Protokoll der Sitzung vom 29.10.2003

(Abg. Pfisterer CDU: Aha!)

Ich möchte Ihnen auch begründen, warum. Sie verlangen vom Parlament allen Ernstes eine pauschale Zustimmung zu einer allgemeinen Studiengebühr.

(Abg. Pfisterer CDU: Nein!)

Die einzige Differenzierung, die Sie dazu machen, ist: Die Studiengebühren sollen nachlaufend und sozialverträglich sein.

(Abg. Pfisterer CDU: Das ist genau der Punkt! – Abg. Wacker CDU: Dem können Sie doch zustim- men!)

Das ist die einzige Differenzierung. Das reicht für eine gründliche, für eine gewissenhafte Beratung bei weitem nicht aus.

(Beifall bei der SPD – Abg. Pfisterer CDU: Das ist optimale Sozialpolitik!)

Sie machen keine Angaben zum Prozedere; Sie machen keine Aussagen, wie das „sozialverträglich“ genau aussehen soll. Und vor allem: Sie verlieren kein Wort darüber, wie hoch diese Studiengebühren sein sollen.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: So ist es!)

Sollen das jetzt 500 € sein, sollen das 1 000 € sein, sollen es 5 000 € sein? All das gibt es in den viel zitierten Modellen weltweit. Bitte geben Sie uns dazu Auskunft, was Sie konkret vorhaben.

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Das trauen sie sich nicht!)

Denn das ist ja gerade so, als ob wir eine neue Steuer beschließen sollten, aber nicht wissen, wer sie bezahlen soll, welche Bemessungsgrundlage gilt und wie hoch die Steuer nachher sein soll.

Wir können keine pauschale Aussage dazu machen. Deswegen können wir dem auch nicht zustimmen.

(Beifall bei der SPD – Abg. Pfisterer CDU: Was sagt Frau Vogt dazu?)

Wie Sie aus unserem Änderungsantrag ersehen, möchten auch wir die Rahmengesetzgebung des Bundes in Hochschulangelegenheiten aufheben. Dies ist ausschließlich ein Beitrag zur Entzerrung des föderalen Geflechts, die nach unserer Auffassung dringend notwendig ist. Das haben wir heute mehrfach gehört; darin sind wir uns ja auch alle einig.

Nun kurz noch einige inhaltliche Anmerkungen zur nachlaufenden Studiengebühr: Ich bin, wie die überwiegende Mehrheit meiner Fraktion, der Auffassung, dass der erste berufsqualifizierende Studienabschluss gebührenfrei sein muss, weil ich als Student aus der Praxis weiß, wie die Situation der Studierenden in Baden-Württemberg aussieht.

Ich möchte Ihnen ein Beispiel nennen: Welche Perspektive geben wir einem jungen Menschen, der nach dem Abitur oder nach dem Abschluss des zweiten Bildungswegs, also nach einer Ausbildung, zum Beispiel einen Ingenieurstudiengang anstrebt? Wir sagen ihm: „Du wirst, nachdem du die Ausbildung gemacht hast und vielleicht auch schon etwas verdient hast, vier bis fünf Jahre lang kein regelmäßiges Einkommen haben – das ist ganz normal bei einem Studium.“ Das Ingenieurstudium – das muss man auch einmal sagen – ist ein Studium, das auch für den Studierenden momentan schon nicht sehr günstig ist. Dieses Studium ist im Vergleich zu anderen Studiengängen teuer.

Wir sagen ihm weiter: „Nach diesen vier bis fünf Jahren, die du studiert hast, musst du vielleicht dein BAföG zurückzahlen, das du bekommen hast“ – das ist auch richtig so –, und wir sagen ihm aber auch weiter, dass er, wenn er nach vier bis fünf Jahren in das Berufsleben einsteigt, einen Schuldenberg von Studiengebühren abstottern muss. Und

das, meine Damen und Herren, in einer Lebensphase, in der eine Familiengründung, die Gründung einer privaten Existenz ansteht.

Das ist meines Erachtens ein verheerendes Signal, vor allem für ein Land wie Baden-Württemberg, das wie kein anderes von den Köpfen der Menschen – der Herr Ministerpräsident hat es heute Morgen gesagt –, vom Erfindergeist der Badener und Württemberger lebt. Es ist ein verheerendes Signal, wenn wir sagen: „Du fängst dein Berufsleben an und bist hoch verschuldet“ – in einer Phase, in der die Leute eher mehr Geld benötigen.

(Beifall bei der SPD)

Ich sage Ihnen: Wir werden mittelfristig gerade in BadenWürttemberg eine ganz andere Diskussion führen. Wir werden uns nicht mehr über den Sinn oder Unsinn von Studiengebühren unterhalten, sondern wir werden uns darüber unterhalten, wie wir Anreize dafür schaffen, dass junge Menschen, junge Männer und Frauen Ingenieurstudiengänge und naturwissenschaftliche Studiengänge anstreben, weil einer unserer wichtigsten Standortfaktoren in Baden-Württemberg ist: Wir leben in Baden-Württemberg von gut ausgebildeten Menschen.

(Beifall bei der SPD – Abg. Wacker CDU: Das ist doch ein Ablenkungsmanöver! – Abg. Pauli CDU: Besser als in anderen Bundesländern!)

