Mit diesem Konzept ist es der Landesregierung im Gegensatz zu fast allen anderen Bundesländern gelungen, diese Einnahmeausfälle zu über 50 % durch Einsparungen im Umfang von insgesamt 286 Millionen Euro auszugleichen.
Meine Damen und Herren, es ist oft von uns gefordert worden, wir hätten das alles ausgleichen sollen. Nein, das war nicht möglich. Wir verfallen nicht in Panik.
Wir investieren, und wir sparen. Wenn wir dies bis auf den letzten Pfennig hätten ausgleichen wollen, hätten wir Investitionen stoppen müssen, hätten wir Baustellen einstellen müssen. Das kann in der heutigen Situation doch nicht richtig sein. Wir bekennen uns dazu: Wir sparen, soweit es geht. Wir investieren aber auch, soweit es möglich ist.
Zum einen würden dadurch Einnahmen aufgegeben, die einen großen Teil der zusätzlichen Zinslast abdecken können. Zum anderen würde Vermögen zugunsten einer einmaligen Einnahme veräußert.
Meine Damen und Herren, um es noch einmal klarzustellen: Die Landesregierung hat schon privatisiert, und sie denkt zurzeit – Sie wissen das von der GVS – über Privatisierungen nach. Wir verfolgen dabei aber ein ganz klares Konzept: Es wird nach ordnungspolitischen Gesichtspunkten und nach strukturpolitischen Gesichtspunkten geprüft. Finanzpolitische Gesichtspunkte spielen auch eine Rolle, aber nicht die wichtigste. Es hat keinen Wert, hier allgemeine ideologische Meinungen zu vertreten. Wir müssen im Sinne der Ordnungspolitik, der Strukturpolitik und der Finanzpolitik jeden Einzelfall verantwortlich prüfen. So machen wir das auch.
Meine Damen und Herren, die Vorlage eines ausgeglichenen Haushalts ist für mich mittel- und langfristig eine mo
ralische Verpflichtung gegenüber den kommenden Generationen. Schon heute gewinnen wir durch die Nettokreditaufnahme keineswegs neuen Handlungsspielraum, sondern unsere Nettokreditaufnahme reicht gerade aus, um ungefähr die Hälfte der Zinsen für Schulden der Vergangenheit zu decken. Wenn Sie sagen, das sei bei uns eben so, dann muss ich Ihnen sagen: Wir stehen unter den Bundesländern noch am zweitbesten da. Es gibt inzwischen eine ganze Reihe von Ländern, die nicht mehr in der Lage sind, einen verfassungsgemäßen Haushalt vorzulegen. Davon sind wir noch sehr weit entfernt.
Die Steuern von morgen werden die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft von morgen belasten. Neuverschuldung führt zu einer Verschiebung der Lasten in die Zukunft, und die Zahl derjenigen, die diese Schulden zurückzahlen müssen, wird kleiner sein als die Zahl derer, die diese Schulden heute verursachen. Darüber hinaus ist die zukünftige Generation durch die Umlagesysteme der Sozialversicherung belastet. Außerdem ist sie belastet durch steigende Krankheitskosten. Wir sollten uns deswegen bemühen, die Staatsverschuldung so niedrig wie möglich zu halten.
Meine Damen und Herren, wir befinden uns in einer ernsten Stunde. Die Rahmenbedingungen und die aktuellen Entwicklungen machen uns die Arbeit nicht einfach. Dieser Doppelhaushalt ist somit ein Kraftakt, die Fortsetzung der seit Jahren konsequent verfolgten Konsolidierungspolitik in einer schwierigen Zeit.
Ich habe es schon oft gesagt und will es noch einmal als durchgehenden Gedanken wiederholen: Wir werden sparen, und wir werden investieren – für unser Land, für seine Menschen und für die Zukunft.
Haushalten, meine Damen und Herren, heißt manchmal auch aushalten. Es heißt aushalten und maßhalten, es bedeutet sparen unter Nutzung aller Möglichkeiten, auch wenn es schwer fällt und Opfer bedeutet. Haushalten bedeutet aber auch, Kurs halten und die Richtung weisen, es bedeutet investieren in die Zukunft.
Ich glaube, dass dieser Etatentwurf Ausdruck unserer politischen Verantwortung ist, ein Meilenstein für eine zukunftsorientierte Haushaltspolitik und ein präziser Wegweiser für unser Land. Ich möchte Sie deswegen bitten, meine Damen und Herren, diesem Entwurf für den Doppelhaushalt 2002/2003 nach intensiven Diskussionen im Finanzausschuss zuzustimmen.
