Protokoll der Sitzung vom 28.05.2003

Die Beantwortung unserer Großen Anfrage zeigt, dass das nicht nur ein Ergebnis der 16. Sozialerhebung ist, sondern dass diese Fragen genauso auch für Baden-Württemberg gelten und dass sie dort genauso beantwortet werden müssen.

Zum Thema Ausländerrecht: Auch die Antwort auf die Große Anfrage zeigt deutlich, dass dort, wo Studentenvisa von Auslandsvertretungen erteilt werden, Probleme durch verspätete Zulassung zur Sprachprüfung oder zum Studienkolleg entstehen und dass es dadurch zu Verzögerungen beim Studienbeginn kommt. Das ist ein riesiges Problem, weil das zu einer massiven Benachteiligung der ausländischen Studierenden führt. Wenn dann, nachdem es schon allein beim Visum ein Problem gibt, noch weitere Probleme auftauchen, dass etwa die Studentenausweise verspätet ausgestellt werden, wie es kürzlich an der Universität Stuttgart passiert ist – das ist ja auch durch die Presse gegangen; wir haben es im Ausschuss behandelt –, dann können wir natürlich in keinster Weise mehr von einladenden Bedingungen für ausländische Studierende sprechen. Wir erwarten von der Landesregierung, dass sie in dieser Frage über die Kultusministerkonferenz, die offensichtlich schon am Beispiel China aktiv gewesen ist, versucht, die Mängel, die da existieren, abzustellen.

(Beifall bei der SPD)

Zum Thema Arbeitserlaubnis: Für ausländische Studierende, die nicht freizügigkeitsberechtigt sind, die also nicht aus der EU und anderen anerkannten Ländern kommen, besteht die Möglichkeit, drei Monate bzw. 90 Arbeitstage arbeitsgenehmigungsfrei zu arbeiten. Das ist eine Regelung aus dem Ausländerrecht. Diese Regelung wird von den Hochschulen dieses Landes durchweg als hinderlich bezeichnet.

Ich denke, das ist eine echte Aufforderung an die Landesregierung, an dieser Stelle auch aktiv zu werden.

(Abg. Scheuermann CDU: Das ist Bundesrecht!)

Ja, aber man kann ja über den Bundesrat Initiativen einbringen, Herr Scheuermann. Das sollte schon möglich sein und auch, dass sich die betreffenden Minister zusammenfinden, um da Regelungen zu erreichen.

Das ist ja nicht nur ein Problem der Hochschulen, sondern durchaus auch der Betriebe. Wenn in den Betrieben ständig Buch darüber geführt werden muss, wie lange ein ausländischer Studierender, der eben keine Arbeitserlaubnis hat, schon beschäftigt ist, bedeutet das in den Betrieben konkret mehr Bürokratie und einen höheren Aufwand in den Personalabteilungen. Das ist durchaus auch eine bürokratische Angelegenheit. Wenn wir schon permanent das Thema Bürokratieabbau ansprechen, sollte man eben auch an solchen Stellen anfangen.

(Beifall bei der SPD)

Ich als Bewohnerin einer Hochschulstadt und Beschäftigte in einem IT-Betrieb weiß, dass diese 90-Tage-Regelung in vielen Betrieben durchaus dazu führt, dass diese Scheu haben, ausländische Studierende einzustellen. Es ist natürlich für die Versorgung und für die Sicherung des Lebensunterhalts für die ausländischen Studierenden ein massives Problem, wenn wir genau diejenigen, die am wenigsten Geld von zu Hause mitbringen, noch durch die Art und Weise benachteiligen, wie solche Sachen gehandhabt werden. Daher ist an dieser Stelle Initiative gefragt.

Zum Thema Wohnraum: Wir haben uns in den letzten Jahren wiederholt mit diesem Thema beschäftigt, in der Regel im Ausschuss. Wir haben auch schon in den Diskussionen, die wir im Ausschuss geführt haben, und schließlich auch in Stellungnahmen zu Anträgen zur Kenntnis genommen, dass von der Wohnungsnot ausländische Studierende in besonderer Weise betroffen sind, insbesondere eben dann, wenn sie erst verspätet kommen können und dann halt auf einen „ausgepressten“ Wohnungsmarkt treffen. Die Probleme sind eigentlich bekannt. Ganz Ähnliches finden wir auch bei Studierenden, die über ein Austauschprogramm der Hochschulen für wenige Wochen oder für ein oder zwei Semester kommen, für die diese Situation natürlich auch nicht sonderlich erfreulich ist und die dann auch etliche Probleme haben, Wohnraum zu finden.