Ein Letztes zur Verwendung der Studiengebühren. Ihnen glaubt schon heute niemand mehr, dass die Einnahmen aus Studiengebühren zur Verbesserung der Situation an den Hochschulen beitragen werden. So naiv sind Studierende, Rektoren und Professoren nicht. Das Beste, was dabei herauskommen kann, ist noch, dass es keine Kürzungen für die Hochschulen gibt, und die Studiengebühren streicht der Finanzminister ein.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Ursula Haußmann SPD: So ist es!)

Meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, Sie hatten zweieinhalb Jahre Zeit, um nach den Koalitionsverhandlungen ein ausgearbeitetes und durchgerechnetes Modell vorzulegen.

(Abg. Pfisterer CDU: Das geht doch im Moment rechtlich gar nicht! Ihr könnt es im Bund ändern, aber wir müssen es hier machen! – Gegenruf der Abg. Carla Bregenzer SPD)

Heute haben Sie ein ganz pauschales Modell vorgelegt. Sie haben dieses Modell weder durchgerechnet noch ausgearbeitet. Wir können einem pauschalen Antrag, der sowohl qualitative als auch inhaltliche Mängel hat, nicht zustimmen.

Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der SPD – Abg. Pfisterer CDU: Das war ein Ablenkungsmanöver! – Zuruf des Abg. Wacker CDU – Abg. Pfisterer CDU: Ein Schauspieler, aber kein Politiker! Mein lieber Mann! – Gegenruf des Abg. Fischer SPD – Gegen- ruf des Abg. Pfisterer CDU: Ihn meine ich, den Herrn Drexler! – Unruhe)

Das Wort erhält Herr Abg. Pfister.

(Abg. Capezzuto SPD: Jetzt wird es schwer! – Zu- ruf der Abg. Carla Bregenzer SPD)

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben in der letzten Plenarsitzung über Studiengebühren diskutiert. Wir diskutieren auch heute über Studiengebühren. Von mir aus können wir das gern auch in der nächsten, der übernächsten und der überübernächsten Plenarsitzung tun.

(Abg. Regina Schmidt-Kühner SPD: Weil ihr kein Konzept habt, über das wir diskutieren können! – Abg. Drexler SPD: Legt doch ein Konzept vor!)

Ich habe da überhaupt keine Probleme. Ich diskutiere gern über dieses Thema. Sie kennen auch meine Meinung dazu.

(Zuruf der Abg. Carla Bregenzer SPD)

Ich habe nachgesehen: Die FDP/DVP hat hier im Landtag von Baden-Württemberg im Jahre 1982 – ich wiederhole: 1982 – zum ersten Mal einen Antrag über die Einführung von nachlaufenden Studiengebühren gestellt. Das ist also überhaupt nichts Neues.

(Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

Wir würden wahrscheinlich auch heute nicht über dieses Thema Studiengebühren diskutieren, wenn es nicht diese Einlassung der Frau Landesvorsitzenden Ute Vogt gegeben hätte. Wenn diese nicht gekommen wäre, hätte es zunächst einmal keinen Anlass gegeben, über dieses Thema zu diskutieren.

(Abg. Pfisterer CDU: Das ist der Punkt! – Abg. Wacker CDU: Aber das ist schon ein konkreter An- lass!)

Denn die Positionen in den Fraktionen sind ja klar.

(Abg. Pfisterer CDU: So ist es! – Zurufe von der SPD, u. a. des Abg. Birzele – Abg. Drexler SPD: Legen Sie doch einmal ein Modell vor! – Abg. Carla Bregenzer SPD: Sie sind doch zu feige, et- was vorzulegen! – Gegenruf des Abg. Pfisterer CDU: Frau Bregenzer, 2006 entscheidet das Ge- richt!)

Wir haben in der letzten Sitzung darüber diskutiert. Jetzt haben wir insofern eine neue Situation, als wir auf der einen Seite ein Hochschulrahmengesetz haben – das ist nun einmal auf dem Tisch; das ist die Realität – und es auf der anderen Seite eine Klage des Landes Baden-Württemberg und anderer Bundesländer gibt. Nach meiner Information wird diese Klage vor dem Jahr 2006 überhaupt nicht beschieden. Also hätte ich von mir aus jetzt einmal gesagt: Warum sollen wir uns weiter mit diesem Thema beschäftigen? Das muss entweder eine neue Bundesregierung ab dem Jahr 2006 entscheiden, oder aber es muss das Gericht entscheiden.

(Abg. Drexler SPD: Die Föderalismuskommis- sion!)

Oder die Föderalismuskommission. Das wäre der allerbeste Weg. Ich wünsche Ihnen viel Glück dazu. Meine volle Unterstützung haben Sie,

(Abg. Drexler SPD: Danke!)

das Hochschulrahmengesetz dahin zu befördern, wo es hingehört, nämlich in den Papierkorb. Wenn wir uns darüber einig sind, Herr Drexler, und Sie es schaffen, das Hochschulrahmengesetz abzuschaffen,

(Abg. Drexler SPD: Ja!)

dann werde ich Sie erstens zu einem Helden der SPD erklären.

(Abg. Drexler SPD: Nein, das will ich nicht! Ein Fass Bier!)

Zweitens zahle ich Ihnen ein Fass Bier, wenn Sie das wirklich zustande bringen.