Protokoll der Sitzung vom 29.10.2003

(Beifall bei der CDU und der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Handlungsfeld Nummer 5: Medienpolitik. Eigentlich habe ich von Ihnen eine Aussage erhofft. Wie halten wir es denn jetzt mit der Gebührenerhöhung? Was machen wir? Sie sitzen ja im Verwaltungsrat. Das heißt, wir stehen vor der spannenden Frage: Wie wird die Gebührenentwicklung im nächsten Jahr sein? Die KEF hat ihren Vorschlag vorgelegt: Erhöhung um 1,07 €. Die Anhörung findet heute Morgen statt. Die Staatskanzleien, die Intendanten werden gehört. Steinbrück spricht vage von einem Moratorium; Stoiber sagt: „Stellt das Ganze zurück!“

Ich glaube, dass man im Hinblick auf die Gebührenentwicklung sparsam wirtschaften muss, aber dass die Anstalten – das gilt auch für unsere Anstalt – Klarheit benötigen, wenn es um die Planung der Programme und der Stellen in den nächsten Jahren geht. Immer nur zurückzustellen und wieder zurückzustellen ist der falsche Weg. So, wie wir für die Wirtschaft und die Bevölkerung Planungssicherheit einfordern, sollten wir auch den Anstalten alsbald Planungssicherheit geben. Das heißt, ich plädiere für eine sehr maßvolle und sparsame Gebührenanpassung nach oben von maximal einem Euro, vielleicht zum Jahr 2005, vielleicht aber auch erst ein Jahr später. Aber es muss bald entschieden werden, damit die mittelfristige Budgetplanung für unsere Medienunternehmen, für den SWR, zur Sicherung von Arbeitsplätzen und zur Qualitätssicherung der Programme möglich wird.

(Beifall bei der CDU)

Wenn wir den Anstalten einen zusätzlichen Euro geben, dann erwarten wir im Umkehrschluss, dass die Qualität gesichert wird, aber die Quantität nicht immer weiter ausgebaut wird.

(Beifall bei der CDU)

Wir sollten uns gemeinsam dafür einsetzen, dass der Sport im Hauptprogramm bleibt und nicht ein neuer Sportkanal ausgebaut wird, wie es Herr Beck vorgeschlagen hat. Wir sollten uns gemeinsam dafür stark machen, dass das Zweite Deutsche Fernsehen auch das Zweite bleibt und nicht noch ein „ZDF 2“ hinzukommen kann, wie es der dortige Intendant und seine Gremien längst als Forderung auf den Tisch gelegt haben. Und wir sollten dafür sorgen, dass es nicht immer noch weitere Hörfunkprogramme gibt. Wer Qualität sichern will, muss innerhalb der bestehenden Programmlinien umbauen und ergänzen und kann nicht immer ausbauen.

Ich glaube, dass eine für die nächsten vier Jahre stabil bleibende Erhöhung um einen Euro maßvoll und gerechtfertigt ist, aber im Umkehrschluss die Anstalten in der Pflicht sind, uns nicht immer neue Programme um die Ohren zu schlagen, sondern mit dem auszukommen, was derzeit auf dem Programmmarkt ist. Dies ist schon genug.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Handlungsfeld Nummer 6: Infrastruktur. Baden-Württemberg hat in der Infrastruktur für Wirtschaft und Gesellschaft Nachholbedarf. Wir stellen mit großem Respekt fest, dass unsere Regierung im Ausbau der Infrastruktur – Straße, Bundesstraße, Bundesfernstraße, Schiene – auf einem mustergültigen Weg ist und im Rahmen dessen, was finanziell ankommt, in Baden-Württemberg alles umsetzt, was im Grunde genommen notwendig ist.

Auch in der Messepolitik ist dieser Respekt angebracht. Die Messe auf den Fildern nimmt langsam Gestalt an. Die Entscheidung kommt im nächsten Jahr. Im nächsten Jahr werden wir entscheiden müssen, ob wir es ernst meinen, ob wir es umsetzen, ob wir es uns zutrauen auf der Rechtsgrundlage, die der Landtag von Baden-Württemberg geschaffen hat, auch mit dem Restrisiko der vorläufigen Besitzeinweisung bei Baubeginn. Ich plädiere dafür. Ich danke dem Oberbürgermeister von Leinfelden-Echterdingen und vielen dortigen Gemeinderatsmitgliedern dafür, dass hier Kompromissbereitschaft besteht.