Ich weiß von Studierenden an der Universität Karlsruhe, dass Studierende, die im Studienkolleg gewesen sind, zum Teil von Offenburg nach Karlsruhe gependelt sind. Ich denke, es dient nicht der Integration der Studierenden an den Hochschulen, wenn solche Situationen eintreten, weil der Wohnungsmarkt in den Universitätsstädten, insbesondere in den größeren, ausgelutscht ist. Das sollten wir schon abstellen.

(Beifall bei der SPD)

Wir fordern daher auch für Baden-Württemberg mehr Wohnheimplätze, um diesem Problem abzuhelfen, wobei wir natürlich schon sehen, dass angesichts der prekären

Haushaltssituation neue Wege der Finanzierung gefunden werden müssen.

(Abg. Pfisterer CDU: Aha! Wie gehen die?)

Wir, die SPD-Landtagsfraktion, werden deswegen noch vor der Sommerpause eine Anhörung durchführen, um selber mehr dazu entwickeln zu können.

(Abg. Pfisterer CDU: Bringt das Geld?)

Wir fordern auch entsprechende Initiativen vonseiten der Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, 1998 forderte der damalige Wissenschaftsminister von Trotha, verstärkt Studierende aus dem Ausland für ein Studium in Deutschland zu gewinnen. Dazu gehören natürlich auch einladende Rahmenbedingungen. Es ist daher durchaus befremdlich, wenn heute Minister Frankenberg in der Beratung über die Wohnungsnot von Studierenden in Stuttgart sagt, Ziel könne nicht mehr sein, den Ausländeranteil zu steigern, sondern nun gelte es, in Auswahlverfahren verstärkt die Frage der Studieneignung zu stellen. Herr Minister, auch wenn das Auswahlverfahren in Ihren Augen ganz oben auf der Agenda steht, enthebt uns dies nicht der Aufgabe, ordentliche, einladende Studienbedingungen für ausländische Studierende zu erreichen. Schließlich ist es auch unsere Pflicht, ein guter Gastgeber für die ausländischen Studierenden zu sein, damit Deutschland als Studienziel bei den ausländischen Studierenden verstärkt empfohlen werden kann.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erhält Frau Abg. Dr. Stolz.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Zahl ausländischer Studierender in Deutschland hat sich in den letzten 25 Jahren vervierfacht. Im internationalen Vergleich liegt Deutschland hinter den USA und Großbritannien an dritter Stelle der beliebtesten Studienländer. An den baden-württembergischen Hochschulen studieren so viele Ausländer wie noch nie zuvor.

(Abg. Pfisterer CDU: Aha!)

Im Wintersemester 2001/2002 stammten 14,2 % der Studenten nicht aus Deutschland. Dieser Anteil liegt weit über dem Bundesdurchschnitt, der bei 11 % liegt.

Die SPD hat ihre Anfrage wie folgt begründet – ich zitiere –:

Die baden-württembergischen Hochschulen müssen noch attraktiver werden für ausländische Studieninteressierte.

Ich denke, wir sollten zunächst einmal feststellen, dass sie attraktiv sind.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Kleinmann FDP/DVP – Abg. Kleinmann FDP/DVP: Gut!)

In den Top 20 der für Bildungsausländer interessantesten Hochschulen steht Berlin an erster Stelle – gut –, gefolgt

von baden-württembergischen Universitäten wie Stuttgart, Heidelberg und Freiburg, die die nächsten Plätze belegen. Bei ausländischen Forschern liegen die baden-württembergischen Unis im Ranking der Beliebtheit auf den ersten Plätzen; das haben wir in der letzten Plenarwoche ausführlich diskutiert. Meine Damen und Herren, das darf man feststellen.

Gleichzeitig besteht natürlich die Verpflichtung, dass dieser Standort Baden-Württemberg attraktiv bleibt und man an weiteren Verbesserungen arbeitet. Wir wollen in BadenWürttemberg die besten Köpfe haben. Dies beinhaltet natürlich auch eine gute Betreuung der Studenten, ein gutes Auswahl- und Zulassungsverfahren. Wir wollen die Zahl der Studenten durchaus erhöhen, aber nicht als Selbstzweck quantitativ, sondern qualitativ in einem weltweiten Wettbewerb um begabte Nachwuchskräfte.

Die Große Anfrage der SPD-Fraktion ist ausführlich beantwortet worden. Die Antwort zeigt vor allem das Bemühen, die bestehenden Problemfelder und Reibungspunkte aus dem Weg zu räumen. Die Probleme mit den ausländer- und aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen können offensichtlich zum größten Teil im Sinne der Studenten gelöst werden. Gewisse Notwendigkeiten, zum Beispiel die einer Aufenthaltsgenehmigung, oder auch Restriktionen, die einen gewissen Zwang ausüben, den Studienaufenthalt zielgerichtet anzugehen, stellen wir nicht infrage, zumal wir auch der Meinung sind, dass diese Bestimmungen interessierte Studenten sicher nicht abhalten, zu uns zu kommen.

