Protokoll der Sitzung vom 28.05.2003

Ich nenne schließlich auch die Einrichtung in Freiburg, die als Dioxinlabor von der WHO als europaweit zuständiges Referenzlabor ausgewiesen wurde. Schließlich sind wir führend bei der Bestimmung gentechnischer Veränderungen in Lebensmitteln.

Das heißt, wir sind ringsum optimal aufgestellt und europaweit führend. Deswegen gibt es überhaupt keinen Grund, das in einer Landtagsdebatte mies zu machen.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Drautz FDP/ DVP – Zuruf von der CDU: Jawohl!)

Wir haben auch in Sachen Verbraucheraufklärung und Verbraucherinformation eine führende Rolle übernommen. In welchem anderen Land gibt es denn ein Ausführungsgesetz

(Minister Stächele)

zum Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz, wie wir es 1991 geschaffen haben? Die Frau Bundesminister hat dessen Wortlaut. Sie ist am Zug und muss jetzt einen neuen Entwurf vorlegen. Der letzte Entwurf war untauglich und konnte im Bundesrat so nicht verabschiedet werden. Sie muss auch noch einige Rechtsfragen klären, aber je länger es dauert, bis sie mit einem Entwurf in die Diskussion kommt, umso mehr verhärtet sich der Verdacht, dass sie nicht so richtig weiß, wie sie ganz schwierige Rechtsfragen, die wir bei uns in Baden-Württemberg schon 1991 zu lösen angesetzt haben, löst. Ich bin bereit – das habe ich auch Richtung Berlin signalisiert –, wir sind bereit, im Interesse der Verbraucher daran mitzuarbeiten. Aber es ist halt ein bisschen schwierig, das in Gesetzesform zu fassen, was in einer Talkshow vielleicht locker und leicht in den Äther hineingegeben werden kann.

Wir warten auf den Entwurf, der, wie gesagt, hoffentlich bald vorgelegt wird. Einer hat gesagt, es gebe im Moment keine Bundestagswahl. Aber wer weiß, wie schnell eine Neuwahl in Berlin ins Haus steht?

(Widerspruch bei der SPD)

Deswegen denke ich, dass wir das rasch lösen sollten. Wir sind bereit dazu.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch zwei, drei grundsätzliche Bemerkungen zu dem machen, was Lebensmittelkontrolle heute bedeutet. Wir sollten mit ganz großem Respekt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gegenübertreten. Denn die Sache wird ja nicht leichter, sondern immer schwieriger. Ich nenne ein paar Stichworte: Europa wächst. Was den Binnenmarkt und den freien Waren- und Reiseverkehr betrifft, ist das auf der einen Seite eine gute Sache.

Die Medaille hat aber eine Kehrseite. Ganz konkret: Es gibt globalisierte Warenströme, die Gefahren und Risiken mit sich bringen. Da gibt es das Thema Tierseuchen. Es ist oft ganz schwer, dem Verbraucher bei uns klar zu machen, warum ich empfängliche Tiere in Massen töten muss, um präventiv zu wirken. Oder denken Sie an die Internationalisierung. Denken Sie an ein Beispiel, das wir ebenfalls hatten, nämlich Orangenschalen aus Brasilien, die mit dioxinverunreinigtem Kalk belegt waren. Ergebnis war, dass in der Milch von einem Schwarzwaldhof ebenfalls Dioxin gefunden wurde.

Das zeigt, wie sensibel die Lebensmittelüberwachung aufgrund der globalisierten Warenströme geworden ist und deswegen eine ganz große Herausforderung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geworden ist.

Ich will ein Drittes ansprechen, was die Arbeit auch nicht leichter macht. Das sind die vielen Shops, die jetzt entstehen: Asia-Shops zum Beispiel, Shops für bestimmte Bevölkerungsgruppen. Wie Pilze schießen diese Läden aus der Erde. Es gibt Kommunikationsschwierigkeiten, Überwachungsschwierigkeiten, Sprachbarrieren und, und, und. Ich nenne das nur, um es einmal aufzuzeigen.

