Protokoll der Sitzung vom 01.10.2003

(Beifall des Ministers Dr. Döring – Minister Dr. Dö- ring: Sehr gut!)

an dem das Land früher 25 % der Anteile gehalten hat, die es aber vor vier Jahren verkauft hat.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zurufe von der CDU: So ist es! Unglaublich!)

Sie, Herr Kretschmann, sagen: Wir sitzen nicht im Aufsichtsrat. Ich sitze auch nicht im Aufsichtsrat. Ich habe über die Geschäftspolitik der EnBW der letzten vier Jahre so wenig Informationen wie Sie.

(Zurufe von der SPD)

Ich spreche über die Geschäftspolitik. Darüber bin ich nicht informiert, und dazu kann ich auch nicht Rede und Antwort stehen. Ich beteilige mich auch nicht an einer völlig unzulässigen Debatte, die im System einer sozialen Marktwirtschaft, in dem Unternehmen frei sind und nicht staatlicher Kontrolle unterliegen, geradezu grotesk ist. Das muss ich einmal sagen.

(Beifall bei der CDU)

Drittens: Die EdF hat angeboten, dass ein Mitglied der Landesregierung für eine Übergangszeit noch im Aufsichtsrat ist. Sie hat die Bestimmung dieses Mitglieds ausdrücklich nicht uns überlassen, sondern hat den Aufsichtsratssitz ausdrücklich Herrn Finanzminister Stratthaus ad personam angeboten. Herr Stratthaus hat das Angebot als Person angenommen; er hat vorher aus seiner Kenntnis das Notwendige gesagt. Ich möchte ausdrücklich sagen, dass er nicht als Vertreter der Landesregierung im Aufsichtsrat saß und sitzt, dass ich es aber sehr begrüße, dass das Angebot gemacht worden ist, auch wenn wir an der EdF überhaupt nicht mehr beteiligt sind.

Worüber ich Auskunft geben kann, ist also nicht die Geschäftspolitik der EnBW oder der EdF, sondern das ist allein der Kaufvertrag, den wir geschlossen haben. Über ihn kann ich allerdings Auskunft geben.

Meine Damen und Herren, wir haben einen Kaufvertrag noch nie mit solcher Sorgfalt vorbereitet wie diesen. Wir haben eine erfahrene Investmentbank beauftragt, uns zu beraten. Sie hat eine Ausschreibung an über 120 internationale Energieversorgungsunternehmen gemacht. Sie hat die Angebote, die gekommen sind, gesichtet und bewertet, und sie hat eine Empfehlung abgegeben.

Nach Prüfung durch die Landesregierung hat es nach unserer festen Überzeugung überhaupt keine Alternative zum Verkauf des Anteils an die EdF gegeben.

(Abg. Kübler CDU: So ist es!)

Ich finde aber auch, dass sich die EdF als absolut seriöser Partner gegenüber dem Land Baden-Württemberg erwiesen hat.

Ich möchte zunächst einmal festhalten, dass wir einen Kaufpreis von 4,7 Milliarden DM erzielt haben. Das entsprach einem Kurs von 38,44 € pro Aktie. Der Börsenwert des verkauften Aktienpakets liegt heute um 29,76 % niedriger. Wir hätten also überhaupt keinen günstigeren Zeitpunkt für den Verkauf des Aktienpakets finden können.

(Ministerpräsident Teufel)

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Wir haben dem Land Vermögen erhalten und legen es so an, dass es den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes nachhaltig für gemeinnützige Zwecke zur Verfügung steht. Es handelt sich um eine unglaubliche Summe.

Nicht das Land war Verkaufspartner. Das Land hat seine Anteile vor Jahren an eine Holding verkauft und dafür 800 Millionen DM Schulden aufgenommen; das war damals der Wert. Die Schulden von 800 Millionen DM sind getilgt worden, und die Differenz zwischen 4,7 Milliarden und 800 Millionen DM steht dem Land zur Verfügung. Dieses Parlament hat das Geld für eine dritte Zukunftsoffensive Junge Generation und für die Gründung einer Landesstiftung eingesetzt.

