Protokoll der Sitzung vom 14.07.2004

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Seimetz CDU: Dann gäbe es diese Debatte nicht!)

Ich frage mich: Was ist das für eine doppeldeutige Haltung?

(Abg. Seimetz CDU: Scheinheilige Veranstaltung!)

Meine Damen und Herren, in unser aller Interesse wäre es gut,

(Minister Stächele: Es wird immer stiller im SPD- Lager!)

(Ministerpräsident Teufel)

wir hätten in Deutschland ganz selbstverständlich auch den Wechsel von der Politik in die Wirtschaft und von der Wirtschaft in die Politik, wie es in vielen Ländern der Welt der Fall ist.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Dies würde beiden Seiten nutzen.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Richtig!)

Jetzt komme ich zum Antrag der SPD und zur Kritik an der Besetzung. Dazu möchte ich nur sagen: Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Sei- metz CDU: Sehr wahr!)

Die Grünen und vor allem die SPD sollten sich mit Kritik an der Besetzung von Führungspositionen in staatseigenen und staatsnahen Unternehmen mit Politikern äußerst zurückhalten.

Ich nenne folgende Beispiele – auch mit einer Bewertung von mir –: Das frühere SPD-Parteivorstandsmitglied, die Bundestagsabgeordnete Ingrid Matthäus-Maier, ist 1999 als Vorstandsmitglied der bundeseigenen KfW in Frankfurt berufen worden.

(Minister Stächele: Ohne Ausschreibung! – Zuruf des Abg. Teßmer SPD)

Da ich selbst im Aufsichtsrat dieses Unternehmens bin, kann ich die Arbeit von Frau Matthäus-Maier beurteilen, und ich beurteile sie gut. Das war eine gute Besetzung.

(Zurufe von der CDU, u. a. Abg. Alfred Haas: War da eine Ausschreibung?)

Ich bringe das nächste Beispiel: Der SPD-Landtagsabgeordnete Friedel Neuber aus Nordrhein-Westfalen wurde der allmächtige Vorstandsvorsitzende der Westdeutschen Landesbank, mächtiger als jeder Minister und Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen.

(Minister Stächele: Ohne Ausschreibung! – Zuruf von der SPD: Haasis!)

Ich bringe Ihnen das nächste Beispiel, eines aus den letzten Tagen. Vor wenigen Wochen mussten in der Staatskanzlei von Nordrhein-Westfalen der Leiter der Grundsatzabteilung und sein Stellvertreter abberufen werden, weil sie nachgewiesenermaßen überhaupt nur SPD-Parteiarbeit gemacht haben. Jetzt lese ich Ihnen ein Zitat aus dem „Focus“ vom 7. Juni 2004 vor:

Für seinen ehemaligen Chefplaner Werner Kindsmüller... hat Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Peer Steinbrück... einen hoch dotierten Job geschaffen.

Neu geschaffen, wohlgemerkt.

Kindsmüller, der wegen Verquickung von Staatsaufgaben und Parteiarbeit von seinem Abteilungsleiterposten abberufen wurde, darf zu gleichen Konditionen (Besoldungsgruppe B 7...) in der Staatskanzlei weiterarbeiten.

Zum 1. Juni wurde der Spitzenbeamte zum „Chefkoordinator“ zwischen NRW-Förderbank und Landesregierung berufen,

(Zurufe von der CDU: Oi!)

um den Einsatz staatlicher Fördermittelprogramme in dreistelliger Millionenhöhe zu steuern.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Alfred Haas CDU: Zugabe!)

Also wir schaffen keine neuen Positionen

(Abg. Gaßmann SPD: Doch!)

für SPD- oder CDU-Mitglieder, die man vorher entlassen musste, meine Damen und Herren.

Die Beispiele, die mir nur in den letzten zwei Tagen eingefallen sind: Der frühere Kanzleramtsminister Bodo Hombach – vielleicht erinnern sich noch manche an den Namen – trat im Zuge des Bekanntwerdens um Unstimmigkeiten bei der Finanzierung seines Eigenheims zurück; dennoch wurde er von der rot-grünen Bundesregierung nominiert als EU-Koordinator für den Balkan.

