Protokoll der Sitzung vom 30.01.2002

Im Übrigen werden so etwas auch andere Bundesländer machen. Dann hätten wir noch eine Sperrminorität von über 25 %. Dabei würden wir genau das tun, Herr Pfister, was Sie im vergangenen Jahr vorgeschlagen haben. Wir haben das Einzige, was noch ansteht, nämlich die Landesbank, genommen und haben gesagt: Da wird ein Teil verkauft, der Erlös von 1,8 Milliarden DM wird zur Schuldentilgung genommen, und den Zinsvorteil von 78 Millionen € nehmen wir ausschließlich für die Früh- und Kinderbetreuung und für Ganztagsschulen. Das ist ein vernünftiges Konzept.

(Beifall bei der SPD Zuruf des Ministerpräsiden- ten Teufel)

Hätten Sie das mit dem Erlös aus dem Verkauf der Anteile an der EnBW gemacht, müssten wir uns nicht mit der unsinnigen Landesstiftung herumschlagen und hätten mehr Geld im staatlichen Haushalt, Herr Oettinger, um auch das einmal zu sagen.

In der Familienpolitik tut es also keinen Rucker.

Jetzt noch etwas zu den Streichungen. Das tut Ihnen natürlich weh, und Herrn Teufel müsste es im Grunde genom

men auch wehtun. Er hat in der Regierungserklärung gesagt: Gerade deshalb brauchen die Familien den besonderen Schutz; die Leistung der Familien kann deshalb gar nicht hoch genug eingeschätzt werden; sie sind durch nichts zu ersetzen; von den Leistungen der Familie lebt unsere Gesellschaft.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU Abg. Alfred Haas CDU: Bravo! Abg. Bebber SPD: Sprüche!)

Was aber machen Sie? Sie fangen an, bei der Familienerholung für kinderreiche Familien zu streichen.

(Abg. Hauk CDU: Das ist doch nicht wahr! Abg. Alfred Haas CDU: Blödsinn! Lachen des Minis- terpräsidenten Teufel)

Mit 80 000 € fangen Sie an, und zum Schluss streichen Sie im Familienbereich eine halbe Million, 500 000 €. Schauen Sie doch in den Haushalt! Was ist die Folge? Die Diözese Rottenburg sagt schon, sie könne die Familienfreizeit nicht mehr durchführen. Das ist CDU-Politik.

(Beifall bei der SPD)

Wir stellen heute den Antrag, die Streichungen rückgängig zu machen.

(Beifall bei der SPD)

Das Gleiche gilt für das Projekt „Mutter und Kind“. Auch da streichen Sie erheblich bei Alleinerziehenden in einer Zeit, in der diese ohnehin Schwierigkeiten haben. Da streichen Sie fast 1 Million €.

(Zurufe der Abg. Alfred Haas und Seimetz CDU)

Wir wollen das rückgängig machen. Wir werden dazu einen Antrag stellen. In diesem Programm sind 4 500 Mütter.

(Abg. Seimetz CDU: Da wird nichts weggenom- men!)

Sie aber streichen das Programm jetzt zusammen. Das ist Ihre CDU-Familienpolitik im Gegensatz zu unserer Familienpolitik. Deswegen brauchen Sie das Wort „Familie“ überhaupt nicht mehr in den Mund zu nehmen, Herr Haas. Das haben Sie verwirkt, weil Sie hier streichen.

(Beifall bei der SPD Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Ich sage nur: allein erziehend!)

Dann kommt das 630-DM-Gesetz. Dazu habe ich heute von Herrn Oettinger auch nichts gehört. Das ist natürlich klar.

(Abg. Teßmer SPD: Man weiß, warum!)

Was haben denn hier diese Regierungskoalition und der Ministerpräsident das 630-DM-Gesetz heruntergedrückt! Das war der Angriff: „60 000 Stellen sind wegen dieser Bundesregierung weggefallen.“ Herr Repnik hat noch eines draufgesetzt und hat von 90 000 Stellen gesprochen. Das alles ist verlogen, denn das Statistische Landesamt hat nachgewiesen, dass wir seit April 2000 schon ein Plus haben. In der Zwischenzeit sind über 70 000 neue Stellen geschaffen worden. Sie haben die Öffentlichkeit also seit Mo

naten belogen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Sie haben die Öffentlichkeit belogen!

(Beifall bei der SPD Abg. Fleischer CDU: Wa- ren Sie schon einmal in einem Sportverein, und wissen Sie, was das dort bedeutet? Sie haben ja keine Ahnung!)

Besonders schlimm finde ich es, dass der Ministerpräsident neben dem Sozialminister saß, als er diese falsche Zahl genannt hat, und sie nicht einmal korrigiert hat. Herr Teufel, da sollte man schon ehrlicher sein

(Abg. Alfred Haas CDU: Seien Sie mal ehrlich!)

und das, was das eigene Statistische Landesamt feststellt, nämlich die Zunahme der Zahl von geringfügig Beschäftigten, dann auch benennen.

