(Abg. Walter GRÜNE: Das hat er doch gar nicht gesagt! Das hättest du dir besser überlegt, bevor du die Frage gestellt hast!)
Sie müssen nicht immer durch „ideologische Ohren“ zuhören, sondern einfach das hören, was ich sage. Ich sage nichts anderes, als dass wir mit realistischen Wachstumsraten von ca. 2 % – wenn wir die bekommen, sind wir froh; das habe ich gerade gesagt – immer noch eine Deckungslücke von 2,9 Milliarden € im Jahr 2006 haben.
Mir geht es darum, Ihnen als Regierungskoalition klar zu machen, dass wir damit die strukturellen Haushaltsprobleme nicht lösen.
(Abg. Bebber SPD: Nullwachstum reicht eben nicht! – Abg. Theurer FDP/DVP: Wir brauchen mehr Wachstum! Wir brauchen eine Wachstumspo- litik! – Gegenruf des Abg. Bebber SPD: Nur Wachstum allein reicht aber nicht!)
Die entscheidende und erste Bedingung dafür, dass es in Deutschland wieder aufwärts geht, ist doch ganz einfach die: Den Leuten muss der Ernst der Lage klar sein.
Solange ihnen der Ernst der Lage nicht klar ist, klagen und jammern sie nur herum, die Lobbygruppen umringen uns, und wir kommen keinen Schritt voran.
Deswegen heißt das erste Gebot: Wahrheit und Klarheit. Nur wenn wir den Leuten endlich reinen Wein über die Situation einschenken, können wir den Lobbyismus in Schach halten
und allen sagen: Wir müssen den Gürtel enger schnallen – nicht aus Spaß, sondern damit wir aus der Krise wieder herauskommen. Das ist ganz genau die Frage.
Die Fragen, die für uns daraus folgen, lauten: Was bedeutet das für den Staat? Welche Aufgaben hat er zu leisten? Welche muss er an die Bürgergesellschaft und an den Markt zurückgeben?
Ich finde, dass Sie diese Fragen nicht angehen. Sie beschließen nach dem Rasenmäherprinzip globale Minderausgaben und gehen an die wirklichen Strukturen nicht heran.
Das führt dazu – Kollege Drexler hat es ganz ausführlich dargelegt –, dass Sie selbst dann, wenn man sich einig ist, dass es eine Kernaufgabe des Staates ist, auch den Schwächsten, denen, denen es in der Gesellschaft am schlechtesten geht, zu helfen, vollkommen unsinnige Einsparungen vornehmen – vom Volumen her auch noch höchst bescheiden, nicht einmal 10 Millionen € –: bei den Sozialpsychiatrischen Diensten, bei der Förderung der beruflichen Eingliederung Arbeitsloser oder durch die einseitigen Kürzungen im öffentlichen Personennahverkehr. Das sind vollkommen unsinnige Streichungen, die bei den Leuten den Eindruck erwecken: „Aha, der Staat versagt, und er hilft noch nicht einmal denen, die die Hilfe am nötigsten brauchen.“ Wenn man solche Signale setzt, werden doch die Leute niemals bereit sein, auf anderem Gebiet schwere Einschnitte mitzutragen. Das ist vollkommen unmöglich.
Bei den Sozialpsychiatrischen Diensten wird es am deutlichsten. Dort ist eine Einsparung vorgesehen, die sich auch fiskalisch negativ auswirkt, weil sie später höhere Kosten in der stationären Pflege verursacht
Das zeigt doch, dass Sie noch nicht einmal wirklich prüfen: Ist diese Maßnahme richtig, oder ist sie kontraproduktiv? Es wird nur gesagt: Jedes Ressort muss halt sparen, egal, ob das sinnvoll ist oder nicht. So kann man keine nachhaltige Finanzpolitik begründen.
Beim öffentlichen Personennahverkehr Mittel zu streichen und sie in den Hochwasserschutz oder sonst wohin zu stecken, das ist doch Unsinn im Quadrat. Jeder weiß, dass die Lawine von Pkws und vor allem von Lkws auf den Straßen immer größer wird.
