Protokoll der Sitzung vom 17.12.2003

Jetzt kommen wir einmal zu dem Thema des Sparens in der Politik. Bei der Verwaltungsreform sparen Sie unten. Fangen wir doch jetzt einmal oben zu sparen an. Wir schlagen Ihnen vor: Wir können zwei Ministerien auflösen.

(Abg. Wieser CDU: Und 55 Staatssekretäre in Ber- lin entlassen! – Gegenruf des Abg. Teßmer SPD – Unruhe)

Sie waren vorhin noch nicht da. Sie sind gerade erst gekommen.

(Abg. Wieser CDU: Nein, ich war hinten!)

Nein, nein. Sie waren nicht da.

(Abg. Wieser CDU: Ich habe hinten gesessen!)

Lassen Sie das einfach. Wir sind nicht im Bundestag. Das können Sie von der Bundesregierung verlangen, wenn Sie in den Bundestag kommen.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Werden Sie uns unterstüt- zen?)

Wir schlagen Ihnen die Auflösung zweier Ministerien und eine personelle Straffung im Staatsministerium vor, das in der letzten Zeit erhebliche Aufstockungen erhalten hat.

(Abg. Schmiedel SPD: Staatsrat! – Zuruf des Abg. Dr. Caroli SPD)

Wir sagen auch: Der Landtag von Baden-Württemberg sollte langfristig auf 120 Mitglieder begrenzt werden. Das haben wir schon einmal vorgeschlagen. Jetzt haben wir 128 Mitglieder. Wir hätten dann nach wie vor den kleinsten Landtag. Aber man muss, bitte schön, auch einmal darüber nachdenken, wie wir das regeln können.

(Unruhe)

Der nächste Punkt ist eine echte Verwaltungsreform, Herr Kollege Oettinger. Die 100 Millionen €, die Sie vorschlagen, sind ja nur geschätzt. In der Zwischenzeit beschließt ja ein Kreistag nach dem anderen, dass die Verwaltungsreform nicht ohne Mehrbelastungen laufen dürfe. Von daher gesehen glauben wir auch nicht, dass das eingespart wird. Sie bekommen das nur hin, wenn Sie eine Verwaltungsebene vollständig einsparen. Deswegen werden wir die Debatte darüber führen. Ihr Verwaltungsreformmodell ist nicht dafür geeignet, Kosten zu sparen, und auch nicht dafür geeignet, mit den Aufgaben näher an die Bürger heranzukommen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Heike Dederer GRÜNE)

Dann müssen wir im Zuständigkeitsbereich des Landwirtschaftsministeriums weitere Strukturbereinigungen angehen.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Flurbereinigung!)

Sie gehen überhaupt nicht daran. Da schaue ich die FDP/ DVP an, und da schaue ich die CDU an. Warum machen

Sie das eigentlich nicht? Zum Beispiel könnte das aufgefächerte landwirtschaftliche Ausbildungswesen im Zuständigkeitsbereich des MLR vollständig in das berufliche Schulwesen integriert werden. Das muss überhaupt nicht nebenher laufen. Da sind erhebliche Synergieeffekte möglich.

Wir sprechen uns auch dafür aus, die Vielzahl der verschiedenen Agraranstalten zusammenzulegen. Wir brauchen nicht so viele Agraranstalten.

Wir brauchen einen eigenen Landesbetrieb Forst. Da könnten wir erhebliche Einsparungen erreichen und auch Mehreinnahmen erzielen.

Das sind die Punkte, über die wir mit Ihnen diskutieren wollen, die Sie bisher nirgendwo angesprochen haben.

Außerdem wollen wir das Landesvermögen neu ordnen.

Dazu komme ich zuerst einmal auf den Landesflughafen Stuttgart zu sprechen. Wir haben mit Interesse vernommen, dass die CDU begeistert war, als der Bund seine Beteiligung am Landesflughafen Frankfurt zum Kauf angeboten hat. Warum müssen wir eigentlich 50 % der Anteile am Landesflughafen Stuttgart halten? Wir sind der Auffassung: Wenn mit der Messe alles erledigt ist, müssen wir darangehen, den Landesflughafen abzustoßen. Das wird einen erheblichen Betrag ergeben. Wir brauchen keinen Landesflughafen im Eigentum, wenn andere, zum Beispiel der Bund, ihre Anteile an Flughäfen auch abstoßen.

