Protokoll der Sitzung vom 01.10.2003

denbetrag für Zukäufe bereitstehe. Aus diesem Topf könne auch die EnBW Gelder bekommen.

Das ist doch keine Erfindung von Herrn Goll. Jetzt stellen Sie doch Herrn Goll nicht so dar, als hätte er keine Ahnung und wäre nicht dabei gewesen oder würde sogar von uns noch finanziert, um solche falschen Behauptungen aufzustellen! So haben Sie es hingestellt.

Deswegen sagen wir: Wir wollen wissen, was damals passiert ist. Im Übrigen sagen nicht wir, sondern sagt der damalige Vorstandsvorsitzende deutlich, dass die heutige Schieflage daher komme, dass die EdF kein Geld zugeschossen habe. Die heutige Schieflage besteht darin, dass möglicherweise 3 700 Leute entlassen werden müssen und dass wir eine Situation haben, in der auch die Zukunft der EnBW sehr schwierig gesehen wird. Herr Goll sagt, das komme daher, weil kein Kapital geflossen sei. Das ist doch nicht unsere Erfindung; das sagt Herr Goll. Sie können Herrn Goll doch kein Wissen absprechen. Sie können auch nicht sagen, er hätte keine Ahnung. Es kann nicht sein, Herr Stratthaus, dass Sie von alldem nichts gewusst haben.

(Abg. Teßmer SPD: Da hat er geschlafen!)

Ich kann mir bei der Nähe des Herrn Goll zu Ihrer Regierung einfach nicht vorstellen – er ist aus dem Staatsministerium gekommen –, dass er nicht darüber informiert hat, dass es Zusagen gibt. Der Aufsichtsratsvorsitzende bestätigt diese auch. Weiter sagt Herr Goll – das müssen Sie als Aufsichtsrat doch auch zur Kenntnis genommen haben –: Wir haben uns bemüht und entsprechende Finanzmittel, Herr Stratthaus, in die mittelfristigen Pläne der EnBW in Erwartung einer genehmigten Kapitalerhöhung eingestellt. Das heißt, jeder im Aufsichtsrat hat zur Kenntnis genommen: Es kommen Finanzmittel, die sogar eingestellt sind, und nichts passiert. Der Verkäufer, das Land, könnte natürlich auf diesen Punkt des Kaufvertrags hinweisen: „EdF, mach das mal! Es gibt Zusagen.“ Das haben Sie überhaupt nicht gemacht, obwohl Sie in dem Gremium sind.

Herr Kretschmann hat doch Recht: Alle Versprechungen sind nicht eingehalten worden. Wir reden die EnBW nicht schlecht, sondern wir sagen nur: Wenn so etwas passiert, dass uns jemand die Wahrheit sagt, dann ist klar, dass wir im Parlament eine Aussprache führen und den Ministerpräsidenten auffordern, zu seinen Versprechungen Stellung zu nehmen. Sie haben all diese Versprechungen nicht ausgeräumt. Herr Goll sagt etwas völlig anderes. Ich habe auch nicht erfahren, ob Sie in der Zwischenzeit mit Herrn Goll gesprochen haben.

(Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

Es wäre eigentlich logisch gewesen, dass das Aufsichtsratsmitglied mit dem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden über die Fragen redet: Wo sind die Dokumente, die das belegen? Gab es die Zusagen? Was war das für eine Strategie, die ich als Aufsichtsrat überhaupt nicht zur Kenntnis genommen habe?

Herr Stratthaus, so einfach kommen Sie nicht davon. Wir wollen jetzt endlich einmal sehen, was in den Kaufverträgen wirklich steht.

(Abg. Schmiedel SPD: Ja, und die geheimen Zusät- ze!)

Wenn jemand nichts zu verbergen hat, dann kann er doch die Kaufverträge herausgeben. Das ist doch überhaupt kein Problem.

(Abg. Schneider CDU: A wa!)

Was heißt denn „A wa!“? – Wenn Sie glauben, dass man in einer Finanzausschusssitzung in 10 bis 15 Minuten – mehr waren es nicht – solche Kaufverträge prüfen kann, was sind es dann für Verträge?