Auf einen Punkt bezüglich der Anlage muss ich noch eingehen – obwohl das schon 10- oder 15-mal in diesem Haus gesagt worden ist –, weil immer wieder das Gegenteil gesagt wird: Die Gemeinnützigkeit ist nicht durch den Verkauf entstanden, sondern die Gemeinnützigkeit war schon gegeben, bevor die Anteile verkauft worden sind. Deswegen gab es auch gar nichts anderes als eine gemeinnützige Anlage.

Nun, meine Damen und Herren, muss ich Ihnen zwei Dinge zur Einhaltung des Kaufvertrags sagen.

Nach meiner Erinnerung hat das Finanzministerium auf meine Bitte hin den Kaufvertrag in den letzten Tagen noch einmal Punkt für Punkt nachgeprüft. Nach der ausdrücklichen Auskunft des Finanzministeriums und des Finanzministers, die er vorhin ja vorgetragen hat, ist jeder einzelne Punkt des Kaufvertrags eingehalten – bis zum heutigen Tag.

Nun haben Sie auf der Strecke mehrfach nachgefragt, ob es Nebenabreden oder irgendwelche Zusatzvereinbarungen zum Vertrag gebe. Die Landesregierung hat gegenüber dem Parlament schriftlich mehrfach erklärt: Es gibt keine Nebenabreden. Es gibt weder mündlich noch schriftlich Nebenabreden, sondern es gibt nur den Kaufvertrag.

Jetzt frage ich Sie einmal, nachdem wir eine solche Auskunft geben: Warum wiederholen Sie und wiederholen Sie und wiederholen Sie in ständigen Anfragen immer wieder die gleiche Frage? Was können wir denn mehr tun als zu sagen: „Es gibt keine Nebenabsprachen“?

Wenn Herr Goll, den ich für einen Ehrenmann halte, sagt, ihm seien irgendwelche Versprechungen gemacht worden, dann wird es wohl so sein. Aber es waren keine Versprechungen vor Vertragsabschluss oder im Rahmen der Vertragsverhandlungen, wobei übrigens nicht Herr Goll verhandelt hat, sondern wir verhandelt haben – unterstützt von einer Investmentbank und einem namhaften Rechtsanwaltsbüro – und die Verträge Punkt für Punkt erarbeitet haben.

Wir sind mit allergrößter Sorgfalt vorgegangen. In diesem Zusammenhang gibt es erstens keine Absprache von der zitierten Art, und zweitens sind alle Absprachen, die getroffen worden sind, schriftlich fixiert und eingehalten.

So etwas könnte man einem doch einmal abnehmen. Mir ist überhaupt nicht klar, warum die gleichen Fragen immer wieder gestellt werden.

Welche Ziele haben wir mit dem Verkauf verfolgt? Wir haben das Ziel der Sicherung der Eigenständigkeit und der Entwicklungsmöglichkeit der EnBW verfolgt. Lesen Sie einmal nach, was vor 14 Tagen in der „Süddeutschen Zeitung“ über den Verkauf der bayerischen Anteile an Eon stand. Alles ist nach Düsseldorf gegangen, und in München ist nichts mehr; die Enttäuschung ist groß.

Wir wollten, dass die EnBW nicht eine Filiale eines anderen Unternehmens wird, sondern dass ihr Sitz hier im Land bleibt, Wertschöpfung stattfindet und Arbeitsplätze erhalten bleiben. Das war unsere Absicht.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Wir wollten auch, dass hier weiter Stromerzeugung stattfindet und die EnBW nicht zu einem Handelsunternehmen wird. Wir wollten einen standortpolitischen Mehrwert für dieses Land erreichen. Das war die Zielsetzung.

Nächster Punkt: Heute wird gesagt – das ist einer Ihrer Hauptvorwürfe, die Sie in den Raum stellen; er trifft natürlich überhaupt nicht uns –, die EdF habe Kapitalerhöhungen versprochen – von ihnen weiß ich nichts – und habe dies nicht eingehalten. Unser Bemühen war – im Auftrag des Landtags – genau gegenteilig ausgerichtet, nämlich dass die EdF nicht einseitig Kapitalerhöhungen vornimmt und in den Besitz der Mehrheit der EnBW kommt.

