Protokoll der Sitzung vom 06.02.2002

Das Wort erteile ich Herrn Finanzminister Stratthaus.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte versuchen, den Haushalt in den finanzpolitischen Rahmen einzuordnen, in dem er aufgestellt worden ist, und eine Antwort auf die Frage geben, was das Land eigentlich tun kann, um zukünftige Haushalte, die letzten Endes ein Produkt der Wirtschaftslage des Landes sind, besser ausgleichen zu können. Ich muss aber noch eine Reihe von Punkten, die genannt worden sind, ansprechen und klarstellen.

Es gab eine lange Diskussion über die Zahlen des Statistischen Landesamts. Zunächst einmal muss ich eindeutig sagen, dass unser Statistisches Landesamt gut arbeitet und gut gearbeitet hat. Dass bei einer Pressekonferenz zumindest ein Zungenschlag unglücklich war, habe ich schon gesagt, und dabei bleibt es. Damit ist für mich diese Sache erledigt.

Ich habe aber bei Ihnen von der Opposition manchmal den Eindruck, dass Sie sich geradezu freudig auf vermeintlich schlechte Nachrichten stürzen

(Lachen bei der SPD Zurufe von der SPD, u. a. des Abg. Gustav-Adolf Haas)

und anschließend enttäuscht nach Hause gehen, weil die Nachrichten leider nicht schlecht sind.

(Abg. Bebber SPD: Völliger Unsinn!)

Was hat denn eigentlich das Statistische Landesamt gesagt, und was sind die Fakten?

Zunächst hat das Statistische Landesamt in der Tat gesagt, im letzten Vierteljahr des letzten Jahres sei das Wachstum in Baden-Württemberg um 1 % zurückgegangen. Wie stark das Wachstum in den anderen Bundesländern zurückge

(Minister Stratthaus)

gangen ist, wissen wir nicht, weil nur das Land BadenWürttemberg diese Vierteljahresstatistiken macht. Aber viel interessanter ist doch, dass wir im gesamten letzten Jahr ein Wachstum von ungefähr 1 % hatten. Das ist annähernd doppelt so viel wie das Wachstum in der Bundesrepublik Deutschland insgesamt.

(Zuruf des Abg. Rech CDU)

Mehr braucht man dazu wohl nicht mehr zu sagen.

(Beifall bei der CDU)

Das Nächste das hat vorhin Herr Kollege Scheffold schon angesprochen, aber ich muss doch noch einmal darauf eingehen : Die Zahl der Erwerbstätigen ist in BadenWürttemberg im Jahr 2001 um 63 000 gestiegen.

(Abg. Schmiedel SPD: Dank Schröder!)

Ja, dank Schröder. Jetzt werden Sie fragen, wie stark sie in der ganzen Bundesrepublik gestiegen ist:

(Abg. Dr. Scheffold CDU: Dank Schröder!)

in Baden-Württemberg um 63 000, im gesamten Bundesgebiet um 55 000. Das heißt, der Saldo der anderen Länder war negativ. Wenn in Baden-Württemberg die Zahl nicht zugenommen hätte, hätten wir für das gesamte Bundesgebiet eine riesige negative Zahl.

(Beifall bei der CDU Abg. Seimetz CDU: Dank Schröder! Abg. Dr. Scheffold CDU: Danke, Herr Schröder!)

Dann hat das Statistische Landesamt eine Prognose über das Wirtschaftswachstum im ersten Vierteljahr des Jahres 2002 gewagt und sich dabei auf die schlechten Auftragseingänge bezogen. Das ist klar, damit kann gerechnet werden. Nun haben wir allerdings seit ungefähr einer Stunde die ersten echten Zahlen für das Jahr 2002, nämlich die der Arbeitslosigkeit im Januar. Die muss ich Ihnen jetzt einmal vortragen. Die Arbeitslosenquote beträgt bundesweit 10,4 % und hat um 0,8 Prozentpunkte zugenommen. In Baden-Württemberg betrug sie im Januar 5,6 % und hat lediglich um 0,4 Prozentpunkte zugenommen. Sie hat in Bayern von 6,8 % auf 7,3 % zugenommen, in Hamburg auf 9,0 % und in Bremen auf 12,8 %. Meine Damen und Herren, im Januar hat sich der Abstand zwischen dem besten Land und dem folgenden, nämlich zwischen Baden-Württemberg und Bayern, vergrößert. Wir hatten auch im Januar des Jahres 2002 die besten Arbeitslosenzahlen.

(Beifall bei der CDU)

Was folgt daraus? Entweder wird die Prognose des Statistischen Landesamts von minus 3 % nicht eintreten,

(Zuruf des Abg. Teßmer SPD)

oder bei den anderen Ländern wird der Einbruch noch viel stärker sein.

