Protokoll der Sitzung vom 14.11.2002

(Abg. Oelmayer GRÜNE: Der ist gar nicht da!)

woher wir das Geld nehmen sollen oder besser noch, wem konkret wir es wegnehmen sollen.

Ich möchte nur kurz einige Punkte herausstellen. Beginnen wir mit den Leitern der Justizvollzugsanstalten, die grundsätzlich Hunderten von Mitarbeitern und Gefangenen vorstehen. Rund 50 % von ihnen sind in A 16, rund 50 % in A 15, und zwei von ihnen – die Leiter der ganz großen Haftanstalten – sind in B 2. Dank und Anerkennung erfahren sie aber nie. Nur wenn, wie gesagt wurde, etwas passiert, stehen sie am Pranger. Deshalb lassen Sie mich an dieser Stelle mit Ihrer aller Unterstützung den Mitarbeitern, aber auch allen im Vollzug Beschäftigten einen großen Dank aussprechen. Da erwarte ich Ihren Applaus.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Für diese Arbeit erwarte ich Applaus auch von Ihnen. – Danke schön.

(Abg. Sakellariou SPD: Das steht sonst im Proto- koll!)

Okay, sonst steht es im Protokoll.

In Baden-Württemberg haben wir die Behandlungsangebote für Sexualstraftäter seit 1996 kontinuierlich ausgebaut, und das Konzept wird laufend fortgeschrieben. Ich zähle nur einige Maßnahmen auf: Die sozialtherapeutische Behandlung in der Sozialtherapieanstalt Baden-Württemberg hat 61 Plätze. In Offenburg planen wir weitere Plätze. Weshalb es dort nicht klappt, ist vielleicht bekannt; da gibt es einige Hindernisse. Die sozialtherapeutische Behandlung von Jugendstrafgefangenen in der 1997 errichteten sozialtherapeutischen Abteilung in der Jugendstrafanstalt Adelsheim hat 20 bedarfsdeckende Haftplätze. Mehr möchte ich gar nicht anführen. Aber geplant ist – da danke ich dem Justizminister, der heute wahrscheinlich seine letzte Sitzung hier erlebt, was ich bedauere; die Zusammenarbeit ist immer besser geworden –,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

das Konzept weiter auszubauen und im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten auszuweiten.

Für eines können Sie mich gewinnen, liebe Kolleginnen und Kollegen: Wir benötigen – Sie haben es auch angesprochen, Herr Sakellariou – insgesamt noch elf Stellen im Bereich der Therapie, und zwar fünf Stellen für Psychologen und sechs Stellen für Sozialarbeiter. Davon habe ich mich

bei meiner Informationstour und in vielen, vielen Gesprächen überzeugen lassen. Ich appelliere auch an unsere Fraktion und an die Regierung, hier etwas zu tun. Aber bei uns Schwaben ist es eben so, dass wir sparen, sparen, sparen. Warum? Damit wir im Länderfinanzausgleich die verarmten und insolventen SPD-Länder unterstützen können.

(Abg. Fleischer CDU: Sehr gut! – Widerspruch bei der SPD)

Sie haben den Beförderungsstau ein wenig kritisiert. Aber, Herr Sakellariou, hier stehen wir wirklich gut da. Insbesondere im Ländervergleich sind wir Spitze.

(Abg. Bebber SPD: Im Stau stehen Sie gut da! – Zu- ruf der Abg. Carla Bregenzer SPD)

Wir haben in den vergangenen vier Jahren im allgemeinen Vollzugsdienst und im Werkdienst 870 Beförderungen vorgenommen. Um Einzelschicksale muss man sich, wie überall im öffentlichen Dienst, wirklich kümmern.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Fraktion, die CDU in diesem Land, steht zu einem realistischen Vollzug. Wir sperren nicht nur weg.

(Abg. Oelmayer GRÜNE: Was ist denn das?)

Der Bundeskanzler hat sich in der vergangenen Legislaturperiode einmal recht massiv dafür eingesetzt.

(Abg. Dr. Reinhart CDU: Richtig!)

Wir fordern auch nicht Buße und Umkehr,

(Zuruf des Abg. Oelmayer GRÜNE)

wie das im 19. Jahrhundert unrealistisch vorgesehen war. Unser Ziel kann nur sein, das Defizit im Verhalten unserer Klienten, der Strafgefangenen, zu mindern.

(Abg. Sakellariou SPD: Das Defizit im Haushalt auf Kosten der Bediensteten zu mindern!)

Hier komme ich zum Kernpunkt und zu dem, was ich Ihnen als konkreten Vorschlag unterbreiten will. Wir in BadenWürttemberg sind in einem Bereich absolut Spitze.

(Abg. Ruth Weckenmann SPD: Nur in einem? Ich dachte, in mehreren!)

Ich habe Ihnen elf Bereiche genannt. In den meisten sind wir mit an der Spitze. Aber absolut Spitze und, statistisch gesehen, doppelt so gut wie jedes andere Bundesland sind wir im Bereich von Ausbildung und Arbeit. Wir haben über 430 Handwerksmeister in modernen Betrieben, die insbesondere junge Menschen in nahezu allen Handwerksbranchen ausbilden. Wir haben bundesweit – das ist auch einmalig – die meisten und die besten Gesellenbriefe, und wir haben in unseren großen Haftanstalten mit die modernsten Maschinenparks.

Ich weise gerne darauf hin – das ist mir eine Herzensangelegenheit –, dass in unseren 20 Haupthaftanstalten und unseren 35 Außenstellen mit ca. 8 500 Gefangenen und 4 500 Bediensteten die schulische Ausbildung und die Arbeitsleistung beispielhaft sind. Das müssen sie aber auch bleiben.