(Beifall bei der CDU)

Das war doch eine der Hauptforderungen, die an uns ständig gestellt worden ist. Darum haben wir uns bemüht. Hier gebührt das Hauptverdienst den OEW. Es ist unglaublich, wie Sie vorhin in der Debatte mit den OEW umgegangen sind. Ich habe vor den Eigentümern der OEW die größte Hochachtung.

(Beifall des Abg. Kiefl CDU)

Sie haben eben nicht das Geld gemacht, sondern haben in den letzten Monaten auch im Landesinteresse gehandelt. Sie halten wirklich gleichgewichtig mit der EdF Anteile und haben nicht zugelassen, dass etwa die EdF – sie hat gesagt, sie strebe das nicht an, und hat das auch nicht angestrebt – zu einer Mehrheit an der EnBW kommt.

Was ist das für eine absurde Situation? Man drängt uns Monate vonseiten der Opposition, aber auch vonseiten des ganzen Parlaments, darauf zu achten, dass die EdF nicht einseitig Kapitalerhöhungen vornehmen kann. Heute wird genau der umgekehrte Vorwurf erhoben, die EdF habe Zusagen auf Kapitalerhöhungen nicht eingehalten. Es ist eine absurde Situation. Sie machen es gerade so, wie es Ihnen passt, und wirklich mit der ausschließlichen Absicht, hier einfach einmal ein paar Vorwürfe in den Raum zu setzen nach dem Motto: Irgendetwas wird immer hängen bleiben.

(Beifall bei der CDU – Abg. Schmiedel SPD: Staatsrat Goll hat das behauptet!)

(Ministerpräsident Teufel)

Was ist im Einzelnen vereinbart worden, und was hat die EdF eingehalten? Es ist vereinbart worden:

Der Käufer

also die EdF –

wird, soweit aktienrechtlich, nach EU- und deutschem Kartellrecht, insbesondere unter Berücksichtigung der Eigenständigkeit der EnBW, zulässig sowie ohne wirtschaftlichen Nachteil für die EnBW möglich, im Sinne einer dauerhaften Partnerschaft mit der EnBW nach besten Kräften darauf hinwirken, dass

a) die Eigenständigkeit der EnBW langfristig gewahrt bleibt und sie insbesondere in keine unternehmensvertragliche Abhängigkeit zur EdF-Gruppe nach §§ 291 und 292 des Aktiengesetzes gerät.

Antwort: Die EnBW ist weiterhin ein eigenständiges Unternehmen, und es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die EdF die Mehrheit anstrebt. Zielsetzung und Vereinbarung wurden eingehalten.

Es ist suggeriert worden, die EnBW oder die EdF hätte Arbeitsplatzgarantien abgegeben. Ich will Ihnen einmal die Formulierungen zu Buchstabe b aus dem Vertrag wörtlich zitieren:

... die Standorte der EnBW in Karlsruhe und Stuttgart erhalten bleiben, insbesondere dass die künftige Entwicklung innerhalb der EnBW den Standort BadenWürttemberg in Bezug auf Arbeitsplätze, Produktionsstätten, Wertschöpfung und Investitionen in den bestehenden Gewichtungen zwischen den Standorten Karlsruhe und Stuttgart und allen weiteren Standorten beachtet und erhält.

Das ist die Vereinbarung zu den Arbeitsplätzen.

Die Bewertung: Die Standorte Karlsruhe und Stuttgart sowie die Gewichtung zwischen allen Standorten blieben in den letzten vier Jahren unverändert erhalten. Bisher hat keine einzige Kommune bei mir irgendeine Forderung erhoben und behauptet, dass die EnBW einen Standort nicht vereinbarungsgemäß berücksichtigt hätte.

Das dritte Ziel ist laut Vereinbarung wörtlich, dass

... die Erzeugungsanlagen der EnBW einschließlich ihrer Kraftwerksstandorte und die Wertschöpfung bei der Stromerzeugung im Land im bisherigen Umfang erhalten bleiben und die bisherigen Arbeitsplätze in der EnBW und die sozialen Belange der Arbeitnehmer gesichert sowie neue Arbeitsplätze geschaffen werden.