Protokoll der Sitzung vom 14.11.2002

Die „Frankfurter Allgemeine“ schreibt unter der Überschrift „Der Absturz“:

... Die Regierung spricht von einem Sparpaket. Tatsächlich jedoch steigt die Neuverschuldung kräftig, ebenso wie die Steuer- und Abgabenlast für Bürger und Unternehmen. Bundeskanzler Schröder ist nicht willens und fähig, dem Land die dringend benötigten psychologischen und ökonomischen Impulse zu geben. Obwohl der Anteil der Staatsausgaben mit 50 Cent von jedem Euro in Deutschland so hoch liegt wie in keinem anderen großen Land, führen die Pläne von Rot-Grün, die insgesamt einen wachstums- und leistungsfeindlichen Geist atmen, zu einer weiteren Verlagerung von privaten zu öffentlichen Ausgaben.

Der einstmals stolzen deutschen Volkswirtschaft droht der Absturz in die zweite Liga der Industriestaaten. Der deutsche Wohlstand ist gefährdet, weil fast alle anderen Länder innerhalb und außerhalb Europas seit Jahren viel schneller wachsen. Das zeigt: Nicht die Talfahrt der Weltwirtschaft, sondern die katastrophale Wirtschaftspolitik von Rot-Grün ist für die wirtschaftliche Misere verantwortlich...

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Wer glaubt schon, dass Schröder und sein Finanzminister Eichel die Milliardenlöcher im Haushalt erst wenige Tage nach der Wahl entdeckt haben? Wäre Deutschland ein Unternehmen und die Regierung der Vorstand, dann hätte die Staatsanwaltschaft gute Gründe, ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Insolvenzverschleppung einzuleiten.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf von der CDU: So ist es! Sehr gut! – Abg. Kretschmann GRÜNE: Wir haben so viel Geld, dass wir uns Zei- tungen kaufen können!)

Ja, das haben wir, zum Teil sogar privat. Nein, Herr Kretschmann, ich nehme es ernster.

Ich finde: Wann, wenn nicht jetzt, muss ein Ruck durch dieses Land gehen? Wann, wenn nicht jetzt, müssen wir uns von solchen Aussagen herausfordern lassen? Das schreiben ja Leute, die sich hauptamtlich jeden Tag mit Wirtschaftspolitik beschäftigen. Ich habe jetzt ausschließlich Wirtschaftsjournalisten zitiert.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Theurer FDP/ DVP)

(Ministerpräsident Teufel)

Wahr ist, dass dieses Land auf einer schiefen Bahn ist und dass wir eine Kurskorrektur einleiten müssen, wenn wir Arbeitnehmerrechte und den Wohlstand für alle Gruppen der Bevölkerung in diesem Land erhalten wollen. Eine Kurskorrektur ist notwendig.

Die „Süddeutsche Zeitung“ schreibt – letztes Zitat –:

Die sichtbaren Symbole des Wohlstandes schwinden, und die dahinter liegende Krise lässt sich immer deutlicher erkennen. Vielleicht markiert der gestrige schwarze Mittwoch mit seinen dreifach schlechten Nachrichten bei diesem Prozess der Erkenntnis einen historischen Einschnitt. Die EU-Kommission hat Deutschland offiziell bescheinigt, dass das Land die Maßgaben des von ihm selbst durchgesetzten Stabilitätspaktes weit verfehlen wird, und leitet ein Verfahren ein. Die Steuerschätzer haben ermittelt, dass die Haushaltslage viel schlimmer ist, als alle Verantwortlichen noch bis vor kurzem geglaubt haben, und der Sachverständigenrat hat in seinem Jahresgutachten eine Generalabrechnung mit der Wirtschafts- und Finanzpolitik der Bundesregierung formuliert.

Wann, wenn nicht jetzt, sollte ein Ruck durch die Gesellschaft gehen? Aus diesem Tag folgt eine klare Lehre: Die ökonomische Vernunft muss wieder zum Leitfaden der Politik werden.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Symbolpolitik kann sich das Land nicht mehr leisten. Man darf auch nicht bei den Zahlen stehen bleiben. Die dramatisch gestiegenen Haushaltsdefizite sind schlimm genug, aber sie sind eigentlich nur Symptome der schlechten Konjunktur und der anhaltenden Wachstumsschwäche Deutschlands. Wer die öffentlichen Haushalte sanieren will – und das ist unabdingbar –, der muss in erster Linie diese Wachstumsschwäche angehen – das ist eine entscheidende Aussage, die ich machen will –,

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

der darf nicht nur auf der Ausgabenseite einsparen wollen, sondern der muss auch die Einnahmen dadurch erhöhen, dass die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft wieder so gestaltet werden, dass die Wirtschaft wächst.

(Zuruf von der CDU: So ist es!)

Meine Damen und Herren, die „Süddeutsche Zeitung“ schreibt heute weiter:

Der rot-grünen Bundesregierung ist vorzuwerfen, dass sie insoweit den größten Teil ihrer ersten Legislaturperiode vertan hat und ihre zweite mit Wahlbetrug und verqueren Beschlüssen begonnen hat.