(Zuruf des Abg. Schneider CDU – Abg. Pfister FDP/DVP: Dann müssen Sie jetzt einen Verta- gungsantrag stellen!)

Ach, hören Sie doch auf! Dann legen Sie sie doch jetzt vor. Das ist doch überhaupt kein Problem.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Sie wissen doch, dass das nicht geht!)

Es geht. Sie können auch jetzt im Finanzausschuss die Verträge in nichtöffentlicher Sitzung vorlegen.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Im Finanzausschuss, ja! Kein Problem!)

Das können Sie durchaus machen. Das können wir nachher beschließen. Dann werden wir ja sehen, ob Sie diese Verträge vorlegen.

Ich sage noch einmal: Herr Goll hat die Linie zwischen Nichterhöhung des Kapitals und der Schieflage des heutigen Unternehmens festgestellt. Ihm ist vom Aufsichtsratsvorsitzenden nicht widersprochen worden. Von der politischen Seite wird ihm widersprochen. Die Konsequenz aus dieser Schieflage sind möglicherweise 3 700 Entlassungen und eine mögliche Strompreiserhöhung. Das zahlen die kleinen Leute in Baden-Württemberg.

(Beifall bei der SPD – Abg. Pfister FDP/DVP: Rei- ne Spekulation!)

Herr Schneider, Sie sind dafür verantwortlich. Dass Sie die Verantwortung nicht annehmen wollen, das ist in diesem Land immer klar. Sie schmücken sich mit Erfolgen, für das Schlechte sind andere zuständig, meistens die Bundesregierung. Herr Gerhard Schröder hat also den Kaufvertrag ausgehandelt, das ist mir schon klar. So gläubig, wie Sie gucken, glauben Sie das auch noch.

(Beifall bei der SPD – Zuruf von der CDU: Ja- wohl!)

Das glaube ich. Das haben Sie verinnerlicht. – Noch einmal: Wir wollen die Verträge sehen. Wir wollen wissen, wie das war. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir das nicht erfahren, gibt es noch eine andere Möglichkeit, Herrn Goll zu befragen und alles aufzuarbeiten.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Noch einen Untersu- chungsausschuss!)

Wir lassen uns von Ihnen nicht so abspeisen, wie Sie das gerade tun. Herr Kurz von der CDU-Fraktion hat überhaupt nicht über die Sache gesprochen. Herr Stratthaus hat wie in einer Märchenstunde erzählt, alles sei in Ordnung. Auf der anderen Seite zahlen es die Betriebsangehörigen und die Stromkunden Baden-Württembergs.

Wir wollen einmal sehen, was Herr Goll dem Parlament und dem Ausschuss zu sagen hat, wenn Sie die Unterlagen nicht herausgeben.

Herr Ministerpräsident, genau das ist der Erfolg Ihrer Politik. Das wird Sie auch in der Verwaltungsreform einholen. Sie machen irgendetwas, Sie hören nicht auf gute Ratschläge, setzen sich mit Brachialgewalt durch, und das Ergebnis sind Strompreiserhöhungen und 3 700 Entlassungen. In der Verwaltungsreform wird Sie genau das Gleiche einholen. Sie haben nicht auf uns gehört. Es werden nur Kompromisse geschlossen. Jetzt streitet man schon um das Personal. Die Effizienzrendite ist weit weg, und die Frage, dass die Verwaltung in Baden-Württemberg bürgernäher wird, ist außerhalb jeglicher Debatte. Genauso wie über die EnBW werden wir dann in einem Jahr über die Verwaltungsreform zu diskutieren haben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erhält Herr Abg. Kretschmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Finanzminister, ich habe mich versprochen und statt „Verluste“ „Schulden“ gesagt. Mir daraus aber den Vorwurf wirtschaftspolitischer Inkompetenz zu machen, das finde ich ein bisschen billig.

