Protokoll der Sitzung vom 01.10.2003

Die deutschen Partner – das ist überhaupt keine Frage – hätten sehr schnell Arbeitsplätze in Stuttgart und in Karlsruhe abgebaut. Beim Verkauf der NWS war ganz deutlich, dass es starke Kräfte gab, die die NWS ins Ruhrgebiet bringen wollten. Wenn es so gekommen wäre, wären auch Arbeitsplätze mitgegangen.

Aus diesem Grund wollten die Arbeitnehmer der EnBW – die 50 % der Aufsichtsräte in der EnBW stellen – keinen anderen Partner als die EdF. Sie reden hier gegen die Arbeitnehmer, wenn Sie gegen den Aufsichtsrat polemisieren. Das muss man auch einmal klar machen.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Wir sind für Sie zu- ständig und nicht für die Arbeitnehmer im Auf- sichtsrat!)

Jetzt geht es weiter: Die EdF hat Zusagen gemacht, die ich jetzt alle einzeln abhandeln will; denn die EdF hat jede Zusage auf Punkt und Komma eingehalten. Damit das ganz eindeutig ist: Sie hat sich verpflichtet, die Eigenständigkeit der EnBW langfristig zu wahren. Es ist wohl klar, dass die Eigenständigkeit gewahrt geblieben ist. Sie hat sich verpflichtet, die Standorte in Karlsruhe und Stuttgart zu erhalten und insbesondere darauf hinzuwirken, dass die künftige Entwicklung der EnBW den Standort Baden-Württemberg in Bezug auf Arbeitsplätze, Produktionsstätten, Wertschöpfung und Investitionen in den bestehenden Gewichtungen zwischen den Standorten Karlsruhe, Stuttgart und allen weiteren Standorten beachtet. Das ist auch geschehen. Die Erzeugungsanlagen der EnBW einschließlich ihrer Kraftwerksstandorte und die Wertschöpfung bei der Stromerzeugung sollten im Land bleiben. Es ist doch damals immer behauptet worden, man wolle hier Kraftwerke schließen, um billigen Atomstrom aus Frankreich einzuführen.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Sehr richtig!)

Das hat alles nicht gestimmt. Die Kraftwerke sind hier geblieben. Die Standorte sind hier geblieben.

(Abg. Hauk CDU: Den Rest erledigt Rot-Grün!)

Den Rest erledigt Rot-Grün. So ist es. Ja.

Jetzt zu diesem berühmten Zitat, das hier schon einige Male kam:

... von der EnBW neue Geschäftsfelder zur Stärkung des Landes als Industriestandort erschlossen werden; dazu wird die EdF die EnBW insbesondere bei industriellen Beteiligungen und in der Forschung und Entwicklung unterstützen, soweit die Kerngebiete... betroffen sind.

Es ist ausdrücklich nicht von finanzieller Unterstützung die Rede gewesen.

(Abg. Kretschmann GRÜNE und Abg. Drexler SPD: Eine moralische Unterstützung!)

Das will ich Ihnen jetzt gleich erklären. Zum Beispiel wäre die EnBW nicht in der Lage gewesen, die Beteiligung in Spanien zu erwerben, wenn die EdF die Erweiterung von Leitungskapazitäten nicht zugesagt hätte. Sie wäre nicht in der Lage gewesen, Hidrocantábrico zu erwerben, wenn die EdF nicht hinter ihr gestanden hätte.

Weiterhin hat die EnBW in Osteuropa, in Polen Aktivitäten entfaltet. Das wäre nicht möglich gewesen, wenn die EdF nicht dahinter gestanden hätte.

Wir haben bei der EnBW eine ganze Reihe von großen Kunden dazugewonnen. Diese großen Kunden verlangen, wenn sie weltweite Niederlassungen haben, dass sie auch weltweite Partner haben. Das sind Kunden in Frankreich, in Belgien, sogar in England. Das wäre zum großen Teil nicht möglich gewesen, wenn die EdF nicht dahinter gestanden hätte.

Weiterhin wurde und wird auf dem Gebiet der Forschung zusammengearbeitet. Auch da hat die EdF ihre Versprechen eingehalten.

(Minister Stratthaus)

Nun wird gesagt, der Strom sei teurer geworden. Zunächst: Wir haben hier eine Marktwirtschaft,

(Abg. Pfister FDP/DVP: So ist es!)

und die Strompreise haben in den letzten Jahren wieder angezogen. Aber dass der Strom teurer geworden ist, hat drei Gründe, und zwar einmal die Ökosteuer,

(Minister Dr. Christoph Palmer: Sehr gut!)

dann das EEG und dann das KWKG. Ganz klar, die Ökosteuer, die Sie dreimal auf die Strompreise draufgeschlagen haben, ist doch der Hauptgrund dafür, dass der Strom teurer geworden ist.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Kretschmann GRÜNE: Gewiss nicht in der Größenordnung! Das ist doch eine Lachnum- mer!)

