und die Frage, was mit der Wahrnehmung des Amts im öffentlichen Dienst zu verbinden ist. Das Amt im öffentlichen Dienst dient dem Wohl der Allgemeinheit, nicht den Sonderinteressen seines jeweiligen Inhabers.
Private Interessen müssen gegebenenfalls gegenüber dem öffentlichen Wohl zurückstehen. Oder wie es Josef Isensee einmal geschrieben hat:
Das Amt bietet institutionellen Schutz gegen die Einwirkung von Partikularinteressen auf das staatliche Handeln.
Damit ist das Ethos des Amtes angesprochen, das vor allem dann zu beachten ist, wenn widerstreitende Interessen abzuwägen sind.
Niemand gibt sich selbst ein Amt; ein Amt wird verliehen, die Aufgabe zugeteilt. Der Träger/die Trägerin eines Amtes verkörpert damit auch eine Staatsfunktion, über die er/sie nicht selbst verfügen kann. Im Zweifelsfall ist auf eigene Belange und Ziele zu verzichten, wenn es darum geht, sich dem Wohl und der Sache der Allgemeinheit zu widmen.
Das Amt hat öffentlichen Charakter, der sich von privater Tätigkeit unterscheidet. Seine Ausübung ist auf Transparenz und Kontrollierbarkeit, seine Leistungen sind auf Publizität hin angelegt.
Daher hat der Inhaber alles zu vermeiden, was das Vertrauen in die Amtsführung beeinträchtigen könnte. Es genügt nicht, dass eine Tätigkeit in sich korrekt ist,
es darf auch nicht ohne Not der Schein von Unkorrektheit erzeugt werden, der ein Ärgernis schaffen und die Öffentlichkeit irritieren könnte.
Ja, es gilt, dass selbst der böse Anschein zu meiden ist. Das ist eine Kernaussage über die Wahrnehmung des Amtes im öffentlichen Dienst.
Genau darin ist formuliert, was wir meinen, wenn wir die Frage von Verbot und Erlaubnis nicht auf individuelle Motive zurückführen, von denen wir wissen, dass sie im Fall des Kopftuchs höchst unterschiedlich sein können, sondern auf den Eindruck bzw. Anschein, der damit verbunden ist.
Ich habe bereits bei der Ersten Beratung des Gesetzentwurfs darauf hingewiesen, dass wir aus der innerislamischen Diskussion über das Kopftuch wissen, dass damit eine bestimmte Auslegung des Islam im Sinne des politischen Islamismus verbunden werden kann. Das wurde – meine Vorredner haben darauf aufmerksam gemacht – während der Anhörung von Frau Rechtsanwältin Ates unzweideutig
bestätigt. Damit, liebe Kolleginnen und Kollegen, schafft das Kopftuch eine klassische Situation, in der persönliche Gründe und die damit verbundene Selbstverwirklichung einer Inhaberin des Amtes im öffentlichen Dienst, in unserem Fall in der Schule, gegenüber dem Wohl der Allgemeinheit und der Erwartung, den bösen Anschein zu vermeiden, zurückstehen müssen.
Wir verbieten einer Lehrerin nicht generell, ihr Kopftuch zu tragen. Das Verbot gilt ausschließlich für die Schule, das heißt für jenen öffentlichen Raum, in dem sie ihr Amt wahrnimmt.
Selbstverständlich genießt der Amtsinhaber oder die Amtsinhaberin in der privaten Lebensführung, im gesellschaftlichen Wirken, in staatsbürgerlicher Aktivität die gleiche Freiheit wie jedermann.
Es wird also eine Amtsaskese erwartet, die ausschließlich für jenen Raum gilt, in dem das öffentliche Amt wahrgenommen wird.
Ich bin davon überzeugt, dass es gerade in einer religiös und kulturell pluraler werdenden Gesellschaft bedeutsam ist, diese Grundsätze des Amtes im öffentlichen Dienst in Erinnerung zu rufen.
Lassen Sie mich an dieser Stelle, weil es von mehreren Vorrednern angesprochen wurde, die Frage aufgreifen, was denn nun bei diesem Gesetz gemeint ist, was mit dem Hinweis auf die Verfassung und christliche Bildungs- und Kulturwerte noch möglich und was nicht mehr möglich ist.
Ich finde es verwunderlich, dass wir uns immer wieder mit einer Zurückhaltung im Hinblick auf eigene Traditionen auf das Thema des Ordenshabits bringen lassen. Was ich dazu in den letzten Wochen und Monaten gehört habe, zeigt, dass es unserer Gesellschaft wieder einmal gut täte – vielleicht im Anschluss an die Debatte über das Kopftuch –, über eigene kulturelle Grundlagen, deren religiöse Wurzeln und das, was mit dem einen oder anderen verbunden ist, zu diskutieren. Wir werden auch an dieser Debatte nicht vorbeikommen.
Aber auf die Idee zu kommen, dass ein Ordenshabit Teil des persönlichen Glaubens ist, ist ein bisschen abwegig. Mir wird ja nachgesagt, dass ich eine überdeutliche Nähe
Deshalb kann ich Ihnen nur sagen: Wenn Sie mit Ordensfrauen und mit Mönchen sprechen, dann werden Sie ziemlich unzweideutige Antworten bekommen. Das Ordenshabit ist Ausdruck der Zugehörigkeit zu einem Stand, nicht Ausdruck des persönlichen Glaubens.
Das ist, wenn man so will, ein Symbol, das für einen Status steht. Interessant ist doch, gerade wenn ich über christliche Bildungs- und Kulturwerte spreche, dass es kaum eine Aussage gibt, die in ganz Europa so unstrittig ist wie die, dass die großen Orden in Europa wie kaum eine andere kirchliche Kraft oder Gruppe kulturschöpferisch tätig waren und sind.
Deshalb gehört es – es gibt natürlich längst Gutachten dazu – zum Beispiel zur badischen Schulrechtstradition, dass Ordensleute selbstverständlich im Habit in einer öffentlichen Schule lehren können. Deshalb rate ich uns sehr, uns nicht auf Abwege bringen zu lassen.
Von uns wird auch erwartet, dass wir zu den religiösen Wurzeln unserer kulturellen Grundlagen in Deutschland stehen
und dass wir in einer religiös pluralen Gesellschaft – darauf haben ja einige Vorredner auch schon Bezug genommen – beides schaffen – und nur dann wird daraus eine Weiterentwicklung von Toleranz und Freiheit –: nämlich erstens klar zu sagen und dann auch entsprechend zu handeln: „Religionsfreiheit ist kein Monopol der Christen, sie gilt für glaubende Menschen, gleich, welcher Religion sie sich zugehörig fühlen“, und zweitens nicht so zu tun, als sei jedes Bekenntnis zu den eigenen Traditionen und den damit verbundenen Kulturen – und die sind nirgends in der Welt ohne religiöse Wurzeln denkbar – und jede auch damit verbundene Präsenz in einer religiös pluraler werdenden Gesellschaft problematisch.