Ich will in dieser Legislaturperiode mit der Nullverschuldung die Grundlage dafür legen, dass ein heute 20-Jähriger im Jahr 2020 in einem Land lebt, das nicht nur keine Schulden mehr macht, sondern Schulden zurückzahlt.
Ich möchte, dass ein Facharbeiter, der heute Ende 30 ist, 2020 nicht aus dem Beruf gedrängt wird, sondern dass seine Fertigkeiten und Fähigkeiten durch Weiterbildung und Qualifikation auch in neuen Technologien weiterhin gefragt sind.
Ich werde dafür arbeiten, dass eine heute 60-jährige Frau sicher sein kann, dass sie mit 80 Jahren im Jahr 2020 einen guten Pflegeplatz hat, falls sie darauf angewiesen sein sollte.
Unser Handlungsfeld ist die Gegenwart, diese Legislaturperiode. Wir müssen dazu beitragen, dass wir j e t z t gute Schulen und Berufsschulen, ausreichend Lehrstellen und Arbeitsplätze haben. Aber in dieser Legislaturperiode schaffen wir auch die Voraussetzungen für ein erfolgreiches und menschliches Baden-Württemberg 2020. Wir werden auch in Zukunft unseren eigenen, den baden-württembergischen Weg gehen.
Mit der Koalitionsvereinbarung haben CDU und FDP/DVP den Fahrplan für eine erfolgreiche Zukunft unseres Landes aufgestellt. Wir haben unsere Koalitionsvereinbarung innerhalb von nur einer Woche abgeschlossen. Das ist ein Tempo, das für die große Gemeinsamkeit der beiden Partner spricht.
Deshalb haben wir auch nicht auf jede Frage die gleiche Antwort. CDU und FDP/DVP bilden aber gemeinsam eine Regierungskoalition des Vertrauens. Wir setzen unsere Versprechen um. Wir sagen nach der Wahl nichts anderes als vor der Wahl.
Bitte betrachten Sie die Koalitionsvereinbarung als Bestandteil dieser Regierungserklärung. Ich sage das nicht nur dem Parlament, sondern auch der Öffentlichkeit und al
len Verbänden. Ich will Ihnen heute nicht alle darin enthaltenen Vorhaben ausführlich erläutern, sondern im Wesentlichen die strategische Ausrichtung unserer Politik für Baden-Württemberg vorstellen.
Zuvor möchte ich jedoch ein Wort des Dankes sagen. Ich danke Klaus von Trotha und Gerdi Staiblin. Sie haben beide mit ganzer Kraft und mit Erfolg unserem Land gedient.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Baden-Württemberg ist gut, weil die Baden-Württemberger gut sind.
Im Vergleich der deutschen Länder haben wir einen Spitzenplatz, häufig d e n Spitzenplatz. Aber: „Wer aufhört, besser sein zu wollen, hat aufgehört, gut zu sein.“ Das sagte einer der großen Unternehmensgründer unseres Landes, Robert Bosch.
Wir müssen und wir werden unser Land auf die zentralen Herausforderungen der Zukunft vorbereiten. Wir müssen wirtschaftliche Dynamik und gesellschaftlichen Zusammenhalt im Einklang halten und den Menschen auch im Zeitalter der Beschleunigung, der Globalisierung und der Unübersichtlichkeit Orientierung, Heimat und Geborgenheit ermöglichen.
Wir müssen uns von der Informationsgesellschaft über die Wissensgesellschaft zur Bildungsgesellschaft und zur Ideengesellschaft entwickeln. Baden-Württemberg als große Ideenwerkstatt mit Strahlkraft weit über unser Land hinaus – das ist das Leitbild für Baden-Württemberg als lernende Gesellschaft.
Wir müssen uns auf die großen Veränderungen in Europa vorbereiten. Die heute junge Generation wird die erste wirklich europäische Generation sein, und sie wird die letzten Grenzen auf unserem Kontinent sprengen.
Auf die Europäische Union kommt in den nächsten Jahren die größte Herausforderung seit den Römischen Verträgen zu: Wir haben die einmalige Chance, eine europäische Friedensarchitektur für das 21. Jahrhundert zu schaffen.
Am 1. Januar 2002 wird der Euro in zwölf europäischen Ländern, von Portugal bis Finnland, in den Geldbeuteln der Menschen stecken: eine Währung, ein Markt. Der Euro ist Zahlungsmittel, aber er ist auch Symbol. Über den Euro wird sich Europa auch in den Köpfen der Menschen verankern.
Bis zum Jahr 2004 werden die ersten mittel- und osteuropäischen Staaten der Europäischen Union beitreten. Im gleichen Jahr wird eine neue Regierungskonferenz Europa eine neue Verfassungsordnung geben. Sie wird eine neue Aufgabenverteilung nach dem Subsidiaritätsprinzip bringen müssen, sonst wird das europäische Projekt scheitern.
Bis zur Mitte des Jahrzehnts wird Europa ein anderes Gesicht haben, und zwar nach innen wie nach außen. Es wird ein neues Europa sein.
Wir in Baden-Württemberg bereiten uns zielgerichtet auf diese Veränderungen vor. Wir wollen die Chancen, die sich aus ihnen ergeben, konsequent nutzen: wirtschaftlich, kulturell und im menschlichen Miteinander. Als klassisches Exportland müssen wir die Chance Euro zu einem Erfolg für unsere Wirtschaft und für unsere Bürger machen.
Das neue Europa der Zukunft ist auch eine Herausforderung an unsere Schulen und Hochschulen. Unsere Kinder werden sich auf jeden Fall in mindestens einer Fremdsprache mit ihren europäischen Nachbarn verständigen können.
