Protokoll der Sitzung vom 18.04.2002

(Abg. Teßmer SPD: Das hat aber nichts genützt!)

Übrigens: Auch als Dinosaurier kann man deutlich mehr leisten, als bei uns geleistet wurde.

(Heiterkeit bei der SPD Abg. Drautz FDP/DVP: Woher wollen Sie das wissen?)

Das Land Sachsen, das gestern mit dem Rücktritt seines Ministerpräsidenten einen Dinosaurier verloren hat, hat allein bei der Windkraft im Jahr 2001 etwa die dreifache Menge dessen dazugebaut, was Baden-Württemberg hinzugebaut hat.

(Beifall bei der SPD Abg. Hauk CDU: Darauf braucht man nicht stolz zu sein!)

Auf die Frage, wie das Ziel der Verdoppelung der regenerativen Energien erreicht werden soll, hört man immer nur Ausflüchte wie: Wir wissen, dass diese Verdopplung ein hehres Ziel ist. Das heißt: Die Landesregierung sagt heute schon indirekt, dass sie dieses Ziel nicht erreichen wird.

Dabei müssen wir uns aber auch nochmals die Größenordnung vor Augen führen. Wir reden von einem Ausbau von knapp 3% auf knapp 6% des gesamten Energieaufkommens. Wir reden also nicht von einem Ausbau von 10, 20, 30 % in Richtung 60 %, sondern von einem Ausbau von 3 % auf 6 %, und schon dieses Ziel ist für die Landesregierung von Baden-Württemberg zu viel.

In der Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage Drucksache 13/134 schreibt das Wirtschaftsministerium, dass die Energieerzeugungsmenge von knapp 10 000 Gigawattstunden regenerativ erzeugter Energie im Jahr 2000 auf knapp 13 000 Gigawattstunden im Jahr 2005 gesteigert werden soll. Die Betonung liegt hier auf „soll“. Das heißt, die Landesregierung glaubt heute schon nicht mehr an das beschlossene Ziel; denn zur Zielerreichung sind 2010 mehr als 20 000 Gigawattstunden notwendig.

Kommen wir zur Windkraft. Hier ist die folgende absurde Situation eingetreten: Während zur Zielerreichung mindestens das Vierfache wir sollten aber sehr viel mehr erreichen der heute vorhandenen Leistung dazugebaut werden muss, laufen höchste Landespolitiker Sie, Herr Ministerpräsident durch die Gegend und machen Werbung für eine restriktive Handhabung bei der Genehmigung neuer

Windkraftanlagen. In dem vorauseilenden Gehorsam der CDU-geführten Genehmigungsbehörden

(Widerspruch bei der CDU)

wird natürlich mit fadenscheinigen Begründungen abgelehnt, was auch immer beantragt wird.

(Beifall bei der SPD Widerspruch bei der CDU)

Ich nenne hier nur das Beispiel Freiburg. Da wird abgelehnt, was auch nur abzulehnen ist.

(Zurufe der Abg. Alfred Haas und Scheuermann CDU)

Noch absurder wird die Situation, wenn wir das Genehmigungsverfahren anschauen. Der Verband Region Stuttgart kann heute nur noch unter anwaltlicher Begleitung mit dem Wirtschaftsministerium reden, um überhaupt zu wissen, wie die Ausweisung für Windkraftstandorte erfolgen soll. Denn dort hat sich innerhalb von einem Jahr die Zielsetzung der Landesregierung völlig geändert.

Ich denke, wir müssen hier Folgendes erreichen: Wir müssen Vorrangflächen und Vorranggebiete haben, wir müssen einen breiten Bereich an Windkraftstandorten, an Gebieten haben, wo es möglich ist, Windkraftanlagen zu bauen, und wir werden auch einen kleinen Bereich Ausschlussgebiete haben müssen. Das ist völlig klar. Aber bei dieser Ausweisung das ist eine dreistufige Ausweisung kann es nicht sein, dass man sagt: Man möchte restriktiv ganz wenige Vorranggebiete und möchte alles, was außerhalb der Vorranggebiete liegt, als Ausschlussgebiet sehen. Dies widerspricht übrigens auch § 35 des Baugesetzbuchs, der Windkraft privilegiert.

Ich möchte kurz zur Wasserkraft kommen und hier vor allem zum Ausbau der großen Wasserkraft. In Europa ist die 10-Megawatt-Grenze für die Unterstützung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz gefallen. Wenn Sie nun bereit sind, mit uns zusammen die große Wasserkraft auszubauen, dann sorgen Sie dafür, dass wir in Deutschland die 5Megawatt-Grenze, die im Erneuerbare-Energien-Gesetz jetzt noch vorhanden ist, kippen. Aber dazu ist es notwendig, dass Sie zustimmen, wenn die Bundesregierung das Erneuerbare-Energien-Gesetz fortschreibt, und dass Sie es nicht wie bei seiner Einführung ablehnen.

(Abg. Dr. Birk CDU: Wir warten auf Vorschläge!)

Das heißt, Sie müssen mit uns zusammen zustimmen und daran arbeiten.

Bei den erneuerbaren Energien gibt es auch weitere Faktoren zu berücksichtigen, zum Beispiel eine landwirtschaftliche Komponente. Wir wissen alle, dass es unserer Landwirtschaft nicht gerade ideal gut geht.

(Abg. Dr. Reinhart CDU: Verstehen Sie etwas da- von?)

Wir haben im Bereich des Ausbaus der erneuerbaren Energien enorme Chancen für die Landwirtschaft, im Bereich Biogas und Biomasse allgemein. Das heißt, wir müssen die Landwirte dazu bringen und dazu gehören auch Vorga

ben des Landes , neben ihrem Einkommen aus der Landwirtschaft auch ein Einkommen aus der Energiewirtschaft, also als Energiewirte zu erzielen.

