Von zentraler Bedeutung ist dabei das Thema Flächenverbrauch. Wir wissen: Derzeit werden in Baden-Württemberg pro Tag ca. 11 Hektar Fläche verbraucht. Das ist das Problem der zunehmenden Versiegelung. Dieser Flächenverbrauch ist eines der drängendsten Umweltprobleme, mit denen wir uns beschäftigen müssen. Die Verpflichtung zur sparsamen Flächennutzung ist daher im Umweltplan des Landes festgelegt. Wenn man das praktisch umsetzen will, dann sind regionalplanerische Steuerungsinstrumente erforderlich. Es muss den Regionalverbänden daher möglich sein, konkrete Richtwerte für die anzustrebende Siedlungsstruktur festzulegen. Nur so lässt sich eine ungehemmte Siedlungsentwicklung begrenzen, und nur so kann die Forderung des Umweltplans nach einem sparsamen Flächenverbrauch umgesetzt werden.
(Beifall bei den Grünen – Abg. Boris Palmer GRÜ- NE: Wo ist der Umweltminister? Er ist gar nicht da!)
Wir kritisieren daher, dass die Regionalplanung für die langfristig anzustrebenden Siedlungsstrukturen keine Richtwerte mehr vorgeben darf und dass damit der Landesentwicklungsplan keine quantitativen Vorgaben mehr machen kann. Aber nicht nur das. In § 37 kommt es ganz dick. Da
rin steht: Alle bisher geltenden Richtwerte sollen ihre Gültigkeit verlieren. Meine Damen und Herren, wenn das wahr wird, können wir das ganze Gerede vom sparsamen Flächenverbrauch schlicht und einfach den Hasen geben.
Ich komme zu einem ersten Fazit: Dort, wo die Landesplanung einer ungehemmten Siedlungsentwicklung und dem fortschreitenden Flächenverbrauch Grenzen setzen könnte, werden ihr die Zähne gezogen. Die Landesplanung droht zu verkommen zu einer schönen Sonntagsrede, deren Versprechungen in der Praxis nicht umgesetzt werden können. Hier fordern wir Änderungen ein. Die Beibehaltung von Richtwerten für die Siedlungsentwicklung und strengere Anforderungen an das Zielabweichungsverfahren sind dabei für uns von besonderer Bedeutung.
Meine Damen und Herren, ich komme jetzt zum zweiten Bereich, der Frage der Ökologie und der Nutzung der erneuerbaren Energien. Vorab: Es ist schon erstaunlich, welchen Schwenk die Landesregierung da vollzieht. Während bei der Siedlungsentwicklung die Zeichen auf Liberalisierung und Deregulierung stehen, verfällt die Landesregierung bei der Windkraftnutzung genau ins Gegenteil. Hier will sie erneuerbare Energien in einer Weise knebeln, wie es kaum schlimmer kommen könnte.
Ich möchte hier klar und deutlich feststellen: Auch wir Grünen sind für die Planung von Windkraftanlagen. Auch wir fordern den geordneten Ausbau.
Das heißt, wir wollen nicht die flächendeckende Verspargelung der Landschaft. Aber, Herr Birk, wenn Sie schon jetzt, wo in ganz Baden-Württemberg 200 Windkraftanlagen stehen, dabei sind, das Horrorgemälde „jeder Schwarzwälder Hügel ist mit Windkraftanlagen überdeckt“ an die Wand zu malen,
Das heißt: Wir Grünen sind eindeutig für die Steuerung beim Bau von Windkraftanlagen. Wie muss das gehen?
Dagegen sprechen drei Gründe. Der erste Grund ist das, was Herr Schmiedel schon sagte: Vorranggebiete bedeuten, dass all diejenigen Nutzungen in diesen Gebieten auszuschließen sind, die mit der Windkraftnutzung nicht verein
bar sind. Wenn wir uns anschauen, wie viele Nutzungsansprüche wir an unsere Landschaft haben, dann werden bei einer sachgerechten Abwägung nur sehr, sehr kleine Flächen übrig bleiben, vielleicht 2 % oder 1 % oder noch weniger.
Mir wird zugerufen: 0,6 % der Fläche in der Region Stuttgart sind Vorranggebiete. Solche kleinen Flächen engen die Windkraft ein, nehmen ihr die Entwicklungsperspektive. Damit widerspricht das Ganze dem Ziel der Landesregierung, den Anteil der erneuerbaren Energien zu verdoppeln. Es widerspricht auch der EU-Richtlinie zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien. Danach sind nämlich die Mitgliedsstaaten gehalten, für den Abbau von Hemmnissen, die die erneuerbaren Energien behindern, zu sorgen.