Denn Ausbildung und Arbeit sind die beste Chance für jugendliche und erwachsene Strafgefangene. Dies sage ich nicht ungeprüft, sondern dies wird mir immer wieder auch vor Ort bestätigt. Mir wurde es ans Herz gelegt: „Herr Zimmermann“ – das geht an alle; Sie können es mit Sicherheit auch bestätigen, Herr Oelmayer –, „tun Sie etwas, damit dies nicht abnimmt. Wir spüren schon jetzt die ersten Auswirkungen.“

Wir haben seit dem 1. Januar 2001 den Landesbetrieb Vollzugliches Arbeitswesen. Er ist einmalig im Bundesgebiet. Dieser Landesbetrieb erwirtschaftet jährlich 25 Millionen €. Leider ist der Umsatz eher rückläufig. Deshalb appelliere ich an Sie: Ziehen Sie mit mir an einem Strang! Werben Sie mit mir bei Handel, Handwerk und Industrie für die gute Arbeit in baden-württembergischen Haftanstalten. Werben Sie um Aufträge, damit die Arbeit dort kontinuierlich fortgesetzt werden kann.

Es geht mir nicht um Aufträge – das möchte ich betonen –, die in Konkurrenz zu Behindertenwerkstätten oder zu unseren mittelständischen Unternehmen stehen. Wir wollen niemandem etwas wegnehmen. Es geht mir darum, dass Aufträge bzw. Arbeit nicht wegen Kapazitätsengpässen oder der Lohnintensität ins lohnniedrige Ausland abwandern oder gar nicht erst angenommen werden. Hier gibt es wirklich viel zu tun. Das ist der eine Punkt.

Der andere Punkt ist – deshalb begrüße ich wirklich nochmals diese heutige Debatte aufgrund Ihrer Anfrage; insofern hat sie auch etwas Gutes –:

(Abg. Fischer SPD: Danke schön, Herr Zimmer- mann! – Weitere Zurufe von der SPD)

Mir geht es um Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit darüber, dass auch hinter den Mauern gut gelernt und gut gearbeitet wird. Ich appelliere an Sie. Es ist dringender Handlungsbedarf gegeben.

(Abg. Bebber SPD: Dann handeln Sie doch! – Zuruf der Abg. Carla Bregenzer SPD)

Wir spüren schon jetzt die rot-grüne Flautenpolitik. Ohne Schulabschluss, ohne Ausbildung und ohne Arbeit werden wir die Defizite und die Veranlagung bei den Strafgefangenen mit noch so viel Personal nicht ändern können. Werben Sie mit mir bei Handel, Handwerk und Industrie, und halten Sie den wirklich tollen Standard, den die baden-württembergischen Haftanstalten haben, aufrecht.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Fleischer CDU: Sehr gut!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Hofer.

Frau Präsidentin, meine Damen, meine Herren! Lassen Sie mich vorweg eine kurze persönliche Bemerkung machen. Vor anderthalb Jahren hat mir meine Fraktion die Funktion des Strafvollzugsbeauftragten übertragen – wohl deshalb, weil ich derzeit der einzige Jurist in der Fraktion bin

(Abg. Bebber SPD: Was soll denn das heißen? – Abg. Drexler SPD: Ich habe gedacht, weil Sie noch in Freiheit sind! – Abg. Dr. Reinhart CDU: Sie müs- sen sich nicht entschuldigen!)

und vor vielen Jahren auch einmal eine kurze Zeitlang als Rechtsanwalt tätig war. Ich möchte jedoch betonen – da unterscheide ich mich völlig von Ihnen, lieber Kollege –, dass die Justiz nicht mein Fachgebiet ist. Denn ich habe mich beruflich über Jahrzehnte hinweg vorwiegend in der Kommunal- und Regionalpolitik bewegt.

(Abg. Fleischer CDU: Sehr erfolgreich! – Abg. Beb- ber SPD: Sie dürfen sich wieder hinsetzen, wenn Sie das meinen! – Abg. Carla Bregenzer SPD: Sie müs- sen nicht reden!)

Unter anderem deshalb habe ich zu Beginn der letzten Legislaturperiode das Angebot der Fraktion, Justizminister zu werden, dankend abgelehnt.

(Abg. Dr. Reinhart CDU: Oh! Oi!)

Ich bin noch heute sehr froh darüber – ich darf das an dieser Stelle sagen –, dass ich so entschieden habe. Denn das war ursächlich dafür, dass wir in Baden-Württemberg rund sieben Jahre lang – das sage ich so – das Glück hatten, einen Justizminister Professor Dr. Ulrich Goll zu haben,

(Abg. Bebber SPD: Dafür hätten wir jetzt nicht die Debatte beantragen müssen!)

der seine Aufgabe so ausgezeichnet und eindrucksvoll gemacht hat, dass er – da bin ich sicher – rühmlich in die Annalen der Landespolitik eingehen wird.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Blenke CDU – Abg. Bebber SPD: Wenn Sie ihm das zu Lebzeiten gesagt hätten! – Gegenruf des Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Er sieht noch sehr lebendig aus! – Zuruf des Abg. Dr. Rein- hart CDU)

Ich bin sehr dankbar dafür, dass das bei seiner letzten – der heutigen – Arbeitssitzung von den meisten hier mit großem Beifall versehen worden ist.

Lieber Herr Sakellariou, ich darf hinzufügen, dass dieser besondere Einsatz des Justizministers insbesondere auch dem Strafvollzug gegolten hat. Denn der Strafvollzug war früher einmal ein bisschen das Stiefkind. Unter einem Justizminister Goll war er kein Stiefkind, sondern es war ihm ein großes Anliegen, sich für den Strafvollzug einzusetzen.