Protokoll der Sitzung vom 12.12.2002

Dieser Krawall sollte wohl eine andere wichtige Neuerung dieser Novellierung übertönen, nämlich die Regelung, den Einstieg von Unternehmen, die von Parteien beeinflusst sind, im Hörfunk- und Fernsehbereich zu verhindern.

Die SPD, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist über die Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft in der Bundesrepublik direkt und indirekt an 22 Zeitungen und 16 Radiosendern beteiligt. 2 Millionen Exemplare täglich produzieren diese Zeitungen, an denen die SPD Anteile hält.

(Abg. Fleischer CDU: Hört, hört!)

Wir wollen eines nicht: dass SPD-beeinflusste Firmen mit dem Geld, das mittelständische Hörfunkunternehmen dank roter Wirtschaftspolitik nicht mehr haben, in diese mittelständischen Firmen einsteigen, Anteile übernehmen und dann darüber Politik machen.

(Zuruf des Abg. Boris Palmer GRÜNE – Beifall des Abg. Fleischer CDU – Abg. Fleischer CDU: Sehr gut!)

Deswegen möchten wir eine Novellierung in diesen Punkten.

Wir halten es für zutiefst undemokratisch und gegen die Meinungsvielfalt gerichtet, Herr Palmer, dass Unternehmen, deren Parteibeteiligungen ja nicht offen zutage treten, in diesem Sektor engagiert sind und sich über die Hintertür eine sorgfältig verschleierte Macht aufbauen. Ich nenne einige Sender, um die es geht: Antenne Mecklenburg-Vorpommern, Radio Brocken, Antenne Thüringen, Radio 1 Coburg, Radio Euroherz, Radio Galaxy, Radio Mainwelle, RPR 1 und RPR 2

(Abg. Birgit Kipfer SPD: Nur, in Baden-Württem- berg spielt das alles keine Rolle, Frau Kollegin! – Zuruf von der SPD: Reden wir einmal über „Son- nenklar“!)

sind alle mittelbar oder unmittelbar zu unterschiedlich großen Teilen über SPD-Besitz von der SPD beeinflusst. Das wird es dank der Novellierung in Baden-Württemberg nicht geben. Wir zählen in Baden-Württemberg stattdessen weiter auf eine transparente Rundfunk- und Fernsehlandschaft, bei der die Hörer und die Zuschauer wissen, mit wem sie es zu tun haben, und bei der sie auch wissen, dass politische Parteien nicht über die Hintertür versuchen, Meinungsvielfalt zu verhindern, die wir in diesem Land und überall brauchen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Das Wort erhält Frau Abg. Kipfer.

Das ist sehr dankenswert, Herr Präsident. Es ist immerhin ganz interessant gewesen, die Ausführungen der Kollegin vorher zu hören.

Die Änderungen in diesem Landesmediengesetz kommen zwar ziemlich sanft daher, aber sie haben es dennoch in sich. Ich denke, wir brauchen über die Anpassung an bestehende Rundfunkstaatsverträge nicht zu diskutieren. Auch dass das Jugendprogramm des SWR künftig über Kabel verbreitet werden kann, begrüßen wir.

Die Einbindung des neuen privaten Landessenders in § 22, also, wie Herr Palmer schon ausgeführt hat, in den nachrangigen Bereich, in dem keine Ausschreibung stattfinden muss, halten wir allerdings für nicht sachgerecht. Das werden wir dann in der zweiten Lesung auch entsprechend beantragen.

Frau Kollegin Gräßle, da Sie das Thema B.TV jetzt so breit ausgeführt haben, möchte ich Sie darauf hinweisen, dass dieser Sender – –

(Abg. Dr. Inge Gräßle CDU: Seit zwei Wochen ha- ben Sie Pressemitteilungen zu diesem Thema!)

Ja, ja. – Wir können uns nämlich durchaus eine gesunde private Medienlandschaft im regionalen und landesweiten Fernsehen vorstellen.

(Abg. Dr. Inge Gräßle CDU: Wir auch!)

B.TV sendet derzeit ein Notprogramm. Dafür ist es nicht lizenziert worden. Es wird nur eine Frage der Zeit sein, wie lange die LfK sich das bieten lässt. Ich habe den Eindruck, die Landesregierung hofft, dass sich B.TV an seinem seidenen Faden wieder in die Gewinnzone hinaufkatapultiert. Wir warten das ab. Wenn sie das schaffen, dann sollen sie das schaffen. Aber zurzeit senden sie, wie gesagt, ein Notprogramm.

