Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Thema Verwaltungsstrukturreform beschäftigt den Landtag in einer dynamischen Reihenfolge seit tatsächlich 50 Jahren. Das Ergebnis der bisherigen Reformen darf ich Ihnen einmal schaubildlich darstellen.
Dieses Schaubild habe nicht ich erstellt, sondern es stammt aus dem Innenministerium des Landes Baden-Württemberg.
Wenn Sie sich dieses Schaubild einmal vergegenwärtigen – ich weiß nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen, wer von Ihnen sich die Mühe gemacht hat, dieses Schaubild einmal genau zu verfolgen; ich zeige es auch den Sozialdemokraten –,
(Heiterkeit – Abg. Drexler SPD: Wir kennen es auswendig! – Abg. Hofer FDP/DVP: Wir kennen es auch! Zeigen Sie es einmal in die eigenen Rei- hen!)
werden Sie schnell feststellen, dass die Landesverwaltung in zahlreiche vertikale und horizontale Ebenen gegliedert ist. In diesen Strukturen arbeiten, wenn man die Universitäten und Kliniken hinzunimmt, 280 000 Menschen – und das auf der Basis einer Reform, Herr Kollege Heinz, die im Jahr 1970 begonnen wurde und 1973 abgeschlossen war. Vorbei an allen gesellschaftlichen Entwicklungen haben sich grundsätzliche Reformen in der Landesverwaltung seitdem nicht mehr durchsetzen lassen.
Unser Anliegen ist nun Folgendes – da können Sie abwinken, solange Sie wollen, Herr Kollege Heinz, es bleibt trotzdem richtig –: Wir müssen in Zeiten gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Veränderungen doch wenigstens einmal evaluieren, ob die Strukturen der Landesverwaltung mit den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedürfnissen und mit den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes noch übereinstimmen.
Ich darf drei weitere Punkte benennen, die erklären, warum wir der Meinung sind, dass die Verwaltungsstrukturreform auf die Agenda dieses Landtags gehört.
Erstens: Wir haben schon den ganzen Morgen von Sparzwängen gehört, darüber gesprochen und diskutiert. Man kann nun darüber streiten, ob 1 Milliarde oder 2 Milliarden € fehlen. Dieser Streit ist müßig. Tatsache ist, dass große finanzielle Einbrüche vor uns stehen, dass wir sparen müssen. Jetzt geht es einfach darum, dass wir natürlich nicht nur punktuell und partiell sparen können und sollten, sondern dass wir strukturell sparen sollten.
Allein deswegen ist eine Verwaltungsstrukturreform nicht so zu machen, wie Sie das seit Jahren machen wollen: in Einzelbereichen einmal einige Behörden zu fusionieren, Aufgaben auf Landesbetriebe zu übertragen, in geringem Umfang vielleicht auch Aufgaben und Stellen abzubauen.
Das will ich ja gar nicht bestreiten. Das alles findet aber bei gleich bleibenden Strukturen statt und nicht – da gebe ich Herrn Kollegen Hofer Recht – auf der Grundlage eines ganzheitlichen Konzepts.
Ein Weiteres, was ich Ihnen, Herr Kollege Heinz – das gilt auch für die CDU insgesamt und für den Herrn Innenminister –, an dieser Stelle einmal ins Stammbuch schreiben möchte: Wenn Sie sich einmal mit dieser Frage befassen und sie ganzheitlich angehen wollten, dann schauen Sie sich einmal den Landesentwicklungsplan an, der gerade fortgeschrieben worden ist. Da werden Sie schnell feststellen, dass sich die Bedeutung der Regionen in den vergangenen Jahren – auch nach Ihrer Auffassung, denn der fortgeschriebene Landesentwicklungsplan kommt ja von Ihrer Landesregierung – sehr verändert hat. Aber an den Verwaltungsstrukturen wollen Sie keine Veränderung vornehmen. Das passt einfach nicht zusammen. Das bedeutet tatsächlich: Sie sind nicht nur reformresistent, sondern Sie sind auch beratungsresistent, und das ist immer schlecht für ein Land und für die Entwicklung eines Landes.