Wir sollten alles dafür tun, dass die Messe dort oben ohne weitere Verkehrs- und Lärmbelästigung und ökologisch vertretbar gut erschlossen wird. Aber ich glaube, dass die Messe für Baden-Württemberg, für unsere Exportwirtschaft und für unsere Industrie, eine herausragende Chance ist, und ich setze darauf, dass in diesem hohen Haus im nächsten Jahr eine breite Mehrheit auch die mutigen, weiteren und endgültigen Schritte wagt und damit die Infrastruktur für unser Land stärkt.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Und dann, lieber Herr Kollege Fischer, Glückwunsch zu Karlsruhe! Am Freitag ist es so weit. Ich halte die Messe für Karlsruhe, für die Region und für ganz Baden für eine große Chance. Und ich baue darauf, dass die dortige Messegeschäftsführung die Chance auch nutzt – die doppelte Chance, denn die Messe in Stuttgart kommt erst drei Jahre später – und Baden-Württemberg damit in der Zahl seiner Messestandorte gegenüber den größeren Messeplätzen wie Hannover und München in der Addition seiner Angebote mithalten kann. Unsere Exportwirtschaft hat große und mittlere Messen nötig. Baden-Württemberg ist hierbei auf gutem Weg.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Handlungsfeld Nummer 7: Verwaltungsreform. Dieses Thema hätte eine ernsthaftere Befassung als die, die Herr Kollege Drexler vorgenommen hat, verdient.

(Beifall bei der CDU – Abg. Fischer SPD: Schon zu Beginn des Jahres! – Abg. Alfred Haas CDU: So ein Sammelsurium!)

Dass der Bürger mit Gesetzgebung, Verordnungen, Erlassen und Richtlinien überfordert ist, dass der Bürger die Zahl der Behörden nicht mehr kennt, dass der Bürger im Grunde genommen Management aus einem Guss braucht, dass der Bürger erwarten kann, dass ein Beamter bzw. eine Behörde für ihn der umfassend verantwortliche Ratgeber ist, das ist, glaube ich, der entscheidende Punkt. Dieser Grundsatz der Bündelung von Fachbehörden, der Einräumigkeit und der Einhäusigkeit, wird von der CDU-Fraktion in vollem Umfang erkannt. Wir tragen ihn ausdrücklich mit.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Beate Fauser FDP/DVP – Abg. Zeller SPD: Zähneknirschend macht ihr das!)

Jetzt befinden wir uns in der Umsetzung. Wir schauen uns jedes Detail an. Trauen Sie uns das bitte zu: Wenn der Gesetzentwurf im Januar/Februar in die Öffentlichkeit kommt, dann werden Sie sehen, dass den Interessen der Fachbehörden, den fachlichen Anliegen, der Aufgabenoptimierung und der Betriebsgröße, die eine Fachaufgabe braucht, Rechnung getragen wird und trotzdem ganzheitlicher, einheitlicher und damit bürgerfreundlicher als bisher unter einem Dach beraten, bearbeitet und entschieden werden kann.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Sakel- lariou SPD: Spärlicher Beifall!)

Wir tragen auch den Ansatz der Aufgabenkritik mit. Wir müssen in den nächsten Monaten einzelne Aufgaben, eine nach der anderen, in den Landtag bringen, um zu prüfen: Ist diese Verordnung, ist jene Vorschrift noch notwendig, oder kann mehr Freiheit, mehr liberale Grundlage für Wirtschaft und Bürger in den nächsten Jahren in Baden-Württemberg ein Ausgangspunkt für eine Belebung der Wirtschaft und der Bevölkerung sein?

Es gibt eine kleine Einschränkung: Von der Liberalisierung der Besenwirtschaft und der Straußenwirtschaft sind wir nicht überzeugt.

(Abg. Fleischer CDU: Sehr gut!)

Wir haben nämlich ein Interesse an der Dorfwirtschaft. Die Gastronomie ist im Grunde genommen zu 90 % nahe an der Insolvenz. Mit uns kann man über 40 Plätze oder 60 Plätze reden. Aber die Regelungen ganz aufzuheben, sodass der eine backen, kochen, grillen und garen kann, wie er will, und der andere Polizeiauflagen und Lebensmittelhygienevorschriften beachten muss,

(Abg. Drexler SPD: Auflagen!)

ist, glaube ich, auch nicht fair.

(Abg. Drexler SPD: Aber der Schnaps muss noch hinein!)

Wettbewerb bedarf fairer Grundlagen. Deswegen wird bei der Besenwirtschaft und der Straußenwirtschaft eine gewisse zeitliche und größenmäßige Begrenzung auch in Zukunft nahe liegend sein.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Heiderose Ber- roth FDP/DVP – Zuruf des Abg. Pfister FDP/DVP)

Handlungsfeld Nummer 8: Steuerpolitik. Zunächst ist die Frage: Ziehen wir die Steuerreform vor? Zum Zweiten ist die Frage: Wie groß ist die langfristige Dimension?

