Protokoll der Sitzung vom 26.03.2003

schon gar nicht erfolgt dadurch eine Einsparung von Verwaltung.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Doch, 20 %!)

Ich will Ihnen das einmal am Beispiel der Schulverwaltung erläutern. Damit können Sie uns nicht überraschen. Wir fordern die Abschaffung der Oberschulämter seit ca. zehn Jahren.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Seit 20 Jahren! – Abg. Hofer FDP/DVP: Der Schulämter!)

Aber was muss dem vorausgehen?

(Abg. Hofer FDP/DVP: Schulreform!)

Dem muss doch die Frage vorausgehen, wie Schule überhaupt aussehen soll. Unsere Antwort darauf lautet: Die Schule muss selbstständig werden.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Hofer FDP/DVP: Das haben wir doch alles schon gemacht! Da sind wir uns doch einig!)

Was heißt das ganz konkret? Sie muss selbst über ihre Personalentwicklung entscheiden.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Ja! – Abg. Drexler SPD: Kann sie nicht!)

Sie muss eigene Personalbudgets haben.

(Abg. Drexler SPD: Hat sie nicht!)

Sie muss über die Stellenpläne selber entscheiden können. Sie braucht Geld statt Stellen, damit sie diese Entscheidung treffen kann.

Zweitens braucht sie in der Organisationsentwicklung globalisierte Haushalte, bei denen die Schulträger und das Land, die ja unterschiedliche Dinge bezahlen – die einen die Sachmittel, die anderen das Personal –, zusammenkommen. Die Schule muss also kommunalisiert werden.

Dann kann man an der Schule entscheiden, wie die Unterrichtsgestaltung aussehen soll. Dazu braucht man andere Arbeitszeiten und auch eine ganz andere Struktur.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Völlig d’accord!)

Wie sollen die Schulentwicklungspläne aussehen? Auch das kann eine Schule auf ihren Ort bezogen gestalten. Dann kann sie auch entscheiden, wie sie die Leitungsstrukturen einsetzt und welche Aufgaben diese Leitungsstrukturen haben.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Machen wir!)

Der Staat setzt Standards fest, und das Übrige machen die Schulen vor Ort im Laufe der Zeit viel besser als jede Kultusbürokratie.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Hofer FDP/DVP: Das ist doch unstrei- tig!)

Das nenne ich Aufgabenanalyse, Aufgabenkritik und Aufgabenreduktion.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Das ist doch unstreitig!)

Nein, das ist sehr streitig. – Was machen Sie?

(Abg. Hofer FDP/DVP: Sie rennen offene Türen ein! Das machen wir doch!)

Nein, Sie machen es überhaupt nicht so. Sie machen jetzt, ohne dass eine Dezentralisierung der Schulverwaltung im Sinne der eigenständigen Schule erfolgt ist, nur Folgendes: Das Oberschulamt wird in das Regierungspräsidium verschoben, und die Schulämter werden in die Landratsämter verschoben.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Aber doch nicht 1 : 1!)

Was hat sich an der eigentlichen Schulverwaltung dadurch geändert?

(Beifall bei den Grünen – Abg. Hofer FDP/DVP: Nichts!)

Nichts! Man sieht an diesem Beispiel haargenau, wie eine gescheite Diskussion um die Verwaltungsreform aussehen muss: Sie muss die richtige Reihenfolge haben. Wenn ich diese Aufgabenkritik und Aufgabenreduktion mit der selbstständigen Schule, die wir dann hoffentlich im Laufe der nächsten 10 bis 20 Jahre haben, mache, dann wird sehr wenig staatliche Verwaltungstätigkeit übrig bleiben.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Sehen Sie!)

Dann wird man sehen: Den Großteil dieser Verwaltung brauchen wir gar nicht, und das, was noch an sächlicher Verwaltung gebraucht wird, kann man dann in eine andere Behörde verlagern.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Da sind wir uns doch ei- nig! Das ist ein schlechtes Beispiel!)

Aber so, wie Sie es machen, kann es niemals funktionieren.

(Beifall bei den Grünen)

Das ist die Aufgabenkritik, die dem vorausgehen muss. Und nur das ist das Herz jeder Verwaltungsreform.

Zweitens muss man entscheiden: Welche Ebene ist eigentlich die richtige?

(Abg. Hofer FDP/DVP: Gute Frage!)

Herr Ministerpräsident, Sie arbeiten jetzt im Europäischen Konvent, wie ich finde, für Ihr Anliegen der Subsidiarität eigentlich sehr erfolgreich.

(Abg. Wieser CDU: Sehr gut! Schöner Satz!)

Wir haben das immer sehr aufmerksam begleitet und sind froh darüber, wie Sie das machen. Umso mehr muss es doch erstaunen, dass jemand, der seit Monaten auf der eu

ropäischen Ebene arbeitet, nicht begriffen hat, dass die Regionen die Zukunft Europas sein werden.

(Beifall bei den Grünen)

Das wichtigste Entwicklungsziel, das wir haben, nämlich kräftige Regionen, die wichtige Aufgaben leisten können, kommt in dem ganzen Konzept praktisch nicht vor – außer einer Bestandsgarantie für die Region Stuttgart –,

(Abg. Hofer FDP/DVP: Eine Bestandsgarantie! – Abg. Wieser CDU: Das Land ist doch die Region!)

obwohl jeder, der sich das anschaut, weiß, dass sich die Änderung unserer Lebensverhältnisse und der wirtschaftlichen Beziehungen gerade darauf auswirkt.

Wer auch nur einen flüchtigen Blick auf die Landkreise wirft, wird doch erkennen:

(Abg. Drexler SPD: Bedeutungsverlust!)

In den allerwichtigsten Fragen, die in ihrer Kompetenz liegen – Abfallbeseitigung, Verkehr, Wirtschaftsförderung, Tourismus –,

(Abg. Fischer SPD: Krankenhäuser!)

sind sie zu klein und gründen überregionale Zweckverbände. Das ist offensichtlich gar nicht die Struktur, die für die heutigen Probleme geeignet ist. Wer einen Blick in die Regionen bei unseren europäischen Nachbarn wirft – und das lohnt sich gerade: PAMINA in Karlsruhe oder die EUREGIO in Freiburg

(Abg. Wieser CDU: Das ist doch keine Region!)