Machen Sie ruhig weiter! Ich habe genügend Zeit. Wollen Sie noch etwas sagen oder nur Zwischenrufe machen?
Also das Landwirtschaftsministerium aufteilen: einen Teil in das Wirtschaftsministerium und den anderen Teil in das Umweltministerium.
Das Wissenschaftsministerium kann man doch mit dem Kultusministerium zusammenlegen. Das machen andere Länder auch. Was haben Sie denn dagegen?
Nur dort, wo es Sie selbst nicht betrifft, wird reformiert. Man hat es ja beim Ministergesetz gesehen. Der Ministerpräsident mutet der Bevölkerung zu, bis zum Alter von 65 oder 67 Jahren zu arbeiten. Aber Sie sind nicht in der Lage,
dies im eigenen Ministergesetz zu verankern. Da wird die Pfründewirtschaft aufrechterhalten. Das ist die Politik in der CDU.
Was habe ich auf dem Dreikönigstag von der FDP gehört? „Der Reformmotor FDP will weniger Ministerien“ – wörtliches Zitat, so beschlossen. Wir werden heute einmal aufpassen, wie Sie abstimmen. Denn heute bestünde die Möglichkeit, dem Ministerpräsidenten vorzugeben, die Zahl der Regierungsmitglieder zu reduzieren.
Herr Kollege Noll, recht herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Wahl zum Fraktionsvorsitzenden. Sie werden jetzt natürlich vor der Schwierigkeit stehen, dass Sie immer wieder gegen Forderungen der FDP, mit denen Sie konfrontiert werden, stimmen werden – es sei denn, Sie erheben einmal die liberale Stimme und führen Ihre Fraktion einmal zu einer liberalen Denkweise. Dann müssten Sie ab und zu anders abstimmen als in den vergangenen zweieinhalb Jahren. Das gilt zum Beispiel jetzt bei der Frage der Reduzierung der Zahl der Ministerien.
Ich nehme einmal das Kapitel „Verantwortung stärken – Bürokratie abbauen“ aus dem Positionspapier des Herrn Ministerpräsidenten zur Hand. Warum machen Sie das eigentlich nicht? In Ihrer neuen „Regierungserklärung“ 2004 steht: „Es ist Zeit zum Handeln.“ Machen Sie doch Ihre Gesetze mit Verfallsdatum! Das fordern Sie doch immer von Berlin. Das können Sie jetzt alles machen.
Integration vor Zuwanderung: Was haben Sie da gemacht? Sie blockieren seit fünf Jahren – seit fünf Jahren! – eine Einigung in der Zuwanderungsfrage. Jetzt haben wir die Einigung. Sie haben eine eigene Zukunftskommission mit der Industrie eingerichtet. Das Konzept haben Sie gleich wieder in der Schublade verschwinden lassen. In dem Konzept steht wörtlich: „Baden-Württemberg braucht pro Jahr 25 000 Zuwanderer.“ Sie setzen das überhaupt nicht um.
Die gesamten Leistungen für die Integration von Ausländern hat die Landesregierung gestrichen, auf null gefahren. Sie sind mit der Integrationspolitik in Baden-Württemberg eigentlich gescheitert.
Gestern ist ein neues Gutachten von Herrn Professor Dr. Reimer Kornmann herausgekommen. Er untersucht seit den Achtzigerjahren die Frage: Wie werden Ausländerkinder in der Gesellschaft integriert? Wer dieses Gutachten liest, stellt fest, dass Baden-Württemberg in der Ausländerdiskriminierung bundesweit führend ist.
Es ist ja schön, wie Sie mit dem wissenschaftlichen Potenzial in diesem Land umgehen. Ich habe gedacht, wir wollen die Experten alle bei uns haben.
In dem Moment aber, in dem wir sie zitieren, werden sie von demjenigen, der bei Ihnen für die Landwirtschaft spricht, niedergemacht. Das sind doch Sie, Herr Landrat, oder?
Ich lese Ihnen das jetzt einmal vor, damit Ihnen deutlich wird, was Ihre Schulpolitik anrichtet. Der Herr Ministerpräsident hat dauernd das Wort Integration im Mund geführt und betont, Integration sei das Wichtigste.