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Dr. Lasotta CDU: Ach was! – Zuruf des Abg. Scheuermann CDU)
Weil jetzt auch mehrfach zitiert worden ist, darf auch ich mir noch zwei oder drei Zitate erlauben, die durchaus interessant sind, Herr Kollege Drexler, zum Beispiel was den hier gerade nicht anwesenden Ministerpräsidenten betrifft.
Er hat einen Brief an alle Beschäftigten des öffentlichen Dienstes des Landes Baden-Württemberg geschrieben und darin vieles vorgetragen.
Ich will das im Einzelnen gar nicht bewerten. Aber an einer Stelle hat er einen Satz formuliert, aus dem, wie ich meine, Kollege Drexler, hervorgeht, dass er wohl doch weiß, worum es in der Zukunft geht. Er sagt nämlich: „Darüber hi
Wenn er das den Beschäftigten des Landes schreibt, dann hat er sich – das unterstelle ich beim Ministerpräsidenten – auch etwas dabei gedacht. Dahinter kann sich eigentlich nur die Überlegung verbergen, auch Strukturreformen herbeizuführen.
Ich zitiere den Ministerpräsidenten noch einmal, weil er später, am 28. Dezember, in der „Schwäbischen Zeitung“ gesagt hat: Wir haben eine Aufgabe für das neue Jahr, das Behördendickicht zu lichten und Behörden abzubauen. Wenn er das ernst meint, liebe Kolleginnen und Kollegen dieses Hauses, dann brauchen wir eine konzertierte Aktion in diesem Landtag, um die Verwaltungsstrukturen des Landes zu reformieren.
Erstens: Aufgabenabbau. Ich habe mir die Mühe gemacht, auch hier wieder eine Internetseite des Innenministeriums abzurufen – das ist manchmal ganz sinnvoll –
Kollege Drexler, das ist gar nicht so schlecht –, aus der man feststellen kann, dass die Mär, dass es immer mehr Gesetze und Verordnungen gebe,
weswegen man immer mehr Menschen im öffentlichen Dienst brauche, jedenfalls nach Auffassung des Innenministeriums dieses Landes nicht stimmt. Wir haben einen Rückgang vom Jahr 1982 – das war hier der Ausgangspunkt – zum Jahr 2000 in der Größenordnung von 25 %.
und wenn das, was auf Ihren Internetseiten steht, richtig ist, dann kann es aber bei zurückgehenden Aufgabenstellungen nicht sein, dass wir am 31. Dezember 2001 den höchsten Personalstand mit den meisten Strukturen und den meisten Ämtern in der Geschichte dieses Landes überhaupt hatten.
Ein Weiteres kommt natürlich hinzu – Herr Kollege Drexler hat es zu Recht angesprochen; auf dem vorhin gezeigten Schaubild kann man das leicht sehen –: Wir sind doch sicherlich einer Meinung – da will ich dem Landwirtschaftsminister gar nicht zu nahe treten –, dass die Bedeutung der Landwirtschaft in unserem Land nicht zu-, sondern abnimmt.
Wenn die Bedeutung abnimmt, dann nehmen die Aufgaben ab, Kollege Scheuermann. Und wenn die Aufgaben abnehmen, dann müssen wir reformieren, und dann müssen wir uns überlegen, welche Einsparmöglichkeiten zum Beispiel bei Flurneuordnungen möglich sind.
Ein letzter Punkt, auf den ich zu sprechen kommen möchte, ist der Verfahrensvorschlag. Es ehrt die sozialdemokratische Fraktion dieses Hauses, dass sie ein aus ihrer Sicht fertiges Konzept auf den Tisch gelegt hat.