Protokoll der Sitzung vom 14.07.2004

Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 73. Sitzung des 13. Landtags von Baden-Württemberg und begrüße Sie.

Urlaub für heute habe ich Frau Abg. Dr. Gräßle und Frau Abg. Dederer erteilt.

(Abg. Drexler SPD: Was?)

Herr Kollege Klaus Dieter Reichardt hat heute Geburtstag. Im Namen des ganzen Hauses gratuliere ich Ihnen sehr herzlich, Herr Kollege, und wünsche Ihnen alles Gute.

(Beifall im ganzen Haus)

Im Eingang befindet sich die Mitteilung des Rechnungshofs vom 1. Juli 2004 – Denkschrift 2004 des Rechnungshofs zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Landes BadenWürttemberg mit Bemerkungen zur Landeshaushaltsrechnung 2002. Sie ist Ihnen als Drucksache 13/3330 zugegangen. Ich schlage vor, die Mitteilung des Rechnungshofs, Drucksache 13/3330, an den Finanzausschuss zu überweisen. – Dagegen erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Auf Ihren Tischen finden Sie einen Vorschlag der Fraktion der FDP/DVP für eine Umbesetzung in der Enquetekommission „Demografischer Wandel – Herausforderung an die Landespolitik“ (Anlage). – Ich stelle fest, dass Sie der vorgeschlagenen Umbesetzung zustimmen.

Meine Damen und Herren, die Fraktionen sind übereingekommen, die Tagesordnung um den Dringlichen Antrag der Fraktion der SPD – Vergabe von Führungspositionen in landeseigenen Unternehmen nur noch nach öffentlicher Ausschreibung –, Drucksache 13/3355, zu ergänzen. Zunächst sollte der Antrag nach einer Vereinbarung unter den Fraktionen als Punkt 3 b behandelt werden. Wie mir jetzt angezeigt wurde, beantragt die CDU-Fraktion die gesonderte Behandlung des Dringlichen Antrags unter einem neuen Tagesordnungspunkt 4.

Gemäß § 78 Abs. 4 unserer Geschäftsordnung lasse ich darüber abstimmen, ob erstens die Tagesordnung um den Dringlichen Antrag ergänzt wird und zweitens der Dringliche Antrag unter Tagesordnungspunkt 4 der heutigen Tagesordnung behandelt wird.

Das Wort zur Geschäftsordnung erteile ich Herrn Abg. Drexler.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir müssen noch einmal nachvollziehen, was wir

in der Präsidiumssitzung für den heutigen Tag ausdiskutiert haben. Die SPD-Fraktion war der Auffassung, dass wir den heutigen Tag nicht ohne eine Debatte über die neue Regierung und die Regierungspolitik für die restliche Legislaturperiode verstreichen lassen können. Nur mit massivem Einsatz – ich sage es einmal vorsichtig – waren die anderen beiden Regierungsfraktionen

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Was heißt „die ande- ren beiden“?)

überhaupt dazu zu bewegen, dies zu akzeptieren. Deswegen hat man dann für die Aktuelle Debatte diese Formulierung „Schwerpunkte der Landespolitik für den Rest der Legislaturperiode“ gefunden.

Damals wussten wir natürlich noch nicht, wie die Regierungsbildung ablaufen sollte. Wir wussten auch nicht, welche Ministerien unter welchen Bedingungen neu besetzt werden. Als das dann bekannt wurde, haben wir den Dringlichen Antrag „Vergabe von Führungspositionen in landeseigenen Unternehmen nur noch nach öffentlicher Ausschreibung“ gestellt. Das hat den Grund, dass die Regierungsbildung natürlich maßgeblich von dieser Besetzungsaktion bei Toto-Lotto und Rothaus beeinflusst worden ist. Insofern sind wir übereingekommen, die Aktuelle Debatte und den Antrag Drucksache 13/3355 als Punkte 3 a und 3 b miteinander zu verbinden, weil dies auch miteinander zu tun hat.

Warum, auf welchen Druck hin, um das einmal zu sagen, die CDU-Fraktion jetzt plötzlich diese Punkte 3 a und 3 b auseinander ziehen will, ist mir völlig schleierhaft. In der Bevölkerung und in der veröffentlichten Meinung, liebe Kolleginnen und Kollegen, wird das als e i n Komplex gesehen, und zwar auch aus gutem Grund. Wir wissen nämlich in der Zwischenzeit alle, dass diese Regierungsumbildung nicht zustande gekommen wäre, zumindest nicht so wie jetzt, wenn man nicht zwei Versorgungsposten in staatseigenen Betrieben für zwei Minister zur Verfügung gestellt hätte.

