Im Übrigen misstrauen wir auch der Aussage, dass die Landesbediensteten einbezogen werden. Das stimmt doch gar nicht. Sie haben jetzt im NSI-Projekt den Hauptpersonalrat aus dem Lenkungsausschuss hinausgestoßen. Der darf nicht mehr teilnehmen.
Er hat bisher teilgenommen. Wo ist denn da die Mitarbeit der Bediensteten? Er kann sich jetzt die Informationen vom zuständigen Ministerium, vom Sozialministerium holen. Das ist Ihre praktizierte Mitarbeit von Landesbediensteten, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Niemand glaubt Ihnen, dass Sie bei der Verwaltungsreform die Leute einbeziehen, wenn Sie jetzt den Hauptpersonalrat aus dem Lenkungsausschuss hinaustun.
Jetzt kommen die großen Würfe, liebe Kolleginnen und Kollegen. Also: Mut zu großen Würfen. Die Frau Justizministerin hat einen großen Entwurf abgeliefert. Ich sage nur: netto 60 Millionen € weniger, wenn Ihr Entwurf umgesetzt wird. Das muss man erst einmal von anderer Seite hereinholen, wenn man zum Beispiel das Notariatswesen abgibt. Jetzt ist die Frage: Warum soll denn das Land BadenWürttemberg dies machen?
Damit man noch etwas privatisieren kann, Herr Kollege, kam man auf die Gerichtsvollzieher und die Bewährungshelfer. Die Bewährungshelfer sind extra zu sehen. Aber Gerichtsvollzieher üben staatliche Gewalt aus, und staatliche Gewalt können wir nicht privatisieren, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Das mag ja durchaus sein. Wir wollen das nicht. Ihr früherer Justizminister wollte die Gefängnisse privatisieren. Nach dem 11. September 2001, nach dem Anschlag in Amerika, ist er davon abgegangen. Jetzt kommen Sie mit den Gerichtsvollziehern. Lassen Sie das doch bleiben! Schauen Sie in anderen Bereichen der Justiz, bei Amtsgerichten und sonstigen Dingen, was man machen kann. Privatisieren Sie aber bitte nicht staatliche Gewalt, bringen Sie
die nicht in private Organisationen. Das kann man nicht machen. Da muss es eine Trennung geben. Sie werden auf den entschiedenen Widerstand der SPD-Fraktion stoßen, wenn Sie staatliche Gewalt privatisieren wollen, Herr Kollege Pfister.
Herr Ministerpräsident, nur ganz kurz: Sie haben zum Schluss noch eine ganze Reihe von Sachen vorgelesen, die in Baden-Württemberg wichtig sind. Ich sage noch einmal: Kindergarten, Kindererziehung. Da stehen wir ja in BadenWürttemberg nicht so gut da. Sie wissen das. Sie haben das jetzt alles auf die Kommunen verlagert, ohne den Kommunen weiteres Geld zu geben. Alle Kommunen sagen: Wir können die Kleinkinderbetreuung ohne zusätzliche Mittel nicht ausbauen. Was also da das Lob soll, das verstehen wir nicht. Wir verstehen auch das Lob für die Imagekampagne für Baden-Württemberg nicht. Die hat uns bei der Olympiabewerbung überhaupt nicht geholfen, sage ich einmal,
aber dazuhin ist das ein Geldbetrag, der uns in anderen Bereichen fehlt. Das ist genau der Betrag, den wir für die Versorgung von psychisch Kranken, bei der Komm-Struktur von Angeboten der Kommunen usw. gehabt haben. Das ist jetzt alles wegen der Imagekampagne weggefallen. Man hätte ja auch die Imagekampagne streichen können, um dafür etwas für die Bürgerinnen und Bürger im Land BadenWürttemberg zu tun.
Sie versprechen: Wir sind uns bewusst, dass Baden-Württemberg im Wettlauf um die besten Köpfe nur dann erfolgreich sein kann, wenn die Integration ausländischer Mitbürgerinnen und Mitbürger gelingt. Weiter sagen Sie: Unser Land ist weltoffen; unser Hauptziel für ausländische Mitbürger, die rechtmäßig hier leben, heißt Integration. Bei den letzten Nachtragsberatungen haben Sie aber bei allem gestrichen, was nur nach Integration riecht: Kürzung bei der Ausländersozialberatung, Kürzung bei den Spätaussiedlern. Wir können Ihnen das überhaupt nicht abnehmen, was Sie dazu in dieser Regierungserklärung gesagt haben.
Weiter führen Sie die weit überdurchschnittliche Forschungsförderung ins Feld. Bei der Technologieförderung, sagen Sie, seien wir Spitze.
