Protokoll der Sitzung vom 02.02.2006

und dass es eine der wichtigsten Aufgaben der Bildungspolitik sein werde, diese niederzureißen. Ich möchte ausdrücklich feststellen: Bei uns sind öffentliche und private Schulen für alle da, und wir garantieren die finanziellen Grundlagen dafür. Das ist gut so.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Das Wort erhält Herr Abg. Drexler.

(Abg. Drexler SPD: Was? Ich schon?)

Ja.

Herr Kultusminister, Ihr letztes Wort können wir nur bestätigen: dass die Privatschulen in BadenWürttemberg für alle da sind und auch dass diese Schulen viele pädagogische Entwicklungen vorweggenommen haben und in Zukunft auf diesem Gebiet sicherlich noch das eine oder andere tun werden.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Konkurrenz im Bil- dungsbereich!)

Aber man muss schon einmal darüber nachdenken, wo wir heute in der Finanzierung der Privatschulen stehen. 1988 bis 1992 war das Verfassungsgericht angerufen – da waren die FDP/DVP und die SPD dabei. Da wurde festgestellt, dass die Finanzierung nicht verfassungsgemäß ist.

(Abg. Sakellariou SPD: Hört, hört!)

In der großen Koalition haben wir den Baukostenzuschuss für die Privatschulen auf 41 % erhöht. Gleichzeitig haben wir 1996 vereinbart, dass in der nächsten Legislaturperiode das Bruttokostenmodell kommen soll.

Von 1996 bis 2001 ist gar nichts passiert, außer dass die Zuschüsse im Baukostenbereich bei den Privatschulen wieder bis auf 37 % reduziert wurden.

(Abg. Schmiedel SPD: So ist es!)

Im Herbst 2004 hat man dann in einer Nacht- und Nebelaktion den Antrag der SPD auf Einführung des Bruttokostenmodells bei CDU und FDP/DVP so umgedreht, dass er bis zur Unkenntlichkeit verändert wurde, und hat pro Schüler erhebliche Zuschüsse gestrichen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Sakel- lariou SPD: Schrecklich!)

Jetzt will ich Ihnen etwas sagen. Wir hatten dann mehrere Diskussionen zwischen den Fraktionsvorsitzenden. Leider ist nur der Kollege Kretschmann da. Damals, 2003, waren Herr Oettinger und Herr Pfister als Fraktionsvorsitzende da, und Herr Kretschmann und ich saßen mit ihnen bei einer großen Veranstaltung der freien Schulen, der Waldorfschulen in Stuttgart vor Hunderten von Eltern auf dem Podium. Da haben Herr Pfister und Herr Oettinger zugesagt, dass bis März 2004 ein Gesetzentwurf mit dem Bruttokostenmodell und genauen Vorschlägen, wie das gemacht wird, vorgelegt werde.

(Abg. Schmiedel SPD: Versprechen gebrochen! Nichts gemacht! – Abg. Sakellariou SPD: Wieder einmal!)

Es ist nichts gemacht worden. Im vergangenen Herbst – Herr Kultusminister, da waren Sie selbst auf dem Podium; Sie haben sich da sehr zurückgehalten – hat Herr Noll von der FDP/DVP immer gesagt, er habe hier den Gesetzentwurf,

(Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

und hat den Eindruck erweckt: Demnächst geht es los. Nun ist es ja fast eine Sensation, dass wir jetzt einen Gesetzentwurf vorliegen haben – den hätten wir schon im Herbst 2004 haben können –, in dem das Bruttokostenmodell festgesetzt wird. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Gesetzentwurf zeigt keinen einzigen Schritt. Er zeigt nicht, wann denn welcher Schritt im Hinblick auf das Bruttokostenmodell gemacht wird. Das kann man doch nicht machen!

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Wir können doch nicht einen Gesetzentwurf verabschieden und sagen: „Zukünftig machen wir das Bruttokostenmodell“, aber dazu, wann das eintritt, steht in diesem Gesetzentwurf kein Wort.

(Abg. Ursula Lazarus CDU: Doch! – Abg. Sakel- lariou SPD: Sankt-Nimmerleins-Tag! Wählertäu- schung kurz vor der Wahl!)

Deswegen werden wir zu den Beratungen einen Änderungsantrag einbringen, gemäß dem wir im September 2006 auf eine Bemessungsbasis von 70 %, im September 2007 auf 75 % und im September 2008 auf 80 % der Kosten eines Schülers an einer öffentlichen Schule gehen wollen. Das kann das Parlament heute beschließen, genauso wie wir andere Beschlüsse auch fassen können.

(Abg. Sakellariou SPD: Aber erst nach namentli- cher Abstimmung!)

Erst dann stellt sich an Sie die Frage, ob Sie die vielfachen Versprechungen, die Sie den Privatschulen und den Waldorfschulen gegeben haben, heute einlösen, und zwar vor der Landtagswahl und nicht irgendwann nach der Landtagswahl.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Schmiedel SPD: Sehr gut!)

Das Wort erhält Frau Abg. Lazarus.

(Abg. Schmiedel SPD: Mal sehen, ob die Frau La- zarus das Versprechen einlöst!)

