Berlin stand im Grunde nie zur Debatte. Aber der Treppenwitz ist doch, dass wir in Baden-Württemberg bei unserem kommunalen Finanzausgleich die höchste Einwohnergewichtung bei Stuttgart haben, die zweithöchste, aber abgestuft, bei Mannheim, die dritthöchste, abgestuft, bei Karlsruhe, die vierthöchste, abgestuft, bei Pforzheim, Ulm oder Heilbronn. Dass aber hier überhaupt keine Abstufung stattfindet, sondern eine 500 000-Einwohner-Stadt – wie Bremen – wie eine 5-Millionen-Einwohner-Stadt behandelt wird, das ist doch der eigentliche Witz.
Wenn aber nun niemand von den anderen Ländern, obwohl sie alle diese Stadtstaatenwertung bezahlen – die wird nicht nur von den Zahlerländern bezahlt, sondern die wird von allen anderen 13 Ländern bezahlt –, widerspricht und wenn sie das alles akzeptieren und jedes Argument für die Katz ist, obwohl das Bundesverfassungsgericht sagt, es dürfe kein Großstadtvergleich stattfinden, sondern es müsse ein Ländervergleich stattfinden – alles taub auf diesem Gebiet –, wenn der Bundesfinanzminister das zugesteht und der Bundeskanzler in einer Nacht, nämlich wenn es um die Zustimmung zum Steueränderungsgesetz im Bundesrat geht, dies Bremen und Hamburg zusagt, meine Damen und Herren, dann erklären Sie mir mal, wie man in einem Gremium, in dem man auf Einstimmigkeit angewiesen ist wie in der Ministerpräsidentenkonferenz, oder wie man in einem Gremium, in dem man auf Mehrheiten angewiesen ist wie im Bundesrat, zu einer Änderung dieses Sachverhalts kommt!
Die dritte – halbe – Kröte sind die Hafenlasten. Es ist doch ein Treppenwitz, einen Hafen – moderne Containerhafen wie in Bremerhaven und in Cuxhaven sind doch wirklich wichtigste Infrastruktureinrichtungen für die Entwicklung einer Stadt – als Last zu bezeichnen. Da ist es uns gelungen, sie aus der Summe des Länderfinanzausgleichs herauszunehmen. Aber sie bekommen einen eigenen Paragraphen, und 75 Millionen DM an Hafenlasten bleiben und müssen künftig von der Gesamtheit der Länder bezahlt werden, erfreulicherweise nicht nur von den Zahlerländern im Länderfinanzausgleich. Deswegen habe ich vorhin von einem halben Zugeständnis oder einer bescheideneren Kröte gesprochen als bei den anderen Punkten.
Nachdem ich dies geschildert habe, darf ich doch einmal eine Frage stellen. Wenn man hier sagt, Einbeziehung der kommunalen Finanzkraft zu 64 % – ich bedauere außerordentlich, dass man das zugestehen musste – statt zu 50 % sei schlimm und ein schlechtes Verhandlungsergebnis, möchte ich mal fragen: Wo war die Landesvorsitzende der SPD?
Wo sind die Landesvorsitzenden der Grünen gewesen? Wo war der Fraktionsvorsitzende der SPD? Wo waren denn die
Herr Metzger, den ich außerordentlich schätze, hat ein eigenes Modell vorgelegt, und zwar ein Modell mit hundertprozentiger Einbeziehung. Auch er und die Bundesregierung, wo waren sie denn, um die Interessen der 1 111 baden-württembergischen Gemeinden wahrzunehmen?
Wo waren sie, um die Interessen unserer Städte und unserer Kreise wahrzunehmen? Sie hätten dieses Gesetz, das sie schon in erster Lesung behandelt haben, mit den Stimmen von SPD- und Grünen-Abgeordneten aus Baden-Württemberg verabschiedet! Und wenn es uns gelungen ist, den Schaden auf 64 % zu begrenzen, statt ihn bei 100 % zu halten, dann sind wir eigentlich mehr zu loben als zu tadeln! Das muss ich hier mal ausdrücklich sagen.
(Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Lachen bei der SPD und den Grünen – Zuruf des Abg. Alfred Haas CDU)
Nach dieser Kritik, Herr Kollege Drexler, muss ich noch einen Satz mehr sagen. Als Sie vorhin hier in bemerkenswerter Offenheit gesagt haben, Sie hätten, als Kollege Oettinger mehrfach von KUF und KIF – von zwei Grundbegriffen des baden-württembergischen Ausgleichsystems – gesprochen hat, an Drogenbekämpfung und an Begriffe aus der Drogentherapie gedacht,
habe ich gedacht: Das ist ungefähr das gleiche Niveau wie das Ihrer Stellungnahme vor zwei Tagen, in der Sie nämlich gesagt haben, das Land müsse den Gemeinden den Schaden aufgrund der Steigerung von 50 auf 64 % ersetzen.
Also, wenn man nur so tief in die Materie eingedrungen ist, dass man noch nicht einmal kapiert hat, dass w i r das für die Gemeinden zahlen und sich die Frage stellt, ob die Gemeinden dies uns ersetzen müssten, sondern meint, die Gemeinden müssten das jetzt zahlen und wir dürften das ja nicht bei den Gemeinden hängen lassen, muss ich sagen: Es ist wieder hochgekommen, was ich in all den letzten Monaten gedacht habe: Gnade Gott Baden-Württemberg,
es wären zu diesen Verhandlungen um den Finanzausgleich eine Ministerpräsidentin Vogt und ein Finanzminister Drexler nach Berlin gefahren. Gnade Gott Baden-Württemberg!
Jedenfalls hätten Sie sich ja nicht nur bei der Bundesregierung, sondern auch bei den SPD-Landesregierungen engagieren können. Es hat überhaupt nur zwei SPD-Politiker gegeben, die sich um einen Kompromiss bemüht haben. Der eine heißt Clement, und der andere war sein Finanzminister in Nordrhein-Westfalen. Die haben sich bemüht, und von Ihnen ist überhaupt nichts passiert. Darum habe ich gesagt: Bringen Sie mir doch einmal die Beispiele, wo Sie für Baden-Württemberg etwas getan haben. Bis zum Beweis des Gegenteils sage ich: Ich habe in den letzten zweieinhalb Jahren keinen Fall kennen gelernt, bei dem Sie sich für die Interessen dieses Landes in der Bundespolitik eingesetzt haben.
Jetzt kommt der zweite Punkt, über den wir uns unterhalten müssen, nämlich die Bildungspolitik. Der Kollege Drexler sagt,
Baden-Württemberg stehe am Ende. Er hat vom letzten oder zweitletzten Platz bei den bildungspolitischen Ausgaben gesprochen.
(Große Unruhe und Zurufe, u. a. Abg. Pfister FDP/ DVP: Hör einmal zu, Drexler! Das ist jetzt wich- tig! – Zurufe von der SPD: Schule!)
Auf die Schule. Wunderbar. Ich sage nur: Vielleicht akzeptiert man dann wenigstens das, was 16 Länder und der Bund als gemeinsame Statistik herausgeben.
Platz 1. Hochschule 395 DM pro Einwohner; Platz 1. Bildung insgesamt 1 496 DM pro Einwohner; Platz 1. Bildung, Wissenschaft, Kultur 1 629 DM pro Einwohner; Platz 1. Offizielle und jüngste Statistik der Bund-LänderKommission.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Drexler SPD: Stimmt doch gar nicht! Was ist das für eine Liste? Das ist Kultusministerium-Statistik! – Abg. Schmiedel SPD: Statistik von Frau Scha- van! – Gegenruf des Abg. Pfister FDP/DVP: Nein, nein, keine Sorge! – Zurufe von der SPD: Mogel- packung!)
Jetzt komme ich zum zweiten Punkt. Ein Land in Deutschland erreicht beim Vergleich der Landeshaushalte Ausgaben für das Bildungswesen von über 40 %. Das ist das Land Baden-Württemberg mit 41,6 % unseres ganzen Landeshaushalts. Das können Sie selber durch Ihre parlamentarischen Berater nachrechnen lassen. Das stimmt. Alle anderen liegen deutlich unter den 40 %.
Jetzt komme ich zum dritten Punkt. Der dritte Punkt ist, dass ich der FAZ einen Bericht entnehme, den ich Ihnen nicht vorenthalten möchte. Ich zitiere wörtlich:
In Nordrhein-Westfalen fehlen so viele Lehrer, dass Schulministerin Behler nun auch Pensionäre, Lehramtsstudenten und Hochschulabsolventen ohne pädagogische Ausbildung für den Unterricht in Mangelfächern gewinnen will.