006 verabschieden müssen. Es gibt eine erhebliche Deckungslücke, nämlich im Jahr 2005 von 3,5 Milliarden € und im Jahr 2006 von 3,7 Milliarden €. Hierzu waren gewaltige Einsparanstrengungen erforderlich. Trotzdem mussten wir eine erhebliche Nettoneuverschuldung in Kauf nehmen. Jeweils ca. 2 Milliarden € neue Schulden je Haushaltsjahr sind eine schwere Hypothek für die Zukunft; das wird von uns uneingeschränkt eingeräumt. Es ist keine Frage: Weniger Schulden wären besser gewesen.

(Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir leben trotzdem auf keiner Insel und müssen unsere Rahmendaten mit denen in Deutschland und in den anderen Ländern vergleichen. Bei einem Vergleich werden Sie feststellen, dass die Landesverbindlichkeiten pro Einwohner in BadenWürttemberg bei 3 334 €, in Nordrhein-Westfalen mit 5 270 € bald doppelt so hoch und in Rheinland-Pfalz – da

ist es noch mehr – bei 5 466 € liegen. Baden-Württemberg steht im Ländervergleich – das ist gar keine Frage – immer noch gut da.

Wir haben einen verfassungsgemäßen Haushalt aufgestellt. Meine sehr verehrten Damen und Herren insbesondere von den Oppositionsfraktionen, ich hätte mir eigentlich schon einmal gewünscht, dass man das auch positiv hervorhebt,

(Lachen des Abg. Kretschmann GRÜNE – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Warum?)

vor allem, wenn man weiß, dass es Länder gibt, die das nicht schaffen.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: 550 Millionen € Schattenschulden!)

Schauen Sie sich einmal an, wie die anderen Länder noch erreichen, dass sie zu einem verfassungsgemäßen Haushalt kommen. Das schaffen sie doch nur, weil sie Bundesergänzungszuweisungen erhalten und weil sie in umfangreichem Maße Zahlungen aus dem Länderfinanzausgleich erhalten. Baden-Württemberg zahlt im Jahr 2005 fast 2 Milliarden € und im Jahr 2006 voraussichtlich ebenfalls fast 2 Milliarden € in den Finanzausgleich ein. Wir zahlen das, was wir an neuen Schulden aufnehmen müssen, an die anderen Länder, damit sie verfassungsgemäße Haushalte erreichen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, eigentlich ist es nicht Aufgabe der Bürger von Baden-Württemberg, die anderen über Wasser zu halten. Das ist die Wahrheit.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Döpper CDU: Sehr gut! So ist es! – Zuruf des Abg. Drexler SPD)

Wir halten auch die Maastricht-Kriterien ein. Auch das hätten Sie in diesen Haushaltsberatungen einmal mit Fug und Recht hervorheben können. Ich hätte das auch erwartet.

(Zuruf des Abg. Boris Palmer GRÜNE)

Schauen Sie einmal, was Eichel uns alles versprochen hat.

(Abg. Capezzuto SPD: Herr Eichel! Minister Ei- chel!)

Im Jahr 2002 wollte er die Maastricht-Kriterien einhalten. Dann sind es 3,5 % Defizit geworden. 2003 wollte er sie wieder einhalten: Geworden sind es 3,9 %. 2004 – gestern kam es im Radio und in den Nachrichten – sind es endgültig 3,8 %. Selbst für 2005 hat er bei der Einbringung des Bundeshaushalts noch davon gesprochen, er wolle das Maastricht-Kriterium einhalten. Niemand glaubt mehr daran, nicht einmal die eigene Bundesregierung.

(Beifall des Abg. Hauk CDU – Abg. Boris Palmer GRÜNE: Da zählen Ihre Schulden doch mit! – Ge- genruf des Abg. Döpper CDU: Ach Herr Palmer!)