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich erlaube mir zu sagen, dass die Einbringung der Novellierung des Privatschulgesetzes, in der das Bruttokostenmodell festgeschrieben wird, für mich persönlich viel bedeutet. In der Sache bewerte ich sie als Meilenstein auf einem langen Weg, auf dem man noch nicht am Ziel angekommen ist.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Kleinmann FDP/DVP: Sehr richtig! – Abg. Kretschmann GRÜNE: Das kann man laut sagen!)

Ein kurzer Blick zurück sei aber erlaubt. Nach immer wieder vorgetragener Beschwerde der Privatschulverbände über mangelnde Transparenz der Zuschussberechnung – das war nämlich der Kritikpunkt gewesen – hat der damalige schulpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Helmut Rau, den Vorschlag gemacht, eine Fraktionskommission damit zu befassen, die Licht ins Dunkel bringen, sprich ein für alle transparentes Berechnungsmodell erarbeiten sollte. Im Kern bestand diese Kommission, die übrigens 1999 zum ersten Mal getagt hat,

(Abg. Schmiedel SPD: Um Gottes willen! Die ha- ben bald Zehnjähriges!)

die über Jahre hinweg mit erheblichem Zeitaufwand gearbeitet hat, aus vier Personen. Das waren Frau Kollegin Berroth und ich sowie für die Privatschulen Frau Kayser-Gantner von den Waldorfschulen und Herr Kast für die freien Schulen. Begleitet wurden wir dann oft von den schulpolitischen Sprechern der Koalitionsfraktionen und immer vom fachlichen Rat, den wir natürlich dringend gebraucht haben, aus dem Kultusministerium und dem Finanzministerium sowie von den Fraktionsmitarbeitern.

(Abg. Fischer SPD: Wer wurde da von wem beglei- tet?)

Ich nenne das noch einmal, um denen, die uns begleitet haben, einfach meinen Dank auszusprechen, weil viele Tage mit diesen Sitzungen vergangen sind.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Die Grundidee war verblüffend einfach: Wenn man die durchschnittlichen Kosten eines Schülers an öffentlichen

Schulen ermitteln will, dann nehme man doch den Landeshaushaltsplan, in dem außer den kommunalen Kosten – diese Zahlen musste man vom Statistischen Landesamt holen – alles enthalten ist.

(Abg. Drexler SPD: Jetzt lenkt sie schon wieder ab!)

Man muss sich nur einigen – das war wohl der Punkt –: Was gehört zu diesen Kosten dazu?

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: So ist es!)

Wie wird das gewichtet? Und gegebenenfalls: Was ist zu pauschalieren? Denn man kann das gar nicht so exakt angeben.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Genau!)

Genau diese Einigung haben wir geschafft. Das war der erste Punkt,

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Kein anderes Land hat das geschafft! – Gegenruf des Abg. Fischer SPD: Jetzt hör doch auf! – Gegenruf des Abg. Kleinmann FDP/DVP: Das ist doch so! Du hast doch keine Ahnung von Bildungspolitik!)

bevor wir uns dann schulartbezogen mit dem allgemein bildenden Schulwesen und in der letzten, jetzt ablaufenden Legislaturperiode auch noch mit dem beruflichen Schulwesen befasst haben. Das war wegen der verschiedenen Schularten eigentlich noch komplizierter als bei den allgemein bildenden Schulen. Das heißt, es hat wirklich Jahre gedauert, bis wir als Landtagsabgeordnete mit fachlicher Hilfe diesen Wust, sage ich einmal, durchgearbeitet und geklärt und das Ganze in Zahlen gekleidet hatten.

Natürlich musste immer wieder in die Fraktionen und auch in die Verbände hinein rückgekoppelt werden. Die Einigung, die wir erzielen konnten, war politisch wirklich das Wesentliche. Zu jedem Punkt, zum Beispiel zu den Fragen, was dazugehört und wie es gewichtet wird, gab es zum Schluss eine Einigung.

Diese Einigung spielt eine Rolle, wenn wir jetzt darüber nachdenken, dass beim Waldorf-Verband ein SteinbeisGutachten entstanden ist. Es wurde erst nach dem Abschluss der Kommissionsarbeit fertig gestellt, kann also gar nicht Teil der Einigung sein, die wir vorher erzielt hatten. Ich sage es einmal so: Vielleicht ist es auch in der Zeit entstanden, in der doch alles sehr lange auf sich warten ließ.

Was ist nun Gesetzesinhalt? Ganz kurz: Zur Überprüfung der Zuschüsse an die Schulen in freier Trägerschaft und gegebenenfalls auch zur Nachjustierung werden die Kosten eines Schülers an einer öffentlichen Schule nach dem neuen Modell und die Zuschüsse an eine entsprechende Ersatzschule ermittelt. Das heißt, der Kostendeckungsgrad wird errechnet. Diese Berechnungen sollen künftig im Abstand von drei Jahren – bisher war es immer nur einmal pro Legislaturperiode –, erstmals im Jahr 2006, erfolgen und dem Landtag zur weiteren Entscheidung über die Weiterentwicklung der Bezuschussung vorgelegt werden. Die Entscheidungskompetenz des Landtags bleibt damit erhalten.

Die Zuschüsse an die Schulen bleiben zwar weiterhin als Prozentsatz eines Lehrergehalts ausgewiesen, aber mit dem neuen System bieten sich eine bessere Nachsteuerungsmöglichkeit und vor allem – ich komme noch einmal auf diesen Punkt zu sprechen – eine bessere Transparenz für den Haushaltsgesetzgeber und für die Privatschulen.