Wenn es uns gelingt, eine dichte Lebensmittelüberwachung zu garantieren, 60 000, 70 000 Proben durchzuführen, und wir dann sehen, es ist im Grunde ein fast vernachlässigbarer

Wert an Beanstandungen, dann kann man sagen, es scheint optimal zu sein. In einer solchen Debatte muss das gesagt werden dürfen, weil es stimmt und der Verbraucher sich darauf verlassen kann.

Ich möchte Ihnen gern versichern, Herr Walter, dass wir in Sachen Kontrollen, Meldungen, Bezeichnungen all das mitmachen, was notwendig ist, um den Verbraucher zu schützen. Allerdings sollten wir gemeinsam immer wieder auch die Messlatte des europäischen Wettbewerbs ansetzen. Es hat keinen Wert, dass wir nur bei uns drangsalieren und dass wir die Augen vor dem weltweiten Warenverkehr verschließen. Das heißt, alles, was in diesem Bereich geht – bei allen Begriffen der Subsidiarität –, muss mittlerweile Regelungen erfahren: in Brüssel, in der Kommission, im Rat und noch besser – da ist man auch dabei – bei der WHO mit dem Codex Alimentarius, mit dem man versucht, weltweite Richtlinien zu finden, die dafür Sorge tragen, dass das, was wir essen, wirklich genießbar ist und die Gesundheit nicht gefährdet. Also kurzum: Wir sind bereit.

Ich will dem Bürger zum Schluss sagen: Er hat die berechtigte Erwartung, dass wir bei der Gesundheits- und Lebensmittelüberwachung alles Menschenmögliche tun. Er kann davon ausgehen, dass wir versuchen, alle Gefahren und Täuschungen abzuwehren. Er kann davon ausgehen, dass wir eine lückenlose Kontrolle aufbauen. Allerdings muss ein jeder Verbraucher wissen: Die Lebensmittelkontrolle kann nie Vorkoster der Nation werden, es gibt keine allumfassende Kontrolle.

Wir brauchen erstens den mündigen Verbraucher, der weiß, wie er auswählt, zum Beispiel Erdbeeren nicht aus Marokko, sondern lieber aus heimischen Landen. Und wir brauchen zum Zweiten – das ist die andere Ebene, die Sie angesprochen haben, Frau Kipfer – vor allem die Eigenkontrolle. Auch da sind wir beim Aufbau, bei der Weiterführung. Man muss sagen, ringsum in unseren Betrieben, die die Lebensmittelbranche beliefern, ist die Eigenkontrolle verwirklicht. In diesem Sinne ist es gut bestellt, aber es kann auch noch weiterentwickelt werden. Da sind wir dran.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Kipfer.

Herr Minister, ich erwarte von einem Mitglied der Landesregierung mehr, als dass es eine Antwort auf antizipierte Reden aus der Opposition vorträgt. Ich erwarte eigentlich, dass Sie auf das eingehen, was ich tatsächlich gesagt habe. Da habe ich viel zu wenig gehört.

(Beifall bei der SPD)

Diese Selbstzufriedenheit, mit der Sie Ihre Organisation loben, ist erstaunlich. Ich habe selber Hochachtung bezeugt vor der Arbeit der Lebensmittelkontrollbehörden. Aber ich habe gesagt – ich denke, das müsste auch in Ihrem Kopf klar werden –, dass wir eine veränderte Geschäftslage haben und dass auch Sie wahrscheinlich Einsparungen im Lebensmittelkontrollbereich vornehmen müssen. Dabei habe ich gewagt, die Frage zu stellen, ob es nicht sinnvoller ist,

sich einmal die Struktur der Lebensmittelüberwachung vorzunehmen, statt Zigtausende von Proben zu nehmen, und zu überlegen, wo eigentlich die Kernfrage liegt: Wie kann ich die betriebliche Eigenkontrolle in die Betriebe implementieren, und wie kann ich seitens des Staates versuchen, dies zu unterstützen und wiederum zu kontrollieren, dass dies stattfindet? Dazu haben Sie nichts gesagt.