Da muss man doch jeden Euro dafür ausgeben, zu erreichen, dass die Leute auf der Schiene fahren und nicht im Pkw, dass die Güter auf die Schiene kommen.
Da kann man doch um Gottes willen nicht beim öffentlichen Personennahverkehr streichen. Damit produziert man ja die Staus und die Probleme der Zukunft. Wenn man allerdings eine solche Politik macht wie Sie beim Bundesverkehrswegeplan, wo man den Leuten vollkommen Unerfüllbares anbietet, dann kann man natürlich zu solchen unsinnigen Streichungen wie hier kommen, die absolut kontraproduktiv sind.
Da werden Steuersubventionen abgeschafft. Man hat zum Beispiel die Eigenheimzulage verändert, weil das der größte Subventionsposten im Bund ist. Man hat diese Mittel heruntergefahren und dort konzentriert, wo sie notwendig gebraucht werden, nämlich bei Familien mit Kindern. Eine Familie mit zwei Kindern stellt sich danach nicht schlechter als heute. Zweitens hat man Altbauten mit Neubauten gleichgestellt.
Jetzt frage ich Sie: Was soll in einer Krise der öffentlichen Finanzen daran eigentlich falsch sein? Können Sie mir das einmal erklären? Können wir bei der gegenwärtigen Situation der Haushalte irgendjemandem vernünftig klar machen, dass wir Wohneigentum von Singles und kinderlosen Paaren aus dem Mittelstand subventionieren? Ist das eine sinnvolle Strategie? Doch offensichtlich nicht. Wissen Sie, woran man das sieht? Daran, dass Sie selber die Landeswohnungsbaumittel von ca. 160 Millionen auf 30 Millionen € heruntergefahren haben.
Wenn wir dann erleben, wie wir das gestern Abend alle erlebt haben, dass die Bausparkassen einen Boom erfahren wie noch nie, Wachstumsraten von 20 % haben, die Leute
und an demselben Abend Unternehmen, die solche Wachstumsraten haben, nichts anderes tun, als eine halbe Stunde lang herumzujammern, dann muss ich sagen: Mit einer solchen Haltung kann man die Republik allerdings nicht aus der Krise herausführen.
Statt dass ein solches Unternehmen sagt: „Die Leute tun das Richtige, sie investieren bei uns, und sie werden im Frühjahr auch bauen“, wird herumgejammert, und das noch mit Ihrer Unterstützung!
Was soll daran falsch sein, dass die Mehrwertsteuerbefreiung für den Flugverkehr abgeschafft wird? Warum soll denn das Verkehrsmittel, das am umweltschädlichsten ist, überhaupt keine Mehrwertsteuerbelastung haben? Das ist doch vollkommener Unsinn und durch nichts erklärbar. Warum sollen wir so etwas nicht streichen? Das ist doch erstens ökologisch sinnvoll und zweitens auch ökonomisch völlig richtig.
Was soll daran falsch sein, wenn der Verlustabzug auf die Hälfte des Gewinns begrenzt wird? Das möchte ich Sie einmal fragen.
Jetzt frage ich Sie, wenn Sie das alles ablehnen: Wo, bitte schön, sind Ihre Gegenvorschläge, um den Bundeshaushalt nicht völlig aus dem Ruder laufen zu lassen und um die Maastricht-Kriterien zu erfüllen? Wo sind Ihre Gegenvorschläge? Stoiber hat wieder große Gegenvorschläge angekündigt. Wir haben bis heute keinen einzigen gehört.
Jetzt noch einmal zu Ihrem Verhalten im Bundesrat, Herr Kollege Oettinger: Sie haben bis zur Landtagswahl in Niedersachsen und Hessen nur Nein gesagt. Und jetzt, wo Sie Farbe bekennen müssen, weil Sie die Wahl dort grandios gewonnen haben, kommen Sie überhaupt nicht in die Puschen und sind nicht in der Lage, Gegenvorschläge zu machen, wie der Bund seinen Haushaltssanierungspflichten nachkommen soll. Das kann man aber von einer Landesregierung, die uns hier selber gnadenlos in die Schuldenfalle getrieben hat, auch gar nicht erwarten –