Meine Damen und Herren, die Aussprache über den Haushalt und das Finanzausgleichsgesetz findet in einer Woche in der Plenarsitzung am 19. Dezember 2001 statt.
a) Aktuelle Debatte – Versäumnisse der Landesregierung in der Informationspolitik im Spritzmittelskandal des baden-württembergischen Obstbaus – beantragt von der Fraktion GRÜNE
b) Antrag der Fraktion GRÜNE – Einsatz unerlaubter Spritzmittel in der Obstbauregion Bodensee – Drucksache 13/474
c) Antrag der Fraktion der SPD – Verbrauchertäuschung im Erwerbsobstbau in der Bodenseeregion und Informationspolitik der Landesregierung – Drucksache 13/476
d) Antrag der Fraktion der FDP/DVP – Verwendung von in Deutschland nicht zugelassenen Pflanzenschutzmitteln im Obstbau – Drucksache 13/469
Die Stellungnahmen der Landesregierung zu den Anträgen unter den Punkten b, c und d liegen zwischenzeitlich vor. Sie sind ebenfalls aufgerufen.
Das Präsidium hat die übliche Gesamtdauer der Debatte von 40 Minuten ohne Anrechnung der Redezeit der Regierung festgesetzt. Dabei gelten Redezeiten von fünf Minuten für die einleitenden Erklärungen und fünf Minuten für die Redner in der zweiten Runde.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Als der neue Agrarminister sein Amt angetreten hat, verkündete er, dass es einen neuen Stil und mehr Transparenz geben werde, dass Qualität und Lebensmittelsicherheit die Merkmale seiner Amtszeit sein würden. Davon, meine Damen und Herren, ist bereits nach der ersten Bewährungsprobe nichts mehr übrig geblieben.
Sie, Herr Minister, haben seit Monaten gewusst, dass verbotene Spritzmittel eingesetzt wurden. Sie haben seit Monaten gewusst, dass insbesondere gegen die Richtlinien des HQZ verstoßen wurde, und Sie haben gewusst, dass teilweise die Grenzwerte überschritten wurden. Das hat Sie nicht veranlasst, die Öffentlichkeit zu informieren. Da frage ich Sie: Ist das die Transparenz, die Sie bei Amtsantritt versprochen haben, oder was verstehen Sie eigentlich unter Transparenz?
Kein Wunder, meine Damen und Herren, dass sich die Verbraucher getäuscht fühlen; kein Wunder, dass auch die Glaubwürdigkeit des neuen Ministers gelitten hat.
Erschwerend kommt hinzu: Ohne Presse, Herr Kollege Fleischer, würde dieses Schweigen noch bis heute andauern. Das heißt, über die Transparenz entscheidet die Presse. Sie entscheidet darüber, ob etwas veröffentlicht wird oder nicht. So haben wir uns das nicht vorgestellt.
Jetzt sagen Sie, Herr Minister, Sie hätten den Rechtschaffenen helfen wollen. Ich sage Ihnen: Mit Ihrer Desinformationspolitik haben Sie gerade den Rechtschaffenen geschadet. Das können Sie mittlerweile sogar im „Badischen Bauernblatt“ nachlesen. Das müsste doch bei Ihnen alle Alarmglocken läuten lassen.
Das erste Fazit lautet daher: Der Minister hat mit seiner Politik sowohl den Interessen der Verbraucher als auch den Interessen der Obstbauern massiv geschadet.
Es mag ja sein, Herr Minister, dass Ihnen der Begriff nicht gefällt. Dann nehmen Sie von mir aus einen anderen. Aber BSE, jetzt der Skandal am Bodensee und all die anderen Lebensmittelskandale, die uns immer wieder begegnen, zeigen doch, dass wir ein neues Denken brauchen. Das bedeutet nämlich Agrarwende. Wir brauchen eine echte Transparenz und nicht nur Transparenz beim Amtsantritt. Meine Damen und Herren, Agrarwende bedeutet auch: Man nimmt die Anliegen der Verbraucher ernst. Man denkt vom Verbraucher her.
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Hauk CDU: Sie betreiben ja nur Verunsicherung der Verbraucher!)
Denn nur, meine Damen und Herren, wenn die Verbraucher Vertrauen in die Erzeugnisse des Landes Baden-Württemberg haben, dann werden sie diese Erzeugnisse auch kaufen. Nur so haben die Landwirte eine Chance.
Sie haben gezeigt – auch Sie, Herr Hauk, nachdem ich Ihnen im Ausschuss zugehört habe –, dass Sie noch dem alten Denken verhaftet sind. Das ist das große Problem.
Meine Damen und Herren, dieses Informationsdesaster des Ministers ist für mich kein Zufall, denn man muss sich einmal anschauen, wie er sein Amt führt.