In Anbetracht dessen hält die Diätenkommission die jetzigen Regelungen des Abgeordnetengesetzes zur Unvereinbarkeit von Amt und Mandat in wesentlichen Teilen nicht mehr für angemessen und stimmig.
Wenn man, wie dargelegt, die gestiegene Verantwortung für originäre staatliche Aufgaben bedenkt, ist es für die Diätenkommission fraglich, ob Landräte und hauptamtlich kommunale Wahlbeamte in Stadtkreisen wie Oberbürgermeister und Beigeordnete mit dem
Mandat vereinbare Ämter wahrnehmen können, während ein Amtmann in einem Ministerium oder in einem Regierungspräsidium ein unvereinbares Amt innehat.
Dann folgen im Kommissionsbericht die Überlegungen zu den Kommunalwahlbeamten in Großen Kreisstädten, zu den Leitern von Verwaltungsgemeinschaften, zu den Ersten Landesbeamten, zu den Leitern öffentlicher Schulen und dem Behördencharakter öffentlicher Schulen, zu den Behördenleitern insgesamt. Also kann es da nur sinnvoll sein, eine klare Regelung vorzunehmen und wie die anderen Länder in der Bundesrepublik Deutschland eine Inkompatibilität vorzusehen.
Deshalb schlagen wir mit unserem Gesetzentwurf vor, dass wir dies in dieser Legislaturperiode vereinbaren mit Wirkung ab dem 15. Landtag. Dann können im nächsten Landtag auch schon mit Wirkung für den 15. Landtag die notwendigen zusätzlichen Bestimmungen im Abgeordnetengesetz beschlossen werden, die dann dieser neuen Regelung Rechnung tragen.
(Abg. Blenke CDU: Die 101. Rede! – Gegenruf des Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Nein, das ist die 100.! – Abg. Blenke CDU: Sollen wir feiern?)
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Bei der Reform des Landtagswahlrechts, wie der Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen sie vorsieht, haben wir, was das neue Auszählverfahren anbelangt, prinzipiell Übereinstimmung.
Ich sage „prinzipiell“. Aber ich will gleich drei Knackpunkte ansprechen, die diese Reform nicht löst.
Die Stimmengleichheit, die Sie einfordern – „Erfolgswert“ oder wie das in der Gesetzesbegründung genannt wird –, wird damit bei weitem nicht erreicht.
Zwischen dem größten Wahlkreis mit etwa 136 000 Stimmen in Tübingen und dem kleinsten mit etwa 81 000 in
Heilbronn liegen über 55 000 Stimmen. Wer da von Erfolgsgleichwertigkeit spricht, der geht nur eine ganz kleine Reform an,
Ein zweiter Punkt: Kleine Parteien haben bei dem bestehenden Landtagswahlrecht in 50 von 70 Wahlkreisen so gut wie keine Chance, ein Mandat zu erreichen. Auch diese Ungerechtigkeit bleibt bei dieser Veränderung des Auszählverfahrens erhalten.
(Abg. Heinz CDU schüttelt den Kopf. – Abg. Mack CDU: Das bitte nicht in meinem Wahlkreis wieder- holen!)
Ein dritter Punkt kommt hinzu: Das Wahlrecht ist unheimlich komplex. Es ist wenig transparent und für die Menschen im Land kaum nachvollziehbar, wie die Landtagswahlergebnisse in Sitze umgemünzt werden.
Trotzdem habe ich ja gesagt: Die Umstellung des Auszählverfahrens vom d’Hondt’schen Verfahren auf – ein schwieriges Wort, ich habe es mir extra aufgeschrieben – das Verfahren nach Sainte-Laguë/Schepers bringt natürlich mehr Gerechtigkeit, was die Sitzverteilung anbelangt. Da wir einen diplomierten Mathematiker in der Fraktion haben,
haben wir uns einmal die Mühe gemacht, auszurechnen, wie die Sitzverteilung wäre, würde man das neue Recht anwenden. Da kann ich den Kollegen Birzele für unsere Fraktion schon jetzt unterstützen. Es ist zunächst völlig unverständlich, warum die Umstellung auf die überübernächste Landtagswahl verschoben werden soll.
Dann halt auf die übernächste, Entschuldigung. Man darf ja bitte zuspitzen, damit Sie das auch verstehen.
Deswegen sind wir der Auffassung, dass man das neue Berechnungsverfahren selbstverständlich bereits auf die kommenden Landtagswahlen anwenden kann.
Wir haben die Sitzverteilung ausgerechnet auf der Basis des Wahlergebnisses von 2001, und zwar unter der Prämisse – auch das wurde vom Kollegen Birzele angesprochen; dieses Defizit bleibt ja –, dass dieses Ausgleichsverfahren auf Regierungsbezirksebene nach wie vor beibehalten und eben nicht auf Landesebene hochgezont werden soll. Wenn man davon ausgeht, dass man die Veränderung, wie Sie sie vorschlagen, bei der nächsten Landtagswahl anwendet und das umrechnet auf das Ergebnis von 2001, kommt man auf folgende Sitzverteilung: 63 CDU, 46 SPD, 11 FDP/DVP und
11 Grüne. Schon daran sehen Sie, dass das neue Verfahren zu einer bedeutenden Veränderung innerhalb der Sitzverteilung führt.
Deshalb kann ich an die Regierungsfraktionen im Haus nur appellieren: Tun Sie den Schritt! Kollege Mack, da brauchen Sie nicht wegzulaufen. Es wird Ihnen kein Zacken aus der Krone brechen, wenn wir das neue Verfahren schon auf die nächste Landtagswahl anwenden. Das wäre auch ein Entgegenkommen gegenüber den kleineren Parteien im Land.
Das heißt in der Summe, meine Damen und Herren: Es ist ein kleiner Schritt, dieses Auszählverfahren zu ändern. Sie wollen das aber nicht jetzt tun. Die Änderung für die nächste Landtagswahl wäre eine logische Konsequenz. Das könnten wir auch tun, wenn wir als Landtag das beschlössen. Deswegen kann ich nur an Sie appellieren: Schließen Sie den kleinen Schritt – wenigstens die Umsetzung für die nächste Landtagswahl – an.
Zu den Themen „Inkompatibilitäten“ und „Reform des Abgeordnetengesetzes“ wird meine Kollegin Lösch noch Stellung nehmen.
(Abg. Mack CDU: Es gibt aber keine zweite Run- de! Außerdem haben Sie sich verrechnet, Herr Kol- lege! Ihr hättet zehn Sitze gekriegt, die FDP/DVP hätte elf gekriegt!)
(Abg. Blenke CDU: Für die 100. Rede hättest du auch eine Krawatte anziehen können! – Abg. Wie- ser CDU: Kein Beifall von der eigenen Fraktion!)
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen sieht in der Tat vor, dass ab der 15. Legislaturperiode die Berechnung der Sitze nach dem d’Hondt’schen Höchstzahlverfahren auf das Verfahren nach Sainte-Laguë/ Schepers umzustellen ist – ich habe den Vornamen einmal weggelassen;
ich übe das dann noch zu Hause –, damit der Erfolgswert der Stimmen optimiert wird und damit gleichzeitig natürlich auch Rechtssicherheit für die Landtagswahlen geschaffen wird. Das will ich ausdrücklich dazusagen. Das Sitzzuteilungsverfahren soll im Übrigen unverändert bleiben.