(Abg. Dr. Birk CDU: Steuerungsinstrumente, aber kein Hemmnis! – Zuruf der Abg. Dr. Carmina Brenner CDU)
Als Weiteres hebt die Schwarz-Weiß-Regelung auch die vom Bundesgesetzgeber gewollte Privilegierung auf. Der Bundesgesetzgeber hat in der Begründung zu dem Baugesetzbuch geschrieben, dass er einen Ausbau der Windkraft will. Dem würde dadurch auch entgegengewirkt werden.
Ein zweiter Punkt – da würde ich Sie wirklich mal bitten, Herr Birk, mich aufzuklären –: Ein Gesetz sollte auch eine gewisse Systematik haben, damit man es besser verstehen kann. Aber das, was Sie mit der Regelung zur Windkraft machen, ist ein absoluter Systembruch. Wenn man sich einmal anschaut, was bundesweit in den Landesplanungsgesetzen drinsteht, stellt man fest: Solch eine Sonderregelung für Windkraft, wie Sie sie wollen, gibt es bundesweit noch nirgends.
Das heißt, Sie schaffen hier praktisch eine Lex Windkraft, einen speziellen Sonderfall, und schon allein unter dem Aspekt, dass ein Gesetz klar gegliedert und eindeutig sein sollte, sollte man diese Regelung ablehnen.
(Abg. Boris Palmer GRÜNE zur CDU: Von wegen Bürokratieabbau! – Gegenrufe von der CDU, u. a. der Abg. Ursula Lazarus – Abg. Heike Dederer GRÜNE: Frau Lazarus, sind Sie auch gegen die Strommasten zu Felde gezogen? – Gegenruf des Ministers Dr. Döring: Was erzählen Sie denn jetzt? – Vereinzelt Heiterkeit)
Jetzt ein dritter Punkt: Wir sprechen uns gegen die Schwarz-Weiß-Regelung aus. Aber wie muss dann die Alternative aussehen?
Ich sage: Wir brauchen neben den Vorranggebieten und den Ausschlussgebieten eine dritte Kategorie. Da muss ich Ihnen, Herr Birk, widersprechen. Sie sagten, die Regionalverbände hätten in großer Zahl im Wesentlichen zugestimmt. Gerade in diesem zentralen, strittigen Punkt fordert die Arbeitsgemeinschaft der Regionalverbände in BadenWürttemberg, fordern also die Fachleute auf diesem Gebiet, Eignungsgebiete aufzunehmen.
Das Eignungsgebiet ist aber eine notwendige planerische Steuerungsoption für die Regelung der Windkraftnutzung.
Ich sprach von der Arbeitsgemeinschaft der Regionalverbände; das sind die Fachleute. Diese sprechen von einer notwendigen planerischen Steuerungsoption, und sie fassen auch die Vorteile dieser Option zusammen. Denn Eignungsgebiete lassen gebietsintern alle privilegierten Nutzungen im Außenbereich weiter zu. Die Grundstückseigentümer werden weniger belastet als bei Vorranggebieten, und den Gemeinden wird mehr Ausformungsspielraum gegeben. Das ist die eine Seite.
Auf der anderen Seite ist, wenn Sie Ausschlussregelungen haben wollen, nach dem Bundesraumordnungsgesetz schlicht und einfach das Eignungsgebiet das Mittel der Wahl, um diese Ausschlussgebiete umzusetzen, wenn wir eine dreistufige Planung haben wollen. Dafür sprechen wir uns aus.
Zusätzlich ist es so: Diese Eignungsgebiete brauchen wir nicht nur aus Gründen der Windkraft. Vorhin sind ja schon Siedlungsentwicklung und großflächiger Einzelhandel angesprochen worden. Wir sagen: Die Regionalplanung soll die Möglichkeit haben, großflächigen Einzelhandel gebietsscharf auszuweisen. Aber wenn das kommen soll, dann müssen wir auch die Kategorie der Eignungsgebiete mit in das Landesplanungsgesetz aufnehmen.
Aus all diesen Gründen – ich darf zusammenfassen – sprechen wir Grünen uns gegen die Schwarz-Weiß-Regelung bei der Windkraft aus,
Wir brauchen ein Landesplanungsgesetz, das der Windkraft Wachstum ermöglicht. Deshalb brauchen wir bei der Aus
weisung von Windkraftflächen auch die Kategorie der Eignungsgebiete, und diese Eignungsgebiete haben nicht nur bei der Windkraft, sondern auch anderswo ihre Vorteile.