Zum Thema kürzere Ausbildungszeiten: Ich meine, dass es durchaus Bereiche gibt, wo es sinnvoll ist, zweijährige Ausbildungen anzubieten. Als Beispiel nenne ich den Beruf des Fahrradmonteurs statt des Zweiradmechanikers, bei dem man bestimmte, dafür nicht erforderliche Lerninhalte herausnehmen kann. Auch der Beruf des Änderungs
schneiders statt des Schneiders ist als mögliches Beispiel anzuführen. Auch bei den Postberufen und im Einzelhandel bestehen solche Möglichkeiten, ohne dass man aufgrund der Straffung eine Überforderung verursacht. Diesbezüglich gibt es Planungen. Diese sollten auch zügiger voranschreiten. Die Sozialpartner sollten sich schneller einigen, damit wir das auf den Weg bringen können.
Sicherlich ist es auch wichtig, einzelne Ausbildungsabschnitte zu zertifizieren, zum Beispiel bei den Zwischenprüfungen, und einzelne Module besser anzuerkennen, um sowohl den ausbildenden Betrieben als auch den Auszubildenden neue Chancen zu eröffnen.
Die Ausbildungsplatzabgabe ist sicherlich nicht das Allheilmittel; mit „Gerechtigkeitssuppe“ kann man sie aber auch nicht abtun, Herr Minister Döring. Ich meine, es gibt gute, verständliche Gründe für diese Forderung. Ich halte es auch für sehr viel besser, wenn alle anderen Maßnahmen greifen und man dieses Instrument nicht zur Anwendung bringen muss.
Den Ausbildungsappell am Schluss halte ich für wichtig, und ich möchte mich ihm auch anschließen. Ich meine, dass auch das Land, die Verwaltung und alle öffentlichen Einrichtungen in der Pflicht sind, Ausbildungsplätze zu schaffen. Dies muss auf jeden Fall auch in zukünftige Planungen aufgenommen werden, um mit gutem Beispiel voranzugehen.
Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist der Tagesordnungspunkt 2 – Aktuelle Debatte – geschlossen.
a) Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Staatsministeriums – Die Situation des privaten Fernsehsenders B.TV und seine Perspektiven im Rahmen der baden-württembergischen Medienpolitik – Drucksache 13/1244
b) Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Staatsministeriums – Der Investor bei B.TV und seine persönlichen und sachlichen Voraussetzungen nach dem Landesmediengesetz – Drucksache 13/1850
Ich rufe zusätzlich den Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 13/1931, zum Antrag Drucksache 13/1850 auf.
Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten und für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen! Es freut mich, dass dieses Thema so viel Aufmerksamkeit erregt. Inzwischen interessiert sich die ganze Republik für die Frage,
wohin die Medienpolitik dieser Landesregierung treibt. Herr Palmer, das haben Sie uns zu verdanken. Sie sind ja eifrig bestrebt, irgendwann den Anschluss an die Medienmetropolen dieser Republik zu finden, und haben sich mächtig ins Zeug gelegt,
als Sie bemüht waren, einen Reiseverkaufssender in dieses Land zu ziehen. Das war Ihnen wichtig genug, um sich munter in der Grauzone zwischen erlaubter Standortpolitik und verbotener Einflussnahme auf die Landesmedienanstalt zu tummeln. Die Frage stellt sich, wie sehr Sie sich getummelt haben, als es um die Rettung des alten B.TV-Senders ging. Denn der Haussender des Herrn Ministerpräsidenten ist Pleite gegangen.
Aufmerksame Beobachter hatten sich schon längst gewundert, aus welch scheinbar unerschöpflicher Finanzquelle B.TV Millionen in den Sand setzen konnte. Auffällig war, wie langmütig die Landesanstalt für Kommunikation diesem zugesehen hat. Noch auffälliger aber war, wie sehr die Landesregierung bemüht war, ihre Anstrengungen, den Sender flüssig zu halten, zu verbergen.
Unsere Fragen dazu haben Sie zunächst überhaupt nicht beantwortet. Schließlich verschanzten Sie sich hinter dem Bankgeheimnis, und erst in der Stellungnahme zu dem Antrag Drucksache 13/1244, der heute mit zur Debatte steht, geben Sie zu, bereits im Herbst 2001– also ein Jahr vor der Insolvenz des Senders – den Vorstandsvorsitzenden der EnBW darauf aufmerksam gemacht zu haben, dass neue Gesellschafter gesucht werden.
Dieses Dunkel wird noch Stoff für weitere Beratungen liefern. Ihr Schweigen jedenfalls spricht Bände.
Jetzt zu dem neuen Investor: Trotz allen Bemühens um den Medienstandort Baden-Württemberg und – immerhin – um das Fortbestehen von 200 Arbeitsplätzen will die Landesregierung von all dem nichts gewusst haben und mit diesem Investor nichts zu tun gehabt haben.