Dabei gibt es erhebliche Unterschiede zwischen den Ländern. Besonders herausragend, und das von Beginn der Untersuchungsreihe an, ist Baden-Württemberg. Mit einem „Relativen-Risiko-Index“ von 3.41... für das Jahr 2002 ist Baden-Württemberg mit erheblichem Abstand das Land mit der gravierendsten Diskriminierung ausländischer Kinder und Jugendlicher. Dieser Wert besagt, dass hier Ausländerkinder ein fast dreieinhalbmal höheres Risiko haben, auf die Sonderschule für Lernbehinderte zu kommen, als deutsche Kinder in Baden-Württemberg.
Das ist der höchste Wert aller Bundesländer – der höchste Wert! Kümmern Sie sich doch einmal darum, Herr Ministerpräsident, dass dies aufhört, wenn wir in der Landespolitik von Integration reden.
Herr Kretschmann hat schon etwas zum Thema Gleichstellung und zur Frage der Vereinbarkeit von Familie und Beruf gesagt. Null! Diese Landesregierung hat immer noch nicht kapiert, dass die Frauen beides wollen. Sie wollen Beruf und Familie, Beruf und Kinder. Das ist in diesem Land Baden-Württemberg bei dem vorhandenen Angebot an Betreuungseinrichtungen fast unmöglich. Schauen Sie sich die Situation einmal an! Sie sind weit weg von dem Bewusstsein und dem Lebensgefühl der Baden-Württembergerinnen und Baden-Württemberger.
Nächstes Problem: Energie. Sie machen die Energielandschaft systematisch zur Wüste. Sie haben bis heute noch nicht einmal einen Nachfolgestandort für zukünftige Kraftwerke herausgesucht, obwohl wir Kernkraftwerke stilllegen. Null, nichts! Sie schimpfen zwar auf Berlin, aber bei Ihrer eigenen Politik kümmern Sie sich nicht darum.
Ich erwähne als Nächstes noch die innere Sicherheit, das Antiterrorgesetz. Sie haben ein Antiterrorprogramm gemacht. Sie haben die Stellen alle zusammengestrichen. Obwohl die Terrorgefahr in Baden-Württemberg gleich hoch ist wie in anderen Bundesländern, wissen wir bis heute nicht, ob die 51 Stellen beibehalten werden.
Sie fahren die Zahl der Anwärter bei der Polizei, die pro Jahr eingestellt werden, auf 80 zurück. Früher hatten wir im Schnitt 400 bis 500 Anwärterstellen. Das heißt, bei der Polizei wird dramatisch reduziert, weil zu wenige Anwärter ausgebildet werden.
Sie streichen 730 Stellen bei der Polizei im Nichtvollzugsdienst. Das heißt, Polizisten müssen wieder von der Straße weg und selber Bürodienst machen. Ein absoluter Unsinn! Das ist Ihre Politik der inneren Sicherheit, Herr Ministerpräsident.
Zum Schluss: Nach wie vor wird in Ihrem Programm das Kirchhof-Modell von Ihnen als großes Steuerreformmodell gefeiert. Wir hatten hier eine Debatte geführt, bei der überhaupt niemand mehr das Kirchhof-Modell verteidigt hat.
(Abg. Schmiedel SPD: Nicht mal der Herr Oettin- ger! – Abg. Carla Bregenzer SPD: Nicht mal der Herr Ministerpräsident!)
Bei diesem Modell gäbe es Einnahmeausfälle von 93 Milliarden € in drei Jahren. Vorgesehen ist darin ein Spitzensteuersatz von 25 %. Die kleinen Leute, der Polizeibeamte und die Oberschwester, bezahlen dies mit der Streichung von Nacht-, Sonntags- und Feiertagszuschlägen.
Das haben Ihre eigenen Steuerbeamten zusammen mit dem Bund festgestellt. Ihre eigene Steuerverwaltung hat das festgestellt. Nicht einmal der Herr Finanzminister hat in der Debatte das Kirchhof-Modell verteidigt, weil kein Bundesland eine solche Reform überstehen würde. Auch das reiche Bundesland Baden-Württemberg würde die Realisierung des Kirchhof-Modells nicht überstehen. Dennoch setzen Sie noch auf das Kirchhof-Modell.