Zumindest beim Sozialminister war doch klar, dass er nicht freiwillig aus der Regierung geht. Er hatte ja auch die geschlossene Unterstützung der CDU-Fraktion. Er war ja in einem Telefongespräch mit dem „Schwäbischen Tagblatt“, Tübingen, so ehrlich, aus dem Gespräch, das er mit Erwin Teufel hatte, zu erzählen. Der Ministerpräsident habe wörtlich gesagt:

Ich werde dich nicht gegen deinen Willen entlassen, aber ich habe auch ein Angebot für dich.

So der Ministerpräsident.

(Unruhe)

Dieses Angebot war wohl so gut, dass Herr Repnik

(Abg. Dr. Lasotta CDU: „Dr. Repnik“!)

Herr Dr. Repnik, Entschuldigung –,

(Zuruf von der CDU: „Sozialminister Dr. Rep- nik“!)

Herr Sozialminister Dr. Repnik –

(Abg. Hauk CDU: So viel Zeit muss sein!)

so viel Zeit muss sein –,

(Beifall bei der SPD – Abg. Fleischer CDU: Rich- tig! – Abg. Dr. Birk CDU: Sagen Sie es doch bitte noch einmal!)

dass Herr Sozialminister Dr. Repnik dann sein Amt aufgegeben hat und in Zukunft lieber Toto-Lotto-Chef spielen möchte.

(Unruhe)

Es geht nicht um die Frage, ob dies gerechtfertigt oder gut war, sondern es geht allein darum, dass der Ministerpräsident diesen Posten für jemand anders gebraucht hat und deswegen diese Besetzung vorgenommen hat, und zwar ohne Ausschreibung, liebe Kolleginnen und Kollegen. Deswegen gehört dies zu Punkt 3 der Tagesordnung und kann im Grunde genommen nicht davon getrennt werden.

Im Übrigen verstehe ich auch nicht Ihre Haltung. Selbst bis in Ihre Kreise hinein ist diese Besetzung doch umstritten. Junge Union: „Ende der unrühmlichen Versorgungsspielchen!“ Sie fordert sogar eine Privatisierung der Landesunternehmen. Junge Union Baden-Württemberg!

Der CDU-Wirtschaftsratsvorsitzende Zeitel: „Für den Posten bei einem führenden Unternehmen des Landes muss der berufen werden, der am besten dafür qualifiziert ist.“

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Hauk CDU: Das hat mit der Geschäftsordnung nichts mehr zu tun! – Abg. Fleischer CDU: Das hat mit der Geschäftsordnung nichts zu tun!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das hat doch etwas mit der Regierungsumbildung zu tun und ist kein separater Punkt. – Natürlich ist das zur Geschäftsordnung! Ich muss doch inhaltlich erklären, worin der Zusammenhang besteht.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Oder glauben Sie vielleicht, dass das jetzt so ablaufen kann? Wir hatten doch eine Vereinbarung.

Wenn der CDU-Wirtschaftsratsvorsitzende Zeitel erklärt, er plädiere für eine Ausschreibung und es gehe darum, dass derjenige, der qualifiziert ist, den Posten bekommen soll, aber nicht derjenige, der versorgt werden muss, ist dies doch ein deutliches Zeichen dafür, dass Ihre gesamten Vor

feldorganisationen der gleichen Auffassung sind wie die SPD-Landtagsfraktion.

(Abg. Döpper CDU: Geschäftsordnung!)

Der Bund der Steuerzahler spricht von Ämterpatronage.

(Abg. Fleischer CDU: Klarer Missbrauch der Ge- schäftsordnung! Das weiß er auch!)

Dann gibt es jemanden, der eine ganz tolle Aussage gemacht hat. Er hat in einer öffentlichen Erklärung mitgeteilt, Landesbetriebe seien keine Parteibetriebe.

(Beifall bei der SPD)

Das war nicht ich, sondern das war der Fraktionsvorsitzende der FDP/DVP.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Er wird wie folgt zitiert:

Die FDP hat sich unmittelbar nach der Regierungsumbildung gegen die Praxis des Koalitionspartners ausgesprochen, ehemalige CDU-Minister mit Posten in landeseigenen Unternehmen zu „versorgen“.

Wörtlich, Herr Noll:

Wir Liberalen sagen Nein dazu, dass Landesbetriebe auch Parteibetriebe sind.

(Beifall bei der SPD)