Entweder ist es Ihnen gleichgültig, Herr Minister, wer wie für wen und mit wem in Baden-Württemberg privates Fernsehen veranstaltet – das nimmt Ihnen niemand ab –, oder Sie treiben Ihr Spiel im Verborgenen.
Ich fordere Sie auf, hier endlich einmal darzulegen, nach welchen Spielregeln und mit wem Sie in diesem Land privates Fernsehen organisieren wollen. Sie sind dies der Öf
fentlichkeit schuldig. Fernsehen in diesem Land ist nicht die private Angelegenheit eines Ministers oder gar der CDU.
Um die Unabhängigkeit der Landesmedienanstalt brauchen Sie sich dabei nicht zu sorgen. Wenn sie nämlich unabhängig ist, lässt sie sich auch nicht von Ihren öffentlichen Äußerungen im Landtag oder Ihren Äußerungen in der Öffentlichkeit beeinflussen. Wenn Sie dagegen befürchten, mit Ihren Äußerungen die LfK unzulässig zu beeinflussen, dann allerdings hat die LfK ein Problem – und damit auch Sie.
Ihm haben wir mühselig genug das Eingeständnis abgerungen, und zwar erst, nachdem er dies alles abgestritten hatte, dass er ein Betreiber von Sexseiten im Internet und ein Produzent von Pornoclips gewesen ist und noch ist, der jetzt ein Programm macht, von dem sich die Kirchen mit Grausen abgewendet haben.
Damit dies klar ist: Dieser Herr kann privat machen, was er will, solange sich das im Rahmen der Gesetze hält. Aber die Öffentlichkeit und die LfK hinters Licht zu führen, ja geradewegs zu belügen, das darf er nach unserer Auffassung nicht, wenn er hierzulande einen Fernsehsender betreiben will.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Drexler SPD zur CDU: Da klatscht ihr nicht! Nach Auffassung der CDU darf er das!)
Denn es geht um seine Zuverlässigkeit. Da ist das Vertrauen nachhaltig gestört, übrigens nicht nur bei uns, sondern auch bei den Kirchen. Deshalb stellt sich sehr wohl die Frage, ob er bei allem, wie er sich uns dargestellt hat, die Gewähr dafür bietet – so, wie es das Gesetz erfordert –, ein Programm gemäß den gesetzlichen Vorgaben zu machen.
Weil sich die LfK schwer tut, halten wir es für notwendig, die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Lizenzentscheidung zu präzisieren. Es gibt andere Landesmediengesetze, in denen dies sehr viel differenzierter drinsteht als in unserem Landesmediengesetz. Die Landesregierung muss sich fragen lassen, warum sie bei der Einbringung der Mediengesetznovelle im vergangenen Dezember – das ist noch gar nicht so lange her – nicht schon eine Präzisierung eingebaut hat, denn sie hat den Bewerber damals bereits gekannt. Auch die LfK hat schon im Oktober von dem ihn umgebenden Rotlichtmilieu Kenntnis gehabt.
Einen Fernsehsender betreiben zu dürfen ist bei aller zu wahrenden Meinungsfreiheit ein Privileg, das die Gesellschaft Personen verleiht, deren Integrität unantastbar erscheint. Fernsehen zu veranstalten ist etwas anderes, als eine Würstchenbude zu betreiben – das habe ich oft genug gesagt – oder Automobile oder sonst etwas herzustellen. Bewegte Bilder nehmen Einfluss auf die Köpfe der Menschen, und zwar mehr als alle anderen Medien. Das rechtfertigt eine besondere Prüfung der Zuverlässigkeit.
Wir beantragen ferner, Redaktionsstatute als sachliche Voraussetzung für eine Lizenzierung gesetzlich festzulegen. Wir haben das schon bei der eben erwähnten letzten Novellierung beantragt. Den Redaktionsmitarbeitern bei B.TV, meine Damen und Herren, wäre einiges an eigentümlichen Führungsmethoden des neuen Investors erspart geblieben, wenn Sie uns schon damals zugestimmt hätten. Heute wollen wir auch darüber abstimmen lassen, weil wir es für dringlich halten, dieses Gesetz entsprechend zu ändern.
Ich fordere Sie auf, Herr Minister, endlich einmal zu erklären, ob Sie befürworten, dass ein Pornohersteller – von seiner Sektennähe will ich gar nicht erst reden – in BadenWürttemberg Fernsehen machen darf. In Ihrem Bemühen um den Medienstandort Baden-Württemberg sprechen Sie immer von Wertschöpfung. Erklären Sie uns heute doch einmal, welche Werte Sie eigentlich schöpfen wollen.