Herr Kollege Drexler, Sie haben mir Denkendorf vorgehalten. Aber was in dem Papier von Denkendorf steht, ist alles im Einklang mit Kirchhof. Die 36 % für die Körperschaft sind korrekt. Aber dann ist die Gewerbesteuer nicht mehr da.

(Zuruf des Abg. Pfister FDP/DVP)

Der Steuersatz wird von 25 % auf 36 % erhöht, und die Gewerbeertragsteuer entfällt. Das heißt im Grunde genommen: Kirchhof und unsere Reform geben unter dem Strich eine Gesamtbelastung, die geringer als die derzeitige Belastung ist.

(Abg. Drexler SPD: Aber nicht beim Spitzensteuer- satz!)

Wir glauben, dass bei der Körperschaftsteuer dann, wenn die Gewerbeertragsteuer ersatzlos wegfällt, ein Gesamtsteuersatz von linear 36 % der richtige Wert ist, der Kommunen, Land und Bund Einnahmen sichert. Mit dieser Hausnummer ist Deutschland auch wettbewerbsfähig im Hinblick auf Ansiedlungen und Investitionen, wenn es um die weltweite, die globale Wirtschaft geht.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Stickelber- ger SPD)

Ferner haben wir natürlich schon die Ergebnisse der Herzog-Kommission integriert. Denn es ist klar: Mit 25 % finanziert man den sozialen Ausgleich für das, was Herzog vorschlägt – eine gleiche Prämie für alle im Gesundheitswesen –, nicht. Deswegen müssen wir dies aufaddieren. Glauben Sie mir deswegen bitte: Denkendorf und Kirchhof sind keine Gegensätze, sondern im Grunde genommen parallele, gleichförmige Entwicklungen.

Ich bin gespannt, ob die Sozialdemokratie in Deutschland zu diesem großen Wurf fähig ist. Steinbrück war schon am Tisch. Ich bin gespannt, ob Sie Steinbrück folgen oder dem, was bisher immer die Ideologie der SPD unter Lafontaine gewesen ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Drexler SPD: Aber nicht Herzog!)

Wer aber glaubt, dass allein eine Steuerreform und eine Steuersenkung ausreichend seien, der täuscht sich. Aus Gesprächen mit Handwerk und Mittelstand entnehmen wir, dass auch das Arbeitsrecht und der Arbeitsmarkt eine Rolle spielen. Wenn es nicht zu einer Deregulierung in den arbeitsrechtlichen Grundlagen kommt

(Abg. Pfister FDP/DVP: Völlig richtig!)

und wenn es nicht zu weniger Kündigungsschutz kommt, dann kommt es nicht zu mehr Beschäftigung.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Pfister FDP/ DVP – Abg. Pfister FDP/DVP: Völlig richtig!)

Weniger formales Arbeitsrecht heißt mehr Beschäftigung und stärkt den Arbeitsmarkt. Genau bei diesem Punkt tun Sie sich schwer. Das betrifft weniger die Grünen, mehr die SPD. Einstmals hieß es: Hartz kommt 1 : 1.

(Abg. Alfred Haas CDU: Oje, oje!)

Heute sind noch maximal 30 % des Konzepts von Hartz in der Diskussion.

(Zuruf des Abg. Fleischer CDU)

Hartz war schon zu wenig. Wir werden Sie in den nächsten Wochen auf die Testfrage hin abprüfen, ob das Arbeitsrecht so, wie es besteht, für Sie wirklich der Maßstab aller Dinge ist oder ob das, was Clement will und nicht darf und was von uns beantragt wird, für Sie vielleicht doch im Bundesrat und im Deutschen Bundestag noch zumutbar ist. Erst dann gibt es Bewegung, erst dann kommt Belebung für den deutschen Arbeitsmarkt.

(Beifall bei der CDU – Abg. Zeller SPD: Eine sehr verkürzte Denkweise!)

Handlungsfeld Nummer 9: Föderalismusreform. Dazu ist alles gesagt. Ich wünsche den Kollegen Kretschmann und Drexler, ernst gemeint, viel Glück. Unsere Unterstützung haben Sie. Ich sage Peter Straub Dank für seine Aktivität, und ich sage Erwin Teufel Dank für seine Aussage, die klar ist und die es zu unterstützen gilt. Es kommt so viel rüber, wie angeboten wird. Wir ziehen uns aus dem Bundesrat so stark zurück, wie die Bundesregierung und die sie tragenden Fraktionen in Berlin zum Rückbau der Bundeskompetenzen und der Gesetzgebung zugunsten der Landtage bereit sind. Da bin ich gespannt.