Zweitens: Rothaus. Herr Oettinger, das ist so eine Frage. Die Koalition will im Grunde genommen Gerichtsvollzieher privatisieren, die Wohnungen aufbrechen können, die Kinder wegnehmen können. Das wollen Sie privatisieren. Aber eigenes Bier wollen Sie als Staatsaufgabe definieren. Das halte ich für eine tolle Nummer.

(Beifall bei der SPD – Abg. Dr. Birk CDU: Das ist ganz billig! – Abg. Seimetz CDU: Oh, jetzt! – Zu- ruf des Abg. Blenke CDU)

Von daher haben wir gesagt: Aus strukurpolitischen Gründen wollen wir die Rothaus-Brauerei – –

(Zuruf des Abg. Blenke CDU)

Ja, gut. Dann reden Sie einmal über staatliche Gewalt. Ihre Sprüche nach dem 11. September zur staatlichen Gewalt habe ich noch im Ohr.

(Abg. Seimetz CDU: Du bist sonst besser! – Abg. Dr. Birk CDU: Hören Sie auf!)

Jetzt wollen Sie die Gerichtsvollzieher privatisieren. Lassen Sie das bleiben. Da sehen Sie ganz schlecht aus. Das sagen alle Fachleute.

(Abg. Dr. Birk CDU: Diese Vergleiche ziehen alle nicht! Verantwortungslos!)

Ja, ja. Natürlich. Das ist klar. Sie reden nachher zu EnBW, dann erfahren wir etwas Neues.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

Klar ist auf jeden Fall, dass wir sagen: Wir wollen die Rothaus-Brauerei verkaufen. Dafür bekommen wir mindestens 200 Millionen €. Wir wollen sie an die zu 100 % landeseigene L-Bank verkaufen.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Was soll das für einen Sinn machen?)

Das macht den Sinn, dass wir 200 Millionen € Investitionsmittel bekommen.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Aber wir verkaufen sie doch nicht auf dem Markt!)

Wir verkaufen sie deshalb nicht auf dem Markt, Herr Pfister, weil wir das Strukturproblem, das sich dort unten um Rothaus auch darstellt, nicht auf dem Markt klären wollen.

(Zuruf des Abg. Pfister FDP/DVP)

Das wollen wir nicht. Deswegen sage ich Ihnen auch: Vielleicht ist es sogar ein Vorteil der Rothaus-Brauerei bei der Entwicklung des riesigen Biermarktes, wenn sie bei der Landesbank angesiedelt und nicht dem Spielball der Politik unterworfen ist.

(Zurufe)

Nein, nein.

Wir kommen dann noch darauf, was wir mit dem Geld machen wollen.

Drittens: Staatsweingut Meersburg. Warum wollen Sie das behalten? Das wollen wir verkaufen, und zwar nicht an die L-Bank, sondern auf dem freien Markt. Warum muss das Land ein Staatsweingut Meersburg haben? Da sehe ich die FDP/DVP an. Was ist es denn für ein Problem, ein Staatsweingut zu verkaufen? Wir werden sehen, wie die FDP/ DVP abstimmt.

Viertens: Landesbank. Herr Kollege Oettinger, wenn die Sparkassen immer enger mit der Landesbank zusammengehen, dann ist es doch durchaus üblich, zu sagen: Dann könnt ihr auch noch 14 % übernehmen. Dann haben wir noch 25,1 %. Das wird das Rating nicht verschlechtern. Wir bekommen immerhin einen Betrag von 1,9 Milliarden € in die Kasse.

Fünftens: Landesstiftung. Meine sehr verehrten Damen und Herren, warum Sie immer noch an der Landesstiftung festhalten, weiß ich nicht.

(Abg. Heike Dederer GRÜNE: Gewohnheit!)

Es ist vielleicht im Grunde genommen nur noch Gewohnheit.

(Abg. Schmiedel SPD: Eine schlechte Gewohn- heit!)

Die Landesstiftung gibt 3,8 Millionen € für soziale Zwecke aus. Wir bestreiten überhaupt nicht, dass diese sozialen Zwecke möglicherweise sinnvoll sind. Auf der anderen Seite streichen Sie im sozialen Bereich Kleinstbeträge und bedrohen dadurch soziale Organisationen, sodass diese selbst

Stellenstreichungen vornehmen müssen. Also 3,8 Millionen € Landesstiftung. Auf der anderen Seite streicht das Land 400 Millionen € bei der Nachbarschaftshilfe zur Pflege der Älteren.