(Abg. Alfred Haas CDU: Wiederholen Sie den Satz bitte noch einmal!)

Das ist die Situation, und das ist die Wirklichkeit.

Herr Kollege Kretschmann, jetzt zu einigen Argumenten, die Sie gebracht haben. Sie sagten: „Die Bundesregierung bringt alles doch nur dann durch, wenn Sie im Bundesrat

mitmachen.“ Zunächst einmal möchte ich dazu sagen: Leider wird sie einiges durchbringen, weil es der Bundesrat mit seiner Mehrheit nicht verhindern kann, da es sich nicht um zustimmungspflichtige Gesetze handelt. Solche Gesetze wird die Bundesregierung auf jeden Fall durchbringen, wenn sie will. Da ist genug Schlimmes dabei.

(Abg. Kübler CDU: So ist es!)

Ein Weiteres: Wir haben gesagt, dass wir vonseiten der Landesregierung Steuererhöhungen ablehnen, weil sie das Gegenteil dessen sind, was in der gegenwärtigen Situation notwendig ist.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Theurer FDP/ DVP)

Wir brauchen eine Entlastung der mittelständischen Wirtschaft, auch eine Entlastung der Arbeitnehmer. Wir brauchen Signale der Hoffnung, damit auch die Kaufzurückhaltung der Menschen zurückgeht und die Investitionsbereitschaft steigt. Diese schaffen wir nicht, wenn insgesamt 48 Gesetzesvorschläge kommen,

(Zuruf von der CDU: Unglaublich!)

die zu einer zusätzlichen Belastung der Wirtschaft und der Bürger führen.

Nun ist von Herrn Drexler erklärt worden, wir hätten nicht gesagt, wie wir uns zum Thema Körperschaftsteuer verhalten. Wir haben es vor der Wahl gesagt, und wir haben es nach der Wahl gesagt: Das ist der einzige Punkt, wo wir zu einer Korrektur bereit sind. Wir waren für eine Körperschaftsteuerentlastung, aber wir waren für eine Körperschaftsteuerentlastung auf 25 %, und das war ein gewaltiger Sprung. Aber wir sind nicht für eine Körperschaftsteuerentlastung auf 0 %.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Wenn das eine CDU/CSU-FDP-Regierung beschlossen hätte, wären die Gewerkschaften auf die Straße gegangen.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Pfister FDP/ DVP)

Aber eine sozialdemokratisch geführte Regierung hat Milliardenverluste in Kauf genommen,

(Zuruf des Abg. Dr. Lasotta CDU)

sodass heute nur noch zwei Gruppen der Bevölkerung in Deutschland Steuern bezahlen: die Personengesellschaften und die Arbeitnehmer über die Lohnsteuer. Das sind die Einzigen, die in Deutschland noch Steuern bezahlen, und zwar seit zwei Jahren. Darüber haben wir in jeder Rede vor der Wahl gesprochen und nicht erst nach der Wahl.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Wir sagen, dass wir da zu einer Korrektur bereit sind; aber wir sagen auch klar, dass wir nicht bereit sind, die Einführung einer Mindeststeuer in diesem Bereich mitzutragen. Steuern soll der zahlen, der Erträge hat, aber nicht der, der rote Zahlen schreibt und keine Erträge hat. Wir sind nicht für eine Mindeststeuer.

(Ministerpräsident Teufel)

Der nächste Punkt: Herr Kollege Kretschmann, Sie haben gefragt, warum denn wir zu unserer Regierungszeit auf Bundesebene nicht gehandelt hätten. Herr Kretschmann, das können Sie doch nun wirklich nicht sagen.

(Abg. Dr. Reinhart CDU: So ist es! Wer hat denn blockiert?)

Die CDU/CSU-FDP-Bundesregierung hat den demographischen Faktor in der Rentenversicherung eingeführt.

(Abg. Theurer FDP/DVP: Sehr richtig! – Abg. Ursu- la Haußmann SPD: Das haben wir gemerkt, Herr Teufel!)

Ich habe nach einer Christiansen-Sendung, als der Bundesarbeitsminister gerade drei Wochen im Amt war, zu ihm gesagt: „Herr Riester, das werden Sie noch bitter bereuen. Hätten Sie doch gesagt: ‚Wir lehnen das alles ab, aber das hat die frühere Regierung beschlossen. Wir können es nicht rückgängig machen.‘ Bauen Sie darauf auf. Sie müssen noch mehr im Bereich der Rentenreform tun.“

(Abg. Theurer FDP/DVP: Genau!)

Tatsächlich wurde der demographische Faktor gestrichen. Jetzt muss er mit vierjähriger Verspätung wieder eingeführt werden.

(Abg. Drexler SPD: Wer sagt denn das?)

Jetzt sind die Opfer sehr viel größer, die den Rentnern zugemutet werden müssen.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Reinhart CDU: So ist es!)