Ich will mich aber in der kurzen Zeit – in den fünf Minuten, die mir verbleiben – mit einem ganz anderen Thema befassen, nämlich mit dieser ominösen Vorschrift, dass Unternehmen, an denen Parteien beteiligt sind, künftig nicht

mehr lizenzfähig sein und auch nicht als Treuhänder akzeptiert werden sollen. Als warnendes Beispiel dient da immer die Westdeutsche Allgemeine Zeitung, die damals mit dem bösen Herrn Bodo Hombach an der Spitze versuchte, bei Springer einzusteigen. Das muss bei der CDU eine Schockwelle ausgelöst haben.

(Heiterkeit bei der SPD – Abg. Braun SPD: Die sind immer noch ganz bleich!)

So hat auch Herr Stoiber vor der Bundestagswahl seine Absicht erklärt, das Parteiengesetz zu ändern. Weil er diese Wahl verloren hat, müssen die Länderparlamente das nun nachvollziehen.

(Abg. Sakellariou SPD: Ausführen!)

Von Beteiligungen der SPD an Medienunternehmen in Baden-Württemberg kann zwar keine Rede sein, aber man kann ja nie wissen, Herr Minister.

(Abg. Dr. Inge Gräßle CDU: Eben!)

So erklären Sie sich, Herr Palmer, mit treuem Augenaufschlag

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

zum Saubermann in der Medienlandschaft. Ich zitiere aus einer Pressemitteilung vom 18. August. O-Ton Palmer:

Wir wollen mehr Transparenz, und wir wollen die Unabhängigkeit der Medien stärken.

Ich kann nur sagen: Welche Heuchelei!

(Beifall bei der SPD)

Wie viele Medienunternehmen in Baden-Württemberg werden von bekennenden Christdemokraten geführt? Die haben zwar keine Beteiligungen und sind auch keine Treuhänder, aber sie sind in Person vorhanden.

(Abg. Schmiedel SPD: Lauter Schwarze!)

Wie verhält es sich zum Beispiel mit dem kleinen lokalen Sender, dessen Geschäftsführer Anteile am Sender hält und gleichzeitig Ehrenvorsitzender der Kreis-CDU ist?

(Oh-Rufe von der SPD)

Er ist auch kein Treuhänder, aber er hat doch erheblichen parteipolitischen Einfluss auf das Programm.

(Abg. Braun SPD: Unglaubliche Heuchelei! – Abg. Dr. Inge Gräßle CDU: Das Eis, auf dem Sie gehen, ist so dünn!)

Wie musste man es eigentlich verstehen, als der damalige Staatssekretär im Staatsministerium, Herr Menz – heute, welch Zufall, Verwaltungsratsvorsitzender im Südwestrundfunk –,

(Zuruf des Abg. Rau CDU)

also quasi Ihr Vorgänger, Herr Palmer, bei der Verabschiedung des Intendanten des Süddeutschen Rundfunks damals

in seliger Erinnerung von den vielen Frühstücksgesprächen in der Intendantensuite im 8. Stock des Funkhauses schwärmte?

(Zuruf des Abg. Scheuermann CDU)

Und das tat er auch noch öffentlich. Wahrscheinlich hatte es ihm der schwarze Kaffee dort angetan, und wahrscheinlich hat er ihm auch geschmeckt.

Wie war es damals, als bei der letzten Wahl des SDR-Verwaltungsrats nicht nur die Sozis, sondern auch so ehrenwerte Personen wie Professor Rettich, der ehemalige Kulturbeauftragte von Ministerpräsident Späth, vom Freundeskreis der CDU handstreichartig hinauskatapultiert wurden? Wie verhält es sich mit einem öffentlich-rechtlichen Sender, dessen Geschäftsführung – sicherlich nicht ohne Ihr Zutun – an seiner Spitze demnächst fast komplett schwarz besetzt sein wird?

(Abg. Sakellariou SPD: Genau!)

Wie steht es mit der Zusammensetzung der Mitglieder des Rundfunkrats? Haben Sie nicht sorgfältig darauf geachtet, dass immer eine CDU-nahe Mehrheit gesichert bleibt? Wie soll man es deuten, wenn jetzt die neuen Mitglieder des Rundfunkrats im SWR als Erstes eine Einladung zum schwarzen Freundeskreis bekommen, die von Herrn Oettinger persönlich unterschrieben ist, der selbst überhaupt kein Mitglied im Rundfunkrat ist?

(Abg. Braun SPD: Oi, oi, oi! – Abg. Schmiedel SPD: Unglaublich!)

Der Rundfunkrat als Vorfeldorganisation der CDU.

(Abg. Braun SPD: Filz ohne Ende! – Zuruf der Abg. Dr. Inge Gräßle CDU)