Wissen Sie, wir sind nicht im Aufsichtsrat, wir kennen die Kaufverträge nicht, und wir haben die Pflicht, die Regierung zu kontrollieren. Dieses Recht nehmen wir hier wahr und sonst gar nichts.

Ich habe lediglich die Versprechung des Ministerpräsidenten zitiert. Wir haben damals gesagt, dass Sie dafür nie einstehen können – das ist nach dem Verkauf gar nicht möglich –, und Teufel hat sich bisher geduckt. Ich finde, wenn jemand solche Versprechungen gemacht hat, die Punkt für Punkt nicht eingehalten werden, kann die Öffentlichkeit erwarten, dass er hier dazu etwas sagt.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zuruf von der SPD: Ja! Eindeutig!)

Wir reden auch die EnBW nicht schlecht, sondern lesen einfach die Bilanzen. Wir lesen die von Herrn Claassen gegebenen Interviews, und das können auch Sie. In diesen Bilanzen steht, dass sich das Finanzanlagevermögen im Konzern um 280,3 Millionen € verringert hat, die bilanzielle Eigenkapitalquote im Konzern einschließlich der Fremdanteile im ersten Halbjahr von 9,9 auf 6,1 % zurückgegangen ist und sich die Verbindlichkeiten gegenüber den Kreditinstituten auf ca. 4,5 Milliarden € und die Anleiheverbindlichkeiten auf ca. 3,7 Milliarden € belaufen. Das sind Informationen, die jeder nachlesen kann. Das haben wir auch gemacht.

Wir erwarten von Ihnen, dass Sie hier darüber Auskunft geben. Sie sitzen im Aufsichtsrat und nicht wir. Das haben Sie aber nicht gemacht.

Wir haben noch einmal darauf hingewiesen – dem sind Sie ausgewichen –, dass – auch das steht im Bericht der EnBW – in die Rückstellungen für die Stilllegung von Atomkraftwerken eingegriffen worden ist, um die Mittel für die Einkäufe zu bekommen. Dazu haben Sie sich nicht geäußert. Ich fordere Sie auf, das zu tun. Das hier zu erläutern, dazu haben Sie eine besondere Pflicht; denn die Mittel werden damit zweckentfremdet.

Ich kann zusammenfassen: Sie sind auf unsere Vorhaltungen nicht eingegangen. Diese haben sich auf das bezogen, was jeder nachlesen kann. Sie haben sich auf die Aussagen von Herrn Goll bezogen. Der Aufsichtsratsvorsitzende Schürle hat gesagt: Herr Goll ist ein Ehrenmann.

(Zuruf von der CDU: Schüle?)

Herr Schürle hat das gesagt. – Also gab es offensichtlich Zusagen. Sie bestreiten das. Was stimmt jetzt? Sind die Zusagen gemacht worden oder nicht? Ist Herr Goll ein Ehrenmann oder nicht?

(Abg. Drexler SPD: Protokolliert!)

Schließlich haben Sie ihn zum Vorstandsvorsitzenden dort berufen und nicht wir. Das muss hier auf den Tisch, und wir erwarten, dass Sie dazu Stellung nehmen. Wir fordern Sie auf, das jetzt endlich zu machen. Die Öffentlichkeit hat ein Anrecht darauf.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Das Wort erhält Herr Ministerpräsident Teufel.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich finde, Verschiedenes in dieser Debatte ist geradezu unglaublich. Unglaublich ist, dass der Vorsitzende der SPD-Fraktion mich zitiert, mitten im Zitat aufhört und darauf Vorwürfe gründet, als ob es Zusagen von irgendeiner Stelle gegeben hätte,

(Zuruf des Abg. Pfister FDP/DVP)

von der EdF, von der EnBW, von der Landesregierung, von Vertragspartnern, als ob in Zukunft nie Arbeitsplätze abgebaut würden. Das war vorhin der Hauptvorwurf, gegründet auf einem völlig unzutreffenden Zitat. Ich muss das mit aller Entschiedenheit zurückweisen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Zweitens: Ich halte es für unglaublich, dass hier im Landtag über die Geschäftspolitik eines Privatunternehmens diskutiert wird,