(Abg. Capezzuto SPD: Das ist schade!)

Ich gebe zu, dass dies etwas weiterführend ist. Aber, wie gesagt, eigentlich sollte man bei Regierungsmitgliedern voraussetzen, dass sie ein bisschen weiterführend denken und nicht nur vorgefertigte Reden vortragen.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU)

Zweitens, Verbraucherinformationsgesetz: Wenn Sie das für notwendig erachten, ist es Ihnen, Herr Minister, unbenommen, selbst einen Entwurf in den Bundesrat einzubringen, über den dann zu diskutieren ist, wenn Ihnen das Vorgehen der Bundesregierung als zu langwierig erscheint.

Ein dritter Punkt: Sie müssen einräumen, dass das Thema Verbraucherschutz wirklich erst mit dieser Bundesregierung zu einem politischen Thema geworden ist. Dazu haben Sie früher nichts gesagt. Ich bitte Sie, auch dies endlich einmal zur Kenntnis zu nehmen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, es liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Damit ist die Große Anfrage der Fraktion – –

(Widerspruch – Abg. Capezzuto SPD: Doch, der Minister! Der Minister muss antworten! – Abg. Teßmer SPD: Der kneift doch nicht! Der doch nicht!)

Herr Minister, Entschuldigung, ich hatte Ihre Wortmeldung nicht gesehen.

Bitte sehr, Herr Minister.

Liebe Frau Kipfer, Ihre Erwartungshaltung ist ein bisschen übertrieben, wenn Sie glauben, ich müsste die Reden halten, die Sie mir vorher aufschreiben.

(Beifall bei der CDU)

Sie müssen schon mit dem zurechtkommen, was ich Ihnen sage.

(Abg. Birgit Kipfer SPD: Das war dünn, was Sie gesagt haben!)

Ich kann Ihnen sagen: Ich kann doch um Gottes willen nicht hier hintreten und noch Ihre Miesmacherei bestätigen.

(Abg. Marianne Wonnay SPD: Sie haben sehr se- lektiv zugehört! – Unruhe)

Jetzt noch einmal zur Sache, zu diesen Proben: Wir werden die Probenzahlen nicht verringern. Das wäre gefährlich, und die aktuell laufende und im Entwurf – –

(Abg. Birgit Kipfer SPD: Hier können Sie sparen, Herr Minister!)

Aktuell wird eine Verwaltungsvorschrift des Bundes entwickelt, die genau die Zahlen – die Probentakte, die Probenzahlen – aufnimmt, die der Bundesrat – ich glaube, sogar auf Antrag des Landes Baden-Württemberg – gemeinsam beschlossen hat. Das heißt, der Bund bestätigt die intensive Probentätigkeit, und im Interesse der Verbraucher werden wir davon nicht heruntergehen. Wir lassen uns überhaupt nicht dazu anstiften, hier eine Verbrauchergefährdung vorzunehmen. Diese Probentätigkeit wird so fortgesetzt. Das als konkrete Antwort.

Im Übrigen: Ob diese Bundesregierung den Verbraucherschutz erfunden hat? Wenn ich das lese, was dieser Tage als Verbraucherschutzbericht veröffentlicht wurde, muss ich sagen: Da gehört schon ein bisschen mehr Pfiff hinein. Das war so lendenlahm, dass wir uns das nicht mehr zu veröffentlichen getraut haben. Da ist Baden-Württemberg beispielgebend.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Meine Damen und Herren, ich darf um etwas mehr Ruhe bitten.

Ich bin gern bereit, in dieser Sache auch mit der Bundesministerin zusammenzuarbeiten.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Jetzt liegen tatsächlich keine Wortmeldungen mehr vor. Die Große Anfrage ist durch die Besprechung erledigt.

Punkt 8 der Tagesordnung ist damit abgeschlossen.