Die Neuverschuldung im Bundeshaushalt, meine sehr verehrten Damen und Herren, verlief folgendermaßen: Für 2002 war im Bundeshaushalt eine Nettokreditaufnahme von 21,1 Milliarden € prognostiziert. Im Nachtrag waren es dann fast doppelt so viel, nämlich 34,6 Milliarden €. Im Jahr 2003 waren es ursprünglich 18,9 Milliarden €. Man

höre: Beim Nachtragshaushalt waren es dann 43,3 Milliarden €! Das waren 130 % mehr Schulden in einem Nachtragshaushalt als ursprünglich vorgesehen! Vergleichen Sie diese Situation einmal mit der in Baden-Württemberg. 2004 hatten wir eine ähnliche Situation mit 80 % zusätzlichen neuen Schulden im Nachtragshaushalt des Bundes.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe gelesen, die Bundesregierung plane ein Gesetz über die persönliche Haftung von Managern für falsche Informationen gegenüber dem Kapitalmarkt. Ich kann Ihnen nur wünschen, dass Eichel und Schröder nicht auf die Idee verfallen, sich mit ihren eigenen Zahlen einmal an diesem Gesetz messen lassen zu müssen. Ich glaube, das wäre eine verheerende Entwicklung. Das würde ich ihnen nicht empfehlen. Der „Eiserne Hans“ ist zum „Schuldenbaron“ in Deutschland geworden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Oh-Rufe von der SPD – Abg. Kretschmann GRÜNE: Und das sagen gerade Sie! – Abg. Drexler SPD: Sie sind doch für 68 % der Bundesschulden zuständig! – Zuruf des Abg. Capezzuto SPD)

Die Finanzierungslücken in den Haushaltsjahren beruhen zunächst einmal auch auf den rückläufigen Steuereinnahmen, meine sehr verehrten Damen und Herren. 21,8 Milliarden € sind weniger, als wir im Jahr 2003 eingenommen haben. Das sind weniger, als wir im Jahr 2004 eingenommen haben, und das sind sogar 500 Millionen € weniger als im Jahr 1999. Dafür trägt natürlich in allererster Linie die Bundesregierung die Verantwortung.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Lachen bei Abgeordneten der SPD)

Es gibt deswegen keine Alternative zu unseren Einsparvorschlägen und Einsparanstrengungen.

(Abg. Capezzuto SPD: Ist das die Rede vom letzten Jahr?)

In diesem Haushalt haben wir 550 Millionen € bei den Personalausgaben eingespart. Das hat uns nicht gefreut, aber es war dringend und zwingend notwendig. Vor allem haben wir es vermieden, den Beamten ein Sonderopfer zuzumuten. Wir haben lediglich bei den neu eingestellten Beamten die Sonderzuwendung für drei Jahre ausgesetzt. Das ist gerecht, meine sehr verehrten Damen und Herren, weil sich jedermann überlegen kann, ob er unter diesen Konditionen in den Staatsdienst eintreten will.

Wir haben die Beiträge zur Pflegeversicherung für die Pensionäre ausgedehnt. Auch das ist gerecht, meine sehr verehrten Damen und Herren, weil es eine Gleichstellung mit den Rentnern bedeutet.

Und wir haben vor allem die Stellenabbauprogramme weitergeführt. Das ist unumgänglich. Die Personalkosten des Landes sind zu hoch. Die 41-Stunden-Woche für Beamte, die schon 2004 beschlossen war, bringt uns Einsparungen von 770 Stellen in den Jahren 2005 und 2006.

Die 41-Stunden-Woche für die neu eingestellten Angestellten und Arbeiter bringt uns ab dem Jahr 2005 115 Stellen

pro Jahr. Die Verwaltungsreform mit der Effizienzrendite wird uns bis zum Jahr 2011 2 000 Stellen bringen. Auch die Verwaltungsreform und die Hochschulreform werden Einsparungen bei den Ministerien und in den Hochschulen mit sich bringen.

Es ist völlig unrealistisch, was Sie dagegen vorschlagen. Sie planen eine Streichung von bis zu 10 000 Stellen bis zum Jahr 2014 – das war der SPD-Vorschlag. Darin beziehen Sie dann schon die Einsparungen bei den Regierungspräsidien und den Landratsämtern aufgrund der Verwaltungsreform ein. Das haben wir ja schon gemacht; das ist schon beschlossen.

(Abg. Schmiedel SPD: Aber nicht vollzogen!)

Ich weiß gar nicht, was das im Haushalt für die Jahre 2005 und 2006 an Neuerung sein soll. Unsere Vorschläge aufzugreifen und zu integrieren ist wahrlich keine Meisterleistung.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Moser SPD)

Dann wollen Sie Ministerien abschaffen. Ich weiß nicht, wie das zu einer Personaleinsparung führen soll. Die Ministerien haben Aufgaben, und diese Aufgaben müssen erfüllt werden. Allein damit, dass ich ein Ministerium auflöse, habe ich bei den Personalausgaben überhaupt nichts gewonnen.

(Abg. Dr. Witzel GRÜNE: Die Spitze!)