Heute haben Sie mit Begeisterung von den alternativen Energien und von der Einspeisung gesprochen. Das ist ein weiterer Grund dafür, dass der Strom teurer geworden ist. Das hat also nichts mit dem zu tun, was Sie immer unterstellen.

Ich muss noch einmal eindeutig sagen: Die zwei Problemfelder, die sich zurzeit bei der EnBW zeigen, haben mit der EdF überhaupt nichts zu tun. Das erste ist tatsächlich die notwendige Bereinigung in der gesamten Konzernstruktur. Sie haben vorhin gesagt, die EnBW habe 1 Milliarde € Schulden.

(Abg. Drexler SPD: Nein, mehr! Sie hat einen Ver- lust!)

Schön wäre es, wenn sie das hätte. Sie hat natürlich um Gottes willen viel mehr. Auch das ist, meine Herren, kein Verlust im klassischen Sinn.

(Abg. Kretschmann GRÜNE und Abg. Drexler SPD: Sondern ein nichtklassischer!)

Entschuldigung, Sie haben keine Ahnung.

(Unruhe)

Es wird kein einziger Euro an Liquidität abfließen. Man hat lediglich Veränderungen bei der Bewertung vorgenommen. Dass das übrigens die Rating-Agenturen genauso sehen, ergibt sich daraus, dass sie ganz ruhig reagiert haben und nach dieser Bereinigung um 1 Milliarde € überhaupt nichts unternommen haben. Das kann man jetzt machen. Das hätte man genauso gut in einem Jahr oder in zwei Jahren machen können. Ich habe volles Verständnis dafür, dass das ein neuer Mann sofort im ersten Jahr gemacht hat. Das muss ich sagen. Ich habe Verständnis dafür, dass Herr Claassen das gemacht hat. Aber mit einem Abfluss von liquiden Mitteln oder mit einem Verlust, der irgendwo Probleme bringen würde, hat das nichts zu tun.

Übrigens: Wenn Sie sich einmal die Bilanz anschauen, sehen Sie, dass die EnBW in der Halbjahresbilanz immer noch davon ausgeht, dass sie Ertragsteuern zahlt. Daran erkennen Sie doch, dass die vorgenommene Veränderung in

der Bewertung ertragsteuerlich nicht wirksam wird. Wir haben eine ganze Reihe von Unternehmen in Baden-Württemberg, die große Gewinne ausweisen und keine Steuern zahlen.

Man kann hier eindeutig eines sagen – ich muss den Satz vom Anfang meiner Rede wiederholen –: Sie reden hier die EnBW schlechter, als sie ist.

(Abg. Drexler SPD: Überhaupt nicht!)

Die EnBW liegt in ihrem Kerngeschäft in den ersten sieben Monaten dieses Jahres über ihrem Plan.

(Abg. Junginger SPD: Sie braucht Kapitalzufuhr!)

Jetzt kommt laufend diese Geschichte von dem vielen Geld, das die EdF hätte bringen müssen. Ich frage mich, wie Sie sich das eigentlich vorstellen.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Wir stellen uns gar nichts vor! Das hat sich der Herr Goll vorgestellt! – Abg. Drexler SPD: Wir stellen uns gar nichts vor! Herr Goll hat das gesagt! – Zuruf des Abg. Schmid SPD)

Ja. Dazu zwei Anmerkungen: Im Kaufvertrag gibt es keinerlei Verpflichtung, dass die EdF oder sonst jemand eine Kapitalerhöhung vornehmen muss.

Jetzt aber noch einmal zum Wort „bringen“. „Bringen“ kann doch nur bedeuten, dass eine Kapitalerhöhung vorgenommen wird

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: So ist es!)

und dass die EdF dann entsprechend mehr Kapitalanteile hat.

(Abg. Drexler SPD: Nein!)

Ja, natürlich.

(Abg. Drexler SPD: Die Oberschwäbischen Elek- trizitätswerke wollten doch mitziehen!)

Ja, Moment! Jetzt sind wir schon beim nächsten Punkt. Sie glauben doch nicht im Ernst, dass die OEW bei einer Kapitalerhöhung mit – wie Sie vorhin gesagt haben – zweistelligen Milliarden-Euro-Summen mitgezogen wären. Dazu sind die doch überhaupt nicht in der Lage.

(Abg. Drexler SPD: Entschuldigung! Das sagen die aber anders! – Abg. Teßmer SPD: Der hat keine Ahnung davon!)

Das sagen die nicht anders. Ich komme gleich noch einmal darauf zu sprechen. – Das, was Sie wünschen, hätte zu einer Kapitalerhöhung geführt, die eine mehrheitliche Beherrschung der EnBW durch die EdF zur Folge gehabt hätte.

(Abg. Drexler SPD: Ach! – Abg. Teßmer SPD: Spekulation!)

Das ist genau das, was Sie nicht wollten.