Erst neulich hat der Industrie- und Handelstag in BadenWürttemberg den rigiden Sparkurs in diesem Bereich massiv beklagt und ausgeführt, ohne Innovation in der Technologie sei die Zukunftsfähigkeit von Baden-Württemberg massiv gefährdet. Die systematische Kürzung der Investitionsausgaben in der Technologieförderung gefährde die strategische Positionierung Baden-Württembergs als Hightechstandort usw.
Ich muss sagen: Die Selbstlobe, die Sie heute alle abgegeben haben, kann man im Grunde genommen nicht so stehen lassen. Ich habe jetzt einmal vier davon herausgegriffen.
Man sollte dem Präsidenten eigentlich sagen, der Hausdienst solle künftig einen Eimer und einen Lappen neben das Rednerpult für die Tränen der Rührung, die Erwin Teufel für die eigene Großartigkeit vergießt, stellen.
Kolleginnen und Kollegen, an der Regierungserklärung stört mich, dass zu einem Land, das auch von Regionen lebt, auf 45 Seiten kein einziges Wort über die Region, die regionalen Bezüge und die Region Stuttgart steht. Kein einziges Wort auf 45 Seiten!
Das muss ich sagen: Professor Hesse hat sogar gegenüber der „Stuttgarter Zeitung“ gesagt: „Wenn das die logische Folgerung ist, muss eigentlich der Verband Region Stuttgart aufgelöst werden.“ Das muss man sich einmal vorstellen! Wo lebt der Professor? Wo lebt er?
Herr Ministerpräsident, eigentlich – Sie kommen aus der Verwaltung – müssten Sie wissen, dass die regionalen Bezüge doch zunehmen. In der Region Stuttgart nehmen sie zu – die Region hat bedeutende Aufgaben übernommen –, in der Region Karlsruhe nehmen sie zu, in der Region Mannheim nehmen sie zu, im Bodenseekreis will man eine Region. Das heißt, es geht um die regionale Zusammengehörigkeit, um Arbeitsplätze, Verkehrsfragen, um Müllentsorgung, um Fremdenverkehr bis hin zur Wirtschaftsförderung. Das sind regionale Aufgaben und doch keine Landkreisaufgaben mehr, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Sie haben vorhin zitiert, was Herr Birzele 1994 im Zusammenhang mit der Eingliederung der Ämter gesagt hat. Herr Birzele hat mir gegenüber vorhin gesagt, dass er die Vaterschaft für die jetzige Reform auf jeden Fall ablehnt. Damit auch das klar ist! Bei den drei Ämtern sei es sicher sinnvoll gewesen, aber weitere Eingliederungen würden eigentlich nur die Landräte stärken und wären kein zukunftsorientiertes Modell.
Wir machen mit – das sage ich Ihnen zu – bei einer ganz harten Beratung. Wir werden mitarbeiten, wir werden auch Anhörungen anberaumen. Wir werden dafür sorgen, dass so viel Bürgernähe wie möglich entsteht: raus aus den Landratsämtern, runter in die Kommunen.
Dann werden wir mit Ihnen darüber diskutieren, ob es nicht regionale Bezüge gibt. Das werden wir aus den Landratsämtern herausnehmen und nach oben geben. Wir werden uns mit Ihnen einmal darüber unterhalten, was dann an kommunalen Aufgaben beim Landratsamt überhaupt noch
übrig bleibt. Wenn wir so weit sind, streiten wir wieder; da sage ich Ihnen die Mitarbeit zu. Insofern haben wir schöne Monate vor uns. Aber wir werden Sie nicht nur kritisch begleiten, sondern wir werden unseren Gegenentwurf darstellen, den wir bereits im Januar vorgestellt haben, der Sie offensichtlich dazu gebracht hat, Ihre Denkweise völlig zu verändern und jetzt auch eine Verwaltungsreform auf den Tisch zu legen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hatte während der Rede des Kollegen Drexler ein bisschen Sorge, dass er es bei einer Märchenstunde belässt.
(Abg. Birgit Kipfer SPD: Was? – Abg. Wieser CDU: Sehr gut! – Abg. Ursula Haußmann SPD: Sie kennen sich ja bei Märchen aus, Herr Pfister!)
Herr Kollege Drexler, ich weiß noch immer nicht, wie Sie auf die wahnwitzige Idee kommen, hier aus irgendwelchen Verlautbarungen herauszulesen, dass beim Vollzug der Verwaltungsreform etwa im Schulbereich, im Bereich der Schulverwaltung, aus 30 Staatlichen Schulämtern erst mal 44 gemacht werden, um sie anschließend tatsächlich – –
Ich werde Ihnen sagen, was wir tun werden. Das Prinzip lautet: Vor-Ort-Lösungen. Darauf werde ich nachher zurückkommen.
Aber, Herr Kollege Drexler, nach dem Schluss Ihrer Rede bin ich versöhnt, denn es ist wahr: Der Gedanke der regionalen Entwicklung muss in Zukunft in der Tat bei allen unseren Diskussionen eine große Rolle spielen.