(Zuruf der Abg. Regina Schmidt-Kühner SPD)

Allerdings steht das Zuwanderungsgesetz noch aus. Sie haben die CDU – das galt schon immer – an Ihrer Seite, wenn Sie in diesem Zuwanderungsgesetz Rahmenbedingungen schaffen, die hoch qualifizierten Menschen den Aufenthalt hier in unserer Bundesrepublik erleichtern.

(Abg. Pfisterer CDU: Sehr gut! – Abg. Regina Schmidt-Kühner SPD: Es geht um Studierende!)

Das ist Bundessache; das können wir hier nicht verändern.

Zum Zweiten: Zum Nulltarif werden wir – und dies gilt in der Zukunft auch für ausländische Studenten – die Leistungen der Hochschulen nicht anbieten können. Wir teilen die Meinung des Ministeriums und der Hochschulen, dass zum Beispiel vorbereitende Deutschkurse mit einer entsprechenden Kostenbeteiligung der Studenten angeboten werden müssen. Was nichts kostet, ist nichts wert.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Das sagt meine Oma auch immer!)

Eine Kostenbeteiligung spornt die Motivation und die Leistungsbereitschaft an. Der Ausbildung in Baden-Württemberg einen Wert zu verschaffen, berührt, wie es auch in den meisten anderen Ländern der Fall ist, das Thema der allgemeinen Studiengebühren. Das haben wir heute Morgen diskutiert. Wir sind der Meinung: Auch das schreckt nicht ab – im Gegenteil.

Zum Dritten: Einladende Bedingungen zu schaffen liegt zum größten Teil innerhalb der Möglichkeiten der Hochschulen selbst.

(Abg. Regina Schmidt-Kühner SPD: Ja?)

Im Rahmen des Selbstauswahlrechts haben die Hochschulen die Möglichkeit, auch auf ausländische Studenten Rücksicht zu nehmen, aber auch gewisse Ansprüche zu formulieren.

Meine Damen und Herren, die Attraktivität der Hochschulen für ausländische Studenten ist ein Zusammenspiel von Bund, Land, Kommunen, Wirtschaft und Wissenschaft. Wir sollten hier im Sinne einer konzertierten Aktion handeln. Es wurden ja auch gemeinsame Initiativen gestartet. Zum Beispiel hat die Bund-Länder-Konferenz entsprechende Aktionslinien zur Steigerung der Attraktivität unserer Hochschullandschaft vereinbart. An diesen Linien orientiert sich auch die Hochschulpolitik des Landes Baden-Württemberg.

Auch für den Städtetag ist dies eine wichtige Aufgabe. Auch er hat eine eigene Studie zur Attraktivität der Hochschulstandorte erarbeitet. Hochschulen, Studentenwerke und Stadtverwaltungen müssen örtliche Projektnetzwerke gründen und gemeinsam Ideen für eine gastfreundliche Hochschulstadt entwickeln. Dabei spielt die Wohnungsversorgung sicher eine sehr wichtige Rolle. Baden-Württemberg liegt hier allerdings mit einer Versorgungsquote von 15,84 % der Studierenden an der Spitze der alten Bundesländer.

(Zuruf der Abg. Regina Schmidt-Kühner SPD)

Die Studentenwerke haben in den vergangenen eineinhalb Jahren zusätzliche Wohnplätze bereitgestellt. Wir begrüßen alle Aktionen, die auch seitens des Wissenschaftsministeriums unternommen werden, um zur Linderung der Engpässe in der Wohnraumversorgung beizutragen,

(Abg. Theresia Bauer GRÜNE: Welche?)

insbesondere den Garantiefonds. Dieser Garantiefonds soll Vermieter dazu motivieren, frei werdende Zimmer auch an häufig nur kurzfristig anwesende ausländische Studierende zu vermieten. Das ist eine gute Sache.

Meine Damen und Herren, eine gute Betreuung der Studenten ist sehr wichtig, die Qualität des Studienangebots ist sicher noch wichtiger. Mit den beiden Schwerpunkten der baden-württembergischen Hochschulpolitik, der konsequenten Einführung von Bachelor- und Master-Studiengängen und der Tatsache, dass die Universitäten immer mehr dazu übergehen, sich, wie international üblich, akkreditieren zu lassen, wird ein attraktives Angebot geschaffen, das hellen Köpfen aus dem Ausland signalisieren soll, dass Internationalität, sowohl was die „Kunden“ betrifft als auch das „Produkt“, bei uns erwünscht ist und weiterhin gefördert wird – auch mit unserer Unterstützung.