Wir werden zukünftig nicht immer nur Biomasse, die heute fast als Abfall bezeichnet werden kann, haben, sondern wir werden wegen des massiven Ausbaus der Biomassenutzung, der übrigens auch in Ihrem Ziel enthalten ist, zusätzlich Biomasse erzeugen müssen. Das heißt, auch dort machen wir für die Landwirtschaft einen neuen Bereich auf, in dem verdient und die Landwirtschaft unterstützt werden kann.

Der letzte Punkt im Bereich der Landwirtschaft betrifft den Anbau von Raps zur Erzeugung von Biodiesel. Ich denke, wir haben enorme Chancen, das Einkommen der Landwirte und die Sicherung der Landwirte dadurch voranzutreiben, dass wir auch in Baden-Württemberg eine Anlage zur Erzeugung von Biodiesel aufbauen.

(Abg. Hauk CDU: Wir haben doch schon jede Menge davon! Abg. Teßmer SPD: Ist doch nicht wahr! Abg. Hauk CDU: In Mannheim die größ- te! Gegenruf des Abg. Drexler SPD: Sie ver- wechseln da etwas!)

Das alles muss man wollen.

Ein weiterer Faktor, der oftmals komplett verkannt wird

(Abg. Oettinger CDU: Nicht ablesen! Unruhe)

Ich lese nicht ab. Ich habe ein paar handschriftliche Notizen, aus denen ich zu formulieren versuche, Kollege Oettinger.

(Abg. Alfred Haas CDU: Und wer hat diese Noti- zen aufgeschrieben?)

Ein weiterer Faktor, der in Baden-Württemberg komplett verkannt wird, ist der Wirtschaftsfaktor, den die erneuerbaren Energien darstellen. Wir haben mit den erneuerbaren Energien einen enormen Wachstumsmarkt vor uns.

(Unruhe Zuruf des Abg. Dr. Lasotta CDU Glo- cke des Präsidenten)

Mit den erneuerbaren Energien haben wir eine riesige Chance im Exportbereich. Allein die Windkraft hat im Jahr 2001 für einen Export im Wert von einer halben Milliarde Euro gesorgt. Ich denke, dadurch sind eine Menge Arbeitsplätze geschaffen worden, in der Windkraft 3 600 in der Bundesrepublik im Jahr 2001.

(Abg. Dr. Witzel GRÜNE: 35 000!)

Ich möchte noch etwas einfließen lassen. Herr Minister Döring, wir haben zusammen mit einer Wirtschaftsdelegation 13 Ministerien besucht. In fünf Ministerien wurde das Thema Energie als einer der wichtigsten Faktoren angesprochen.

(Abg. Fleischer CDU: Von Ihnen!)

Nicht von mir.

(Abg. Fleischer CDU: Doch! Ich war ja dabei!)

Bei fünf Ministerien wurde das Thema Energie angesprochen, und ich habe es aufgenommen, Kollege Fleischer, und dort angesprochen, weil von unserem Wirtschaftsminister auf das Thema Energie nicht reagiert wurde.

(Abg. Fleischer CDU: Herr Knapp, nur Sie haben es thematisiert!)

Das muss man einfach sehen. Wir brauchen für eine funktionierende Wirtschaft in den Ländern, die noch nicht so weit sind wie wir, eine gute Energiewirtschaft.

Es ist nicht nur richtig und wichtig, in die Forschung zu investieren, sondern wir müssen in die Umsetzung der erforschten Ergebnisse investieren, denn nur in der Umsetzung werden Arbeitsplätze geschaffen. Hier sind wir nun einmal nicht Spitze. Wir sind sehr gut in der Forschung das hat der Kollege Witzel auch schon angesprochen , aber wir sind nicht gut in der Umsetzung. Für Umsetzungsprogramme gibt zum Beispiel Bayern fast das Vierfache und Nordrhein-Westfalen sogar fast das Siebenfache an Unterstützung aus.

Vor allem vor dem Hintergrund, dass Baden-Württemberg 60 % seiner Energie aus Kernkraft erzeugt, sollten wir massiv in die Unterstützung der erneuerbaren Energien einsteigen. Die Bundesrepublik insgesamt hat nur 30 % Kernkraftanteil, das heißt, der Bedarf in den restlichen Bundesländern ist nach dem Atomkonsens weniger groß als in Baden-Württemberg.

(Abg. Kübler CDU: Jetzt reicht es!)

Ein letzter Satz zur Hannover Messe. Die Hannover Messe hat in diesem Jahr den Schwerpunkt erneuerbare Energien. Wenn die Hannover Messe als große Produktionsmesse schon diesen Schwerpunkt hat, dann ist, muss man sagen, dort erkannt worden im Gegensatz zu unserer Landesregierung , dass erneuerbare Energien in der Zukunft ein großer Wachstumsmarkt sind. Die MVV als baden-württembergisches Energieversorgungsunternehmen hat angekündigt, größter Anbieter im Bereich der erneuerbaren Energien zu werden. Das heißt, unsere Energieversorger sind wesentlich weiter als unsere Landesregierung.

(Beifall bei der SPD Zuruf des Abg. Dr. Lasotta CDU)

Ich möchte zum Schluss die Landesregierung und die sie tragenden Koalitionsfraktionen aufrufen: Folgen Sie uns beim stärkeren Ausbau der erneuerbaren Energien aus umweltpolitischer Sicht, aus wirtschaftlicher Sicht und zur Sicherung unseres Exports, und wir werden gemeinsam an einem Strang ziehen.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Dr. Witzel GRÜNE Zuruf des Abg. Dr. Lasotta CDU)