Wir machen das Land in Bildung, Forschung, Wirtschaft und Verwaltung fit für das neue Europa der Zukunft. Mit der Berufung eines Ministers mit europapolitischem Geschäftsbereich habe ich einen ersten Akzent für die neue Legislaturperiode bereits gesetzt. Wir werden zudem die einzelnen Ministerien stärker auf Europa hin ausrichten.
Die Vertretung des Landes Baden-Württemberg in Brüssel werden wir zu einem „Haus Baden-Württemberg“ ausbauen: zur besseren Vertretung unserer Interessen, als Anlaufstelle für Wirtschaft, Verbände und Politik sowie als Frühwarnstelle für das Land. Als Land im Herzen Europas wird Baden-Württemberg in Brüssel stärker Flagge zeigen.
Das Europa der Zukunft muss auch ein Europa der Regionen sein, das die ganz und gar unterschiedliche Geschichte, Mentalität, Sprache und Kultur seiner Regionen achtet. Als überzeugte Föderalisten sagen wir: Das Europa der Zukunft muss von unten nach oben aufgebaut werden und nicht umgekehrt. Anders lässt sich die Zusammenarbeit in einer Union mit über 20 Mitgliedsstaaten nicht sinnvoll organisieren.
Wir wollen eine klare Kompetenzzuordnung sowie eine Verankerung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts auf europäischer Ebene. Die politische Union muss durch einen Verfassungsvertrag, eine europäische Charta, forciert werden.
Europa ist aber auch – bei aller Vielfalt – gemeinsame Geschichte, gemeinsame Kultur, Anziehungspunkt für viele Menschen aus der ganzen Welt, Triebkraft von Veränderungen in weltweitem Ausmaß und Zukunft für die jungen Menschen. Auch deshalb unterstützt die Landesregierung mit Nachdruck die gemeinsame Bewerbung von Karlsruhe und Straßburg als „Europäische Kulturhauptstadt“. Wir sind eine der kulturell reichsten Regionen des europäischen Kontinents. Ein Zuschlag für Karlsruhe wäre eine Auszeichnung für unser ganzes Land.
Kein Land ist so auf gute Nachbarschaft mit Frankreich angewiesen wie Baden-Württemberg. Wir setzen uns nachdrücklich dafür ein, dass die deutsch-französische Zusammenarbeit Priorität hat in der deutschen Politik. Wir zeigen beispielhaft an der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit mit unseren Nachbarn in Frankreich, der Schweiz und Österreich, wie das Europa der Bürger funktionieren kann.
Baden-Württemberg ist darüber hinaus ein Land mit vielen Partnern in der Welt. Wir wollen unsere internationalen Beziehungen ausbauen und werden inhaltliche und regionale Schwerpunkte für unsere Außenwirtschaft, unsere Entwicklungspolitik und die Zusammenarbeit mit Osteuropa setzen. Wir wollen die Chancen der Osterweiterung nutzen. Genauso wollen wir an der Lösung der Probleme mitarbeiten, die sich aus der Osterweiterung ergeben. Wir machen Europa zu unserer eigenen Sache!
Meine Damen und Herren, Baden-Württemberg ist stark, weil unsere Wirtschaft stark ist. Unsere mittelständisch geprägte Wirtschaft hat sich nach der Strukturkrise in der ersten Hälfte der Neunzigerjahre mit neuen Produkten und neuen Verfahren eindrucksvoll zurückgemeldet. Sie hat sich neue Märkte, neue Geschäftsfelder erschlossen. So erreichten wir ein stärkeres Wirtschaftswachstum als andere Länder, eine stärkere, sogar eine wesentlich stärkere Beschäftigungszunahme, ausreichend viele Ausbildungsplätze und die niedrigste Arbeitslosenquote in Deutschland.
Berufliche Flexibilität ist unverzichtbar und wichtig. Aber wir wollen kein modernes Nomadentum, bei dem die Menschen den Arbeitsplätzen nachziehen müssen. Unser politisches Ziel, das sind Arbeits- und Ausbildungsplätze in Baden-Württemberg – dort, wo die Menschen zu Hause sind.
Beste Bildungschancen, zukunftsgerichtete Forschung, Hochtechnologie und wirtschaftliche Innovationen sind und bleiben der Schlüssel zum Erfolg.
Es ist kein Zufall, dass Beschäftigung und Wirtschaftskraft gerade in den Ländern am stärksten sind, in denen die höchsten Forschungsinvestitionen getätigt werden. Hier sind wir ganz vorne mit dabei und müssen es auch bleiben. Wir investieren deshalb mit der neuen Zukunftsoffensive Junge Generation erneut massiv in die Ideenwerkstatt Baden-Württemberg: in Bildung und Wissenschaft, in Forschung und Hochtechnologie. Die Zukunftsoffensive ist eines der wichtigsten Projekte dieser Legislaturperiode. Jede Region wird davon profitieren.
Wir wollen wertgleiche Lebensverhältnisse in allen Teilen unseres Landes. Wir wollen jede Region in die Lage versetzen, ihr Profil weiterzuentwickeln, denn Baden-Württemberg lebt von der Stärke und von der Ausstrahlung seiner Regionen.
Wir wollen eine gute Ausbildung und Weiterqualifizierung. Wir wollen modernste Wissenschaft und Technik in allen Berufen. Wir setzen auf die Wettbewerbsfähigkeit unserer Kernbranchen und auf einen Branchenmix.