(Beifall des Abg. Kleinmann FDP/DVP)

Nur eines von beiden kann richtig sein. Das eine ist eine Prognose, und das andere sind festgestellte Zahlen. Ich

muss wiederholen: Unser Vorsprung vor allen anderen Ländern hat sich vergrößert.

(Zuruf von der SPD: Erbsenzählerei!)

Wir haben uns im ersten Zwölftel dieses Jahres besser bewegt als alle anderen Länder in der Bundesrepublik.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Dann ist wieder einmal die Investitionsquote genannt worden, die bei uns angeblich am niedrigsten sei. Lassen Sie mich dazu, wirklich fast im dozierenden Sinne, eine gewisse Aufklärung betreiben; denn das ist notwendig.

Zunächst einmal ist doch der Begriff der Investition ich glaube, da sind wir uns alle einig betriebswirtschaftlich und volkswirtschaftlich ganz anders zu definieren. Ich habe an dieser Stelle schon vor zehn Jahren gesagt: In unseren öffentlichen Haushalten ist zum Beispiel der Bau eines Spaßbades eine Investition, und die Einstellung eines Lehrers ist Konsum. Nun frage ich Sie: Was ist für die Zukunft dieses Landes eigentlich wichtiger: weitere Spaßbäder zu haben oder eine bessere Lehrerversorgung? Daran sehen Sie schon die ganze Problematik des Begriffs der Investition; Nummer 1.

Zum Zweiten hat zum Beispiel das Land Niedersachsen 2 % mehr Investitionen allein durch die Verlustabdeckung der EXPO. Die Verlustabdeckung der EXPO hat Niedersachsen allein 2 % gebracht.

Zum Dritten wird unsere Investitionsquote immer auf eine viel zu breite Basis bezogen, nämlich auf die Basis vor Abzug des Länderfinanzausgleichs. Wenn wir unsere 4,5 Milliarden DM Länderfinanzausgleich herausnehmen, ist unsere Investitionsquote gleich um einen Prozentpunkt höher.

Das Letzte und Interessanteste ist nun Folgendes: Wenn wir zum Beispiel den Gemeinden Pauschalzuweisungen geben wir machen das ja in einem ganz hohen Maße , dann sind das Konsumausgaben. Wenn wir keine Pauschalzuweisungen, sondern Investitionszuweisungen geben würden, dann wären das Investitionen. Wenn wir etwa unsere Investitionszuweisungen, die in diesem Jahr 1,4 Milliarden DM betragen, verdoppeln würden, würde sich unsere Investitionsquote von rund 10 % auf rund 14 % erhöhen, und wir lägen ganz eindeutig vor allen anderen Ländern mit Ausnahme Bayerns.

Ich musste das einfach einmal sagen. Der Vergleich der Investitionsquoten, der hier angestellt wird, ist einfach Unsinn.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Herr Moser hat darüber kann man diskutieren gefordert, wir sollten mehr Beamte bei der Steuerverwaltung einstellen, um die Steuerquellen besser ausschöpfen zu können. Natürlich sollen wir auch mehr Lehrer einstellen und mehr Polizeibeamte einstellen. Wo wir dann sparen sollen, hat mir niemand gesagt.

(Abg. Wieser CDU: Privatisierung der Finanzäm- ter!)

(Minister Stratthaus)

Ich muss die Unterstellung, wir würden unsere Steuerquellen nicht ausschöpfen, weil vieles in den Finanzausgleich gehe, mit aller Deutlichkeit zurückweisen. Bei uns wird selbstverständlich nach dem Gesetz gearbeitet. Auch den Vorwurf mangelnder Solidarität, der erhoben worden ist es ist ja gesagt worden, wir müssten mehr Steuern für die anderen Länder erheben ,

(Zuruf von der SPD: Die Ressourcen!)

muss ich eindeutig zurückweisen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Das Land Baden-Württemberg ist 50 Jahre alt und hat als einziges Land 50 Jahre lang jedes Mal Geld in den Länderfinanzausgleich bezahlt. Wir haben in diesen 50 Jahren 73 Milliarden DM in den Finanzausgleich gezahlt. Wenn Sie das mit unseren Schulden von ca. 60 Milliarden DM vergleichen, könnten Sie sagen, wir hätten heute 13 Milliarden DM Überschuss, wenn es den Finanzausgleich nicht geben würde.

(Abg. Wieser CDU: Wenn es die Roten nicht gä- be! Abg. Heike Dederer GRÜNE: Jedes Mal das Gleiche! Sie stellen den Föderalismus infrage!)

Frau Dederer, jedes Mal das Gleiche, weil der Lehrer durch geduldige Wiederholung die Chance hat, dass es der Schüler kapiert. Deswegen muss ich es immer wieder sagen.

(Beifall bei der CDU Abg. Heike Dederer GRÜ- NE: Sie stellen den Föderalismus infrage!)

Ich stelle den Föderalismus nicht infrage.

(Abg. Teßmer SPD: Nein, gar nicht!)