Ich nenne Ihnen ein positives Beispiel: Der frühere Bundeswirtschaftsminister Müller wurde nach seinem Ausscheiden Vorstandsvorsitzender der Ruhrkohle AG, die öffentlich gefördert wird. Ich stelle ausdrücklich nicht seine Qualifikation infrage.

(Abg. Birzele SPD: Der kam ja aus Düsseldorf!)

Meine Damen und Herren, die SPD-Politikerin und frühere Gewerkschaftsvorsitzende Monika Wulf-Mathies ist nach ihrem Ausscheiden als EU-Kommissarin nunmehr Leiterin des Zentralbereichs Politik bei der Deutschen Post, einem Bundesunternehmen.

(Abg. Reichardt CDU: Das macht sie sehr schlecht!)

Ich kritisiere das nicht, denn sie ist eine gute Frau. Aber ich wundere mich über Ihre Kritik, wenn wir eine Besetzung mit einem qualifizierten CDU-Mann vorsehen.

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Damit er das Minis- teramt verlässt!)

Hartmut Meyer, der SPD-Mann, war bis Herbst 2003 Verkehrsminister von Brandenburg und hat im Dezember 2002 ein Geschäft mit der DB Regio, der Nahverkehrstochter der Bahn, abgeschlossen: Laufzeit zehn Jahre, garantierte Einnahme für die Bahn insgesamt 1,9 Milliarden €. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft, denn noch während seiner Amtszeit als Verkehrsminister – so die Staatsanwaltschaft – habe Meyer mit der Bahn über einen Beratervertrag gesprochen. Im Februar 2004 wurde er als Beauftragter des Bahnvorstands für Brandenburg engagiert.

Das scheint überhaupt die große Masche zu sein, denn der frühere SPD-Ministerpräsident und Bundesverkehrsminister Reinhard Klimmt ist jetzt Beauftragter des Bahnvorstands für das Saarland; die Bahn ist bekanntlich ein Bundesunternehmen. Der frühere Bürgermeister von Bremen, Klaus

(Ministerpräsident Teufel)

Wedemeier, ist jetzt Beauftragter des Bahnvorstands für das Land Bremen.

(Zurufe von der CDU: Oi!)

Wolfgang Roth, früherer Bundestagsabgeordneter der SPD aus Pforzheim, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPDBundestagsfraktion, ist seit 1993 Vizepräsident der Europäischen Investitionsbank. Auch das war eine gute Besetzung.

Nur, meine Damen und Herren: Die Roten ins Töpfchen, die Schwarzen ins Kröpfchen – was ist das für eine Heuchelei!

(Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Wir sollten damit aufhören, jemanden nur deswegen schlechtzureden, weil er von einer anderen Partei kommt. Wir sollten auf Qualität setzen.

(Abg. Capezzuto SPD: Das sagen die Richtigen!)

Deshalb haben Sie von mir niemals ein Wort der Kritik gehört – nicht bei Dieter Puchta, nicht bei Hans Beerstecher, nicht bei Ingrid Matthäus-Maier, nicht bei Monika WulfMathies, nicht bei Wolfgang Roth. Warum? Weil es der Anstand gebietet, Menschen mit einer beachtenswerten Lebensleistung, die eine neue Aufgabe übernehmen, die ihnen gebührende Chance auch tatsächlich zu geben und sie gegebenenfalls später zu kritisieren, wenn sie nicht das gebracht haben, was man erwartet hat. Die meisten der Genannten haben diese Chance auch genutzt – auch, weil sie zuvor Politiker waren, und nicht, obwohl sie Politiker waren.

Nun muss ich, weil Sie so sehr vom Leder gezogen haben, lieber Herr Kollege Drexler, noch etwas hinzufügen. Häufig, wenn eine Führungsposition in einem landesbeteiligten öffentlichen Unternehmen in Baden-Württemberg zu besetzen ist, bekomme ich Besuch vom Fraktionsvorsitzenden der SPD, nämlich von Herrn Drexler.

(Abg. Drexler SPD: Wann?)

Er macht mir dann Vorschläge aus seinen Reihen, zuletzt bei der Vorstandsbesetzung der LKB, aber auch in einer ganzen Reihe anderer Fälle.