Ich nehme jetzt einmal den Wohnungsbau. Herr Kollege Oettinger hat dazu ja auch etwas gesagt. Wir haben vorgeschlagen, für das Handwerk, für Wohnungsbau und Altbausanierung über einen Forderungsverkauf ein Programm mit 125 Millionen € einzusetzen. Das würde sich auch decken. Auch in früheren Jahren hat man schon Forderungsverkäufe vorgenommen. Das ist eine durchaus seriöse Finanzierung. Sie haben diesen Vorschlag im Finanzausschuss abgelehnt. Warum? Man braucht doch gerade jetzt etwas für den Altbaubestand und für den Wohnungsbau. Man braucht doch etwas für den Mittelstand und für die kleinen Betriebe. Warum lehnen Sie das ab? Wir werden das noch einmal beantragen, und dann werden wir einmal sehen, wie mittelstandsfreundlich Ihre Politik tatsächlich ist. Mal sehen, wer von der anderen Seite hier die Hand hebt, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Verkehrspolitik: Das ist ja nun wirklich das Tollste. Die Landesregierung hat immer wieder gesagt, der Bund gebe uns für die Verkehrspolitik nicht genügend Geld.

(Abg. Seimetz CDU: Stimmt!)

Ich sage Ihnen nur: In der Zwischenzeit hat der Bund dem Land Baden-Württemberg in nur drei Jahren 20 % mehr für den Aus- und Neubau von Autobahnen und Bundesstraßen zur Verfügung gestellt. Wir haben in einem Antrag die Frage gestellt, weil uns das immer ein bisschen schleierhaft war: Wie sieht es eigentlich mit dem Landesstraßenbau aus? In der Stellungnahme des Ministeriums für Umwelt und Verkehr wurde uns vor 14 Tagen mitgeteilt, dass die Vorgaben des gültigen Generalverkehrsplans des Landes für den Erhalt und Ausbau des Landesstraßennetzes von dieser Regierung seit Jahren eklatant unterschritten werden. Laut Generalverkehrsplan Baden-Württemberg hätten 370 Millionen DM ausgegeben werden müssen. Tatsächlich sind nach den Istzahlen 171,8 Millionen DM ausgegeben worden. Das heißt, Sie haben die Vorgaben Ihres eigenen Generalverkehrsplans bei den Landesstraßen um 200 Millionen DM unterschritten.

(Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

Nicht die Grünen machen die falsche Politik; die sagen, was sie wollen. Sie von der Regierung machen überhaupt

keine Straßenpolitik im Land Baden-Württemberg. Das ist das Problem.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen Lachen des Abg. Fleischer CDU Abg. Dr. Birk CDU: Werfen Sie mal einen Blick in den Bundesverkehrswegeplan, Herr Drexler, dann se- hen sie, wo Sie stehen! Das ist wieder die alte Le- gende!)

Warum, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind 118 Straßenabschnitte bei Landesstraßen, davon allein 17 Brücken, verkehrsrechtlich nur reduziert zu befahren? Weil sie in einem so schlechten Zustand sind.

(Zuruf von der SPD)

Das sind keine Bundesstraßen, sondern das sind Landesstraßen.

(Abg. Teßmer SPD: So ist es!)

Jetzt kommen wir zur Privatisierung. Herr Döring war total erschrocken, als Herr Oettinger geredet hat.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Was? Das ist ja unglaub- lich!)

Herr Pfister ist fast unter sein Pult hier gegangen und hat sofort das Gutachten zur Privatisierung versteckt.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und Abgeord- neten der Grünen Abg. Carla Bregenzer SPD: Aber das ist ja so dünn, das ist leicht zu verste- cken!)

Da wurde ein Gutachten gemacht, das gar nicht hätte gemacht werden müssen, weil das Wirtschaftsministerium ja alle Zahlen hat. Im Übrigen, Herr Pfister und Herr Döring, hätten Sie das Geld, das dieses Gutachten gekostet hat wir wollen auch einmal wissen, was das gekostet hat , für die Familienfreizeiten zur Verfügung stellen können. Das wäre sinnvoller gewesen, als einen solchen Unsinn zu erstellen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen Beifall des Abg. Dr. Birk CDU)

Da wird ein Gutachten erstellt, obwohl man weiß, was man alles hat, was man verkaufen kann und was man für den Verkauf bekommt. Der große Hammer an der ganzen Geschichte ist, dass der Wirtschaftsminister oben in einer Pressekonferenz das Gutachten vorstellt, während ein Stockwerk darunter seine eigene Fraktion im Finanzausschuss gegen die Privatisierung eines Landesanteils von 14 % an der Landesbank stimmt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD Abg. Pfister FDP/DVP: Dazu sage ich nachher etwas!)

Wie passt denn das zusammen?

(Beifall bei der SPD Abg. Pfister FDP/DVP: Das sage ich nachher!)

Dort, meine sehr verehrten Damen und Herren und Herr Pfister, wo Sie etwas tun könnten, nämlich bei der Gasversorgung, versagt die Regierung eklatant. Wenn Sie in der

letzten Woche die Zeitungen gelesen hätten, hätten Sie mitbekommen: Die Gasversorgung sagt deutlich: „Wir befinden uns in einem Schwebezustand. Unser Markt läuft davon.“ Diejenigen, die uns Gas liefern Ruhrgas und WINGAS , marschieren in Baden-Württemberg ein, weil die neue Eigentumsstruktur im Grunde genommen nicht geregelt ist. Personell ist nichts in Ordnung gebracht. Warum wird das denn nicht schnell gemacht?